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Deutschland 2024

Deutschland 2024

Released Sunday, 11th February 2024
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Sunday, 11th February 2024
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0:51

Willkommen bei Denken hilft. Neues Jahr, erste Folge im neuen Jahr und diesmal.

0:57

Wird es politisch, unter anderem denke ich.

1:00

Ich habe heute bei mir als Gast Matthias Richel und wir wollen reden,

1:06

jetzt haben wir das gar nicht so richtig geframed, aber im Endeffekt so ein

1:09

bisschen der Trigger Matthias anzuhauen war die ganze Bewegung,

1:14

die jetzt gerade auf die Straße schwappt. Nennen wir es jetzt mal Demokratiebewegung gegen rechts,

1:21

all das, was auch in mir arbeitete und getriggert hat mich da ein,

1:27

Threat, ich wollte gerade einen Tweet sagen, aber ich habe es auf Threat gelesen,

1:30

was Matthias rausgehauen hat und das hat bei mir Nicken,

1:35

verursacht und ich habe Matthias auf jeden Fall als jemand kennengelernt,

1:38

der sich gut auskennt, da können wir ja gleich zu kommen, aber Matthias,

1:43

jetzt erzähle ich irgendwie viel viel über dich. Stell dich doch mal selber vor.

1:48

Ja, Matthias. Bin erst mal 42, das ist jetzt mal die reinen Daten.

1:56

Aber ich bin tatsächlich sehr politisch unterwegs seit ich, ich würde sagen,

2:02

seit ich so, kann ich gar nicht sagen, 13, 14 war, habe ich mich politisch engagiert.

2:10

So in Frankfurt-Oder, zum Baseball, mitten in den Baseballschlägerlagen in den

2:13

90ern. damals auch deutlich links organisiert.

2:17

Habe auch zeitweilig in so WGs gewohnt, die so Ausweichprojekte waren von besetzten

2:22

Häusern und so. Also war schon gut verortet.

2:26

Da muss man gleich noch ein bisschen mehr darüber erzählen.

2:28

Bin dann aber sozusagen aus vielen Augen dieser Bewohner dann zu den Rechten

2:34

gewechselt, bin 1998 in den SPD angezeigt. Also wenn man so aus einem linksradikalen Spektrum unterwegs ist.

2:44

Natürlich komisch war, aber ich war schon sehr, sehr lange Sozialdemokrat,

2:47

hatte auch ganz lange mit mir gearbeitet, also ich bin 98 eingetreten tatsächlich mit Schröders,

2:54

Wahlsieg, habe aber zwei Jahre überlegt, ob ich das mache und mir war das auch

2:58

wichtig, also ich habe mich da schon gut verortet gesehen und mich verbunden

3:02

hat aber damals mit genau mit dieser Szene, in der ich mich bewegt habe,

3:05

der Kampf gegen Nazis und gegen Rechts und das ist ja,

3:08

das war noch nicht, ist tatsächlich viel weniger politisch aufgeladen, als es heute ist.

3:14

Das war echt Notwehr da vor Ort. Du konntest dich eigentlich nur auf deine eigenen

3:20

Strukturen verlassen in, In Zeiten, in denen ich psychisch und physisch bedroht wurde.

3:28

Erzähl doch mal ein bisschen, also ich meine, du hast es jetzt so rausgehauen,

3:30

so nebenbei die Baseballschlägerjahre, ein Begriff, der ja auch noch gar nicht

3:33

so alt ist, aber ich erinnere mich, also ich meine, ich hatte das jetzt anders.

3:37

Ich bin in West-Berlin geboren und aufgewachsen.

3:41

Da würden mich erstmal so erste Handerfahrungen aus dem tiefen Brandenburg,

3:45

Frankfurt oder, das ist ja nochmal ein ganz anderer Schnack,

3:47

gerade in, welche Jahre reden wir denn so jetzt, wo du mit. Also.

3:52

Das Wort Blitzbewegung hat Timo Beutz, ein Rapper, so ein zugezogen Maskulin,

4:00

hat das sozusagen mal erfunden. Und Christian Bangel hat das zum Anlass genommen, da so einen Roman zu machen,

4:05

Oder Florida. Christian Bangel kommt genau wie ich aus Frankfurt, oder? oder?

4:08

Und wir sind eine Generation und er beschreibt auch Situationen in dem Buch,

4:13

die wir zusammen, wir beide zusammen erlebt haben. Also wir kennen uns.

4:15

Also wenn wir, er beschreibt eine Situation explizit, wo er,

4:18

also wo er und ein Kumpel, der Kumpel bin ich, von Nazis verfolgt,

4:21

durch die Stadt gejagt wurden und so weiter und so fort.

4:24

Und wir haben das als Neonazi-Präsenz und Aggression und Gewalt als absolut

4:35

alltägliche Erfahrung. Erlebt. Also so richtig als alltägliche Erfahrung. Natürlich auch,

4:41

das muss man ein bisschen eingrenzen, weil wir uns eben im alternativen Spektrum bewegt haben, also so Punk,

4:48

Skater, Hip-Hop oder Links halt, Links verortet.

4:53

Und dann ist man natürlich auch Magnet genau dafür und Feindbild dafür,

4:57

so wie die ja für uns auch Feindbild waren in anderen Situationen. Aber es war halt.

5:04

Alltäglich und es war eine alltägliche Gefahr. Und die ebbte auch nicht ab,

5:08

aber wir haben natürlich in Frankfurt-Oder irgendwie so 94, 95 und dann bis

5:13

2000, 2001 hört es so ein bisschen mit meiner Generation dann auf,

5:16

weil wir dann alle weggezogen sind, aktiv gegengearbeitet.

5:20

Also eigene Subkulturen gepflegt, eigene Clubs gemacht, eigene Veranstaltungen

5:24

gemacht, Leute an uns gebunden oder Teil von Gruppen geworden und selbst auch

5:29

organisiert und dann schon ein gewichtiges Gegengewicht auch gebildet.

5:32

Ich habe wirklich das Gefühl, also eine Zeit lang war für mich halt auch Frankfurt

5:37

oder halt auch nur so eine, da sind die Nazis,

5:40

also für Westberliner war es ja immer einfach irgendwie, es gibt Westdeutschland

5:43

und es gibt Ostdeutschland, im Ostdeutschland sind die Nazis,

5:45

also so einfach war unsere Welt auch. Und ich habe über die Jahre immer wieder, wenn ich Leute aus Frankfurt-Oder kennengelernt habe,

5:52

waren das stabile Linke, Hip-Hopper, Punker, also so die Wahrnehmung,

5:58

die ich sonst so habe, ich habe eigentlich, ja, also da muss eine vitale Szene

6:03

gewesen sein, wie kaum woanders, habe ich das Gefühl.

6:06

Es gibt Beispiele in Ostdeutschland, nicht so viele tatsächlich,

6:09

aber Frank-Gut-Oder hat bis heute einen sehr, sehr subkulturellen Kern, der so auf so einen…,

6:18

So ein sehr brandenburgerischen, fast so, ja, was auch heute eine Gefahr ist,

6:22

aber da können wir sicherlich später nochmal zu sprechen, auf so einen libertären

6:25

Gedanken, so wenn es halt keiner macht, machen wir es halt selbst.

6:28

Und von uns gab es diese, es wurden keine Strukturen vorgegeben,

6:31

es gab keine alternativen Räume. Also alle Räume, die eigentlich sozusagen wie Jugendclubs oder Szenentreffs

6:37

und so waren recht besetzt. Also man konnte da nicht rein. Also unter Lebensgefahr konnte man da hin.

6:42

Und deshalb haben wir uns selbst diese Strukturen geschaffen, ja, ob jetzt im Club oder,

6:47

selbst Kinderparlament oder Plattform gegen Rechts oder eben halt,

6:51

Antifa-Strukturen oder sonst so wie, das waren alles Sachen,

6:54

die, gut, Antifa-Strukturen sowieso, aber die halt selbst organisiert da stattgefunden

6:59

haben, von Partys bis politischer Organisation bis Opferberatung, so Sachen und,

7:05

diese Stabilität, das sage ich noch mal, das ist natürlich, das war sehr stark Notwehr, tatsächlich.

7:12

Und dann aber auch eine große Selbstverständlichkeit.

7:15

Also es war auch dann für viele, auch gerade in den nachfolgenden Generationen,

7:18

dann auch ein Ankerpunkt und eine große Organisation. Weil wenn du, das Tolle an Frankfurt war, dass diese, alles was man alternativ begreifen könnte,

7:25

also jenseits von Nazis sowieso, aber auch von Großdisco-Besuchern,

7:29

alles was danach kommt, also von Skater, Hip-Hop, Punk, Grunge,

7:33

Alternative, hatten eigentlich immer nur ganz bestimmte Orte und da waren alle subsumiert.

7:38

Es waren dann aber, wenn man die zusammenbandiert hatte, jeden Samstag in einer

7:41

Kulturfabrik zum Beispiel eine große Organisation, da waren dann so 500 bis 700 Leute.

7:45

Und das ist natürlich eine Menge, die kann man erstmal nicht wegdiskutieren.

7:49

Und daraus entsteht jetzt nicht eine Gegenbewegung, aber es entsteht erstmal

7:52

ein innerer Zusammenhalt und ein inneres Selbstbewusstsein und ein innerer Halt

7:56

und eine Sichtbarkeit, die du garantiert so in anderen ostdeutschen Städten nicht hattest.

8:01

Also es gab jetzt, natürlich gab es eine rechte...

8:05

Eine rechte Hegemonie, auch natürlich in der Generation vieler Eltern oder Omas

8:10

und Opas, die natürlich auch ganz viele Wendeverlierer waren und so weiter und so fort.

8:13

Und die Jungs, die machen doch schon nichts und so, weißt du so.

8:16

Aber es gab halt eben auch ein klares Bewusstsein innerhalb dieser Szene,

8:22

wir sind erstens nicht allein, wir sind viele und haben das dann auch so rausgetan.

8:26

Und damit konnte man auch viel ertragen und viel durchmachen,

8:30

aber ich bin dann auch einen Tag nach meinem Abitur auch ausgebrannt einfach weggezogen.

8:35

Wann war das?

8:36

2001. Ich musste ein Jahr nochmal eine Ehrenrunde drehen. Ich hätte 2000 schon

8:40

ein Abi machen können, aber bin dann 2001 nach Dresden.

8:44

Und Dresden, ist das so viel entspannter gewesen da? Ja.

8:47

Ganz anders. Das ist eine völlig andere Erfahrung. Richtig ein Kulturschock.

8:52

Wir sind immer wochenendmäßig sowieso immer schon gerne nach Dresden gefahren,

8:56

auch mit Christian Wange zum Beispiel. Wochenendticket, Dresden, Neustadt und Party, sehr alternativ alles.

9:01

Super cool. Aber dann bin ich da auch hingezogen. Das blieb immer noch super

9:05

cool, aber du triffst da auch gleichaltrige Menschen, die dann da studiert haben.

9:08

Ich habe mein Zivi gemacht in so einem Kulturzentrum, Partys organisiert.

9:11

Eigentlich das, was ich in Frankfurt gemacht habe, habe ich da als Zivildienst

9:14

gemacht. Das wurde nur für bezahlt. Du triffst aber, vor allem Urdresdener habe ich da getroffen,

9:20

die hatten, das waren Konsumenten, die hatten immer ein unglaubliches Angebot an Veranstaltungen.

9:26

Die hatten immer ein unglaubliches Angebot an Kultur.

9:28

Die hatten, die Neustadt war als Viertel ein alternatives Viertel.

9:32

Und das war der Schutzraum.

9:34

Die mussten sich den Schutzraum nicht selbst erkämpfen, außer mal ab und zu

9:37

gab es Reibereien. Aber das waren schon deutlich geframete Situationen.

9:47

Haben die sozusagen meinen Drang, Dinge selbst zu machen oder ich konnte meinen

9:50

Drang, Dinge selbst zu machen, da null so ausleben, außer halt dann in meiner

9:53

zivilen Stelle so eigene Partys zu schmeißen und so. Aber es war ein ganz anderes Publikum. Da gab es so dieses, da habe ich zum

9:59

ersten Mal FOMO kennengelernt, dieses Fear of Missing Out und dann so gucken,

10:02

wo geht man heute, sind dann so blätternde Zeitungen.

10:04

Und da war so das, was wir uns mühsam erkämpft hatten, so alternative Freiräume,

10:11

wurden da total gut selbstverständlich gelebt, aber die wurden auch nie gechallenged

10:16

oder so. Das war so, gehörte so, es war Lifestyle.

10:18

Und das als Lifestyle war auch befremdlich, weil das, was heißt befremdlich?

10:25

Es war einfach so, es fiel mir halt einfach auf, dass es eine andere Herangehensweise war.

10:30

Du fragst mich dann irgendwie, wie kommt es eigentlich, dass dann halt in so

10:33

einer Stadt wie Dresden irgendwie Pegida so ein Standbein hat,

10:36

weil es eigentlich ja eine, dann doch an sich irgendwie eher linkere,

10:40

weltoffenere Stadt ist.

10:42

Das weiß ich gar nicht, ob so das war von Anfang an. Wenn ich mit linken Strukturen

10:46

da gesprochen habe über Pegida, dann sagt, ja das sind ja nicht die, die aus Dresden.

10:50

Ja, aber wenn die euch als Safe Place erleben und nutzen, dann stimmt ja trotzdem

10:55

was mit der Stadtgesellschaft nicht. Und dann kriegt man erstmal nur mal große Augen gleichzeitig muss man auch sagen,

11:01

dass dieser linke Schutzraum, den ich beschrieben habe in Dresden-Neustadt natürlich

11:03

über die Jahre jetzt und bis heute wahnsinnig durchkommerzialisiert ist und das hat jetzt diesen

11:09

das hat jetzt so einen Event-Charakter aber es gibt, ich weiß gar nicht,

11:13

ob es noch besetzte Häuser gibt oder so, es ist ja wurde auch viel gentrifiziert und so weiter und so fort,

11:18

und dann ist Dresden dann halt eine wie viele sächsische Metropolen,

11:23

oder überhaupt ostdeutsche Metropolen, in denen sich dann wenn diese Probleme dann verorten.

11:27

Ich glaube, es kann auch ein historischer Zufall sein, also vielleicht in Dresden,

11:30

weil du brauchst ja auch Leute, die es da vor Ort machen. Und da hatte man ja

11:32

den Ingo Bachmann zum Beispiel, die es machen.

11:35

Und wo Leute aufrufen, da kommen sie.

11:40

Jetzt hast du gesagt, du bist 98 in die SPD, aus Überzeugung und groß überlegt.

11:46

Was war denn da der Prozess, der dich da dann am Ende bei rauskommen hat lassen? Ich glaube.

11:52

Ohne Quatsch, das hören die in der SPD immer nicht gerne, aber ich sage es wirklich

11:54

voll im Bewusstsein, also in diesem Teil in die SPD einzutreten, war gegen die CDU.

12:00

98, das ist von den ganzen Studenten, die in Frankfurt studiert haben,

12:04

während wir noch Abi gemacht haben und so, haben wir immer, gerade von den westdeutschen

12:08

Studenten immer gehört, ja wegen euch haben wir ja noch Kohl. Weil die waren ja schon zur Wendezeit durch mit denen und die haben ja schon,

12:15

die haben den ja schon erlebt und der war ja auch eigentlich politisch ja tot de facto.

12:20

Aber Ostdeutschland hat die natürlich zwei Legislaturen nochmal mitgetragen.

12:23

Wir haben aber diesen zwei Legislaturen natürlich trotzdem die träge,

12:27

also in meinem Empfinden jetzt mal subjektiv, aber diesen Reformstau und dieses

12:32

Triste und so, boah, dieses lahmende, lähmende Land.

12:36

Gerade in irgendeiner Phase, wo wir ja, wo ich drauf geguckt habe,

12:39

wo wir ja so viel selber machen wollten und dann aber gespürt haben,

12:42

wie lähmend und wie gerade auch mit Hinblick auf diesen ganzen Rechtsradikalismus,

12:48

der dann damals grassierte bei uns massiv und dann wie aber auch gerade damals

12:52

konservativ wird es so, ja, keine Ahnung.

12:58

Biedenkopf hat damals gesagt, die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus

13:01

und so Sachen, also es kam immer aus dieser Richtung und ich dachte,

13:04

das kann nicht wahr sein Und dann gab es halt tatsächlich die SPD und dann auch

13:09

vor allem die Perspektive damals auf das rot-grüne Projekt.

13:12

Ich war deutlich, deutlich jemand, der für das rot-grüne Projekt war.

13:15

Ich war gar nicht so zwingt. Nur für die SPD, sondern ich stand so für diese Reform und neu und jung,

13:20

jung in Anführungsstrichen, aber so neu. Und es gab aber keinen Grünen in Frankfurt-Oder, das war keine,

13:26

das war völlig, die gab es nicht, also die gab es wirklich nicht.

13:30

Zu PDS konnte ich sowieso nicht gehen, weil da wirklich noch original zu der

13:33

Zeit, die da waren, die früher da waren, also in führenden Funktionen,

13:37

das spielte für mich überhaupt gar keine Rolle, CDU eben ja sowieso nicht.

13:40

Und dann blieb sozusagen, auch weil der Oberbürgermeister damals von der SPD

13:44

war und es fühlte sich so gut an und hat trotzdem mit mir gehadert,

13:48

ob ich überhaupt in Parteien trete und bin dann aber 98, wie alt war ich?

13:52

Ja, 17 eingetreten.

13:55

Und dann aber wirklich so, ja, bis heute Mitglied.

13:58

Also wäre nochmal eine Frage gewesen, ob du zwischendurch mal dann den Glauben verloren hast.

14:03

Bin ich und zwar relativ schnell sogar. Dann ist die Story immer,

14:09

warum ich ausgetreten bin? Wegen Kosovo. Damals war die Kosovo,

14:12

wo Rot-Grün rein ist. Es ist besser ausgegangen wie Kosovo. Nein, wie Frankfurt-Oder.

14:16

Ich habe diese Struktur innerhalb der SPD-Frankfurt-Oder, das habe ich irgendwie

14:19

nicht gefühlt. Das war mir irgendwie zu...

14:21

Ich war ja auch mal SPD-Mitglied. Und dann schnell wieder ausgetreten.

14:25

Also ich bin strategisch wie so viele eingetreten. Also wie so viele und dann

14:30

natürlich auch ausgetreten. Ich bin als jetzt da... Wann war das?

14:35

Mitgliederentscheid war.

14:36

Genau, der Mitgliederentscheid war, ob sozusagen stellt sich die SPD mal hin

14:41

und sagt so Nein zur nächsten großen Koalition.

14:43

Dann habe ich gesagt, okay, wenn sie die Eier haben, irgendwie trete ich hier

14:46

ein jetzt, also um das natürlich mitzubestimmen. Und wenn sie die Eier haben, dann bleibe ich drin.

14:51

Na gut, wie das ausging, wissen wir ja. Und insofern habe ich gesagt, okay, dann...

14:55

Du hast deine Prämissen klar gemacht.

14:56

Dann fuck you und raus wieder. Ja, aber...

15:01

Ich war auch mal SPD-Mitglied.

15:02

Und dann bin ich trotzdem wieder eingetreten und auch wirklich aus voller Überzeugung.

15:07

Also ich habe das schon immer, ich muss dazu sagen, ich habe jetzt keine Aufstiegsgeschichte.

15:15

Selbst in den Wendezeiten würde ich meine Eltern oder mein Elternhaus schon

15:18

als Wendewinner beschreiben. Auch mit totalen Brüchen, auch 2000 so ein Bruch mit der Stadt und so weiter und so fort.

15:24

Aber so an sich, erstmal durch diese Phase, die für mich als Jugendlicher wahnsinnig

15:28

schwer war, ging zumindest meine Eltern oder mein Elternhaus deutlich besser

15:32

durch als viele andere in Frankfurt oder gerade bei einer Arbeitslosigkeit von

15:35

über 20 Prozent und so weiter und so fort. Dann hatten meine Eltern gute Jobs.

15:39

Aber es endete halt irgendwann, dann kam es dem Bruch und trotzdem,

15:42

also deshalb würde ich sagen, ich habe keine soziale Aufstiegsgeschichte und

15:44

trotzdem war mir das aus dem selber machen und aber immer gucken,

15:48

alle mitzunehmen, das hat mich schon immer, das hat mich ja immer so sozialliberal beschrieben.

15:52

Immer selber machen, aber immer auch niemanden zurücklassen.

15:55

Und das habe ich da immer am besten so gesehen und würde mich da heute auch immer noch so verorten.

16:01

Und wie hast du dann das wahrgenommen, diese Phase 98 mit dieser,

16:06

wenn man so will, Wende, mal weg von dem Kohljahr an, hin zu diesem rot-grünen

16:11

Projekt und einem Schröder und das, was dann da angestoßen wurde?

16:14

Also es wird ja jetzt kritisch auseinander, oder nicht nur jetzt erst. Ich glaube.

16:18

Es kippt gerade sogar so ein bisschen. Also erstmal habe ich,

16:21

was total vergessen wird, man guckt natürlich jetzt total auf die Agenda 2010,

16:24

10, aber davor gab es ja unglaublich viele Reformen.

16:27

Und die Agenda 20 10 war ja eigentlich der Höhepunkt von ganz,

16:30

ganz vielen, von Dosenpfand bis sonst und da gab es ganz, ganz viele Sachen.

16:33

Also überhaupt, dass wir halt irgendwie eine Energiewende Energiewende.

16:36

Genau. Es wurde alles damals angestoßen und da darf man, da kommt übrigens,

16:40

da kann man einen schönen Anschluss machen zu heute, das, was eine Reformmüdigkeit

16:45

war, einen riesen Reformstau, mündete da irgendwann zu einem Punkt von Reformüberforderung und Geschwindigkeit,

16:52

der dann mit einem großen Knall der Agenda 2010,

16:56

wenn man auf das Ergebnis 2010 dann tatsächlich guckt und dann heute Wirkung

17:01

entfaltet hat, aber damals eben nicht gerecht formuliert war,

17:04

also eben nicht gleichzeitig Reiche belastet hat und so weiter und so fort,

17:07

also kein Argument geliefert hat. Und jetzt guckt man vielleicht ein bisschen anders drauf und jetzt wird die

17:13

SPD vielleicht vor allen Dingen in größten Teilen nicht mehr verortet,

17:15

weil alle, die es ihr Agenda 2010 noch übernehmen, sind ja auch weg.

17:19

Die verlierst du ja heute nicht mehr auf der Strecke, sondern die sind weg.

17:23

Aber damals habe ich das schon beschissen kommuniziert empfunden.

17:30

Die Reformen.

17:31

Vor allen Dingen Agenda 2010.

17:33

Ja. Ich frage mich gerade, also jetzt, aber auch auch grundsätzlich so,

17:38

was ist eigentlich mit uns los, also uns Deutschen jetzt mal so in Anführungszeichen gesehen,

17:42

dass wir halt von solchen Phasen wie Kohl, Stillstand irgendwie dann so lange,

17:47

bis hier irgendwas aufsteht, dass wir sagen, jetzt muss aber endlich was anders

17:50

werden und dann kommt auch was anderes und dann kommen Dinge in Bewegung und

17:54

dann oft halt auch mit viel und zu viel und dann,

17:59

kriegen wir wieder Angst davor und dann nehmen wir uns wieder was,

18:03

dann kommen wir ja wieder in so diese 16 zehn Jahre Stillstand,

18:06

vielleicht wird dem auch nicht ganz gerecht, aber um das jetzt mal zu überspitzen,

18:10

bis sich dann auch wieder so viel aufstaut, dass wir dann wieder sagen,

18:13

jetzt muss aber was anderes und jetzt habe ich gefühlt irgendwie History repeats itself, es werden Dinge,

18:19

versucht anders zu machen und dass man auch wieder überfordert und geht nicht.

18:23

Wo ist dann halt unsere Schiss vor Veränderung oder was ist es da eigentlich,

18:27

das uns so ein bisschen paradox erscheinen lässt in meiner Wahrnehmung gerade?

18:31

Da würde ich den Bogen mal ein bisschen größer spannen. Also der Unterschied

18:34

zwischen zwischen damals, der Überforderung dann durch Rot-Grün zu heute ist, dass...

18:41

Der heutige Veränderungsdruck und diese ganzen Wandel, die wir erleben und Krisen,

18:45

dass die viel globaler sind.

18:48

Also die sind ja eben nicht, die kannst du ja fast keiner Regierung umheften,

18:52

sondern die sind so global, so komplex, so gleichzeitig, so überfordernd.

18:58

Und zwar sowohl für Bevölkerung als auch für Politik.

19:00

Man darf ja immer nicht vergessen, wir sind damit ja auch rentieren.

19:03

Das ist schon eine deutliche Veränderung. Das war damals viel,

19:06

viel klarer noch geregelt. Nationalstaatliche, auch nationale, viel stärker nationale Probleme und so weiter und so fort.

19:12

Und das ist heute viel, viel komplexer und viel, viel schwieriger zu lösen.

19:16

Und heute, auch anders als damals,

19:20

was ich glaube, was heute ganz stark ist, dass die Menschen,

19:24

egal wie doll sie arbeiten und wie viel sie tun und wie viel sie lernen,

19:29

ich erinnere immer an die Floske lebenslanges Lernen und so weiter und so fort,

19:32

aber auch wie viel sie wirklich arbeiten und schaffen und so weiter und so fort,

19:36

dass sie das Gefühl haben, dass so viele Veränderungen, die auf sie eindröschen,

19:39

Ob das jetzt Klimawandel ist oder Kriege, Globalisierung,

19:44

Digitalisierung, Veränderung der Arbeitswelt, aber auch so, ohne Quatsch,

19:48

so Veränderung von Familienwelten, ja, Bilder, gesellschaftliche Bilder,

19:51

die sich ändern, bis hin zur Sprache, Gendern und so weiter und so fort.

19:54

Die Menschen am Küchentisch haben ganz, ganz viel das Gefühl,

19:57

dass sie mit all dem, was sie tun, das nicht mehr für sich positiv beeinflussen können.

20:02

Und das ist ja das, was früher ein Aufstiegsversprechen eigentlich war.

20:05

Also wenn du viel lernst, wenn du viel arbeitest oder für dich und für deine

20:10

Nächsten sorgst, dann wirst du dazu etwas bringen.

20:12

Und das mündete immer in den großen Satz, meinen Kindern soll es immer besser gehen als mir.

20:16

Und heute haben wir eine Situation, wo ganz, ganz viele Leute am Küchentisch

20:20

sagen, hoffentlich geht es meinen Kindern noch so gut wie mir.

20:24

Was da psychologisch passiert, hin zu diesem Gedanken,

20:27

wenn man den jetzt mal so paraphrasiert, das ist ja eine unglaubliche Angstsituation,

20:32

eine Unmächtigkeit und vor allen Dingen spüren viele Leute, gerade aus dem,

20:37

was ich beschrieben habe, so eine Wirkungsohnmacht.

20:41

Also die können das nicht mehr beeinflussen. Und dann hast du eine Regierung oder eine Phase, in der die Regierung handeln

20:47

muss und sie muss es auch tiefgreifend und das nochmal zusätzlich überfordern.

20:54

Und plötzlich denken die, hier kommen nächste Woche die Männer und reißen mir die Heizung raus.

20:57

Weißt du, du hast so ein Gefühl, wir arbeiten mit Daten, hier wir haben Kipppunkt 2030,

21:03

35, 45, das ist für die Menschen teilweise außerhalb der Lebenserwartung und

21:10

haben aber im Jetzt, im Hier, am Küchentisch gerade das Gefühl,

21:14

sie sind schon total überfordert. Und dann wenden sich ganz viele Leute einfach von dieser Politik ab und resignieren zunächst.

21:21

Und aus einer ganz langen Resignation schaffen es manche Leute,

21:24

und das ist genau der Hebel, warum fragst du, warum landet man dann so,

21:26

die werden dann da rausgelockt hin zu Populisten über Nostalgie.

21:30

Und ich glaube, ein großes, ein großer Fehler ist, wenn wir auf die AfD zum

21:33

Beispiel heute schauen, natürlich würde ich von den, wenn man da auf die Umfragen guckt,

21:37

und die stehen bei 20, 25, teilweise 30 Prozent im Osten, kann man 14 bis 15

21:43

Prozent wirklich stabil rechtsextrem einordnen. Die sind da...

21:46

20 Prozent sagt man doch teilweise so.

21:48

Ja, das würde ich immer so, weil die ein bisschen variieren.

21:51

Aber reicht ja, reicht ja. 14 bis 15 Prozent, die sind stabil rechtsextrem.

21:55

Die sind stabil, anders als was anderes zu beschreiben, die Schwachsinn.

21:59

Aber da sind tatsächlich, das ist ein Potenzial, egal wie man jetzt weit geht,

22:02

von 15, 15 Prozent, die da jetzt gerade die Umfragen bestimmen,

22:06

die sich in diese Nostalgiefalle locken lassen.

22:11

Und diese Nostalgiefalle sagt einfach nur, es soll wieder so einfach sein wie früher.

22:17

Das ist das Versprechen, deren Wahlslogan zur Bundestagswahl,

22:20

Deutschland aber normal. Normal. Der Normalitätsbegriff ist ein Begriff, den die formulieren aus der Vergangenheit,

22:26

wo es Globalisierung noch nicht gab, wo es ein klares Geschlechterverhältnis

22:31

gab, wo es ein klares Aufstiegsversprechen gab, arbeiten, arbeiten, arbeiten.

22:37

Also all das stimmt nicht, das gab es damals auch schon nicht.

22:39

Aber das wird ja romantisiert, eben Nostalgie du guckst zurück mit verklärten

22:45

Augen und diese Vereinfachung,

22:49

wenn wir all das wenn wir all die Anstrengungen, die uns die Gegenwart jetzt schon,

22:55

auftruiert und für die Zukunft noch verspricht, wenn wir die cutten,

23:00

dann geht es uns wieder gut und das lockt ganz ganz viele an in dieses Milieu

23:05

und das ist natürlich Das ist sogar ein bewegliches Milieu, wenn man eine andere Geschichte erzählt.

23:10

Die kriegt man auch wieder weg, wenn man Angst nimmt.

23:15

Das bringt mich zu einem guten Punkt irgendwie, weswegen ich das auch so spannend

23:18

finde, dich jetzt hier am Tisch zu haben, ist vieles davon, du hast ja vorhin

23:24

schon gesagt, ist Kommunikation. Also ein Großteil oder wenn nicht alles irgendwie, vielleicht nicht alles,

23:30

aber vieles, vieles, vieles davon ist Kommunikation.

23:34

Wo wir gerade festgestellt haben, damals Agenda 2010 ist ein Problem in der

23:39

Kommunikation und das ist ein Kontinuum, habe ich das Gefühl.

23:42

Jetzt, warum ich das halt so spannend finde, dass du da bist,

23:45

weil Kommunikation, das hast du gar nicht noch so bisher gesagt,

23:49

ist ja etwas, was halt dein Geschäft ist und auch politische Kommunikation gerade,

23:54

vielleicht nochmal, bevor wir jetzt noch tiefer da einsteigen,

23:56

was wir auf jeden Fall sollten, vielleicht nochmal ein bisschen irgendwie, du bist in die SPD eingestiegen und

24:00

du bist dann über Wege, aber auch irgendwann bei der politischen Kommunikation

24:04

oder wie, erzähl doch mal ein bisschen so, wo da so dein Weg und vielleicht

24:09

auch so ein bisschen so dein Blick und deine Expertise liegt. Naja.

24:12

Erstmal, wie gesagt, schon als Privatmensch ganz politisch gewesen und bin dann

24:17

irgendwann 2006 oder 2007,

24:20

habe ich bei der Werbeagentur zum Goldenen Hirschen angefangen und die haben

24:23

damals die Landtagswahlen für die Grünen gemacht und dann konnte ich zum ersten

24:28

Mal das, was mich politisch bewegt, dann zumindest schon mal habe ich das Wahlkampfhandwerk

24:32

so mal kennengelernt, wie das so funktioniert. Mit mir nicht ganz fern Themen, jetzt nicht zwingend meine und damals noch viel

24:38

stärker auch Umweltfokus. Insofern konnte ich es auch so einfach machen, ohne dass ich mich da,

24:42

ist ja gut und schön, machen und gut, ja, konnte damit sehr gut umgehen.

24:46

Klimawandel war da ja auch noch nicht so ein kommunikatives Thema.

24:49

Hab aber das Wahlkampfwerk so kennengelernt und fand das super spannend und

24:52

dachte mir so, oh krass, das ist etwas, da kann ich das, was ich kann,

24:55

nämlich wirklich gelernter Werber, also ich hab so richtig Werbung gelernt,

24:59

als Grafiker und später dann Texter und so weiter und so fort.

25:02

Hab einen großen Werber getrunken, Und da kann ich das, was mich aber privat

25:05

interessiert, nämlich die Politik, das kann ich da auf den Punkt bringen.

25:09

Und das habe ich dann ganz lange gemacht und in unterschiedlichen Stationen

25:13

und habe dann auch angefangen.

25:16

Sascha Lobo hat mich dann irgendwann Hubertus Heil vorgestellt,

25:20

weil ich den Bundesvorstand der Grünen damals im digitalen Beraten habe.

25:25

Und dann hat Hubertus Heil gesagt, das machst du jetzt mal schön bei uns als

25:27

SPD-Mitglied. Und ich so, ja schön, wollt ihr das denn jetzt auch machen,

25:29

weil mich hat ja niemand vorher gefragt. Ja, ja, und dann haben wir auch so

25:31

Beirat und so eingerichtet und so weiter. Und hab das gemacht, hab dann viel Digitalberatung gemacht, hab dann D64,

25:38

den Verein für Digitales, Zentrum für digitalen Fortschritt mitgegründet und

25:42

war der Gründungsvorsitzende, hat heute 700 Mitglieder.

25:45

Wahrscheinlich einen der wichtigsten und einflussreichsten Digitalvereine,

25:47

den wir in diesem Land haben. Und habe dann immer weiter gemacht, bis ich dann auch mit einem Partner zusammen

25:53

eine eigene Strategieagentur gegründet habe, wo wir dann tatsächlich Politikberatung

25:57

gemacht haben und dann viele Wahlkämpfe, aber eben auch viel überhaupt Politikberatung auch,

26:04

über Situationen gesprochen und dann halt aber auch ganz viel Ansprechpartner

26:06

gewesen, also ich als Person, wenn es um Strategien geht und politische Kampagnen und so weiter und so fort

26:13

und das mache ich bis heute und habe daran auch nicht die Laune verloren,

26:18

one, weil wir in sehr bewegenden Zeiten leben.

26:22

Dann haben wir ja erstmal den Ground Level gelegt. Du kennst dich ja eigentlich mit Kommunikation aus.

26:28

Und hast dich ja auch viel rumgetrieben dann in der politischen Kommunikation

26:31

und auch strategisch beraten, wie es gemacht werden soll.

26:35

Dann jetzt aber mal deine Wahrnehmung, warum läuft es dann so schlecht?

26:39

Mal überspitzt gesagt. Also warum werden, also in meiner Wahrnehmung,

26:44

gerade jetzt halt auch, aber auch davor, wird so schlecht kommuniziert?

26:49

Naja, ich würde das gerne mal ein bisschen klammern. Weil es leicht gesagt ist, es wird schlecht kommuniziert.

26:56

Ich würde gerne den Blick kurz mal wenden, nämlich auf die, die auf diese Kommunikation,

27:00

aus den Augen, die auf diese Kommunikation blicken, also die Bürgerinnen und Bürger.

27:04

Wir erleben schon in einer Gesellschaft, und du hast Medienwandel besprochen, in der ja,

27:12

alle senden, alle empfangen oder viele und es entstehen Meinungsbilder sehr,

27:15

sehr schnell und wir haben, in meinen Augen hat sich der Politikbegriff auch,

27:20

zum schlechteren gewandelt. Viele verstehen Politik mittlerweile als eine Dienstleistung und zwar für sich

27:25

selbst und alles, was sozusagen nicht das, was ich jetzt gerade brauche,

27:31

den eigenen Nied beschreibt, ist schlechte Politik.

27:36

Total zugespitzt formuliert, aber wenn jetzt meine Forderungen gerade nicht

27:40

erfüllt wird, dann wird auch möglichst laut und möglichst radikal und möglichst

27:45

doll, und ich meine es gar nicht von rechts, ich meine es wirklich von, selbst am Küchentisch, die Doofen da oben, also so kann man bei sich selbst anfangen.

27:53

Weil immer klar wird, okay, wenn mein, den Nied, den ich gerade,

27:56

was ich gerade von der Politik brauche, nicht erfüllt wird, dann finde ich es erstmal scheiße.

28:00

Nun ist die Politik aber eben nicht Dienstleister, sondern immer Ausgleich von

28:05

allen Wünschen, die auf die Niederprasseln. Deshalb gibt es Koalitionen,

28:10

dass man möglichst viele Sachen in eine gesellschaftliche Mehrheit erzeugt.

28:14

Und das geht nicht einher ohne Kompromisse.

28:19

Und das bedeutet aber, dass das Dienstleistungsempfinden, was von 100% ausgeht,

28:23

manchmal nur zu 65% und manchmal sogar unter 50% erfüllt werden kann. an.

28:29

Zuzüglich hat die Politik noch das ganz große Problem, dass wir die,

28:32

die am Küchentisch sitzen und die Forderungen an die Politik richten,

28:34

noch eine Variable komplett mitdenken müssen. Das, was wir eigentlich nicht

28:38

machen, ist nämlich die Zukunft. Die müssen auch gucken, wie die Wünsche, die wir jetzt gerade formulieren,

28:43

noch in 10, 15, 20 Jahren tragbar sind.

28:46

Und wie die sich weitermachen. Diese Komplexität im politischen Geschäft ist

28:50

einfach wahnsinnig schwer zu vermitteln. So.

28:53

Wenn nämlich die Erwartungshaltung ist, jetzt sofort eine Lösung.

28:57

Und dann wird man immer ganz explizit Beispiele finden, wo wirklich Kacke kommuniziert

29:02

wird in Einzelthemen und dann auch ein schlechtes Bild abgeben wird.

29:06

Und wenn man dann aber in die einzelnen Politikfelder guckt,

29:09

würde man sagen, das haben die eigentlich gar nicht so schlecht gemacht. Also wenn man sich im letzten Jahr mal anguckt, was wir da von Heizungswinter

29:14

und Kältewinter und die Omas werden sterben in ihren Wohnungen und angucken,

29:18

wie gut wir dann doch da durchgekommen sind mit Energiepreisbremse, das, das.

29:22

Die Einzelmaßnahmen, da geht es nicht um Kommunikation, sondern es geht um echtes

29:26

Handeln. Und das wird aber nicht gesehen, weil halt diese...

29:29

Genau, also ich gebe dir da recht, da werden Dinge halt auch...

29:35

Die Kommunikation ist ja vielleicht auch gar nicht nur die Ursache der schlechten

29:40

Kommunikation bei den Parteien an sich, sondern also warum wird vielleicht dann

29:46

auch so schlecht berichtet oder also wo liegt...

29:48

Also gibt es noch andere Problemfelder, die man da nicht sieht?

29:50

Also in meiner Wahrnehmung ist Journalismus und die Vermittlung von Informationen

29:56

auch schlechter geworden. Vielleicht bin ich kritischer geworden, vielleicht weiß ich mehr und sehe es

30:01

jetzt anders, aber das ist für mich ja auch ein Teil der Sachen. Nein.

30:06

Es ist einfach viel schneller geworden. Und diese Schnelligkeit hat noch nicht

30:11

mal ein Qualitätsmerkmal, sondern erstmal als Fakt hat ein Problem Tiefe.

30:15

Also sobald du schneller bist, bist du flacher. Weil je mehr Zeit du hast,

30:19

desto tiefer kannst du gehen. In der Recherche, in der Beschreibung der Problematik, in der Beschreibung der

30:24

Lösung. Und diese Schnelligkeit hat erstens zur Folge, dass alle sich jetzt

30:28

sofort schnell eine Meinung bilden müssen, sowohl Journalistinnen als auch Politikerinnen

30:32

und so weiter und so fort. Aber auch wir alle sofort eine Meinung haben.

30:35

Und die alle dann auch gleich posten und kommentieren und liken.

30:39

Und diese Geschwindigkeit macht natürlich auch was mit dem Politikbetrieb,

30:43

weil wenn es dann zu einer Lösung

30:46

XY kommt, alle den Kommunikationsdruck haben, ich muss da jetzt raus.

30:50

Und das machen sie dann entweder auf ihren eigenen Insta oder sonst irgendwie

30:52

oder man muss dagegen schnell was machen.

30:55

Also man hat auch, die spüren auch selber diesen Kommunikationsdruck in Erwartungshaltung,

30:58

dass das ja heute so gelesen wird. Und das stimmt ja auch. Die Erwartungshaltung ist da. Und ich glaube,

31:03

diese Geschwindigkeit ist vor allem ein großes Problem. Das ist kein Problem. Da gibt es nicht mal einen Vorwurf an alle Beteiligten.

31:09

Ich sage nur, das ist eine ganz große Demokratie, lebt eben von Prozesskompromissen

31:16

und richtig harter Arbeit, weil es halt immer eine Verhandlung ist.

31:20

In jeder Koalition, in jeder Regierung, mit allen Menschen, mit ganz,

31:23

ganz vielen Interessensgruppen, mit Gewerkschaften, mit Unternehmern,

31:27

mit Wirtschaft sowieso, mit Sozialverbänden.

31:30

Also es ist immer Verhandlungen. Und wenn du es ernst meinst und die wollen

31:33

alle auf Augenhöhe begegnet werden, die haben alle ihre Interessen,

31:36

dann ist das nicht schnell. Es ist gründlich und langsam.

31:41

Wir leben aber in einer Zeit, wo wir nicht mal 24 Stunden Streik aushalten.

31:45

So, ja, und das ist so eine, da clasht Medienrealität tatsächlich,

31:51

Medienrealität, das ist aber eben nicht nur unsere Medien, wir sind auch die

31:55

Medienrealität, indem wir konsumieren und interagieren auf ein realpolitisches

32:01

Geschäft, was sich im Kern, nicht in der Kommunikation, aber im Kern nicht verändert hat.

32:06

Weil der gesellschaftliche Ausgleich muss immer noch so hart erkämpft werden,

32:09

wie er auch schon vor 20, 30, 40 Jahren erkämpft wurde.

32:12

Wahrscheinlich heute sogar noch enger und noch doller, weil es noch mehr Interessengruppen gibt.

32:16

Und das clasht, das clasht total. Und das kriegst du auch eigentlich nicht aufgelöst.

32:20

Das ist bloß etwas, was wir noch nicht gelernt haben.

32:23

Es ist noch keine Kulturtechnik.

32:27

Wir sind lieber bereit anzunehmen, dass die Demokratie am Scheitern ist,

32:33

anstatt zu sagen, nee, eigentlich funktioniert die schon super.

32:37

Die funktioniert deshalb super, weil sie halt ihre Prozesse hat,

32:40

genau, ausverhandelt wird. Wir selber konsumieren sie bloß anders.

32:43

Ich muss gerade an ein Buch denken. Hast du Erzählende Affen?

32:47

Ich kenn's, aber ich hab's nicht gelesen, aber ich kenn's ja.

32:49

Auch als Hörbuch irgendwie, gut, aber.

32:51

Ist von Samira.

32:53

Samira.

32:54

Friedemann.

32:54

Karek und Samira. Also kondenzt irgendwie, was ich da mitgenommen habe,

33:01

ist, also sie gehen halt auf, wie wir Menschen uns Geschichten erzählen,

33:05

so ein bisschen die Juweler Harare-Geschichte erzählen.

33:08

Unser Storytelling hat uns irgendwie dahin gebracht, wo wir sind und,

33:12

erzählen da halt auch so ein bisschen genau, welcher unterschiedlichen Erzählform

33:15

die Heldengeschichte, die Dinge, es gibt ja so bestimmte Prototypen von Geschichtenerzählungen

33:19

und Und legen das halt auch die unterschiedlichen Felder von Gesellschaft,

33:24

Politik und den Krisen, die wir haben an.

33:26

Und an vielen Stellen kommen sie halt auch zu dem Schluss, dass wir für vieles,

33:30

was da gerade passiert, haben wir einfach keine Arten, Geschichten zu erzählen.

33:35

Also sowas wie den Klimawandel in 2055, 70 irgendwie,

33:40

das ist zwar irgendwo abstrakt verständlich, aber es gibt keine Geschichtenerzählung

33:45

oder Art, wie wir uns Geschichten erzählen, wie wir das auflösen können,

33:48

wie wir uns was erzählen können, wie wir das lösen.

33:52

Also da sehen sie so ein großes Problem und das ist mir durchaus eingängig,

33:55

dass das, ja, das ist schwierig.

33:58

Also wir, ja, uns fehlt da halt irgendwie ein Handwerk, eine Kulturtechnik oder

34:02

wir müssen unserer Art, wie wir uns Dinge erzählen, darüber berichten,

34:06

wandeln, angepasst auf das, was die Arten davon Probleme sind und in welcher

34:10

Zeit wir uns gerade bewegen, mit welchen Medien wir uns hier auch gerade durch diese Zeit bewegen.

34:14

Ich glaube, ein ganz komplexes Problem ist, Was echt ein hartes Eingeständnis

34:19

ist, wenn man von seinem Idealbild abweichen muss.

34:23

Aber ich glaube, was wir viel stärker erzählen müssen, ist eine völlig legitime,

34:28

wir müssen eine egoistische Erzählweise bringen.

34:33

What's in for me? Also wenn ich jetzt diesen Schritt in diese Veränderung mit

34:36

dir mitgehe, was bringt das mir? Das meine ich übrigens mit Aufstiegsversprechen. Das ist fokussiert auf dich.

34:45

Kostenlose Bildung, wir schaffen das, dann kannst du das und das und das und

34:48

dann kannst du und so weiter. Es war immer fokussiert auf den Einzelnen. Selbst der Satz von Norbert Blüm,

34:53

die rennen sich sicher, hat sich original ans eigene Portemonnaie gerichtet. Jedes Mal.

34:58

Wir haben gerade eine Problembeschreibung, aufgrund der Charakteristik,

35:03

weil sie halt globalisiert ist, weil sie halt überbohrend ist,

35:05

weil es viel ist, die immer von sehr abstrakten Erzählpositionen kommt.

35:11

Jahreszahlen, Dimensionen, Kipppunkten, die relaten einfach nicht.

35:16

Und die raten nicht in meinem. Persönlichen Umfeld. Das ist, glaube ich, gleich ein gutes Beispiel,

35:24

was wirklich absurd ist. Und vor allen Dingen haben ganz viele Leute das Gefühl, dass diese Veränderung,

35:30

diese Mitgängnis, ihnen was kostet. Geld. Und zwar dann wieder wirklich in ihrem eigenen Portemonnaie.

35:34

Und wir sagen immer noch nicht, was ist die Dividende? Die Dividende davon.

35:38

Es kostet erstmal nur Geld. Der härteste Satz, den man da sagen kann, ist, dass sowas wie Solidarität und

35:45

wir müssen das jetzt machen für die Generationen nach uns oder für Migranten

35:49

in einer Flüchtlingssituation oder so oder so.

35:53

Die Leute denken, es kostet sie Geld. Und das ist erstmal, das formuliert man nicht so viel, aber wenn man darüber

36:00

nachdenkt, dann braucht man eine andere Erzählung.

36:03

Dann muss man sagen, okay, was ist denn die Chance für dich da drin?

36:08

Also selbst wenn es sich jetzt, was bringt es dir selbst? Und wir sind an ganz

36:11

vielen Punkten, ob es jetzt Klimawandel ist und so weiter und so fort,

36:16

erzählen wir von den nachfolgenden Generationen.

36:20

Wenn wir aber sagen, wir bräuchten jetzt Investitionen in die Zukunft und müssten

36:23

jetzt die Schuldenbremse auflösen, dann zählt die nachfolgende Generation nur,

36:27

die dürfen die Schulden nicht abtragen, aber die Innovationen dürfen sie jetzt auch nicht mitnehmen.

36:30

Also wie wir es halt machen, sortieren wir uns das selbst, aber wir haben den

36:33

Blick auf den Einzelnen verloren und dieses Verlieren des Einzelnen,

36:37

gerade wenn, und da schließt sich der Kreis, wenn ich sage,

36:39

viele Menschen erleben Demokratie heute eher als Dienstleistung,

36:43

wenn du dann die Einzelnen verlierst, dann verlierst du sie in der Kommunikation,

36:49

aber auch im Glauben an die Politik sozusagen. zu sagen.

36:51

Und das ist so, diese Geschichtenerzählung, die fehlt tatsächlich.

36:55

Nämlich, was kann da, also ich glaube,

36:58

man kann es echt klar mal unter Aufstiegsversprechen in dieser neuen Zeit.

37:01

Was ist das Wirkversprechen von eigenem Handeln und Tun? Und was ist nicht nur

37:05

Forderung, sondern was hast du davon?

37:08

Weil im Moment erleben die Menschen es einfach nur noch fordernd.

37:11

Ja. Ich würde gerne nochmal so den Bogen jetzt so, wir sind jetzt so vor dem,

37:17

größeren abstrakten Veränderung, was passiert da gerade?

37:21

Der Ausgangspunkt ist ja der große Rechtsruck, nenne ich jetzt mal,

37:25

und jetzt auch die Bewegung, die sich jetzt so ein bisschen,

37:28

das ist jetzt die große Frage vielleicht, auch so eine Bewegung in Anführungszeichen

37:32

und mit Fragezeichen dahinter, die sich da jetzt irgendwie mal vielleicht formiert dagegen. gegen.

37:39

Mich würde, also ich würde das gerne mal so ein bisschen auftröseln,

37:43

weil fand ich ja ganz gut, dass wir angefangen haben in den Baseballschlägerjahren.

37:50

Es gab eine Zeit, da war alles oder ja, war es wirklich alles sehr viel rechter?

37:56

Es ist immer so, ich schwanke da selber immer so ein bisschen zwischen den so,

38:00

jetzt ist plötzlich alles so recht, war doch nicht immer so.

38:04

Ja, doch da war es schon so. War es überhaupt je anders. Also ich frage mich manchmal irgendwie, ähm,

38:14

Ist dieses Rechts neu? Ist es irgendwie immer da gewesen und schwappt nur an die Oberfläche?

38:19

Und was ist da eigentlich los? Ich würde es gerne mal so ein bisschen auseinandernehmen,

38:23

weil ich bin da also auch einfach ein bisschen ratlos an ein paar Stellen und

38:27

schwanke da mal mit so einer und so einer Betrachtung.

38:30

Und mich würde da mal deine Einschätzung interessieren, als jemand,

38:33

der die Zeit erlebt hat und bis hierhin und bestimmt halt auch mal so zurückguckt in so,

38:38

naja, die große Erzählung, die wir uns hier als Deutsche erzählen,

38:42

naja, da war der Krieg vorbei und dann haben wir uns ja entnazifiziert und wir

38:45

haben es ja so super gemacht alles irgendwie hier.

38:48

Also so besser kann man das ja gar nicht machen.

38:51

Eine große, große Lügengeschichte, glaube ich, die wir uns Deutschen erzählen,

38:55

die Entnazifizierung und wie eigentlich sich dieser rechte Gedankengut durch

39:04

unsere Gesellschaft zieht und warum wir halt irgendwie solche komischen Bewegungen

39:07

wie jetzt wieder erleben. Mal aus der Sicht betrachtet, würde mich mal so ein bisschen dein Take. Ja.

39:11

Also ich glaube, dass diese 10, 15 Prozent, die suchen sich stabil ihre Inseln,

39:16

aber die haben wir stabil. Ob die jetzt AfD waren oder MPD im Osten in den 90ern oder sonst irgendwie.

39:21

Aber 10, 15 Prozent rechtsradikales Potenzial haben wir in Deutschland. an.

39:25

Und jetzt kommt dieser Hot-Tag, den dann alle sagen, das ist das europäische Normmaß.

39:30

Stimmt, ist so. Wir erleben aber auch in allen europäischen Ländern oder in

39:34

vielen eben populistische Ausschläge, die das noch erhöhen.

39:37

Und das macht aus einem ganz blöden, beschissenen Grund und Fehler, den,

39:43

einfach Parteien machen und vor allem Konservativparteien, aber auch die SPD

39:46

war davor nicht frei in der Vergangenheit, aus dem Dankenhaus,

39:50

wie kriegen wir diese wieder zurück, diese Menschen?

39:56

Themen normalisieren, die die selber setzen. Und wir erleben ja,

40:00

das sind Wörter, die passieren.

40:02

Sowas wie Altparteien, wie locker das heute so über die Bündner geht,

40:06

vielleicht jetzt nicht im täglichen Gebrauch, aber das ist kein Wort,

40:08

an dem wir uns stören, das ist ein astreines AfD-Wort zur Gründung.

40:13

Remigration jetzt gerade aktuell immer kontextualisiert, ich beobachte schon,

40:18

aber ich sage dir, Remigration, also dass wir es jetzt alle schon kennen,

40:21

ist ja schon ein Aspekt davon. Und dieses Normalisieren von Wordings, aber eben auch Themen anzunehmen und

40:29

darauf müssen wir jetzt wirklich reagieren. Das zeigt die Wirkkraft von dieser oppositionellen Kraft und lenkt natürlich

40:37

Leute, die eher politikverdrossen sind und eher aus dem Nicht-Lega-Lager sogar

40:40

kommen, lenkt die natürlich zur AfD hin, weil die sagen, krass, die bewirken ja was.

40:46

Die bewirken was, weil diese Themen plötzlich...

40:48

Weil die Großen sich bewegen. Das ist immer von ganz vielen,

40:52

das meine ich ja, wenn wir von diesen 15% wegkommen, die wirklich stramm Nazis

40:56

sind, die sehen eher den Hebel, dass die anderen sich bewegen.

41:01

Und das ist ein Riesenreiz. Jetzt muss man natürlich sagen,

41:04

wenn du dich auf die zu bewegst, auf die AfD, thematisch, du musst denen nicht

41:08

übereinstimmen, aber selbst wenn du die thematisch erwähnst und dann mit denen

41:10

argumentierst und denen Raum gibst und dann so sagst, ja gut,

41:13

da stimmt, da sind wirklich schon viele geworden jetzt, wenn du das irgendwie so kontextualisierst,

41:18

warum solltest du dann eigentlich zu der anderen Partei wieder gehen und sagst, die AfD wirkt ja. Ja.

41:24

Und warum solltest du das machen? Und der Unterschied zu damals,

41:29

zu den 90ern, würde ich aber sagen, ist, dass es neben den 10, 15 Prozent, erstens, glaube ich, war die Gewaltgerechtschaft,

41:36

ich will sie jetzt gar nicht kleiner machen, aber damals war sie tatsächlich

41:39

eine sehr starke Nazi-Skinhead-Gewalt-tossierte Szene.

41:42

Das war auf jeden Fall noch eine andere Nummer. Man.

41:44

Muss fairerweise sagen, dadurch waren sie auch leicht abgrenzbar,

41:47

auch zum bürgerlichen Lager. Heute dadurch, dass das ein bisschen in den Hintergrund geraten ist oder nicht

41:52

mehr so präsent ist, ist natürlich die Anschlussfähigkeit ins konservative Lager viel größer.

41:58

Jetzt redest du ja plötzlich nicht mehr mit Nazis, offensichtlichen Nazis mit

42:02

Bomberjacke und 30-Loch-Stiefeln und Skinhead,

42:07

sondern redest jetzt mit Leuten, die Magazine rausbringen, die in jeden Zeitungen

42:12

zu kaufen sind, in jedem Kiosk zu kaufen sind und die im Talkshow sitzen.

42:15

Und mit denen redest du jetzt. Und die reden politisch und die sind redegewandelt, die sind nicht dumm.

42:20

Und die wollen jetzt auch nicht als erstes jedem auf die Schnauze hauen,

42:22

sondern die wollen sie dann im Zweifel remigrieren. Und darüber kann man ja dann politisch diskutieren. Da kann man sich ja dann einigen auf dem Weg.

42:30

Aber was ist denn passiert, dass das plötzlich möglich ist? Also ich meine,

42:32

das war, solche Parteien, die es versucht haben, gab es ja auch schon vorher, die Republikaner.

42:41

Ja.

42:41

Aber wie gesagt, da waren die Konservativen stabiler.

42:46

Da wieder, dass sie sich nicht irgendwie auf das Spiel eingelassen haben,

42:49

wir übernehmen jetzt mal eure Tose hier. Und sie hat ein ganz.

42:51

Ganz starkes konservatives Profil. Übrigens auch in Abgrenzung zu einem sehr,

42:54

sehr starken sozialdemokratischen Profil, was deutlich auch viel stärker ausgeprägt war.

42:58

Du hattest eigentlich eine bipolare Politik-Situation, in denen Rändern sich

43:03

jeweils noch andere dann bewegt haben. Erst die Grünen bei der SPD, ja, du hast auch bei den Rändern bei der CDU,

43:09

gibt es ja immer noch die CSU, darf man nicht vergessen. Dazwischen sitzt irgendwann

43:11

die FDP, die mit beiden mal konnte. Und erst später gab es ja die Abgrenzung WSG, die übrigens auch schon Wahlalternative

43:17

hieß, das darf man nicht vergessen. Die WSG und die Linke oder die PS, die dann zur Linken wurden.

43:23

Das sind alles Entwicklungen. Aber du hattest durch diese Bipolarität dieser großen Kräfte auch eine starke

43:28

Konzentration von Haltungsfragen. Und diese Haltungsfragen kann man super sich

43:33

angucken beim Ekel-Alfred, die alten Folgen und so weiter und so fort, wo CDUler gegen SPDler.

43:37

Und da hätte man in der Argumentation ja nie einen Verdacht, dass es ein Rechtsextremer ist, sondern einfach ein stabiler Deutscher gegen Zottel-Hippie.

43:45

Und jetzt werden aber Positionen, die dann rechts sind, normalisiert im konservativen Lager.

43:52

Und das macht das salonfähig. Und das ist etwas, was wir auch wieder europäisch

43:57

beobachten können. Und das wundert mich so ein bisschen.

44:02

In ganz großen europäischen Ländern haben Parteien, Schwesterparteien der CDU

44:06

zum Beispiel, komplett an Bedeutung verloren, weil sie halt die Tür aufgemacht

44:09

haben nach rechts. Und die sind immer größer geworden. Und man kann sagen,

44:12

dass die CDU in Europa die einzig noch verbliebene konservative Volkspartei ist.

44:16

Und das ist sie nur, weil sie es bisher nicht gemacht hat, sich den Rechten zu öffnen.

44:23

Und da bin ich jetzt, alle haben denselben Fehler gemacht.

44:26

Und die CDU oder konservative Kräfte haben es jetzt noch nicht für sich definiert,

44:30

in diesen Zeiten, in denen wir sind, wo es ja eigentlich, da muss man nicht

44:34

super progressiv sein, man muss ja sagen, wir können die Zukunft und die Gegenwart

44:37

nicht verleugnen, wir müssen sie umarmen und gestalten.

44:41

Sie wissen für sich noch nicht, was sie so umarmen bedeutet und tappen selbst

44:44

in diese Nostalgiefalle ein.

44:46

Was wäre denn für dich, also ich…, Überleg mir ja oft selber in meiner eigenen Selbstverordnung manchmal irgendwie,

44:53

wo würde ich mich jetzt verorten und klar, ich meine, ich bin Mitglied in der

44:57

grünen Partei, ja, aus irgendwie,

45:01

sag ich dann, vielleicht dann da, muss aber selber sagen, dieses,

45:04

wie ja so oft jetzt dieses Label links, rechts irgendwie schwierig ist,

45:09

habe im Gefühl schon irgendwo so ein konservatives Herz, würde ich jetzt mal sagen.

45:18

Ja, aber das ist halt, genau, im Endeffekt ist die Grüne eine konservative Partei.

45:22

Ich habe so das Gefühl, irgendwie diese Definition von Konservatismus ist so

45:29

ein bisschen verschwommen und jetzt ist Konservatismus eigentlich auch schon

45:33

so eine kurze Stufe vor rechts. Nichts.

45:36

Was wäre denn ein stabiler Konservatismus, der jetzt nicht irgendwie reaktionär ist,

45:43

sondern halt auch wirklich eine Gesellschaft zusammenhält und Stabilität bringt

45:49

in einer Art, die positiv ist.

45:51

Also das ist ja vielleicht auch etwas, was konservativ ist, eine Stabilität.

45:55

Das hat Mutti ja lange vermittelt, mit dem Opfer halt irgendwie,

46:00

ja es ist halt auch ein Stau und irgendwie wichtige Dinge werden nicht angepackt,

46:04

aber irgendwo muss es ja da so ein...

46:08

Ich.

46:09

Würde jetzt gerne nochmal, bevor ich genau darauf gehe, nochmal einen wichtigen

46:13

Aspekt machen, wenn wir auf rechts und links gucken. Wir kommen aus einer komischen empirischen Schule, die heute nicht mehr funktioniert.

46:21

Wir könnten immer früher sagen, Wählerlager, der und der, der das verdient oder

46:25

der Haushalt, der das verdient, mit der wirtschaftlichen Situation in der Altersspektrum,

46:29

in dem Altersspektrum oder tendiert er in dieses Lager oder tendiert er in das Lager.

46:35

Also wir hatten so soziodemografische Fakten, in denen man gut in Lagern einordnen

46:39

konnte oder zu Parteinähe. Und meistens hat es hingehauen.

46:42

Das muss man schon mal erklären, warum man als Unternehmer die SPD gewählt hat zum Beispiel.

46:48

Das hat sich komplett verändert. Nämlich, heute haben wir eine wertebasierte Draufsicht.

46:53

Wenn du heute AfD wählst, dann bist du im Zweifel gegen jede Klimaschutzmaßnahme,

47:02

nicht feministisch, gegen Globalisierung, gegen Digitalisierung,

47:07

gegen Hilfen für die Ukraine, gegen Impf...

47:10

Du bist halt, und das sind Wertegerüste.

47:13

Und wenn du dieses Wertegerüst hast, ist es völlig egal, ob du 100.000 Euro

47:17

im Jahr verdienst oder arbeitslos zu Hause bist.

47:20

Du orientierst dich heute viel stärker innerhalb deines eigenen Wertekosmos.

47:25

Entlang deiner Einzelfragen, entlang deiner Partei.

47:28

Das ist als Dienstleistung gedacht. Ja, ich habe Werte und wer vertritt die? Das ist dann eher das.

47:32

Das ist viel stärker sozusagen an der Parteienentscheidung heute wichtig als

47:35

soziodemografischer Hintergrund. Was es umso schwerer macht, diese ganzen blöden Wie kriegen wir die eigentlich

47:40

zurück? Was ja zum Beispiel Merz jetzt stark formuliert. Er muss jetzt mit denen

47:42

sprechen, damit die zurückkommen. Er versteht nur nicht, dass das nicht eine Auseinandersetzung ist mit deren

47:48

Themen, sondern sobald er sich mit deren Themen auseinandersetzt,

47:51

lässt er sich auf eine Wertedebatte ein. Und will er von zehn von diesen AfD-Wählern, die vielleicht irgendwann mal die

47:58

CDU gewählt haben, auch nur eins zurückbekommen, muss er sich wertemäßig an

48:03

die angleichen. Weil die sind ja gegangen.

48:07

Obwohl es CDU-Werte gibt, obwohl es etwas gibt, wofür die CDU steht oder sonst

48:11

irgendwie, was man abrufen könnte, das war ihnen aber nicht genug. Sie sind jetzt da.

48:13

Wenn du dir also zurückkommen musst, musst du ein Angebot machen. Und das kannst du nur, indem du dich selber auf der Werteskala verschiebst,

48:19

in Richtung von denen, in der Hoffnung, dass du dir dann auch entgegenkommst.

48:22

Wenn du das aber machst und von diesen ein von zehn holst du zurück,

48:26

verlierst du auf die, die du schon hast, verlierst du vier oder fünf Leute,

48:29

die einfach diesen Schritt nicht mitgehen wollen, in Richtung von rechts, in Richtung AfD. AfD.

48:34

Und deshalb halte ich es ja für einen totalen Irrtum zu sagen,

48:37

als Partei, wir müssen die zurückholen. Das ist noch gar nicht das erste Ziel.

48:42

Das ist verwirrend, weil wenn du die zurückholst, dann musst du dich denen nähern.

48:47

Anders funktioniert es gar nicht, weil die sind auf der Werteskala verschoben

48:49

und denen reicht es nicht, wenn du denen 500 Euro mehr im Monat gibst oder Steuererleichterung.

48:54

Das reicht es, darum geht es gar nicht. Es geht darum, da gibt es ein Wertegerüst

48:58

mittlerweile und eine Weltanschauung, die man ausdiskutieren muss.

49:02

Und deshalb hat die SPD CDU damals auch als Fehler gemacht.

49:05

Hat nicht funktioniert, damals auch schon übrigens bei der WASG,

49:08

aber dann auch teilweise mit der AfD versucht.

49:11

Aber es macht ganz verstärkt gerade die CDU und ist da meiner Meinung nach strategisch auf dem Holzweg.

49:17

Und macht das nicht in gewisser Weise auch, oder das ist ja die Frage,

49:21

was macht da die BSW, Bündnis Sarah Wagenknecht, das ist ja,

49:26

ich weiß nicht, ob das jetzt schon wieder abgeflaut ist, aber es war so eine

49:29

gefühlte Wahrnehmung, irgendwie sowas, naja, vielleicht kann die das ja mit

49:33

irgendwie so einem komischen, ich bin auch so mit solchen Werten ich bin irgendwie so ein bisschen dagegen und dafür diese,

49:43

diese Werte, die da gerade rumschwirren

49:45

und sich manifestieren in AfD-Wählerschaft abholen. Ich glaube.

49:49

Das ist eine völlig falsche Betrachtung erstmal. Und wenn ich jetzt Politikberatung

49:52

machen würde, ich die immer als Einzelfenomen betrachten und würde jetzt gar

49:54

nicht gucken, was macht die bei der AfD. Und als Einzelfenomen ist die halt schwer zu beschreiben, weil natürlich,

49:59

wenn man sagt, die macht jetzt Außenpolitik oder Migrationsfragen,

50:04

also wenn man jetzt mal Ukraine kriegt und Migration nimmt, dann würde man sie

50:07

ins konservative Lager stecken. Wenn man jetzt aber guckt, was sie so zu Arbeitnehmer und Steuern und so weiter

50:12

sagt, dann ist sie ein klar linkes Profil. Und da gibt es definitiv ein Potenzial an Menschen, die das auch mit Werten verorten.

50:18

Ich finde, glaube ich, ich habe heute was gelesen, was ich wirklich sehr interessant finde, die kann ein Magnet auch zum Beispiel von Frauen werden.

50:23

Das ist die AfD nämlich noch gar nicht.

50:24

Das stimmt. Ich kenne extrem viele Frauen, die total sagen so,

50:29

ey, das, was die Sarah Ich fand das richtig gut, wie die es da hingestellt hat.

50:59

Was das Klientel da einfach gibt. Und,

51:04

Äh, das ist aber kein, das ist, es zeigt eher nur, dass es die BSW gibt.

51:09

Jetzt gründet sich die Werte Union als Partei, ja, und jetzt gibt es vielleicht

51:12

auch eine türkische Partei noch, ist irgendwie in den Startlöchern oder weiß ich was.

51:15

Es zeigt ja nur diese Diversität, wenn ich vorhin von einer sozusagen fast Bipolarität

51:19

gesprochen habe mit einzelnen Monden, die um diese Bipolare rumgefahren sind,

51:23

wie divers diese Gesellschaft mittlerweile ist und wie ausdefiniert.

51:26

Und das ist natürlich, das beschreiben ja viele sozusagen als Schwäche der Demokratie.

51:31

Aber ich finde das gar nicht so als Schwäche der Demokratie.

51:33

Ich finde es erstmal eine Stärke von Demokratie, wenn man so viele Meinungen wie möglich abbildet.

51:37

Und eine Stärke von Demokratie ist es immer noch, immer noch aus diesen,

51:41

und das darf natürlich nicht ausfallen, darum geht es mir nicht,

51:44

ich will kein 30-Parteien-Parlament oder so, darum geht es nicht.

51:46

Aber ich finde es erstmal eine Stärke, dann zu gucken, wie kriegt man zwischen

51:50

all diesen Interessengruppen einen größten Konsens her.

51:52

Und das ist erstmal Demokratie. Und ich finde das jetzt erstmal nicht schlimm.

51:56

Ja. Aber was wäre das denn dann?

51:59

Also ich meine, so eine gewisse gemeinsame Sicht auf die Welt und ob es jetzt

52:06

ein Werteverständnis oder was auch immer das jetzt ist, braucht es ja schon

52:10

in der Gesellschaft, um es zusammenzuhalten. Wenn wir halt irgendwie uns unendlich weiter differenzieren und individualisieren,

52:17

so schön das in bestimmten Aspekten ist, so sage ich jetzt einfach mal, gefährlich kann das doch für eine Gesellschaft

52:24

sein, weil eine Gesellschaft funktioniert nicht nur mit 80 Millionen Ich-AGs

52:29

irgendwie, wo jeder sagt so, aber ich brauche jetzt irgendwie noch meine Sache

52:32

durchgesetzt bis ins Letzte. Also auf irgendwas müssen wir uns ja dann doch irgendwo mal einigen können.

52:37

Ich weiß nicht, ich bin da ein bisschen zwiegespalten. Erstmal stimmt die Analyse

52:41

natürlich. Ich glaube, dass sie sich noch verstärken wird.

52:45

Ich bin bis wie gespalten, wie man oft reagiert. Und wenn man natürlich sagt,

52:49

so funktioniert es nicht, kommt es natürlich auch aus einer eigenen Nutzalgiehaltung,

52:54

dass es früher so nicht funktioniert hat, der gesellschaftliche Ausgleich.

52:58

Ist es nicht vielleicht, müsste man nicht gleich den Weg gehen,

53:01

zu überlegen, wie man es denn trotzdem schafft, weil diese Außenumstände,

53:04

von denen du sprichst, diese immer stärkere Individualisierung,

53:07

das wird ja nicht weggehen, das wird ja bleiben.

53:09

Und welche Werkzeuge, wenn die alten Werkzeuge nicht mehr funktionieren,

53:13

welche braucht es jetzt eigentlich neu? Na.

53:15

Gut, bringen wir doch mal irgendwie den Neoliberalismus da irgendwie rein.

53:21

Also mein Gefühl, meine Wahrnehmung ist halt auch, na nicht alles,

53:25

aber viel von dem, was schlecht und scheiße ist, irgendwie würde ich halt auch

53:28

dem Neoliberalismus und unserem Kapitalismus in der Form, wie wir ihn betreiben, zuschreiben.

53:33

Weil diese Geschichte, die Erzählung des Neoliberalismus, wie ich sie wahrnehme,

53:38

ist ja halt auch dieses so, du kannst alles schaffen, geil, aber auf der anderen

53:42

Seite, du bist auch für alles verantwortlich. Und hat irgendwie für mich halt auch einen Teil dazu beigetragen,

53:47

in schönen Dingen irgendwie so, okay, jetzt werden die einzelnen Stimmen gehört irgendwie,

53:52

der Einzelne ist wichtig und wir gucken noch irgendwie auf die und die und die individuellen Sachen,

53:57

aber auch so eine Entbindung oder Shift von Verantwortung und damit halt auch

54:03

ein bisschen Auflösen von Zusammenhalt mit irgendwie dem Kapitalismus, der da dazukommt,

54:09

irgendwie die Verteilung von unten nach oben.

54:12

Und also all diese Dynamiken ähm,

54:16

die das schlimmer machen und sich das Gefühl, wenn wir da nicht an einer Schraube

54:20

drehen, dann ist der schöne Teil von Individualisierung, wird uns auch irgendwo auffressen.

54:27

Hundertprozentig, aber wir sind so gern dabei, das mal zu machen.

54:29

Jedes Mal, wenn du Instagram aufmachst und dir die anderen Welten anguckst,

54:32

bist du genau auf diesem Pfad. Von Individualismus, von Spätkapitalismus.

54:38

Und man kann es natürlich als große Kapitalismuskrise begreifen,

54:41

dass hier an einen gesellschaftlichen Kipppunkt tatsächlich gekommen ist,

54:45

wo Kapitalismus gesellschaftlichen Zusammenhalt in dem Maße gefährdet,

54:50

als das, was wir ganz groß in der Bundesrepublik hatten,

54:53

der Sozialstaat und der Kapitalismus zusammen.

54:57

Zusammen, nämlich einen sozialen Ausgleich zu schaffen und trotzdem eine soziale,

55:01

Marktwirtschaft zu haben, eine soziale Marktwirtschaft beschrieben,

55:03

dass das an einen Kipppunkt gekommen ist, wo man sich das Soziale immer weniger leisten kann,

55:09

und den Fokus auf die Marktwirtschaft, die immer stärker individualisiert wird,

55:12

weil plötzlich auch viel mehr Menschen eine eigene Marke sind zum Beispiel und

55:15

eine eigene Persönlichkeit herausentwickeln und nicht mehr kollektiv organisiert sind in,

55:24

Gewerkschaften oder mit Firmen und so weiter und so fort. Und dieser Individualismus,

55:29

den kann man beschreiben, den kann man beobachten, aber erst mal bei sich selbst.

55:32

Da sind wir so alle mit dabei. Und das ist auch etwas, das ist der Geist, den wir nicht mehr in die Flasche

55:36

kriegen. Da bin ich mir relativ sicher.

55:39

Ja, also das ist ja so eine Frage, die ich mir jetzt stelle,

55:42

wenn ich diese Demonstration sehe. Also gegen rechts, ja, und dieser Auslöser, der da war. Ich frage mich manchmal,

55:48

ist das jetzt hoffentlich vielleicht etwas...

55:52

Was die Nadel da wieder ein bisschen in die andere Richtung schlagen lässt,

55:57

wo halt vielleicht angefangen wird, okay,

56:01

vielleicht müssen wir doch zusammen irgendwie mal uns bewegen und vielleicht

56:06

ist Zivilgesellschaft mehr als nur die Demo und das Reingehen in eine Gewerkschaft

56:14

oder sich hier und da und irgendwo.

56:16

Das wäre ja schon mal. Also Parteien und Gewerkschaften verlieren einfach Mitglieder.

56:24

Aber ich glaube, was diese Demonstrationen erstmal schaffen,

56:28

und das ist nicht wenig, Sichtbarkeit.

56:31

Das, was ich vorhin in Frankfurt oder in den 90ern beschrieben habe, was wir in der Szene hatten, exakt jetzt auch wieder. Sichtbarkeit,

56:35

übrigens auch auf Instagram. Oder in sozialen Netzwerken. Und ich kann das aus ganz eigener Erfahrung machen,

56:41

ich war in Frankfurt oder bin ich hingefahren, extra zu einer Demo,

56:43

weil eben Support Your Locals, und habe die Demonstration von Anfang bis Ende durchgefilmt,

56:48

also laut Polizeiangaben waren es 4.500 Teilnehmerinnen, und ich habe die gefilmt

56:52

und es waren 6 Minuten 50 von Anfang bis Ende, was für Frankfurt-Uder einfach

56:56

wahnsinnig langer Demonstrationszug ist. Und ich habe das dann ungeschnitten bei Facebook gepostet mit dem Hinweis hier,

57:03

war von Ende bis Ende 650. Und das wurde dann von einer größeren Seite geteilt aus Frankfurt-Uder und unter

57:09

deren Seite gleich wieder so, ja, und dann wurde gleich wieder so.

57:14

Dagegen anargumentiert, sage ich jetzt mal, aber schon mit so einer richtigen,

57:18

Basis. Und dann habe ich was, ich meine, Da dachte ich mir so,

57:22

ey, Moment mal, da stimmt doch irgendwas nicht. Wenn ich mir jetzt diese 20 Kommentare durchlese, denke ich, das ist alles Lüge.

57:27

Und dann habe ich einfach nur ergänzt und zwar nicht kommentiert,

57:29

sondern im Text umergänzt. Ja, das ist passiert, das ist jetzt geteilt worden,

57:32

darunter wird kommentiert. Es sind jetzt 20 Kommentare, aber diese 20 sind immer noch viel weniger Menschen,

57:39

als allein in dem Vorschaubild jetzt gerade zu sehen sind auf dem Video.

57:43

Und es ist nur ein Frame aus 6 Minuten 50, die da langmarschiert sind.

57:48

Und wie leicht wir uns triggern lassen, was wir denken, was Mehrheit ist und was es nicht ist.

57:53

Ja, das stimmt. Was ich immer wieder interessant finde, es gab ja immer mal wieder irgendwie so,

57:58

ich betreibe mich ja dann auch so in ein, zwei, drei rechten Telegram-Gruppen

58:02

rum, einfach mal so zu sehen, wie ist da die Erzählung und was passiert da gerade

58:07

und was kocht da gerade hoch. Und wenn da immer mal wieder so der Versuch einer Generalmobilmachung und dann

58:13

stehen wir da und dann marschieren wir gegen und am Ende kommen,

58:17

also in mir drin denke ich mir so, oh Gott, fuck ey, jetzt kommen die wirklich

58:20

hier irgendwie und dann sind es am Ende 850.000, 2.000 oder wie auch immer.

58:25

Also mickrige Zahlen im Gegensatz, die dann halt wirklich mal auf die Straße gehen.

58:30

Und das ist ja, ich weiß nicht, ob das ein, ich will es ja gar nicht klein machen,

58:33

also die AfD zum Beispiel beschreibe ich als unfassbar erfolgreiche Internetpartei,

58:38

weil sie halt verstanden hat, dass Internet nicht nur ein Kommunikationsraum

58:41

ist, sondern vor allem Organisationsraum. Und selbst wenn von den Telegram-Gruppen, von den 4000, die organisiert sind,

58:46

nur 1500 kommen, dann hast du eine verdammt gute Responsequote. Ja.

58:49

Weißt du? Das ist so eine, man muss es auch mal so sehen, ja,

58:52

die Organisationsgrad ist enorm. Und das haben wir gesellschaftlich, um dann wieder auf die Demonstrationen zu

58:58

kommen, glaube ich, ganz lange unterschätzt und vor allem nicht für nötig gehalten, es selbst zu machen.

59:06

Und jetzt unabhängig, ich bin gar nicht getriggert von dem, was kommt jetzt

59:10

nach, ich formuliere nicht diese Forderung, wird das eine Bewegung,

59:13

sondern Sichtbarkeit macht erstmal eine Sache in…,

59:19

in einem gesellschaftlichen Debatte. Es ist eine relevante Meinung auf einmal wieder.

59:24

Du wirst jetzt Talkshows haben, wo es Menschen gibt, die auf diese Demonstrationen

59:28

waren und die begründen können, warum. Wenn wir jetzt in den letzten, ich kann mal sagen, seit 2015 in Talkshows gucken,

59:34

wenn es nicht sehr spezifische Themen sind, aber wenn es so global galaktische

59:38

Themen über unsere Gesellschaft sind, dann hast du da immer die richtigen Leute sitzen.

59:40

Aber die hast du doch wieder. Also du hast auch so, also gerade jetzt,

59:43

also ich habe das Gefühl da, also ich sehe jetzt nicht viel fern,

59:45

aber wenn ich dann, merke ich wieder so, gerade jetzt, wo man sagen kann, Hey, hier bewegen sich irgendwie eine Million

59:51

Leute irgendwie jedes Wochenende durch die Republik und sagen,

59:55

darauf haben wir keinen Bock. Und was passiert irgendwie?

1:00:00

Die Parteivorsitzenden werden eingeladen und dazu betragt und ihnen wird wieder die Bühne. Weißt du.

1:00:04

Dass hier eine Million Menschen jetzt aber besser sind, als sie es vorher sind?

1:00:09

Gestärkt und bewaffnet. Und zwar gestärkt darin, dass sie nicht alleine sind, sichtbar sind draußen

1:00:14

und bewaffnet mit Argumenten.

1:00:17

Weil viel größer als die Sichtbarkeit oder Nichtsichtbarkeit in den letzten

1:00:21

Jahren ist ja die Schweigsamkeit der Masse gewesen.

1:00:24

Und jetzt gibt es, muss man fairerweise sagen, durch die Korrektivverschärfung

1:00:30

Anlass, knallhart zu argumentieren.

1:00:34

Zu sagen, du kannst sagen, wir haben ein strukturelles Organisationsproblem,

1:00:39

was Migranten angeht in unserer Stadt.

1:00:42

Du kannst dich aber nicht mit einer Partei gemein machen, machen,

1:00:45

die Migration, Remigration, was ein anderes Wort für Deportation beschreibt,

1:00:49

gleich machen. Und das ist ein Argument.

1:00:52

Und du musst auch von den Leuten, die, und das glaube ich, deshalb funktionieren

1:00:57

da sogar jetzt diese Wählerwanderungen, die man so ein bisschen sieht,

1:01:00

von den Leuten, die für sich subjektiv beschrieben, legitim sagen,

1:01:05

die haben damit ein Problem mit Migrationsströmen, sind nicht alle dabei, die sagen, wir wollen jetzt deportieren.

1:01:11

Sondern viele von denen sagen auch, das müssen wir regeln.

1:01:15

Und ich glaube, das kann zumindest, unabhängig ob sich da etwas verschiebt,

1:01:20

aber das macht ein Argumentationsfeld auf, eine Verunsicherung vor allen Dingen

1:01:23

bei denen auf. Und hier geht es um Verunsichern.

1:01:25

Und das habe ich auch damals geschrieben, weshalb du mich angeschrieben hast. hast.

1:01:30

Das ist verunsichern, finde ich, viel schlauer zu sagen, wir müssen sie zurück

1:01:32

in unsere Parteien holen, weil wir uns eben durch diese Werteskurssätze hinbewegen.

1:01:35

Wenn ich die aber erstmal verunsichere, wenn ich sage, willst du das eine,

1:01:39

kriegst du das andere, ist meine erste Währung, mein erster Schritt mit denen,

1:01:43

endlich so argumentieren zu können, dass sie über ihre Wahlentscheidung so sehr

1:01:48

zweifeln, dass sie nicht wählen gehen. Lieber ins Nichtwählerlager über diese Zweifel wieder stecken,

1:01:53

wo sie übrigens großen Teil herkommen. Also es gibt wenig Parteiwähler zur AfD, die 1 zu 1 von der CDU oder von der SPD zur AfD gehen.

1:02:01

Dazu sind die Werte tatsächlich zu verschieben, sondern es gibt einen großen

1:02:04

Resignationsmoment, wo die Leute gewählen waren,

1:02:07

immer das Gefühl hatten, ich wähle das kleinere Übel, dann nicht mehr wählen

1:02:11

gegangen sind und im Nicht-Wähler-Lager verortet sind und aber aus dem heraus

1:02:17

mobilisierbar auch wieder sind.

1:02:19

Ja, ich wollte gerade, also so in mir drin irgendwie kommt das Argument an und

1:02:23

ich finde es total logisch und auch richtig, aber gleichzeitig krampft sich

1:02:26

auch was zusammen, irgendwie, dass der Weg eigentlich sozusagen ist so,

1:02:31

also, wir sagen ja immer und ich erzähle das ja auch immer so,

1:02:34

geht wählen, irgendwie bewirkt war es und dann sozusagen, dass der Weg ist,

1:02:37

sie wieder zu Nichtwählern zu machen. Nein.

1:02:39

Über Verunsicherung. Wir müssen doch sagen, es soll immer jede Stimme,

1:02:42

die nicht zu AfD geht, aber der zweite Schritt, der nächste Schritt kann nicht

1:02:46

sein, aber dann wählt gleich uns. Es wird so nicht funktionieren.

1:02:48

Nein.

1:02:49

Mein Ziel muss sein, wählt nicht die AfD. Wir müssen auch dazu sagen,

1:02:52

dass wenn man zum Beispiel auf die SPD-Ergebnisse guckt, ob es bei der Bundestagswahl

1:02:55

war oder vor allem bei Landtagswahlen, es ist noch stärker, bei der Bundestagswahl

1:02:58

war es glaube ich nur am zweiten Platz und so weiter und so fort, am meisten mobilisiert hat die SPD,

1:03:01

da wo sie gewonnen hat, immer aus dem Nichtwiderlager.

1:03:05

Da sitzen Menschen, die auf ein Angebot warten.

1:03:09

Und dazu müssen wir sie erstmal wieder bringen. Da können wir Leute wieder ausmobilisieren,

1:03:13

auch für die CDU gilt das, es gilt genauso für die Grünen.

1:03:15

Die Leute gehen ins Nichtwiederlager. Da sie rauszuholen mit einem konkreten

1:03:18

Angebot, wofür stehe ich, diese Respekterzählung, die Olaf Scholz da hatte,

1:03:22

oder den Mindestlohn anzuheben, konkrete Sachen, das muss man jetzt nicht,

1:03:25

also hat man schon angesprochen, aus dem Nichtwiederlager.

1:03:28

Auch die CDU kann sozusagen frustrierte Konservative und davon gibt es ja eine

1:03:33

ganze Menge, die zum Beispiel über Merkel abgewandert sind.

1:03:36

Die denken doch nicht, ich gehe jetzt davon weg und gehe sofort zu den Rechten.

1:03:40

Und es gibt auch ganz viele Konservative, die sehr, sehr, sehr,

1:03:43

sehr gut mit Merkel waren und jetzt nicht wissen, was wir in März machen wollen.

1:03:46

Und deren Antwort wird nicht sein, die müssen sich ja nix erverorten,

1:03:49

die gehen ja nicht zur SPD. Nee, die gehen ein bisschen zur FDP, aber die meisten gehen jetzt nicht wieder Lager.

1:03:55

Und da müssen wir hin. Und wenn ich es schaffe, AfD-Leute so zum Zweifeln zu

1:03:59

bringen, dass sie sagen, ach du Scheiße, wähle ich die, kriege ich hier wirklich

1:04:01

in Höcke und kriege ich hier Deportationspläne.

1:04:05

Das ist nicht im Sinne von dem, bei allem, was mich stört an der aktuellen Regierung,

1:04:08

dann wäre mein erstes Ziel, sie ins Zielslager zu stecken, weil sie da über

1:04:12

ein konkretes Angebot auch wieder abrufbar sind, irgendwann. Irgendwann.

1:04:15

Und das wäre eine Idee, daran könnte man arbeiten. Und das macht man nicht als

1:04:18

Partei, das machen wir als Gesellschaft. Das ist wirklich keine Parteiaufgabe, wenn man die formulieren.

1:04:23

Aber als Gesellschaft muss man sagen, wir müssen Argumente haben,

1:04:25

wir müssen bewaffnet sein, wir müssen sichtbar sein, wir müssen diese Leute

1:04:28

ins Zweifeln wieder bringen, weil sie jetzt jahrelang dachten, sie sind eine geführte Mehrheit,

1:04:32

sie haben die Meinungshoheit und das, was sie sagen, haben recht und die da oben reagieren nicht.

1:04:37

Aber das ist ein guter Punkt auch. Was ist denn das, was wir jetzt tun können?

1:04:42

Also dieses, das ist ja dieses, was da gerade passiert, so eine Ermächtigung.

1:04:47

Okay, ich kann endlich was tun. Ich weiß nicht was, aber ich kann auf die Straße

1:04:50

gehen, ich kann auf die Demo gehen. Das ist gut und richtig und wichtig und bewirkt was, bin ich auch der festen

1:04:56

Meinung und sieht man ja auch und ist für mich trotzdem irgendwo nur so ein Schritt.

1:05:03

Das heißt ja nicht gleich, dass jeder irgendwie jetzt in eine Partei eintreten

1:05:06

muss und das und das und das. Das kann ja im Kleinen.

1:05:08

Also wo und was wären jetzt mal so deine Ideen, Gedanken, was wir jetzt als

1:05:16

Gesellschaft, was jeder Einzelne irgendwie so tun kann?

1:05:19

Also diese Waffen, die du da gerade gesagt hast, die gibt es jetzt irgendwie, diese Argumente.

1:05:24

Wo und wie können wir die nutzen und wo bringen wir die hin? Ja.

1:05:29

Also erstmal finde ich ein bisschen Zeitnotiz, aber das ist so.

1:05:32

Erstmal finde ich auch sehr gut, dass viele Menschen jetzt gerade spüren,

1:05:36

dass die Verantwortung für den Rechtsstrahl eben nicht nur in der Politik liegt

1:05:39

und ihn vor allem aufzuhalten. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Ja, weil nicht Parteien

1:05:45

und Politiken und Regierungen das rechts gemacht haben, sondern eine gesellschaftliche Stimmung,

1:05:49

die bei Instagram endet und bei Pegida in Dresden oder Instagram beginnt und

1:05:55

Pegida in Dresden endet und noch weiter geht.

1:05:57

Also das ist eine gesellschaftliche Stimmung, die politisch kanalisiert ist,

1:06:02

in Parteien kanalisiert ist, aber es ist erstmal eine gesellschaftliche Haltung.

1:06:05

Also muss Gesellschaft da ja auch, natürlich muss Politik ganz viel machen,

1:06:08

darf dem keinen Vorschub leisten und muss dagegen arbeiten, demokratisch,

1:06:12

aber es ist ein gesellschaftliches Problem und wenn über eine Million Menschen

1:06:15

auf der Straße sind, dann wird es erstmal erkannt als gesellschaftliches Problem. Problem. Super.

1:06:19

Riesenhaken hinter. Erste Dings ist gesetzt. Und jetzt muss man,

1:06:23

und so wird es so sein, weil die Demos ernähren sich nicht von alleine,

1:06:27

sondern die Menschen fahren jetzt, wenn dann 150.000 jetzt in Berlin waren am

1:06:32

Wochenende, fahren jetzt wieder in ihre Heimatstädte oder nach Hause und jetzt

1:06:35

müssen sie sich überlegen, was können die eigentlich vor Ort machen. Und vor Ort bedeutet, wenn ich sage, am Küchentisch, am Küchentisch.

1:06:40

Jeder fragt sich gerade mal. Habe ich eigentlich zu lange die Schnauze gehalten, weil der Onkel auf der Gartenparty

1:06:47

wieder Scheiß erzählt hat? Habe ich jetzt zu lange die Schnauze gehalten, weil mein Kollege im Umkleideraum

1:06:52

wieder Scheiß hat, wenn er wieder Scheiß erzählt?

1:06:56

Oder kommentiere ich gerade mal nicht bei Facebook drunter, weil ich nicht irgendjemanden

1:06:59

aus meinen Erdenschulkameraden verärgern will? Und ich glaube, wenn wir uns da selber mal challengen, wie oft wir aktiv die

1:07:07

Schnauze halten, Also aktiv die Schnauze halten, wo wir uns aktiv nicht äußern,

1:07:12

aus Angst oder aus Sorge tatsächlich einen persönlichen Gegenüber zu vergrätzen.

1:07:17

Das ist erstmal so ganz menschlich. Das ist noch gar nicht politisch, sondern etwas Menschliches.

1:07:20

Aktiv die Schnauze gehalten zu haben, müssen wir in der Lage versetzt werden,

1:07:23

etwas zu sagen. Weil, der hat ja was gesagt.

1:07:26

Der hat diesen Skrupel überhaupt nicht gehabt. Der hat diese Überlegung gerade

1:07:30

in der Umkleidekabine oder auf einer Gartenparty oder beim Facebook, hat ja keinen Skrupel.

1:07:34

Also Dinge, die wir immer gesagt haben, das sagt man nicht, auch wieder nicht

1:07:37

sagbar machen. Richtig. Einfach aktiv widersprechen.

1:07:41

Das Framing haben wir so krass eingetrichtert bekommen oder lesen wir immer

1:07:45

aus rechten Sachen. Man darf ja nicht mehr alles sagen. Das kommt ja nur aus deren Haltung, weil sie Widerbruch nicht dulden.

1:07:51

Sie sagen ja alles, was sie sagen wollen.

1:07:54

Wenn es jetzt nicht Verfassungs... Also sie können ja alles sagen und wenn du

1:07:58

dagegen bist, man darf ja nicht mehr alles sagen. Ja, aber das steht doch da. Wir müssen einfach wieder selbstverständlich Widerspruch lernen.

1:08:03

Das haben wir wirklich ernsthaft. Das kann jeder an sich spüren,

1:08:05

wie wenig Widerspruch wir uns leisten. Und diesen Widerspruch, den wir hatten in der Online-Kommunikation,

1:08:12

die wir ganz viel gemacht haben, gab es eine ganz lange Haltung im Community-Management,

1:08:16

also für Leute, die es nicht wissen, die sich um die Kommentare füllen,

1:08:19

die Haltung Don't care about the comments. Wir können die Trolle nicht stoppen. Wir können diese, wir können die stoppen.

1:08:24

Lass sie einfach laufen. Was wir aber gemacht haben, ist deren Sichtbarkeit erhöhen, während wir unsere

1:08:28

eigene Community, die da völlig dagegen war, völlig alleine gelassen haben damit

1:08:31

und die haben sich zurückgezogen. Und das ist ein gesellschaftliches Grundproblem. Genau.

1:08:35

Dieses Zurückziehen. Also ich muss sagen, ich habe es ja auch im persönlichen, privaten Umfeld.

1:08:40

Ich meine, ich weiß nicht, wie es bei dir ist, irgendwie aus Frankfurt oder kommend.

1:08:44

Gut, du hast jetzt da irgendwie von deiner sehr linken Bubble erzählt.

1:08:48

Aber ich kann mir ja vorstellen, dass halt auch dein familiäres sonst irgendwie

1:08:53

Netzwerk irgendwie nicht durchzogen ist,

1:08:56

irgendwie von stramm linken, sondern halt irgendwie man in seiner Welt einfach

1:09:00

mal auch sich dann in Kontexten befindet, wo man am Tisch sitzt mit Rechten, mit AfDlern.

1:09:06

Nicht so in meiner Familie, aber schon deutlich divergierende Meinungen.

1:09:09

Das muss ja nicht Familie sein.

1:09:10

Aber das kann ja halt auch sonst irgendwelche Netzwerke sein.

1:09:12

Fairerweise ich nicht so, muss aber dazu sagen, dass zum Beispiel in meinem

1:09:15

ganz persönlichen Kontext alle politische sind. Das heißt also, es gibt sowieso keinen, wo es natürlich abweichende Meinungen

1:09:21

gibt, von konservativ bis so Frankfurt oder konservativ.

1:09:27

Aber eben auch eigentlich alles, dass das das Spektrum ist.

1:09:31

Ich habe ehrlich gesagt jetzt nicht den in meinem ganz persönlichen Umfeld,

1:09:34

nicht in dem, was ich in Social Media lebe als öffentliche Person,

1:09:36

sondern mein ganz persönliches Umfeld gibt es diese Tendenz nicht,

1:09:39

sondern es ist eher eine ganz aktive politische Auseinandersetzung und auch

1:09:42

für mich damals schon auch als Jugendlicher extrem meinungsblind gewesen. gewesen.

1:09:45

Aber die als öffentliche Person, wenn ich da unter meinem blauen Haken durch

1:09:50

die Gegend ballere, dann kriege ich natürlich, habe ich Leute,

1:09:53

die ich früher sehr zu schätzen gewusst habe, total abdriften sehen.

1:09:57

Und das ist, das war schon erstaunlich. Fairerweise muss ich,

1:10:02

kann ich, aber für mich zumindest sagen, dass ich nie die Schnauze gehalten habe. Aber.

1:10:08

Ist für dich jetzt irgendwie dann so ein Instinkt, dich da rauszusehen und sagen,

1:10:13

okay, diese Person ist abgedriftet, ich ziehe mich da raus.

1:10:16

Bis zu einem gewissen Punkt.

1:10:17

Oder gehe ich dann halt auch mal rein oder bleibe da irgendwie.

1:10:20

Nein, bis zum gewissen Punkt. Das darf mir keine... Also ich lasse es so lange zu, solange ich das Gefühl

1:10:30

habe, das ist ein Argument, nicht mit dem ich übereinstimme,

1:10:33

sondern das hat eine Basis, auf der ich denke, da kann man diskutieren,

1:10:36

wir müssen nicht übereinkommen. Wenn ich aber merke, das ist nicht mehr so, dann lasse ich das laufen.

1:10:42

Also ich gehe dann wirklich weg. Ich gehe dann wirklich weg. Das ist auch nicht, wie gesagt, das ist eine ganz einfache Prämisse,

1:10:48

auch in jedem Wahlkampf. Kümmer dich nicht im Aufwand so sehr um die, die total gegen dich sind.

1:10:54

Und kümmer dich auch gleichzeitig nicht um die, die total für dich sind,

1:10:57

sondern kümmer dich um die, die in der Mitte noch nicht genau wissen. Ob sie frei sind.

1:11:02

Ich habe persönlich, also aus meiner persönlichen Erfahrungswelt,

1:11:05

also es gibt auch Kontexte, Netzwerke, in denen ich mich bewege, wo ich...

1:11:11

Mit einem Tisch sitze, mit strammen AfD-Mitgliedern.

1:11:17

Wo ich immer wieder mit mir hadere,

1:11:21

verlasse ich diesen Tisch oder bleibe ich da, rede dagegen, nicht weil ich diese

1:11:30

Person, die diese Meinung vertritt, überzeugen werde. Ich werde die nie überzeugen.

1:11:33

Ich werde die nie verändern. Aber weil ich halt die Schnauze aufmache, weil ich ein Gegengewicht bilde und

1:11:38

an diesem Tisch An diesem Tisch sitzen ja irgendwie 10, 20, 30 andere,

1:11:42

die vielleicht einmal sagen, nur alles, was der gerade gesagt hat.

1:11:46

Also irgendwie, da bin ich auch seiner Meinung, ey, das stimmt ja so.

1:11:50

Und dann aber so, aber ja, okay, was der irgendwo sagt und so.

1:11:52

Und irgendwie, also dieses, das in den anderen Köpfen in Bewegung zu bringen,

1:11:57

denke ich, ist dann eigentlich mein Auftrag, an diesem Tisch sitzen zu bleiben

1:12:00

und nicht zu sagen so, ich setze mich nicht mit einem AfD-Wähler an einem Tisch.

1:12:03

Das wäre jetzt für mich zwar irgendwo auch eine logische Konsequenz und ist

1:12:09

auch ein Trieb in mir irgendwie zu sagen, so auf gar keinen Fall setze ich mich

1:12:12

hier mit einem AfDler an den Tisch, aber auf der anderen Seite sage ich, eigentlich ist es nicht eher dann auch

1:12:17

meine Aufgabe, so nee, du bleibst jetzt da sitzen, du sagst was dagegen,

1:12:20

weil da am anderen Ende des Tisches hört dich jemand, der hält immer die Schnauze,

1:12:24

aber der hört, was du sagst. Und ich habe auch in diesen Kontexten ich habe in diesen Kontexten Leute gehabt,

1:12:30

die dann irgendwann zu mir kamen und sagten so, weißt du was,

1:12:33

beim letzten Mal habe ich AfD gewählt, weil irgendwie, weißt du,

1:12:35

ich musste irgendwie was dagegen, aber das würde ich jetzt nicht mehr machen und die schicken mir.

1:12:40

Aus ihren Telegram-Gruppen irgendwie so, ey hier Ingo, guck mal das habe ich

1:12:45

da irgendwie gesehen und so ey sag mal, stimmt das?

1:12:48

Also die werden irgendwelche Verschwörungstheorien, ja die dann wissen so,

1:12:53

okay der Ingo, der geile Der alte Nerd irgendwie kommt dann an,

1:12:55

ich recherchiere das dann und sage mal, guck mal hier, klack,

1:12:57

klack, klack, hier Faktenchecker, da das, das, das, das, das,

1:13:00

ist nicht. Und dann so, ah ja, gut, okay, super.

1:13:03

Und das ist dann halt so, dieser eine, der mich dann da anhaut,

1:13:05

irgendwie gesagt hat, so jetzt ist es nicht so, ist für mich dann irgendwo so

1:13:08

der Punkt so, okay, vielleicht sollte ich sitzen bleiben.

1:13:11

Exakt. Du redest ja nicht mit dem AfDler, du redest mit den 20,

1:13:15

30 anderen, die am Tisch sind. Und das mache ich mit Bewaffneten. Weil die hören deine Argumente genau wie die anderen.

1:13:19

Und die können die Schnauze halten, aber die hören diese Argumente,

1:13:22

das ist Bewaffnung, das ist ein Gegenargument. Und das hilft. Das hilft als erster Schritt. Der zweite Schritt,

1:13:26

was da passiert, ist ja schon krass, ist ja schon grandios, wenn man dann sozusagen

1:13:30

erstens eben nicht mehr AfD wählt.

1:13:32

Das heißt ja noch nicht, dass man jemand anders wählt.

1:13:35

Ich weiß nicht, was der wählt. Keine Ahnung irgendwie so. Er hat mir nur das Nummer gesagt.

1:13:37

Aber das wäre, das ist ja schon mal super. Ehrlicherweise ist es auch wirklich

1:13:41

ein ziemlicher Idealzustand. Das kann man gar nicht von, man kann auch gar nicht von anderen Leuten erwarten,

1:13:45

dass sie dann da nachrecherchieren. Weil ehrlicherweise muss man als mündiger Bürger auch verlangen können,

1:13:48

selber mal nachzurecherchieren, wenn ich selber schon die Frage habe, ob das stimmt.

1:13:52

Stimmt, aber es ist ja auch an der Stelle vielleicht auch zu viel verlangt,

1:13:55

weil sonst wären wir ja vielleicht nicht bei der AfD. Aber das ist genau, dafür lohnt es sich. Zu erkennen, das ist ein 1 zu 1 Gespräch,

1:14:02

darum geht es nicht, das wirst du nie gewinnen können, das ist ein Austausch, das ist ein Anschreien.

1:14:06

Aber für alle, die drumherum sitzen, die hören ganz aufmerksam zu.

1:14:11

Und das meine ich mit Bewaffnen. Gesellschaft bewaffnen mit Argumenten, sichtbar machen von Argumenten,

1:14:16

da wo wir viel zu lange die Schnauze gehalten haben, da funktioniert das gut.

1:14:20

Und ich glaube, das ist am Ende stärker, das meine ich wirklich ganz ernsthaft,

1:14:25

weil stärker, weil nachhaltiger, als zu sagen, es sind alles Nazis.

1:14:29

Das löst nämlich wahnsinnig kranke Reaktanzen aus, weil die sich nämlich über

1:14:33

die, die sich selber nicht als Nazis beschreiben, sondern in der Gruppe sind,

1:14:36

die ich beschreibe, von sich her nie sagen würden, dass sie Nazis sind.

1:14:40

Wir haben nämlich da ein wahnsinniges Demokratieparadox.

1:14:43

Die denken, das sind die wahren Demokraten. Und die fühlen sich nicht demokratisch

1:14:47

vertreten, weil sie ihre Stimme, Stichwort Dienstleistungsgesellschaft, nicht gehört fühlen.

1:14:52

Nicht repräsentiert fühlen. Und die denken, wir sind das Volk.

1:14:55

Das ist ein Demokratiebegriff, der ist pervertiert, der ist neoliberal,

1:14:58

der ist vor allem libertär. Aber genau der mündet da drin. Die denken, die sehen sich als Nazis,

1:15:06

die sind nicht als Demokrat und fühlen sich nicht in einer Demokratie lebend.

1:15:09

Und genau dieses Gefühl zumindest, und es beginnt ja damit zu sagen, Wir nehmen dich ernst.

1:15:13

Und hier ist ein Argument. Ich verstehe, dass du deine Frage hast an dieser,

1:15:17

Verschwörungstheorie. Hier ist das Gegenangebot. Hier sind die Fakten. Entscheide selbst.

1:15:22

Aber es heißt erstmal ernst nehmen. Du sagst nicht, bist du bescheuert?

1:15:25

Das steht doch da. Natürlich, das ist keine Echse. Steht doch da.

1:15:28

Kannst ja selber drauf kommen. Nee, du gehst hin, recherchierst,

1:15:30

sagst, guck, willst du es ernst nehmen? Das geht nicht in Gänze bei allen. Ich sage nur, es ist ein Weg und ich will

1:15:35

nicht die Sorgen von AfD-Bürgern ernst nehmen.

1:15:38

Darum geht es überhaupt nicht. Das ist die Argumentation, sondern im Gespräch

1:15:41

begründete Zweifel wecken, ob das Weltbild so funktioniert und ob das im Sinne

1:15:46

von einer Gesellschaft ist, in der die Menschen leben wollen. Und das ist, glaube ich, ein Prozess, der ist vor allen Dingen super anstrengend und super lange.

1:15:54

Aber es ist die einzige Möglichkeit, gegen diese rasanten Möglichkeiten,

1:15:59

die wir gerade medial und politisch leben, anzugehen. Wir müssen einfach sehr

1:16:03

lange Arbeiten haben und diese Diskussionen suchen.

1:16:07

Ja. Ja, ja, ja, ja.

1:16:11

Resoniert auf jeden Fall. Also, ich muss aber auch ehrlich sagen,

1:16:15

es ist echt immer, was du sagst, es ist hart. Also es ist halt auch hart, irgendwie persönlich irgendwie das so zu machen

1:16:21

und ich bin da auch immer wieder am Zweifeln, weil es ist halt auch hart,

1:16:24

also gerade halt auch in persönlichen Umfeldern, für mich persönlich dann halt

1:16:32

auch so oft so, warum redest du denn mit denen?

1:16:34

Also ich meine, ich bin grundsätzlich irgendwie in einem, nennen wir es jetzt

1:16:39

mal linken Umfeld, also eigentlich genau das Gegenteil.

1:16:41

Und wenn dann mitbekommen wird, ich rede mit solchen Leuten,

1:16:45

dann werde ich halt auch in der Geschichte so, das macht man nicht.

1:16:49

Naja, sagen wir mal so, die Phasen der Aufklärung sind immer die der besseren

1:16:51

Menschheitsgeschichte. Und vielleicht habe ich das hier in Zeiten von Desinformation und ich meine

1:16:57

es noch nicht mal fälschlich, sondern einfach auch zu viel Information. Absolut Überforderung, das anzuerkennen, dass es eine absolute Überforderung

1:17:03

gibt. Da braucht es Aufklärung.

1:17:08

Medienarbeit, politische Arbeit, Argumentation.

1:17:12

Und das muss, deshalb meinte ich vorhin, ob es nicht ein anderes Verständnis

1:17:15

davon braucht, wie wir wieder, wie wir mit der neuen Zeit umgehen,

1:17:21

als zu sagen, früher hat es doch mal anders funktioniert.

1:17:24

Ich glaube.

1:17:24

Wir kriegen diese neue Zeit nicht.

1:17:26

Was wäre denn das denn für Geschichten? Also hast du da schon eine Idee?

1:17:30

Es beginnt tatsächlich ziemlich egoistisch und subjektiv.

1:17:35

Zu verstehen, was die eigenen... Achso, ich wollte noch ein Beispiel bringen.

1:17:38

Es ist total interessant, wenn man ungestützt abfragt, nämlich was sind die

1:17:43

drängendsten Probleme, die Deutschland umtreiben, jetzt wirklich ganz vorschreibend formuliert.

1:17:48

Also quantitativ abfragen, wirst du immer Migrationen unter den ersten fünf finden.

1:17:52

Pass auf, wenn du qualitativ nachfragst, was bedrückt dich an deinem Tisch zu

1:18:00

Hause gerade? Hast du Migrationen?

1:18:03

Zwischen 12 und 17. Wir haben nämlich oben eine mediale, aufgeladene Debatte und haben aber im privaten

1:18:12

Kontext wahnsinnig wenig damit zu tun, weil natürlich ist Migration ein Problem,

1:18:16

aber es ist ein organisationisch-strukturelles Problem, vor allen Dingen der

1:18:18

Kommunen, was thematisiert wird.

1:18:21

Es hat nachlegende Probleme mit Schulplätzen, Kita-Plätzen. Es gibt nichts zu

1:18:27

leugnende strukturelle Probleme. Die hast du aber ganz, ganz selten zu Hause an einem Küchentisch.

1:18:31

Da hast du ganz andere Probleme. Da hast du Teuerung, Energie, Inflation, Altersvorsorge, Bildung der Kinder, Bauzinsen.

1:18:42

Tatsächlich solche Sachen sind da drin. Und wenn man diese Probleme annimmt, dann merkt man schon, was eigentlich geht.

1:18:48

Nämlich tatsächlich, meinen Kindern soll es noch besser gehen als mir oder geht

1:18:51

es ihnen noch besser und was geht eigentlich um mein Portemonnaie? Eine Idee wäre, dass man sich sehr stark darum kümmert, dass man sehr stark

1:18:59

sich um diese Probleme kümmert und eben nicht die Top 5, fairerweise sind in

1:19:05

Top 5 tatsächlich auch drin, Mobilität, Umwelt und so weiter und so fort.

1:19:09

Und Migration, ich will sie ja nicht wegdrücken, ich sage nur,

1:19:12

der Kern für diese Top 5 ist in der individuellen Problembeschreibung,

1:19:17

sind ganz andere Sachen dann noch verortet.

1:19:20

Und den Blick kurz darauf zu lenken, das wäre eine Möglichkeit,

1:19:24

hat was damit zu tun, dass viele dieser Einzelprobleme, die aber zum Beispiel

1:19:28

sind, aufgrund unserer föderalistischen Gesellschaft schwer aufzuheben sind.

1:19:34

Sind, weil wir adressieren zum Beispiel kommunale Probleme an den Bund als Bürger.

1:19:39

Und Tatsache ist übrigens auch, dass zum Beispiel in der Medienwelt zum Beispiel

1:19:42

Landespolitik komplett untergeht. Also wir wissen noch irgendwie, was im Radweg und wenn das Feuerwehrhaus gebaut

1:19:47

wird, im Kommunalen, das kriegen wir noch mit. Und wir kriegen die Bundespolitik mit, massiv, aber Landespolitik kriegen wir

1:19:53

gar nicht mehr mit. Und dabei sind die ja für ganz viele Sachen zuständig. Bildung zum Beispiel.

1:19:57

Wieso eigentlich nicht? Also weil ich meine eigentlich medial sind wir doch

1:20:00

in einer, also wir haben ja gerade eine Individualisierung, Fragmentierung, etc.

1:20:04

Irgendwie besprochen. Warum findet die auf einer medialen Ebene eigentlich nicht statt?

1:20:09

Weil es nicht leistbar ist für die einzelnen Kanäle, die wir haben.

1:20:11

Also, weil die Tagesschau nicht die Einzelprobleme von Land Brandenburg beschreiben kann.

1:20:17

Das ist einfach nicht leistbar. Stattdessen hast du dann so diese Abendschauen.

1:20:21

Aber wo sind die TikToker, die halt irgendwie darüber...

1:20:23

Die gibt es, tatsächlich, die gibt es. Aber die gibt es halt noch zu wenig.

1:20:29

Und du musst halt, das sieht man so krass daran, wie zum Beispiel Bauernproteste,

1:20:33

Auch in Frankfurt formieren sich da die Proteste immer noch von Handwerker und

1:20:38

Traktoren und so weiter und so fort. Die fahren da jede Woche, adressieren aber Probleme, die nur der Bund lösen kann.

1:20:44

In der Stadt Frankfurt oder an den Bürgermeister, an die Stadtverwaltung.

1:20:48

Das ist erstmal, welchen Hebel haben sie sonst? Darum geht es gar nicht.

1:20:51

Da ist keine Kritik drin. Ich sage nur, wir haben bloß so eine falsche Erwartungshaltung,

1:20:56

daran wäre die Probleme eigentlich für uns löst. Und das sichtbar zu machen, wie eigentlich wie, also diese Komplexität auch

1:21:02

aufzuzeigen, die zu beschreiben, das ist Teil von einer Kommunikationsaufgabe,

1:21:05

die dann wiederum Politik und Medien zu wenig leisten gerade.

1:21:09

Ja, also ja, für mich auch, wie gesagt, große Enttäuschung irgendwie.

1:21:13

Also für mich eine große Enttäuschung in letzter Zeit in den Medien,

1:21:17

wir hatten das ja vorhin schon, dass da zu wenig ist.

1:21:20

Oder vor allen Dingen halt auch die falschen Akzente gesetzt werden.

1:21:25

Also wenn wir jetzt diese Bauernproteste mal nehmen, in meiner Wahrnehmung,

1:21:32

na klar, es gibt ein riesengroßes Problem in unserer Landwirtschaft, dass Höfe sterben etc.

1:21:38

Also es gibt all die Ursachen, die sind ja mannigfaltig und müssen auf den Tisch.

1:21:45

Stattdessen wurde in diesen ganzen Berichterstattungen über die Bauernproteste

1:21:49

halt nur über diese Alarm, die Dinge, alles lernens, Diesel und so was.

1:21:55

Und dann sich halt auch von den Medien noch zu eigen gemacht,

1:22:00

dass da halt ein Bauernverband, der halt irgendwie eine Lobbyorganisation der Agrarindustrie ist,

1:22:06

die sich anmaßen, irgendwie zu sagen, wir sprechen für die Bauern,

1:22:10

die Bauern in so einem Stockholm-Syndrom da halt irgendwie, weil sie selber

1:22:13

auch gar nicht wissen, was sie jetzt noch machen sollen, dass das nicht mal,

1:22:17

also es ist ja so einfach und offensichtlich,

1:22:20

dass da Journalismus es nicht irgendwie kriegt, das mal so ein bisschen auseinanderzudröseln.

1:22:24

Ich meine klar, man mag vielleicht nicht mehr diese Möglichkeit haben,

1:22:27

in die Tiefe zu gehen, aber wir leisten uns da halt irgendwie einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk,

1:22:33

der dann halt am Ende auch nur irgendwie die Headlines und die Empörung und

1:22:41

die was weiß ich nicht was irgendwie nach vorne bringt. Ja.

1:22:43

Weil das halt, wie gesagt, ich glaube, das ist halt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

1:22:49

Wie gesagt, Opfer und Täter, so eine mediale Öffentlichkeit,

1:22:52

die fordern wir und fördern wir, das ist einfach so. so.

1:22:55

Bei Bauernprotesten könnte man sagen, auch falschen Adressat gewickelt,

1:22:58

weil die nämlich eure Preise Dumping machen und dass ihr von Subventionen überhaupt

1:23:01

abhängig seid, den schüttet da den Mist nicht vor die Tür, der Schengus geht nach Aldi.

1:23:06

Sondern den bringt es zur Regierung, die halt so... Aber wie gesagt,

1:23:10

es geht ja mit jedem Protest rum, da wird man seine Fühlen wiederfinden.

1:23:12

Es zeigt nur die wahnsinnig, wahnsinnig Komplexität. Und wie gesagt, und damit will ich es überhaupt nicht

1:23:19

diskreditieren, aber es gilt eben für viele Beschriebene, die wir eskalierend empfinden.

1:23:25

Wir haben auch eine extreme Streikdynamik gerade, Politik als Dienstleistung zu begreifen.

1:23:30

Die müssen jetzt uns entgegenkommen. Dabei bedeutet gesellschaftlicher Wandel,

1:23:35

den wir alle erleben, eben auch von uns Kompromisse.

1:23:38

Kompromisse bedeutet übrigens, dass das eine mich kosten wird,

1:23:42

aber das andere mir was bringen wird.

1:23:43

Da will ja keiner weg. Keiner will irgendwas abgeben.

1:23:46

Ja, und wir konzentrieren uns sowohl in der Problembeschreibung als auch in

1:23:49

der politischen Dimension immer, was es kosten wird. Kommunikativ, Politik und medial, ganz selten darum, was es eigentlich bringen wird.

1:23:57

Und das halte ich für zumindest ein Hebel, mal drüber nachzudenken,

1:24:01

wie kann man es denn machen. Und die dürfen es nicht globalgalaktisch erklären, wir retten damit den Regenwald 2035.

1:24:07

Völliger Blödsinn, sondern deine Solaranlage auf dem Dach.

1:24:13

Deine Gaswärmespeicher, Gaswärmepumpe, Quatschwärmepumpe an der Wand so und

1:24:18

Boden drin. Was bringt das? Geld. Geld, Geld, Geld.

1:24:22

Und ganz pauschal gesagt, aber so in zehn Jahren.

1:24:25

Was bringt das eigentlich? PS, in zehn Jahren ist Technologie so weit,

1:24:28

wie wenn du kannst bei Amazon die Dinger kaufen. So billig produziert.

1:24:33

Einfach so ein bisschen Leute mitnehmen auf die Reise und nicht immer aus Angst

1:24:36

und teuer und vor allem aus falschen Gründen beschrieben.

1:24:41

Also ich glaube, falsch meine ich gar nicht inhaltlich falsch, sondern so als falsche Motivation.

1:24:44

Zu sagen, wir brauchen jetzt, wir müssen, um das 2-Grad-Ziel abzusenken bis

1:24:47

zum Jahr 2035, müssen wir jetzt die Ölheizung ausreißen, ist jetzt,

1:24:51

ich sag, das wird mit Absicht total pauschalisiert und stimmt natürlich.

1:24:55

Hat nie jemand so gesagt. So kommt es aber aber an.

1:24:59

Aber das kommt nur genauso an, weil die Gegenerzählung nämlich fehlt.

1:25:03

Nämlich zu sagen, das rechnet, frag mal einen Heizungsbauer und der sagt,

1:25:06

soll ich jetzt noch eine Ölheizung ranbauen? Dann sagt der, sag mal, bist du bescheuert?

1:25:09

Bei den Preisen, dann mach dir mal hier die Gasheizung, dann kriegst du noch

1:25:12

Förderung, kannst sogar noch zurückspeisen, also nicht Gasheizung machen, eine Wärmepumpe.

1:25:18

Die argumentieren rational. Wir argumentieren nie rational, so kommt es auch

1:25:22

nicht an und deshalb steigen sie den Traktor an.

1:25:26

Es bleibt komplex.

1:25:28

Es ist komplex, es braucht aber als Durchhaltevermögen und wenn man irgendwas

1:25:31

aus dieser Zeit jetzt gerade mitnimmt und so ein bisschen auf die Bilder schaut

1:25:34

der Demonstration, dann glaube ich, dass es insofern etwas sein kann,

1:25:38

dass es ein Erweckungserlebnis gibt, Insofern, dass man diese Komplexität endlich ernst nimmt.

1:25:43

So, dass auch Politik versteht, dass einfache Antworten keine Antworten mehr

1:25:49

sind, weil sie eben nur, also nur ein Teil der Gruppe zufriedenstellen und nicht mehr mehr die.

1:25:54

Ja, sondern dass Zukunft uns wahnsinnig herausfordern wird, ähm,

1:26:00

Wie gesagt, mein großes Wording ist immer, wie kriegen wir die meisten mit?

1:26:04

Das ist ein sehr sozialdemokratisches Projekt, aber wie kriegen wir die meisten in diesem Wandel mit?

1:26:08

Und was bieten wir denen? Was ist das Aufstiegsversprechen? Was ist die Chance darin?

1:26:12

Die Chancenbeschreibung in der Zukunft?

1:26:14

Aber warum ist da gerade die SPD so?

1:26:16

Weil sie konservative, weil sie eine kernkonservative Partei ist.

1:26:20

Aber, also konservatives Müll. Konservativ insofern, dass die Wähler erstmal völlig zu Recht,

1:26:28

das ist ja menschlich, erstmal auf sich gucken. Aber wollen nicht das hinten an runterkippen. Das ist erstmal völlig legitim zu sagen, so.

1:26:38

Und dann aber eine positive Beschreibung zu machen für diese Zukunft,

1:26:43

zu sagen, was bringt sie uns eigentlich und was sind die Chancen.

1:26:47

Daran scheitern wir, PS, natürlich auch ganz stark daran, weil wir die Antworten

1:26:50

meistens noch gar nicht haben, weil es auch alles super explorativ,

1:26:56

wirklich total krass funktioniert und viel zu schnell ist und disruptiv funktioniert

1:27:03

in einzelnen Bereichen und wir keine Antworten haben.

1:27:07

Aber es beginnt damit, es würde damit beginnen zu sagen, okay,

1:27:12

wir verstehen diese Unsicherheit. Und es gab mal etwas, das hat Franz Müntefering gesagt, was ich sehr, sehr stark finde.

1:27:18

Der Satz ist erstmal noch kein Antwort schuldig, aber ist der Satz,

1:27:23

wir brauchen Sicherheit im Wandel. Und diese Sicherheit im Wandel zumindest versuchen herzustellen.

1:27:30

Und das funktioniert nur über Kommunikation, nämlich Sicherheit ist ein faktischer

1:27:33

Begriff, aber ist natürlich auch ein Gefühl.

1:27:35

Klar, ich meine, dieses Gefühl hat in meiner Wahrnehmung Mutti so lange dastehen

1:27:42

lassen. Sie hat Sicherheit gegeben. Sie hat allen irgendwie so, das wird schon. In.

1:27:46

Fairer Weise muss man sagen, es gibt einen Irrigen, der hat diesen Diensteinzelgedanken,

1:27:52

den ich tatsächlich auch kritisierend in Zeit führe, auch herbeigeführt.

1:27:55

Wir haben auch so einen Irrigen-Partizipationsbegriff von Politik eine ganze Weile gehabt.

1:27:59

Weil Politik in Deutschland bedeutet, ist ein Delegationssystem.

1:28:02

Eigentlich im Kern würdest du wählen gehen, und das ist gar nicht böse gemeint,

1:28:05

du würdest wählen gehen und die sollen es machen und sollen mich möglichst nicht stressen.

1:28:10

Ich wähle die, von denen ich halte, dass sie es am besten können.

1:28:13

Die sind mit meinem Wertekorsett halbwegs überein.

1:28:15

Die haben mich damit auseinandersetzt und die werden mich auf dem Weg schon irgendwie mitnehmen.

1:28:20

Aber haltet diese Regierung zusammen. Stresst euch nicht, weil wenn ihr euch stresst, stresst ihr mich.

1:28:26

Und dann ist alles gut. Wir sprechen uns in vier Jahren wieder.

1:28:29

So. Dann werde ich bemessen, ob das so funktioniert hat. Das hat Mutti 16 Jahre gemacht.

1:28:34

Wir in der Wahl, im Wahlkämpfen haben wir das,

1:28:39

asymmetrische Demobilisierung genannt. Es ist aber so. Es ist,

1:28:43

halte den Laden zusammen. Und halte die Menschen ruhig. Indem du denen sagst, ich mach das schon. Sie kennen mich.

1:28:51

Aber.

1:28:51

Es hat funktioniert. Weil das das Grundwesen ist von ganz vielen Menschen in diesem Land.

1:28:55

Nämlich zu sagen, Im Kern ist es mir zu komplex.

1:28:59

Ich habe andere Sachen, ich muss mich kümmern, ich will arbeiten, ich habe einfach meine eigenen Sachen zu tun und will mich eigentlich im Kern

1:29:08

nicht kümmern und im Moment erleben wir, das ist dann wieder doch und dann schließen

1:29:11

wir jetzt den Kreis zum Anfang, eine ähnliche Überforderungssituation wie dann nachfolgend 98,

1:29:15

die Menschen von diesen ganzen Bewegungen wahnsinnig überfordert werden,

1:29:18

was sie von sich aus schon wehren über die globalen Situationen,

1:29:21

aber natürlich auch ein Gefühl von der Regierung gerade haben,

1:29:23

dass sie es auch ist und sich darüber zerfetzt. Und wenn du dann das Gefühl hast, da ist nicht Mutti, sondern da gibt es halt

1:29:31

nur diese Unsicherheit und hauen sich gegenseitig in die Schnauze,

1:29:33

dann verlierst du den Glauben an Politik.

1:29:36

Ja, ich habe eine Frage, die mich so ein bisschen umtreibt und wo ich da mal

1:29:41

deinen Take mal kurz zu hören will. Also mein Bauchgefühl ist, in was wir uns gerade befinden, allgemein,

1:29:48

global und grundsätzlich, es gibt so diesen gefühlten Shift irgendwie so,

1:29:52

okay, dieses ganze Ding mit dem Kapitalismus, wie wir es jetzt gemacht haben,

1:29:55

das funktioniert nicht. Also irgendwo so ein Ding.

1:29:57

Bei der Debatte sind wir gesellschaftlich überhaupt nicht.

1:29:59

Meinst du?

1:30:00

Nein.

1:30:00

Ich habe es, also gut, meine grundsätzliche Wahrnehmung, irgendwo ist was in

1:30:05

Bewegung geraten, viele Dinge, nennen wir es vielleicht mal nicht Kapitalismus,

1:30:08

aber einiges funktioniert nicht mehr. Die populistischen Strömungen, also da ist irgendwie sowas am Rumoren und wir

1:30:17

sind in Transformationsprozessen. Die, aus meiner Sicht, sind wir in diesem großen Umbruch, ist das jetzt so ein

1:30:23

Teil dieses Reiben und Rühren und dann kommt irgendwie sowas wie die französische

1:30:27

Revolution und dann halt die nächste Art von Gesellschaft oder irgendwas,

1:30:30

also ich habe so ein Bauchgefühl, manchmal sind wir in so einem Prozess,

1:30:34

wo etwas ins Bewegen geraten, was dann natürlich erstmal damit zu tun hat, es ist erstmal total viel Friktion

1:30:39

und also auch Unruhe und in jeder negativen Form mehr Kriege, mehr dies,

1:30:46

mehr das, Ja, um uns zu überführen.

1:30:50

Ich glaube, es wird noch viel, viel mehr in was Neues.

1:30:54

Oder wird es das? Also ich meine, das ist jetzt in die Glaskugel und nach vorne geguckt.

1:30:59

Aber man kann ja auch immer ein bisschen nach hinten gucken in die Vergangenheit.

1:31:03

Und da war es ja teilweise so. Befinden wir uns in sowas? Naja.

1:31:06

Wir haben das gegen die französische Revolution, ein unglaublich fragmentiertes Interessensgebiete.

1:31:13

Damals gab es viel weniger Sichtbarkeit von Einzelinteressen,

1:31:16

die hast du natürlich heute. Und diese Sichtbarkeit von Einzelinteressen, nehmen wir es einfach mal als einzelne

1:31:21

Informationen, die irgendwie durch irgendeinen Stream läuft,

1:31:24

gibt es ja auch eine wahnsinnige Überforderung von den Empfängern,

1:31:27

der darauf guckt, diesen Einzelinteressen. Und das lähmt total.

1:31:32

Also die schweigende Masse gegen rechts ist ja nicht eine, die aktivistisch

1:31:37

zu begründen ist, sondern eine Lähmung und ein Ohnmachtsgefühl gegenüber der Situation.

1:31:42

Weil in jeder Talkshow sitzen die, oder plötzlich in der eigenen Timeline,

1:31:47

plötzlich in deinen eigenen Kommentaren auf deiner Facebookseite.

1:31:51

Das ist lähmt. Du denkst, du bist alleine. alleine. Und dieses Lähmungsgefühl

1:31:55

führt nicht zur nächsten französischen Revolution.

1:31:57

Es führt auch von rechts nicht zu einer französischen Revolution,

1:32:00

sondern dieser Individualismus, den kann man negativ beschreiben,

1:32:05

an dieser Stelle verhindert er das aber, glaube ich. Erschafft so oder so kein Kollektivgefühl dafür, was danach kommen sollte.

1:32:13

Und die gesellschaftliche Debatte, natürlich sind wir in einer veritablen Kapitalismuskrise,

1:32:17

aber das ein gesellschaftliches Thema ist, gehen aber mal locker 10,

1:32:21

15 Jahre ins Land Plus die gesellschaftliche Entwicklung, die noch dazukommt,

1:32:24

von der wir es nicht wissen. Die Menschen haben ja gerade Angst, dass das, was sie in der Marktwirtschaft,

1:32:29

der Wirtschaft haben, dass es weggenommen wird. Wir sind ja weit davon entfernt zu sagen, man müsste es in irgendeiner Art und

1:32:34

Weise kollektivieren oder sonst, jetzt mal als eine Option. Das funktioniert so nicht.

1:32:40

Und das ist ein Gefühl.

1:32:43

Ich glaube, dass zum Beispiel ein Gerechtigkeitsgefühl ist, wer welche Abgaben

1:32:47

zu leisten hat, ganz stark ist. Viel stärker, als dass man es nur runterbrechen kann auf Erbschaftssteuer und

1:32:53

Vermögenssteuer, sondern Menschen merken schon.

1:32:57

Das ist natürlich jemand, der eine 100.000 Euro Karre fährt.

1:33:01

Es kosten mittlerweile sehr, sehr viele Autos 100.000 Euro.

1:33:05

Dass dem scheißegal ist, ob der für 1,60 tankt oder für 1,90.

1:33:10

Aber für den, für den, für den, für die, die, die, die, die,

1:33:15

nicht mal so Passat-Kombi, Pendler, Frau, Mann in die Stadt rein,

1:33:20

dessen richtig ein Thema ist, ein richtiges Thema ist.

1:33:23

Und diese Ungleichbehandlung von diesen, also das zu sehen, Und das übrigens

1:33:28

auch auf Instagram zu sehen, wie Leute, was Geld an Wert in Wirklichkeit verliert,

1:33:32

wie schnell 100.000 Euro weg sind. Jeder, der selbst heute einen denkt, ich kriege eine Million,

1:33:36

denkt sich, okay, reicht für ein Haus und dann war es das. Was ist aber für Zahlen mal nur vor 15 Jahren noch vorhanden und wie schnell

1:33:42

das an Wert verliert. Und ich glaube, dieses Gefühl, dass die Belastungsverteilung

1:33:50

von diesen Veränderungen ungleich verteilt ist, das ist sehr stark.

1:33:53

Und das ist, wie gesagt, ich finde das total verkürzt auf Vermögens,

1:33:56

und da muss man reingehen, bin ich fest in Überzeugung, aber das ist in der

1:33:59

Wahrnehmung, ob es eine Einkommenssteuer gibt oder eine Vermögenssteuer,

1:34:02

interessiert den, der diese Pendlerfamilie beschrieben habe,

1:34:05

erstmal überhaupt nicht. Sondern die denken sich bloß, wenn ich 1,70 bezahle, geht es richtig ins Geld.

1:34:10

Oder wenn ich im Supermarkt plötzlich 30% mehr Kohle bezahlen muss,

1:34:13

durch Teuerung und Inflation und so weiter und Energie. Da interessiert es nicht.

1:34:17

Ich glaube, diese Sichtbarkeit von Ungleichheit, das kann was bewegen.

1:34:21

Und das könnte uns herausfordern, darüber nachzudenken, wie man damit überhaupt

1:34:25

umgeht mit Abgaben, mit Besteuerung, mit Belastung und so weiter und so fort.

1:34:29

Gleichzeitig zum Fliegen. Alle sagen ja, wir dürfen nicht mehr fliegen.

1:34:33

Die anderen machen CO2-Kompensation. Wenn die anderen sagen,

1:34:35

sie dürfen nicht mal in den Urlaub oder zu ihrer Familie in die Türkei fliegen, was ist der Punkt?

1:34:39

Und diesen Ungleichstand der Debatte, das erleben die Menschen als wahnsinnig ungerecht.

1:34:45

Ein Teil davon, die es ungerecht hat, formulieren es als Forderung,

1:34:48

das zu ändern an Politik oder sehen, dass das nicht passiert,

1:34:51

resignieren, nicht für Lager und vielleicht AfD.

1:34:54

Also das funktioniert, unabhängig davon, dass die AfD dafür genau gar keine Antworten hat.

1:35:00

Sogar explizit dagegen. Aber das ist ja dann die zweite Ebene.

1:35:06

Na gut.

1:35:08

Anstrengend und komplex.

1:35:09

Aber so ist es halt. Aber ich finde schon mal einen guten Abriss heute nochmal

1:35:12

hingelegt für das, was man jetzt mal so. Ich habe eine Sache noch, die vergesse ich immer wieder, aber mit dir will ich

1:35:18

es mal wieder einführen. Ich habe eigentlich eine kleine Playlist, die ich von jedem meiner Gäste führe.

1:35:23

Und ich will eigentlich von jedem meiner Gästen den all-time-favorite Song haben. Kann.

1:35:31

Ich dir sagen. 93 Till Infinity. Also wirklich ein unfassbarer Song für mich.

1:35:39

Der ist banal.

1:35:44

Das ist ein Party-Song, Chiller-Song eigentlich.

1:35:48

Aber der macht so viel, das ist der Song, der soll auf meiner Beerdigung gespielt

1:35:52

werden, weil der so viel in mir macht, wenn ich ihn höre.

1:35:54

Der hat so Reminiscenz an meine Vergangenheit, der macht mir gute Laune,

1:35:57

der begleitet mich, der wird nie alt, der ist unglaublich Rap und Hip-Hop für

1:36:01

mich. Von der Attitüde des Videos cool.

1:36:04

Es ist einfach so, guck mal, wie schnell ich das auch sagen konnte.

1:36:07

Weil es der Song ist.

1:36:08

Der mir das beste Gefühl gibt und so.

1:36:12

Super Pick irgendwie. Ich hätte Bauchgefühl, hätte ich gedacht,

1:36:15

jetzt kommt ein deutscher Hip-Hop-Song. Nee.

1:36:18

Davon gibt es, Deutschrap hat mich total geprägt, in dem, wie ich auf Sachen

1:36:22

gucke oder auch, hab's ja auch selber gemacht, wie ich schreibe und wie ich

1:36:24

so auch, Attitüde und ganz viel. Aber das ist eher so Kultur, aber so das Main-Ding, Ninety Street Till Infinity, ich, Alter, Bombe. Ja.

1:36:34

Kommt drauf.

1:36:35

Geil. Sehr gut.

1:36:36

Cool. Danke, Matthias.

1:36:38

Sehr gern.

1:36:38

Hat richtig Spaß gemacht. Ja, mir auch. Und dann bis zum nächsten Mal. Ciao. Ciao.

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