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Infrastruktur #1: Bröselnde Brücken und Löcher im Haushalt - wie wir beides fixen können

Infrastruktur #1: Bröselnde Brücken und Löcher im Haushalt - wie wir beides fixen können

Released Thursday, 28th December 2023
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Infrastruktur #1: Bröselnde Brücken und Löcher im Haushalt - wie wir beides fixen können

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Infrastruktur #1: Bröselnde Brücken und Löcher im Haushalt - wie wir beides fixen können

Thursday, 28th December 2023
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0:01

Drei! Zwo! Eins!

0:05

Zündung! Wow.

0:28

Was ihr hier hört und gehört habt, das ist die Liveübertragung

0:32

der Sprengung der Rahmedetalbrücke, einer Autobahnbrücke bei

0:37

Lüdenscheid.

0:38

Und damit ganz herzlich willkommen zur Lage der Nation Nummer

0:41

363, unserer

0:43

Sonderfolge Teil eins zum Thema Krise der Infrastruktur

0:47

in Deutschland.

0:48

Mein Name ist Philip Banse, ich bin

0:50

Journalist und mir gegenüber, im Berliner Lagezentrum sitzt...

0:54

Ulf Buermeyer, Jurist aus Berlin. Herzlich willkommen!

0:57

Ja, Brückensprengung im Livestream.

1:00

So viel Aufmerksamkeit hat die Infrastruktur in Deutschland

1:04

leider lange, lange nicht bekommen.

1:06

Was das Thema Infrastruktur angeht,

1:09

stellen wir ja immer mehr fest, dass die Dinge in die Jahre gekommen

1:11

sind. An allen Ecken und Enden wird

1:14

deutlich, was gerade nicht mehr funktioniert.

1:17

Das ist schon massiv und

1:19

man hat in der Vergangenheit aufgrund der Finanzsituation der

1:22

Stadt auch an vielen Stellen nur das Notdürftigste gemacht.

1:26

Das muss man auch sehen und irgendwann reicht das Notdürftigste

1:29

dann nicht mehr aus und dann muss man richtig drangehen.

1:31

Und das kommt jetzt langsam.

1:33

Das war Apostolos Tsalastras, er ist Kämmerer in der Stadt Oberhausen

1:38

im Ruhrgebiet. Also so eine Art Finanzminister dieser

1:41

Kommune.

1:42

Und er legt den Finger in die Wunde.

1:44

Man hat sich jahrzehntelang in Deutschland nicht so wirklich

1:48

um Infrastruktur gekümmert,

1:50

und deswegen ist sie jedenfalls teilweise in einem bedenklichen

1:54

Zustand. Nun ist das nicht das schillerndste Thema.

1:57

Damit gewinnt man so unmittelbar keine Wahlen.

1:59

Aber ist natürlich sehr, sehr wichtig. Beispielsweise schrieb

2:03

kürzlich der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums

2:06

für Wirtschaft und Klimaschutz:.

2:09

"Erhebliche Teile der Infrastrukturen, der großen

2:12

Transportnetze, Straße,

2:14

Wasser, Bahn sind überaltert, vor allem Brücken,

2:18

Tunnel, Schleusen und

2:20

Wehre", schreibt der Wissenschaftliche Beirat, wo über

2:23

40 Ökonomen und Ökonominnen

2:26

aus Deutschland sich zusammengesetzt

2:28

haben, um eben dieses Kapitel mal

2:30

zu beleuchten. Und sie sagen: Erhebliche Teile

2:33

der Infrastruktur in Deutschland sind überaltert.

2:36

Beispielsweise ist fast jede zweite

2:38

Straßenbrücke in den Kommunen in keinem

2:42

guten Zustand, sodass dringend

2:44

saniert werden muss. Und der dramatische

2:47

Zustand unserer Straßen, Brücken

2:49

und Schienen usw hat eben auch Folgen für den Umbau

2:53

Deutschlands zu einer CO2 freien

2:55

Wirtschaft, sagte uns im Juli

2:57

2023 in unserem großen Interview

3:00

der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck.

3:03

Die Windkraftanlagen, die Kabel rollen, die Transformatoren werden

3:06

teilweise nicht transportiert. Es ist alles genehmigt, kann alles

3:09

gebaut werden. Aber die Genehmigungen für die

3:12

Autobahn Transporte sind unter anderem wegen der maroden Brücken

3:15

oder der kaputten Straßen stapeln sich. Das ist jetzt wirklich ein

3:17

massives Problem. Man kann zur Autobahn stehen wie man

3:20

will, kaputte Autobahnen

3:22

sind schlecht. Das nützt der Volkswirtschaft gar

3:26

nichts, wenn wir die Windkraftanlagen nicht transportieren können.

3:28

Also die sollen fix und gerne heile gemacht werden.

3:31

Kein Grüner hat was dagegen, wenn

3:33

Brücken befahrbar sind. Die müssen schnell befahrbar sein.

3:36

Straßen sind aber nicht die einzige Baustelle. Dazu kommen Behörden,

3:39

Schulgebäude, Schleusen.

3:42

Die sind oft nicht mehr aus dem letzten, sondern aus dem vorletzten

3:45

Jahrhundert, zum Teil.

3:47

Aus Kaisers Zeiten, muss man sich mal überlegen.

3:49

Netzinfrastruktur der Deutschen

3:51

Bahn braucht eine Generalsanierung

3:53

für fast 90 Milliarden €.

3:56

Einfach weil wir in den letzten

3:58

Jahren und Jahrzehnten zu wenig investiert haben.

4:00

Obwohl der Staat sich viele, viele Jahre lang das Geld angesichts der

4:04

sehr niedrigen Zinsen fast umsonst

4:06

hätte leihen können, um es in die Infrastruktur zu investieren, im

4:09

Bestreben, Euro Schulden zu minimieren.

4:13

Schuldenbremse oder gar die berühmt berüchtigte schwarze Null.

4:16

Stattdessen haben wir über die letzten Jahrzehnte enorme

4:19

Infrastrukturschulden angehäuft.

4:21

Das ist ein Begriff, den wir auch gelernt haben bei der Recherche

4:25

zu unserem Lagebuch. Es gibt eben nicht nur Euroschulden,

4:29

wo der Staat tatsächlich Kredite aufnimmt. Nein, man kann auch

4:32

Infrastrukturschulden anhäufen,

4:34

wenn man sich um seine Straßen, Brücken, Gebäude, was alles so da

4:37

ist, nicht kümmert. Wenn die also einen

4:40

Investitionsreparaturrückstau anhäufen, dann hat man im Prinzip

4:44

Schulden gemacht bei seiner Infrastruktur.

4:46

Und jetzt geht es eben nicht nur darum, diese alten Schulden

4:49

abzubauen, also diese kaputte Infrastruktur aus früheren Zeiten zu

4:53

renovieren und zu sanieren, sondern

4:55

wir müssen auch massiv in neue Infrastruktur investieren,

4:59

um unsere Gesellschaft, unsere

5:01

Wirtschaft umzubauen zu

5:03

einer klimaneutralen Gesellschaft.

5:05

Das soll ja 2045 abgeschlossen sein. Da sollen wir quasi als

5:09

Gesellschaft fast kein CO2 mehr produzieren.

5:12

Und dazu brauchen wir eben neue Infrastrukturen, mehr Stromnetze,

5:15

mehr Windräder, Ladestationen,

5:18

neue Industrieanlagen, Wasserstoffnetze und und

5:21

und.

5:22

Aber wie sollen wir das angehen?

5:24

Woher kommt das Geld?

5:26

Wo jetzt auch gerade vor ein paar Wochen noch der Klima und

5:29

Transformationsfonds geplatzt

5:31

ist? Diese 60 Milliarden,

5:33

die früher mal Coronamittel waren, die dann in diesen Fonds, den

5:36

sogenannten KTF umgebucht worden waren, das hat das Bundesverfassungsgericht

5:40

verboten. Das heißt, dieses Geld fehlt nun.

5:42

Und wie soll da wo das Geld herkommen, wenn viele Kommunen heute

5:46

schon mehr oder weniger pleite sind?

5:48

Welche Strukturen brauchen

5:50

wir dafür? Und das ist einfach ein sehr, sehr komplexes Problem.

5:53

Wird auch oft verdrängt. Also genau das Richtige für die Lage

5:56

der Nation.

5:57

Das ist der Stoff, aus dem echte Lagen sind und deswegen eine

6:01

Sonderfolge. Genau genommen sind es zwei Sonderfolgen. Ist natürlich

6:04

wieder so lang geworden ist, dass wir dachten, also das können wir

6:07

euch jetzt nicht ins Ohr schieben in einem Stück, das müssen wir ein

6:09

bisschen aufteilen. Also deshalb zwei Sonderfolgen zum

6:13

Thema Infrastruktur in Deutschland.

6:16

Wie können wir das Geld auftreiben und was sollten wir ändern?

6:19

Da fragt sich natürlich zunächst mal Was ist denn die Infrastruktur?

6:23

Der Duden sagt dazu:.

6:26

"Infrastruktur ist der notwendige wirtschaftliche und organisatorische

6:29

Unterbau für die Versorgung und Nutzung eines bestimmten

6:33

Gebiets.".

6:33

Also Einrichtungen, die wir alle brauchen, damit unser Leben

6:37

funktioniert: Behörden, Schulen, Bahnhöfe, Stromnetze,

6:40

Wasserleitungen, Glasfaserleitungen,

6:42

technische und soziale Infrastruktur und natürlich auch

6:46

Straßen und Schienen.

6:48

Der Witz dabei ist: Die Gemeinschaft, der Staat

6:52

oder häufig staatliche oder halbstaatliche Firmen baut diese

6:55

Infrastruktur, manchmal auch Privatunternehmen, aber immer

6:59

mit dem Hintergedanken, dass alle sie nutzen können.

7:03

Aber nicht alle nutzen sie wirklich.

7:05

Manche nutzen sie total viel, manche

7:07

nutzen sie aber auch gar nicht. Aber ohne diese Infrastruktur

7:10

würde unsere Gesellschaft glaube ich, schlicht und weg kollabieren.

7:14

Das Problem haben wir schon skizziert: In Deutschland wird

7:17

seit vielen Jahren deutlich zu

7:19

wenig in die öffentliche Infrastruktur investiert.

7:23

Das ist die Bilanz des oben schon erwähnten wissenschaftlichen Beirats

7:26

des Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2020 in einem

7:30

ausführlichen Gutachten dazu. Also seit Jahren fließt zu wenig

7:34

Geld in diese Infrastruktur.

7:35

Und das sieht auch Dr. Katja Rietzler so.

7:37

Sie ist Ökonomin bei der gewerkschaftsnahen Hans

7:41

Böckler Stiftung.

7:42

Wir haben lange zu wenig investiert,

7:44

wir haben zeitweise etwas aufgeholt, und das ist bei weitem

7:48

noch nicht genug.

7:49

Wenn wir hier also nicht die Kehrtwende schaffen und ausreichend

7:52

in die Infrastruktur investieren,

7:54

dann bedroht das ziemlich

7:56

viel: die wirtschaftliche Leistung und Wettbewerbsfähigkeit

7:59

Deutschlands, die Lebensqualität

8:01

der Menschen, das Funktionieren

8:03

des Staates im Alltag und

8:05

damit eben auch letztlich muss man so sagen potenziell die

8:09

Demokratie, weil die Leute natürlich anfangen zu zweifeln, wenn

8:12

Infrastruktur nicht mehr funktioniert.

8:14

Das ist so, das ist, finde ich, eine ganz wichtige Erkenntnis, die wir

8:16

auch gewonnen haben, als wir dieses Thema bearbeitet haben.

8:20

Infrastruktur, insbesondere auch Infrastruktur in den Gemeinden,

8:23

in den Städten. Das ist so quasi der Bereich, wo

8:27

der Staat den Menschen unmittelbar

8:29

begegnet. Also keine Ahnung: Mit dem Bund in

8:31

Gestalt der Bundeswehr zum Beispiel kommt man ja normalerweise relativ

8:35

wenig in Kontakt, aber man sieht jeden Tag, ob Straßen

8:39

in Ordnung sind, wie so ein Schulgebäude aussieht, ob es eine

8:41

Kita gibt. Das ist das, was die Menschen jeden

8:44

Tag sehen. Und deswegen ist

8:46

der Zustand der Infrastruktur so wichtig für das Gefühl:

8:50

unser Staat funktioniert, ja oder nein.

8:52

Deswegen regen sich die Leute auch so über die Bahn auf, weil das eine

8:55

Infrastruktur ist, wenn die läuft, ist alles super. Aber wenn sie nicht

8:58

funktioniert, dann nervt das natürlich maximal im Alltag.

9:01

Aber bei mir kommen dann tatsächlich auch immer so Systemzweifel auf, wo

9:04

ich denke, das kann doch nicht sein, dass wir das als Staat nicht

9:07

hinkriegen. Also kommen wir mal zu den Fakten:

9:10

Wie ist es denn eigentlich um den Zustand der Infrastruktur bestellt

9:13

und was ist der Infrastruktur Bedarf?

9:16

Wir behaupten hier, dass Infrastruktur zerfällt und das deckt

9:18

sich ja auch mit der Alltagserfahrung. Aber wir wollten es natürlich für

9:22

eine solche Sonderfolge genauer wissen. Wir wollten wissen: Ist das

9:24

wirklich so und vor allem lässt sich das messen?

9:27

Wäre der Staat eine AG, also eine Aktiengesellschaft, dann wäre die

9:31

Sache relativ einfach. Da steht nämlich die komplette

9:33

Hardware, die komplette Infrastruktur einfach schlicht und

9:35

ergreifend in der Bilanz. Alle Gebäude, alle Autos, alle

9:38

Computer finden sich da als sogenannte Aktiva und werden

9:42

eben jedes Jahr etwas weniger

9:44

wert. Und dann nennt man das eine Abschreibung, weil man eben diesen

9:47

Wert aus der Bilanz dann rausnehmen kann. So kann man den

9:51

Verfall dieses sogenannten Anlagevermögens in der Bilanz

9:55

einfach nachlesen und supergut messen.

9:57

Ja, also Beispiel: Wir haben eine

9:59

AG, die baut eine Werkshalle,

10:02

eine Fabrikationshalle, die hat mal irgendwann 1 Million gekostet.

10:04

Die steht dann vielleicht im ersten Jahr mit einer Million in der

10:07

Bilanz. Und jedes Jahr,

10:09

während diese Halle verschleißt, wird die in dieser in dieser Bilanz

10:13

abgeschrieben. Das heißt, dann steht die, eie viel Prozent

10:16

Abschreibung ist egal, aber dann steht die vielleicht nach einem Jahr

10:19

nur noch mit 950.000 in der Bilanz,

10:21

nach ein paar Jahren nur noch mit 900.000. Und das heißt, man kann in

10:23

der Bilanz so richtig nachschauen, wie diese Halle immer weniger wert

10:27

wird. Und das ist in gewisser Hinsicht einfach auch ehrlich.

10:30

Man kann sich über die Prozente der Abschreibung streiten, ob die zu

10:33

hoch oder zu niedrig sind. Da hängen natürlich auch viele

10:35

steuerliche Ergebnisse dran. Aber jedenfalls im Grundsatz ist es

10:38

total sinnvoll zu sagen, dieses Anlagevermögen wird immer weniger

10:41

wert und der Staat macht es nicht. Für den Staat gibt es

10:45

einfach keine vergleichbare Rechnung.

10:47

Nein, es gibt in Deutschland, das ist der erste Kritikpunkt, keine

10:50

genaue Übersicht über den Wert

10:52

der öffentlichen Infrastruktur, also

10:54

wie man das so nennt, den Wert des öffentlichen Kapitalstocks.

10:57

Spricht: Was ist das eigentlich alles wert, was Deutschland

11:01

besitzt? Brücken, Schulen, Verwaltungsgebäude, Schwimmbäder.

11:04

Und so weiter und so fort. Da gibt es leider keinen genauen

11:08

Überblick und somit haben wir auch keinen genauen Überblick über den

11:12

Zustand dessen, was dem Staat

11:14

an Infrastruktur gehört.

11:16

Denn es fehlen einfach in vielen Bereichen, nicht in allen, aber in

11:19

vielen Bereichen kontinuierliche

11:21

und vor allen Dingen vergleichbare Berichte.

11:24

Und weil es keine Bilanzierung der öffentlichen Infrastruktur gibt,

11:27

ist auch umstritten, wie sie sich

11:29

ganz genau entwickelt. Nimmt der Wert dessen, was

11:32

der Staat besitzt, nun ab oder nimmt er zu?

11:35

Investiert der Staat wirklich ausreichend?

11:38

Ganz vieles beruht ehrlich gesagt

11:40

auf Schätzungen.

11:41

Dennoch lässt sich in den letzten Jahrzehnten eine klare Tendenz

11:45

ausmachen, sagt die Ökonomin Katja Rietzler, die wir eben schon hatten.

11:48

Die ist Referatsleitung für Steuer- und Finanzpolitik am Institut für

11:51

Makroökonomie und Konjunkturforschung.

11:55

Der Trend, sagt sie, der geht eindeutig in eine Richtung.

11:58

Und zwar nehme der Wert ab.

12:00

Wir hatten ja eine sehr starke

12:02

Investitionstätigkeit in den 90er

12:04

Jahren. Da gab es ja auch Nachholbedarf durch die

12:06

Wiedervereinigung. Ende der 90er Jahre

12:10

kam das dann doch so langsam

12:12

an allen Fronten allmählich zum Erliegen.

12:14

Zwischendurch ist dann kurzfristig wieder etwas mehr geschehen.

12:18

Auch ganz besonders auf der kommunalen Ebene.

12:21

Aber seit 2020 sehen wir schon wieder einen

12:25

leichten Abwärtstrend bei den öffentlichen Investitionen.

12:29

Und da muss man halt sagen, das ist sowohl Bau

12:33

als auch bei den Ausrüstungen

12:35

und auch bei den sonstigen

12:37

Investitionen, was im Wesentlichen so Forschung und Entwicklung auf der

12:40

Staatsebene ist. Und wenn man da noch mal guckt,

12:43

welche Gebietskörperschaften da eigentlich dahinterstehen, dann

12:47

sieht man, dass die Kommunen doch recht tapfer weiter

12:51

investieren, aber eben eigentlich da so nicht richtig von

12:54

der Stelle kommen. Während wir ganz zuletzt jetzt auch

12:57

beim Bund einen sehr starken

12:59

realen Rückgang gesehen haben.

13:01

Dass die öffentlichen Investitionen seit den 90er Jahren zurückgegangen

13:05

sind, ist zwar nicht unmittelbar ein Beleg dafür, dass

13:09

sie generell zu niedrig sind. Es könnte ja auch sein, dass in den

13:11

Jahren zuvor wahnsinnig

13:13

viel investiert wurde und deswegen in den 90er Jahren gar nicht so viel

13:16

investiert werden musste, um den Wert zu erhalten.

13:19

Oder auch heute vielleicht gar nicht so viel investiert werden muss.

13:21

Deswegen betrachtete der eben schon zitierte Beirat des

13:24

Wirtschaftsministeriums auch die Qualität der vorhandenen

13:27

Infrastruktur. Also nicht nur Was geht rein, sondern was kommt

13:31

hinten raus? Wie sieht es denn konkret aus bei der Infrastruktur,

13:34

die wir schon haben? Sind die Einrichtungen, sind die

13:37

Straßen, Sind die Brücken noch leistungsfähig, sofern jedenfalls

13:40

die Daten dafür vorlagen? Und dabei ist herausgekommen:

13:44

"Es ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einer

13:47

Verschlechterung des Zustands der Infrastruktur gekommen.".

13:51

Ja, im internationalen

13:53

Vergleich stehen wir noch relativ gut da.

13:56

Aber der Zustand, das muss man so sagen, der Zustand der Infrastruktur

14:00

in Deutschland hat sich verschlechtert. Das krasseste

14:02

Beispiel, ich habe es oben schon gesagt, ist wahrscheinlich die

14:05

Deutsche Bahn. Immerhin, muss man sagen, kann man

14:08

hier die Misere mittlerweile klar

14:10

beziffern, denn es gibt mittlerweile

14:13

den sogenannten Netzzustandsbericht der DB AG Netz und

14:17

der lässt ehrlich gesagt keine Fragen offen.

14:20

Kurzgefasst heißt es da: Es steht eine Generalsanierung an,

14:23

kosten knapp 90

14:26

Milliarden €.

14:26

Und das sind heutige Zahlen. Bis das dann wirklich gebaut ist,

14:29

sind sicher 100 Milliarden. Mit anderen Worten: Fast das gesamte

14:32

Netz der Deutschen Bahn ist

14:35

so marode, dass dringend was passieren muss, mit Ausnahme einiger

14:38

weniger Neubaustrecken. Und das muss man sich ja auch immer

14:41

anschauen vor dem Hintergrund

14:44

der politischen Großwetterlage. Die Ampel will möglichst viel

14:47

Verkehr auf die Schiene verlegen,

14:49

jedenfalls offiziell. Man kann bei den Ampel Parteien

14:52

glaube ich, unterschiedliche Neigung dazu erkennen, aber jedenfalls im

14:56

Grundsatz ist das die Linie. Die Leistung im Personenverkehr soll

15:00

offiziell bis 2030 verdoppelt

15:02

werden und immerhin 1/4 aller Güter sollen bis dahin per

15:06

Bahn transportiert werden. Bisher klappt das überhaupt nicht.

15:10

Diese Verkehrswende kommt nicht vom Fleck. Der Verkehr auf der Straße

15:13

hingegen nimmt weiter zu.

15:15

Also der Güterverkehr vor allen Dingen auch.

15:17

Genau. Und woran liegt das? Na ganz klar, Die Bahn ist das

15:20

Rückgrat der Verkehrswende. Und dieses Rückgrat ist kaum und

15:24

brüchig. Die Bahn ist ein Sanierungsfall.

15:26

Sanierungsfall, dieses Wort haben wir uns jetzt nicht ausgedacht,

15:29

sondern das stammt aus einem sehr lesenswerten Bericht des

15:32

Bundesrechnungshofs aus dem März

15:34

2023. Und da steht: "Die

15:36

Eisenbahninfrastruktur ist in vielen Bereichen überaltert, vor allem

15:40

Gleise, Oberleitungen und Weichen."

15:42

Ja, hier wurde jetzt zuletzt

15:44

einiges auf den Weg gebracht. Es gibt diese Infrastrukturgesellschaft

15:47

InfraGO, haben wir auch drüber berichtet. Da soll es Gleissanierungen

15:51

auf 40 Hauptstrecken geben, in den nächsten sechs Jahren bis 2030.

15:56

Da sollen 12,5 Milliarden

15:58

zusätzliches Eigenkapital in die DB AG rein fließen.

16:02

Insgesamt sollen 40 Milliarden € investiert werden.

16:05

Aber eben auch 12,5

16:08

Milliarden € davon sollen

16:10

stammen aus dem Klima- und Transformationsfonds, der ja nun

16:13

wirklich mehr als zur Hälfte entleert wurde durch das Urteil des

16:17

Bundesverfassungsgerichts Ende des Jahres.

16:19

Das heißt also völlig unklar, wie es da um die Finanzierung steht.

16:24

Aber die Probleme bei der Bahn, über die ja viel gesprochen wird,

16:27

lenken den Blick oft weg von den zahlreichen Versäumnissen

16:31

an anderer Stelle. Denn auch an anderer Stelle bröckelt

16:34

und bröselt die Infrastruktur

16:37

und die Zahlen bei Brücken, öffentlichen Gebäuden, Wohnungen,

16:40

digitale Infrastruktur und und und

16:42

stellen die immerhin 90 Milliarden

16:45

schweren Infrastrukturschulden bei der Bahn locker in den Schatten.

16:48

Das ist klar. Aber wir haben uns immer die Frage

16:51

gestellt: Von wie viel Geld reden wir denn?

16:52

Ja, und da stellt sich raus die Investitionsbedarfe,

16:57

wie das so heißt, also Investitionen

16:59

an mehreren Ecken und Enden sind gar nicht so leicht zu ermitteln.

17:02

Es gibt verschiedene Studien und verschiedene Schätzungen, die

17:05

jeweils ein bisschen andere Ergebnisse zutage bringen und

17:09

die, weil sie eben auch zum Teil unterschiedlich rechnen.

17:12

Eine viel beachtete Zahl steht seit 2019

17:16

im Raum und das sind 457

17:18

Milliarden €, die

17:20

gesamtstaatliche also vom Bund über die Länder bis zu den Kommunen

17:23

investiert werden müssen. Gut 450 Milliarden €,

17:27

das stammt aus einer gemeinsamen Studie vom arbeitgebernahen

17:31

Institut der deutschen Wirtschaft und dem Institut für Makroökonomie

17:34

und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans Böckler

17:37

Stiftung. Deswegen hat das so viel Beachtung gefunden, weil da eben so

17:40

zwei Denkschulen auch zusammengearbeitet haben.

17:42

Und an dieser Studie zur Abschätzung

17:45

des Investitionsbedarf 2019 hat

17:47

mitgearbeitet Katja Rietzler vom

17:49

IMK.

17:50

Wir haben 2019 zusammen mit dem IW Köln eine sehr viel

17:54

beachtete Studie gemacht, in der wir festgestellt haben, dass man

17:58

in etwa in zehn Jahren knapp 460

18:00

Milliarden an zusätzlichen

18:03

Investitionen brauchen würde.

18:05

Mittlerweile, muss man sagen, sind diese Zahlen schon wieder etwas

18:08

überholt. Also das war natürlich auch der Stand 2019, auch in

18:12

Preisen von 2019.

18:14

Wir haben grob das versucht

18:17

zu aktualisieren und kamen dann halt in so eine Größenordnung irgendwo

18:21

zwischen 600 und 800 Milliarden

18:23

für zehn Jahre, aus heutiger Sicht.

18:25

Also 600 bis 800 Milliarden über die nächsten zehn

18:29

Jahre, das heißt 60, 80,

18:31

90 Milliarden €

18:34

jedes Jahr...

18:35

Über zehn Jahre!

18:37

Über zehn Jahre. Kontinuierlich ist so die Größenordnung, von dem

18:40

wir jetzt mal ausgehen müssen, dass investiert werden müsste,

18:44

um...

18:45

Nur den bisherigen Stand der Infrastruktur wieder fit zu machen

18:48

und soweit die Infrastruktur schon nicht mehr zu retten ist, weil sie

18:51

zu lange nicht repariert wurde, sie zu ersetzen. Also Stichwort

18:55

Rahmedetalbrücke, die Brücke, die ganz am Anfang gesprengt wurde.

18:58

Warum ist die gesprengt worden? Nicht etwa, weil die einfach nur das

19:00

Ende ihrer Lebenszeit erreicht hätte, sondern weil sie so lange

19:04

nicht vernünftig saniert wurde, dass sie irgendwann quasi unrettbar

19:08

zerfallen war.

19:08

Und nun neu gebaut werden muss. Also das sind diese 60, 80

19:12

Milliarden pro Jahr über die nächsten zehn Jahre, von denen

19:15

Katja Rietzler hier spricht.

19:18

Und jetzt sind das ja, wie sie sagt, die gesamtstaatlichen

19:22

Investitionen, also Investitionen, die Bund, Länder und Kommunen

19:26

aufbringen müssen. Über den Bund reden wir sehr viel,

19:29

über die Kommunen reden wir relativ wenig.

19:32

Genau. Und die Kommunen sind so ein bisschen das Sorgenkind auch

19:36

der Infrastrukturinvestitionen, weil die Finanzlage der Kommunen in

19:39

Deutschland extrem unterschiedlich

19:42

ist. Aber weil leider zur Wahrheit auch dazugehört, dass es in

19:45

Deutschland viele, viele bettelarme

19:47

Kommunen gibt. Und diese bettelarmen Kommunen

19:49

können beim besten Willen warum werden wir gleich erklären, nicht

19:53

das für die Infrastruktur investieren, was eigentlich

19:55

erforderlich wäre. Deswegen schauen wir uns jetzt noch

19:58

mal die Kommunen ein bisschen genauer an, denn das ist, glaube

20:00

ich, auch aus der Perspektive der Menschen, aus der Perspektive der

20:03

Demokratie ganz wichtig. Wir haben es eben schon angedeutet:

20:06

In den Kommunen erleben die Menschen den Staat ganz

20:09

unmittelbar.

20:10

Ja, denn da leben ja die Menschen,

20:12

das haben wir am Anfang gesagt, Da gibt es direkten Kontakt, vor allen

20:15

Dingen auch zu dieser Infrastruktur. Und da haben wir aktuell

20:19

einen Investitionsrückstand von

20:22

gut 160. Milliarden Euro.

20:24

Das ist also Teil dieser ungefähr

20:26

600 bis 800 Milliarden €. Gut 160 davon

20:30

fallen halt in die Kommunen.

20:32

Und diese Zahl stammt aus dem KfW

20:34

Kommunalpanel. Das wird erhoben, also im Auftrag

20:38

der KfW, also der Kreditanstalt für Wiederaufbau, so einer staatlichen

20:41

Bank gemeinsam mit dem Deutschen

20:43

Institut für Urbanistik.

20:45

Und da werden halt Kommunen

20:47

nach ihrem wahrgenommenen Investitionsrückstand

20:51

gefragt. Also was müsstet ihr sozusagen

20:54

investieren um auf einen guten Stand zu kommen? Und da fallen halt diese

20:57

166 Milliarden € raus.

20:59

Und das ist nur das, was man bezahlen müsste, um zu erhalten,

21:04

was schon da ist, also um das zu bezahlen, was in den Kommunen in

21:07

den letzten Jahren und Jahrzehnten längst hätte gemacht werden müssen.

21:11

Wir reden hier also noch nicht von neuen Schwimmbädern und Sporthallen

21:15

und wir reden auch nicht von Windkraftanlagen, sondern wir reden

21:18

nur von Instandhaltung und Reparatur.

21:20

Das sind 166 Milliarden,

21:22

die nötig sind, damit nicht Sporthallen und Schwimmbäder in

21:25

Bälde geschlossen werden müssen, die es längst gibt, weil sie nicht

21:28

vernünftig in Schuss gehalten wurden.

21:30

Das Deutsche Institut für Urbanistik hat dieses Jahr noch mal gesondert

21:33

in einer Studie erhoben, wie viel die Kommunen bis 2030

21:37

investieren müssten, um nachhaltige Verkehrsinfrastruktur

21:41

zu schaffen, also 166 Milliarden, um das zu erhalten, was da ist.

21:44

Aber nachhaltige Verkehrsinfrastruktur, das wären

21:47

noch mal dazu 372

21:49

Milliarden €.

21:50

Das wäre also das, was erforderlich ist für die Hardware der

21:53

Verkehrswende. Das bedeutet auf Deutsch Straßenbahnnetze

21:56

in größeren Städten. Weil das einfach so das effizienteste Verkehrsmittel ist im

22:00

öffentlichen Personennahverkehr. Aber auch Buslinien einrichten,

22:04

Buswartehäuschen einrichten, Schienenwege bauen.

22:08

Straßen umbauen.

22:09

Genau, also mehr Platz für Fahrräder.

22:11

Also alles das, was passieren müsste, damit wir ein bisschen

22:14

weniger abhängig vom Auto werden. 372 Milliarden €.

22:18

Warum ist die Zahl nun höher als die 166?

22:20

Naja, es gibt eben eine andere aufwendige Erhebungsmethode

22:24

um die projizierten Bedarfe zu errechnen. Es geht auch über einen

22:27

längeren Zeithorizont und vor allen Dingen geht es halt um

22:31

Rückstand und Umbau. Also bei der Verkehrswende müssen

22:34

also bei der Verkehrswende modernisieren.

22:36

Aber wir müssen halt auch umbauen. Da kommt also nicht nur Erhaltung

22:39

einer Brücke, sondern die müssen wir halt auch umbauen, um

22:41

Fahrradstreifen zum Beispiel einzurichten.

22:43

Also ihr seht schon, diese Zahlen sind alle, wie soll ich sagen, mit

22:46

so ein bisschen Vorsicht zu genießen, weil diese Zahlen immer

22:48

sehr davon abhängig sind, was man sich gerade anschaut.

22:50

Aber ich denke, ob nun 166

22:52

Milliarden für Aufholen des Rückstand, 372 für Rückstand

22:56

plus neu Investition im Verkehr im Verkehrsbereich.

23:00

Was ihr jedenfalls seht ist, da sind unfassbare Summen aufgelaufen,

23:03

die längst hätten investiert werden müssen, die aber nicht investiert

23:06

wurden. Und da haben wir uns natürlich gefragt: Wenn das doch alles so

23:09

offensichtlich ist und wenn das auch niemand so richtig bestreitet, ja,

23:12

das ist jetzt überhaupt kein parteipolitisches Thema.

23:14

Da kommen jetzt nicht Christian Lindner und sagt Quatsch, Infrastruktur muss man nicht, muss

23:18

man nicht in Schuss halten oder so! Da fragt man sich natürlich schon:

23:21

Warum haben Regierungen aller Couleur in den letzten Jahren zu

23:25

wenig investiert? Und dafür gibt es einen ganzen

23:27

Strauß an Erklärungen.

23:29

Zum einen gibt es fehlende Anreize, also der politische Prozess bei

23:33

uns in der Demokratie begünstigt

23:35

in der Tendenz eher Konsumausgaben, das ist Nummer eins.

23:37

Dann zweitens natürlich

23:40

leere Kassen. Bei sehr vielen Kommunen, zumindest

23:43

in der Vergangenheit waren es sehr viel, ist ein bisschen weniger geworden,

23:45

aber bei vielen Kommunen fehlt einfach das Geld.

23:48

Dann gibt es natürlich auch fehlende Kapazitäten und Expertise in den

23:51

Kommunalverwaltungen, um solche Infrastrukturprojekte aufs

23:55

Gleis zu setzen. Dann sind natürlich auch Planungs-

23:57

und Genehmigungsverfahren oft sehr langwierig und bürokratisch.

24:01

Und natürlich vielleicht auch hier die Schuldenbremse.

24:04

Das ist so der Strauß, an Ursachen.

24:06

Die jedenfalls in Betracht kommen und ernsthaft diskutiert werden.

24:09

Und wie valide die sind, wie

24:11

großen Anteil sie jetzt haben an

24:14

dem Entstehen der Infrastruktur, Schulden, dem gehen wir jetzt

24:17

mal nach. Und wir fangen mal an mit der Frage der politischen

24:20

Anreize. Warum haben Politiker:innen

24:22

aus allen Parteien seit Jahrzehnten

24:25

viel zu wenig Geld in Hardware investiert?

24:27

Grundsätzlich hat Infrastruktur

24:29

ein Handicap im politischen Prozess, würde ich mal sagen.

24:32

Es dauert einfach sehr lange, sie aufzubauen. Dafür hält sie auch

24:35

lange. Ja. Investitionen, die wir heute

24:38

tätigen, entfalten aber erst

24:41

in Jahren, vielleicht Jahrzehnten ihre Wirkung.

24:44

Und das gilt leider eben

24:46

auch für die eingesparten Investitionen. Also selbst wenn

24:48

jetzt die Brücken nicht erneuert und nicht repariert und die Schulen

24:51

nicht baut, dann merkt man das unter Umständen eben erst in vielen

24:55

Jahren. Das heißt, man kommt lange

24:57

damit durch, nicht

24:59

zu investieren.

25:00

Ja, das ist ein bisschen so wie mit den Vorsorgeuntersuchungen beim

25:04

Doktor. Man kann das mal verschieben, Man muss da nicht

25:06

unbedingt hin wie beim Zahnarzt. Er muss da jetzt nicht in dieser

25:09

Woche genau hin, kann schon mal ein bisschen verschieben.

25:11

Aber wenn man das zu lange verschiebt, dann hat man halt

25:13

einfach irgendwann fetten Karies.

25:16

Und genauso genauso ist das eben auch mit den Investitionen.

25:20

Das Problem ist bloß: Wahlen funktionieren anders.

25:23

In Wahlen bewerten wir die Leistung von Politikerinnen und Politiker

25:26

nämlich alle 4 bis 5 Jahre.

25:28

Und dabei schaut kaum jemand

25:30

bei seiner Wahlentscheidung auf langfristige Investitionen.

25:33

Sagt jedenfalls Gerd Landsberg, der

25:36

ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und

25:38

Gemeindebundes. Der kommunale Spitzenverband

25:41

in Deutschland, der die Interessen der Kommunen vertritt.

25:43

Politikerinnen und Politiker denken, das kann ich schon auch irgendwie

25:46

verstehen, in erster Linie ja in Wahlperioden.

25:49

Stehe ich hinterher gut da? Und das erlebe ich auch auf der

25:52

kommunalen Ebene. Wenn Sie sich entscheiden: Also ich

25:55

mache jetzt die Innenstadt schöner und ich mache den Bahnhof neu und

25:58

ich schaffe mehr Grün und mehr blau in der Innenstadt.

26:02

Wenn das nicht fertig ist bis zum Ende ihrer Wahlzeit,

26:06

dann wird gesagt: Der hat ja gar nichts geschafft, der hat ja gar

26:08

nichts gemacht, den wählen wir ab. Und das ist natürlich ein Problem,

26:11

auch den Leuten zu kommunizieren.

26:14

Wir packen das an, wir wollen es schaffen, aber es sind kleine

26:17

Schritte, und das müsst ihr akzeptieren.

26:19

Dass die Anreize, Geld für öffentliche Infrastruktur

26:21

auszugeben, so niedrig sind, liegt aber auch daran, wie sich der

26:25

Wert und der Nutzen öffentlicher

26:27

Infrastruktur bemisst. So gemeinschaftlich, möchte ich mal

26:31

sagen. Also das eine ist ja die Gemeinschaft bezahlt, die Kosten

26:35

sind ziemlich schnell klar.

26:37

Aber wie messen wir als Gesellschaft den Nutzen?

26:41

Denn manche nutzen

26:43

eine vielleicht frisch gebaute neue Brücke nie, andere nutzen sie

26:47

mehrmals täglich. Aber normalerweise bezahlt niemand

26:50

direkt für die Nutzung. Und wir sind es aber sehr gewöhnt,

26:54

dass im Regelfall sich der Nutzen von etwas dadurch

26:58

bemisst, welchen Preis wir dafür zahlen müssen.

27:01

Wir sind total daran gewöhnt, über den Preis auszudrücken, wie sehr wir

27:04

etwas wertschätzen. Und genau das passiert natürlich

27:07

bei öffentlicher Infrastruktur nicht. Und dann ist die Frage Wenn

27:10

die Nutzenden eben nicht direkt bezahlen, wie messen wir denn dann

27:13

den Wert öffentlicher Infrastruktur?

27:15

Und das passiert, wie oben schon erwähnt, eben durch Wahlen.

27:18

Diese Bewertung ist aber extrem ungenau.

27:22

Es finden also alle vier fünf Jahren Wahlen statt. Man macht sein Kreuz.

27:25

Aber dieses Kreuz für einen Politiker oder eine Politikerin, das

27:29

sagt halt nicht spezifisch: Toll, dass du diese Brücke saniert hast,

27:33

sondern es sagt so allgemein

27:35

ja Kita Straßen, so, insgesamt

27:37

finde ich dein Gesicht gut. Und daraus ist wahnsinnig schwer

27:40

abzuleiten, ja, wie viel wert war es denn jetzt,

27:43

diese Brücke zu sanieren durch dieses eine Kreuz?

27:45

Das verschwimmt einfach und das

27:47

übermittelt sich in Wahlen nur sehr, sehr, sehr diffus.

27:51

Wie, welchen Wert messen die Leute denn jetzt dieser Brücken

27:54

Sanierung bei?

27:55

Tja, und so fehlt für politisch

27:57

aktive Menschen häufig der Anreiz

28:00

für Infrastrukturinvestitionen

28:02

politisch zu kämpfen. Das ist einfach etwas, was

28:05

natürlich total wichtig ist für die Menschen, was aber in dieser

28:08

Mechanik des Politikbetriebs häufig unter die Räder kommt, das

28:12

ist so ein Aspekt. Aber ich glaube, Philip, wenn man

28:15

sich ehrlich macht, ist doch die finanzielle Situation der

28:18

Kommunen der ganz zentrale Aspekt.

28:21

Denn die Kommunen sind in unserer Gesellschaft

28:25

jedenfalls für die wahrgenommene, alltägliche, wichtige Infrastruktur

28:29

die zentralen Player. Die Kommunen nämlich entscheiden

28:32

darüber, ob eine Schule gebaut wird, ob ein Schwimmbad saniert

28:36

wird, ob eine Straße repariert wird. Richtig. Und sehr viel Infrastruktur

28:40

planen und bezahlen denn auch die Kommunen.

28:44

Das sagt Henrik Scheller vom Deutschen Institut für Urbanistik.

28:48

Die Infrastruktur ist eben auch

28:50

in den Kommunen verortet, zu großen Teilen.

28:53

Wichtige Infrastrukturen, vor allen Dingen auch, die die Bürgerinnen und

28:57

Bürger wahrnehmen die Straßen,

28:59

die Brücken, Kitas, Schulen,

29:01

Verwaltungsgebäude. Überall begegnet den Bürgerinnen und

29:04

Bürgern in der Kommune

29:06

der Staat über seine Infrastrukturen.

29:08

Und deswegen schauen wir auch in dieser Folge mal ein bisschen näher

29:12

und genauer hin auf die Rolle der

29:14

Kommunen. Wenn es nämlich dort läuft,

29:17

dann nehmen die Leute das positiv wahr, den Staat.

29:21

Wenn es aber schlecht läuft, dann

29:23

untergräbt das eben auch sehr schnell den Glauben an den Staat und

29:26

das Vertrauen in die Funktionsweise

29:29

letztlich auch der Demokratie.

29:30

Und die Bedeutung der Kommunen lässt sich auch in Zahlen ausdrücken.

29:34

Kommunen stemmen den relativ

29:36

größten Anteil der öffentlichen Investitionen neben Bund und

29:39

Ländern, nämlich 39 %.

29:42

Das heißt, die anderen 60 % teilen sich auf Bund und Länder auf.

29:45

Schaut man mal auf die öffentlichen Bauinvestitionen, so sind

29:49

es sogar rund 60 %, also

29:51

für Straßen, Brücken und Schulgebäude.

29:53

Die durch die Kommunen bezahlt 60 %. Denn die Kommunen sind für

29:57

eine ganze Menge zuständig: Schulen, Kitas, über 700.000

30:01

Kilometer an kommunalen Straßen.

30:04

Sie sind zuständig für die Trinkwasser- und Abwasserversorgung, für Energie- und Abfallwirtschaft,

30:08

für Sportstätten, Kulturstätten,

30:10

Sportplätze und solche Sachen, Brand- und Katastrophenschutz.

30:14

Außerdem sind kommunale Investitionen natürlich mega zentral

30:18

auch für die Wende zur Nachhaltigkeit.

30:21

All das verantworten die Kommunen.

30:23

Und das sind wichtige Infrastrukturen für den Alltag

30:26

der Leute und eben auch wichtige

30:29

Standortfaktoren für Unternehmen.

30:31

Ob sie sich entscheiden, ob sie in der Kommune A einen

30:35

neuen Sitz für Unternehmen einrichten oder in der Kommune

30:38

B und ob und in welcher Form

30:41

hier jeweils investiert wird, hängt ganz wesentlich an der Kassenlage

30:45

der Kommunen. Denn in ganz vielen Kommunen

30:48

fehlt einfach das Geld für die nötigen Investitionen, schreibt

30:52

auch der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums in

30:55

seinem Gutachten.

30:56

Und dementsprechend groß war auch

30:58

der Rückgang öffentlicher Investitionen in der Vergangenheit,

31:02

vor allem bei den Kommunen.

31:04

Da sei dieser Rückgang der Investitionen besonders stark

31:07

gewesen. Und die Folgen sind dramatisch, sagt Gerd Landsberg.

31:11

Der, würde ich mal sagen, Cheflobbyist der deutschen Städte

31:14

und Gemeinden.

31:15

Also die kommunale Infrastruktur ist insgesamt in einem sehr schlechten

31:18

Zustand. Nach der letzten Umfrage liegen

31:21

wir bei einem Investitionsrückstand

31:23

von 166 Milliarden.

31:26

Diese Zahl stammt aus dem aktuellen Kommunal Panel von 2023.

31:31

Und addiert man diese mitgeteilten Investitions Rückstände, kommt

31:35

man auf die genannten 166 Milliarden. Und besonders hoch

31:38

sind nach diesem Kommunalpanel

31:40

die Rückstände bei Schulen, Straßen

31:43

und Verwaltungsgebäuden, sagt

31:45

Herr Landsberg.

31:46

Allein bei Schulen sind es 47,4

31:48

Milliarden. Das beobachten wir seit Jahren.

31:51

Es wird nicht besser, es wird schlechter.

31:54

Wir reden ja alle sehr viel über Bildung. Aber viele Schulen, sage

31:57

ich immer, sind eher Baracken als Kathedralen der Bildung.

32:00

Das führt zu großer Unzufriedenheit vor Ort. Die Schule ist schlecht,

32:04

die Kita ist auch nicht im besonders guten Zustand, die Straßen nicht,

32:08

es gibt Umleitungen, es gibt Schlaglöcher.

32:10

Und eine richtige Lösung ist jedenfalls zurzeit nicht

32:14

in Sicht.

32:15

Aber zum Bild gehört eben auch dazu,

32:17

dass die finanzielle Situation der Kommunen in Deutschland regional

32:21

sehr unterschiedlich ist. Das hat ein Paper noch

32:25

mal herausgearbeitet vom Institut der deutschen Wirtschaft aus dem

32:27

Jahr 2020. Danach geht es den

32:31

Kommunen in Süddeutschland

32:33

überdurchschnittlich gut. Die haben so gut wie keine

32:36

Kassenkredite, also Kassenkredite, so der Dispo, letztlich der, der

32:40

der Gemeinde. Die haben die besten Steuereinnahmen, die haben auch die

32:44

höchsten Investitionen,

32:46

was wiederum begünstigt wird dadurch, dass sie die niedrigsten

32:49

Sozialausgaben haben, also in Süddeutschland.

32:51

Kommunen in Ost und West liegen eher im Mittelfeld.

32:55

Besonders arg ist die Situation der Kommunen ganz weit im

32:59

Westen. Die haben die höchsten

33:01

Schulden, die höchsten Sozialausgaben und deswegen auch die

33:04

niedrigsten Investitionen. Und das betrifft insbesondere das

33:08

Ruhrgebiet, also die Region Deutschlands, wo viele Jahrzehnte

33:12

Kohle- und Stahlwirtschaft ganz wesentlich zur Wirtschaftskraft

33:16

beigetragen haben. Und diese Wirtschaftszweige

33:19

sind vor allem in den 70er und 80er Jahren weitgehend abgebaut

33:23

worden, und die Region hat sich davon heute...

33:26

Offensichtlich noch nicht hundertprozentig erholt.

33:29

Also es gibtl, natürlich hat sich da viel getan, aber der Unterschied

33:33

zwischen den Ländern, der liegt vor allen Dingen, das sagen auch alle an

33:36

den unterschiedlichen Strukturen, die dort vorherrschen.

33:39

Und das hat viel mit Zufall zu tun. Das kann man jetzt nicht den

33:42

einzelnen Bundesländern anlasten oder ihnen gutschreiben.

33:45

Natürlich machen die auch ihre Politik, aber viele Gründe für

33:48

diese regionalen Unterschiede liegen

33:50

eben in unterschiedlichen Strukturen. Und das ist eben in NRW

33:54

eine völlig andere Struktur als in Bayern. Und daher kommen halt

33:57

diese Unterschiede. Da gehen wir auch gleich noch mal näher drauf

34:00

ein.

34:00

Aber das ist halt fatal.

34:02

Das ist halt fatal, wenn man so extrem hohe Sozialausgaben hat,

34:05

weil sich das wiederum unmittelbar

34:08

auswirkt auf die Investitionstätigkeit.

34:10

Das schreibt das Institut der Deutschen Wirtschaft ebenfalls in

34:13

der bereits zitierten Analyse aus dem Jahr 2020.

34:16

Und diese regionalen Unterschiede, die zeigen sich eben besonders

34:20

auch bei der Investitionstätigkeit,

34:23

also beim Geldausgeben für Infrastruktur, möchte ich es mal

34:26

nennen. Das sieht man zum Beispiel

34:28

an den Bauinvestitionen pro Kopf, pro Einwohner, pro

34:32

Einwohnerin. Und die lagen zum Beispiel zwischen

34:35

2011 und 2021,

34:37

also im Zeitraum von zehn Jahren in Bayern bei 428 €

34:42

pro Kopf, in NRW bei 156 € pro Kopf.

34:46

Also weniger als die Hälfte, hat NRW pro Kopf für Investitionen

34:50

für Bauinvestitionen ausgegeben

34:53

als Bayern in der Zeit. Und das ist ein signifikanter

34:56

Unterschied. Und der sammelt sich natürlich auch an, also wenn man

34:58

langfristig pro Kopf mehr als das Doppelte investiert, dann ist

35:02

die Infrastruktur natürlich in völlig anderem Zustand.

35:04

Und dann haben die Menschen natürlich auch das Gefühl, hier ist

35:07

heile Welt. Und in Nordrhein läuft es eben genau andersherum.

35:10

Warum die Unterschiede so groß sind,

35:13

dazu kommen wir gleich. Klar ist aber Vor allem In

35:16

finanzschwachen Kommunen ist die Investitionstätigkeit schon lange zu

35:19

gering. Das ist also nicht irgendwie Jux und Dollerei oder eine falsche

35:22

politische. Die haben einfach das Geld nicht.

35:25

Und viele von diesen finanzschwachen Kommunen liegen in Rheinland Pfalz,

35:29

im Saarland und in Nordrhein Westfalen.

35:32

Zum Beispiel die Stadt

35:34

Oberhausen. Das ist eine der Städte

35:36

mit den allerhöchsten Schulden in Nordrhein Westfalen.

35:39

Mein Name ist Apostolos Tsalastras. Ich bin der Stadtkämmerer

35:43

der Stadt Oberhausen und gleichzeitig auch dort der

35:45

Kulturdezernent. Und ja, meine Aufgabe

35:49

ist, die Finanzen der Stadt in Ordnung zu halten.

35:51

Und das ist gar nicht so einfach. Werden wir sehen, wo, wie und

35:56

ob es vielleicht muss. Ja, ich muss ja irgendwie Europa

35:58

zusammenhalten. Und Rhein und Also Oberhausen wird vielleicht

36:02

nicht jeder oder jede kennen. So 210.000 Einwohner liegt

36:05

im Ruhrgebiet. Wie viele Städte im Ruhrgebiet

36:08

ist es nach wie vor? Wir haben es gesagt, geprägt vom

36:12

Strukturwandel der 70er bis 90er Jahre. Also raus aus

36:16

Kohleabbau, Stahlproduktion

36:19

hin zu anderen

36:21

Industrien, die damals halt dann billiger waren und

36:25

Kohle also teurer wurde. Und heute ist es halt der Strukturwandel hin zu

36:28

Klimaneutralität. Ja, aber ich finde, du machst das

36:30

schon deutlich. Niemand weiß bis heute, wohin eigentlich.

36:33

Also eigentlich ist das große Problem des Ruhrgebiets von seit

36:37

1970 bis heute niemand

36:39

weiß, was anstelle von Kohle

36:41

und Stahl passieren soll. Natürlich gibt es also zahllose

36:44

Leuchtturmprojekte, aber es ist jetzt auch keine völlige Wüste.

36:46

Es herrscht nicht 100 % Arbeitslosigkeit. Natürlich hat das

36:49

Ruhrgebiet sehr unterschiedlich

36:52

diesen Strukturwandel bewältigt. Aber so einem Masterplan weiß

36:55

man, was man tun kann, um

36:57

diese beiden früher mal dominierenden Wirtschaftszweige zu

37:01

ersetzen. In einen Masterplan gibt es eben einfach nicht.

37:04

Und das hat bis heute dramatische

37:06

Folgen für die Kassenlage.

37:08

So erzählt es uns der Kämmerer von Oberhausen.

37:10

Bei uns sind fast sämtliche Industrien, die wir hatten,

37:14

von Kohle und Stahl

37:17

nicht mehr vorhanden. Die Stadt hat verschiedenste

37:20

Anläufe genommen, auch sehr erfolgreiche, den Strukturwandel

37:24

zu gestalten, so dass wir da eigentlich auf einem sehr guten

37:27

Weg sind. Und trotzdem fehlt nach wie vor die Steuerkraft,

37:31

um die Aufgaben, die Kommunen haben, auch vollumfänglich erfüllen zu

37:35

können.

37:35

Also Steuerkraft heißt schlicht Es fehlt Geld, vielleicht auch ein

37:38

bisschen. Wir haben so wenig Geld und können deshalb unsere Politik

37:41

wenig steuern, haben wenig Einfluss auf das Schicksal unserer Kommune.

37:45

Sicherlich. Aber es läuft darauf hinaus. Kommunen, viele Kommunen,

37:48

unter anderem Oberhausen, haben schlicht zu wenig Geld.

37:50

Und die große Frage ist natürlich Wo kommt denn das Geld für Kommunen

37:54

eigentlich her? Kommunen wie Oberhausen bekommen ihr

37:57

Geld zunächst im ersten Schritt vor allem aus der Gewerbesteuer.

38:01

Also wenn örtliche Unternehmen Gewinne machen, dann zahlen sie die

38:03

Gewerbesteuer und aus der Einkommensteuer.

38:07

Also wenn ihre Bewohner Bewohnerinnen arbeiten und Steuern

38:11

zahlen, zahlen müssen, dann kriegt ein Teil davon auch die Kommunen.

38:15

Und wenn da dann was schiefgeht

38:17

bei den Unternehmen oder eben bei den Einkommen der Menschen, die dort

38:20

wohnen, dann rutschen Kommunen

38:22

schnell in die Schulden. Und das kann man wiederum

38:25

mustergültig in Oberhausen bewundern.

38:28

In Oberhausen stand mal ein großes Stahlwerk, das wurde dann

38:31

geschlossen. Heute steht da ein Einkaufszentrum.

38:35

Allein auf diesem riesigen

38:37

Gelände sind 30.000 Arbeitsplätze

38:39

weggefallen über die Jahre. Das ist ein riesen

38:43

soziales Problem. Sie haben also eine Menge

38:45

Arbeitslosigkeit, die Sie da produzieren.

38:48

Sie haben hohe Sozialleistungen,

38:50

die sie dadurch tragen müssen. Das kann ein Haushalt allein schon

38:53

nicht tragen. Und parallel dazu

38:55

haben sie gleichzeitig natürlich extreme Steuerverluste,

38:59

weil sie keine Gewerbesteuer mehr bekommen für die Unternehmen,

39:02

die bisher da waren und eigentlich

39:04

auch kräftige Steuerzahler waren, weil es ja riesige Unternehmen

39:07

waren. Die sind dann alle weg. Das heißt, Sie haben von zwei

39:11

Seiten einmal von der Einnahmeseite wie auch von der Ausgabenseite

39:14

großen Druck auf den Haushalt und den können sie über die Jahre

39:18

gar nicht ausgleichen. Und so sammeln sich natürlich auch

39:21

entsprechend Defizite an und führt zu der Gesamtverschuldung, die wir

39:23

auch aufgebaut haben.

39:24

Also Oberhausen sind also einerseits

39:27

die Einnahmen weggebrochen, das ist allerdings nur die eine Hälfte

39:30

der Finanzprobleme.

39:32

Hinzu kommen natürlich auch zusätzliche Aufgaben, die Bund und

39:35

Länder beschließen, die wir umsetzen müssen, die sehr viel Geld kosten

39:38

und die wir auch nicht erstattet bekommen oder nicht vollumfänglich

39:41

erstattet bekommen. All das sind Auswirkungen, die

39:45

über die Jahre so eine Stadt

39:47

ja sozusagen an den Rand der Handlungsfähigkeit treiben.

39:50

Das ist einfach so.

39:52

Also das Problem vieler Kommunen, vor allem im Westen, aber nicht nur

39:55

da, ist so ein Teufelskreis,

39:57

der damit losgetreten

39:59

wird. Betriebe haben Probleme, entlassen Leute. Bewohner,

40:02

Bewohnerinnen brauchen Hilfe, sprich Sozialleistung.

40:05

Die müssen die Kommunen bezahlen.

40:08

Die Kommune muss Schulden machen

40:10

und hat dann eben kein Geld mehr, um

40:12

teure Infrastruktur zu bezahlen.

40:14

Und das macht sie dann wiederum als

40:16

Standort für neue Unternehmen weniger attraktiv.

40:19

Und so gibt es eben eine Abwärtsspirale.

40:21

In Bayern und Baden Württemberg. Hingegen ist es oft umgekehrt, sagt

40:25

das Institut der deutschen Wirtschaft in seiner Studie aus dem

40:27

Jahr 2020. Hier herrscht eher eine gute

40:31

Thermik, also quasi so eine Art Auftrieb.

40:33

Regionen, schreiben sie, Regionen mit einer hohen Steuerkraft und

40:37

geringen Sozialausgaben weisen

40:39

eine geringe Verschuldung und hohe Investitionen auf.

40:43

Mit diesen Investitionen kann

40:45

langfristig die Standortattraktivität und somit die

40:48

Steuerkraft weiter erhöht werden,

40:50

wodurch wiederum die Investitionen

40:52

weiter ansteigen können. Und so weiter.

40:55

Dies könnte somit eine Aufwärtsspirale in Gang setzen,

40:59

sprich gute Thermik.

41:00

Aber kommen Kommunen in eine

41:02

Abwärtsspirale, so kommen sie da von alleine fast

41:06

nicht mehr wieder raus. Mit der Folge, dass immer weniger

41:09

in Infrastruktur investiert

41:11

wird. Der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums stellt

41:14

fest: Die Kommunen, die besonders

41:16

wenig investieren, sind zugleich

41:19

die Kommunen mit besonders hohen Sozialausgaben, die außerdem

41:23

noch besonders verschuldet sind. Die Wissenschaftlerinnen und

41:26

Wissenschaftler schreiben:.

41:28

"Es ergibt sich das Bild, dass Kommunen, die relativ hohe

41:31

Sozialleistungen zu tätigen haben, diese zum einen durch

41:35

Kreditaufnahme, zum anderen

41:37

durch eine geringere Investitionstätigkeit finanzieren.

41:41

Erst seit wenigen Jahren hat zum Beispiel die Stadt Oberhausen wieder

41:44

eine Investitionsquote von über

41:47

100 %. Das klingt ja erst mal mega.

41:49

100 %, denkt man, alles

41:51

läuft bei denen. Das heißt aber nur, dass sie genug

41:54

investieren, dass die Sachen nicht an Wert verlieren.

41:57

Das ist eigentlich das absolute

41:59

Minimum. Denn neue Infrastruktur

42:02

schaffen sie jedenfalls rechnerisch überhaupt nicht.

42:05

In den Jahren davor hatten wir Investitionsquote von 40 bis

42:08

50 %. Das heißt, wir hatten einen Substanzverlust von 50 %

42:12

jedes Jahr. Und das baut natürlich einen riesen

42:15

Investitionsstau auf. Beziffern kann ich dir nicht, aber

42:18

der ist immens. Das merken wir jetzt gerade bei

42:20

Schulen. Ich muss eine neue Schule bauen. Das sind 100 Millionen €, die die

42:24

Schule kosten wird. Wir müssen erweitern an

42:27

verschiedenen, an vielen Schulen und gleichzeitig parallel die alten

42:31

Gebäude instand setzen. Das ist schon eine

42:33

Riesenherausforderung. Allein das Thema Schule.

42:36

Ich finde das ein ganz gutes Beispiel, weil es eben deutlich mal

42:38

woher diese Schulden kommen. Jetzt sind sie vielleicht gerade

42:40

wieder da, dass sie das so erhalten können. Aber das ändert nichts

42:43

daran, dass in den letzten Jahren zu wenig investiert haben, die

42:46

Substanz an Wert verloren hat, verfallen ist und jetzt immer noch

42:51

so ist. Und natürlich gibt es in Oberhausen

42:53

nicht nur Schulen, sondern noch viel mehr Infrastruktur, die Geld

42:56

bräuchte. Theater zum Beispiel.

42:58

Da ist lange aus Geldmangel immer nur notdürftig geflickt worden.

43:02

Aber das reicht halt auf Dauer nicht, schildert der Kämmerer von

43:06

Oberhausen.

43:07

Am Ende des Weges hat die Feuerwehr und der Brandschutzbeauftragte

43:10

gesagt, das geht nicht mehr. Ihr müsst das Theater schließen, wenn ihr jetzt nicht da investiert.

43:13

Um überhaupt das Nötigste zu schaffen, muss Oberhausen ganz

43:17

hart priorisieren. Also entscheiden: Was ist

43:20

noch dringender als dringend und was ist einfach nur dringend und muss

43:23

deswegen leider auf die lange Bank geschoben werden, zum Beispiel

43:26

Investitionen in Schulen. Auch das Theater wird

43:29

jetzt endlich saniert, weil es sonst geschlossen werden müsste.

43:32

Aber um das zu schaffen, muss Oberhausen sehr viel Arbeit

43:36

in die Beantragung von Fördergeldern

43:38

stecken und außerdem diese Instandhaltung über einen langen

43:41

Zeitraum strecken. Und das wiederum hat seine ganz

43:44

eigenen Nachteile.

43:46

Wir können nicht wie andere Städte

43:48

jetzt hingehen und sagen: Wir machen jetzt in einem Rutsch das Theater

43:51

fertig, das können wir nicht. Das heißt, wir haben, was das Thema

43:54

Brandschutz angeht, einen Deal gemacht mit der Feuerwehr und den

43:58

Brandschutzbeauftragten, dass wir

44:00

sukzessive das Theater umbauen,

44:03

jetzt innerhalb von drei Jahren

44:05

versuchen, den Brandschutz umzusetzen.

44:08

Die Bühnentechnik, die nicht nur veraltet ist, sondern auch nicht

44:10

mehr funktioniert, umzusetzen, sodass wir die Sachen immer auf Zeit

44:14

strecken müssen, was sehr viel Aufwand bedeutet.

44:17

Auch Mehrkosten am Ende des Weges.

44:19

Weil wenn sie die Sachen immer unterbrechen müssen und dann wieder

44:22

neu anfangen, dann wird es natürlich teurer und das ist natürlich

44:26

sehr personalintensiv.

44:27

Also wenn du Deal mit dem Brandschutzbeauftragten machen

44:30

musst, um dein Theater zu sanieren über drei Jahre...

44:32

Dann ist es Code Red.

44:35

Aber priorisieren heißt ja auch Dinge verschieben,

44:39

gar nicht machen, weil einfach das Geld nicht reicht.

44:43

In Oberhausen sind das ausgerechnet

44:46

die Brücken. Der Bereich Verkehrsplanung hat beim

44:49

Kämmerer ganze sieben Brücken

44:51

als sanierungsbedürftig angemeldet.

44:54

Aber so einfach ist das nicht.

44:55

Die können wir gar nicht finanzieren im Augenblick. Das heißt, wir gehen

44:58

jetzt, jedes Jahr machen wir eine

45:00

Brücke statt die sieben, die unbedingt gemacht werden müssen.

45:03

Auf einmal können wir nicht.

45:06

Ich find das so geil, weil das so plastisch macht, wo da das Problem

45:10

ist. Wir haben nicht genug Geld.

45:12

Ja, dann machen wir das Theater über drei Jahre, machen so einen Deal.

45:17

Für sechs Brücken reicht das nicht, da kriegen wir nur eine hin.

45:21

Musst du dir mal überlegen, jedes Jahr nur eine Brücke. Mal ganz ehrlich, Philip: Das ist

45:23

ein Beispiel aus Deutschland.

45:26

Wir reden jetzt nicht von Subsahara Afrika, sondern wir reden von

45:29

Deutschland, dem viert reichsten Land der Welt. Je nach Statistik und

45:33

in dem ihr reichsten Land der Welt gibt es Städte wie Oberhausen.

45:36

Und es gibt ja hunderte dieser Art,

45:38

die haben nicht mal die Kohle, um längst existierende Brücken

45:42

in Schuss zu halten.

45:43

Es geht nicht um acht neue Brücken, es geht um die sieben, die es gibt.

45:46

Und die müssen halt saniert werden. Und das Erschreckende ist,

45:49

wir reden hier von Oberhausen, aber Oberhausen ist ja nur pars pro toto.

45:53

Oberhausen steht ja nicht alleine da. Laut einer aktuellen Studie

45:56

des Deutschen Instituts für Urbanistik ist fast jede

45:59

zweite Straßenbrücke im Verantwortungsbereich der Kommunen

46:03

in keinem guten Zustand.

46:05

Und warum die Kassen in Kommunen

46:07

wie zum Beispiel Oberhausen so leer sind, dass sie sich um ihre

46:10

Infrastruktur nicht vernünftig kümmern können, das liegt an der

46:14

Art und Weise, wie wir die Kommunen finanzieren.

46:18

Wie bereits erwähnt, gibt es sehr große regionale Unterschiede

46:20

zwischen den Kommunen. Im Süden gehts den Kommunen im

46:22

Schnitt deutlich besser als im Westen. Aber auch im Osten und

46:25

Norden gibt es reiche und arme Kommunen.

46:28

Es gibt Kommunen, die viel investieren, und es gibt eben

46:31

andere, die völlig überschuldet sind und wenig investieren, wie zum

46:35

Beispiel Oberhausen. Das Problem ist: Ob eine Kommune Geld

46:38

hat oder nicht, hat eben sehr viel mit Faktoren zu

46:42

tun, die diese Kommune selbst nicht beeinflussen

46:46

kann. Die Kommunen haben sehr wenig Möglichkeiten, an

46:50

ihrer eigenen Situation, vor allem an ihrer eigenen Finanzsituation,

46:54

etwas zu ändern.

46:55

Und das liegt daran, wie wir die Kommunen finanzieren.

46:59

Die Kommunen können ihre Kassenlage nur ganz bedingt beeinflussen

47:02

und so aus einer Schieflage wieder rauskommen, denn sie haben

47:06

kaum Kontrolle. Das war uns auch neu.

47:09

Sie haben kaum Kontrolle über ihre Einnahmen und ihre

47:13

Ausgaben.

47:14

Fangen wir mit den Einnahmen an. Man könnte ja meinen okay, Ausgaben

47:17

steigen, da muss man mehr Einnahmen generieren. Für die Kommunen ist

47:20

das aber nicht so einfach. Die bekommen ihr Geld

47:24

im Kern hauptsächlich aus zwei

47:26

Quellen. Das eine, musste ich auch lernen, ist der sogenannte

47:30

kommunale Finanzausgleich. Und ich dachte erst: Na gut, das ist

47:33

so ein Finanzausgleich, da zahlen die reichen Kommunen was an die

47:35

Armen und am Ende haben alle gleichviel. Das ist aber nicht so,

47:38

Im Kern läuft es letztlich darauf hinaus: Der kommunale

47:41

Finanzausgleich ist der Kanal,

47:44

über den die Bundesländer

47:46

ihren Kommunen Geld überweisen. Das ist also der Kanal, da fließt

47:50

Geld von den Ländern zu den Kommunen. Denn das muss man sagen,

47:54

die Länder sind für ihre Kommunen verantwortlich. Die Kommunen sind

47:57

eigentlich Kinder oder Konstrukte der Länder. Und deswegen sind die

48:00

Länder verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Kommunen

48:04

letztlich ausreichend Geld haben. Und für arme Kommunen wie Oberhausen

48:08

ist dieser kommunale Finanzausgleich, also Geld vom Land,

48:11

der wichtigste Geldtopf.

48:12

Und den wiederum können sie nicht selber beeinflussen.

48:15

Denn über das Geld entscheidet das Land und nicht die Kommune.

48:18

Und nicht viel besser ist das bei kommunalen Einnahmen direkt aus

48:21

Steuern. Die Kommunen bekommen Anteile an sogenannten

48:25

Gemeinschaftssteuern, also zum Beispiel Anteile an der Umsatzsteuer

48:29

und der Einkommensteuer. Wie viel Anteil entscheiden

48:32

aber nicht sie, sondern Bund und Länder. Da können also nicht die

48:35

Kommunen selbstständig am Knöpfchen drehen, sondern das entscheiden Bund

48:39

und Länder. Der Bund und die Länder sind aber auch chronisch klamm.

48:42

Und da ist der Anreiz groß,

48:44

einfach in die Kassen der Kommunen zu greifen und denen strukturell

48:48

zu wenig Geld zuzuweisen.

48:51

Selbst beeinflussen können die Kommunen nur die Gewerbesteuer

48:55

und die Grundsteuer. An diesen Steuern können sie selber

48:59

schrauben, indem sie diese sogenannten Hebesätze ändern,

49:02

also senken oder steigern.

49:05

Das Problem ist aber: Sowohl die Gewerbesteuer als auch die

49:08

Umsatzsteueranteile sind erfolgsorientiert, denn diese

49:12

Gewerbesteuereinnahmen hängen natürlich ab von der Zahl

49:16

und dem Erfolg der ansässigen Unternehmen.

49:18

Und der Ökonom Björn Kauder vom Institut der deutschen

49:22

Wirtschaft, kurz IW, erklärt

49:24

das am Beispiel der Gewerbesteuer,

49:26

also jener Steuer, die alle Gewerbetreibenden zahlen müssen,

49:30

abhängig von ihrem jeweiligen Gewinn.

49:32

Die Gewerbesteuer ist im Prinzip ein Relikt aus alten Tagen.

49:37

Das Problem ist ja, dass wirtschaftlich starke gemeinden

49:39

ihren Hebesatz senken können und so Unternehmen aus anderen Gemeinden

49:43

anlocken und noch stärker werden,

49:45

was ökonomisch aber keinen Sinn ergibt, weil die Einnahmen

49:48

schlussendlich nur das gewinnen, was die anderen verlieren.

49:51

In den schwachen Gemeinden geht spiegelbildlich die

49:53

Bemessungsgrundlage verloren, wenn die Unternehmen abwandern,

49:57

wodurch sie die Steuern erhöhen müssen und noch schwächer werden.

50:01

Im Ergebnis haben wir regionale Ungleichgewichte.

50:03

Das heißt, die Gewerbesteuer treibt

50:06

diese Spirale oder diese Spiralen

50:08

kräftig an, sowohl nach oben wie als nach unten. Reiche Kommunen werden

50:11

immer attraktiver. Arme Kommunen werden durch die

50:14

Gewerbesteuer in der Tendenz noch unattraktiver.

50:17

Und das ist so ziemlich eigentlich das Gegenteil von Ausgleich.

50:20

Und außerdem schwankt die Gewerbesteuer noch extrem mit der

50:23

Konjunktur. Stagniert die Wirtschaft, müssen die Kommunen zwar

50:26

mehr für Soziales zahlen, zum Beispiel mehr Wohngeld

50:30

oder mehr Arbeitslosengeld. Aber gleichzeitig bricht auch

50:34

ihre Gewerbesteuer ein. Das heißt, sie haben an beiden

50:36

Seiten bei den Ausgaben und bei den Einnahmen ein Problem.

50:40

Und auch bei diesen Ausgaben können die Kommunen nur bedingt mitreden.

50:44

Denn für was Kommunen Geld ausgeben

50:46

müssen, das bestimmt in der Regel

50:49

der Bund. Beispiel Sozialausgaben

50:52

generell steigen oder es gibt

50:54

einen neuen Anspruch auf einen ganztägigen Kitaplatz.

50:58

Ist natürlich sozialpolitisch eine sehr gute Idee.

51:00

Wenn wir zum Beispiel die Gleichberechtigung von Männern und

51:03

Frauen im Arbeitsleben fördern wollen, dann muss es eben eine

51:06

ganztägige Kita Betreuung geben. Aber wer darf den Spaß bezahlen?

51:09

Die Kommunen. Und dasselbe gilt für die Unterbringung von Geflüchteten.

51:13

Darüber haben wir der Lage schon oft gesprochen. Der Bund beteiligt

51:16

sich daran zwar, aber letzten Endes erledigen müssen

51:20

es die Kommunen. Das heißt, sie haben zumindest den Verwaltungsaufwand.

51:22

Und sie argumentieren auch, dass nach wie vor ein Teil der Kosten bei

51:26

ihnen hängenbleibt.

51:27

Und im Groben ist die Praxis immer Der Bund

51:31

macht ein Gesetz, der Bundestag beschließt ein Gesetz, die

51:33

Bundesregierung beschließt ein Gesetz, die Kommunen müssen

51:37

es umsetzen und bezahlen.

51:39

Und der Bund erstattet aber

51:41

wenn überhaupt, nur ein Teil

51:43

der Kosten, die dieses von ihm

51:45

verabschiedete und gemachte Gesetz verursacht.

51:48

Und das ist eine zentrale Kritik, die auch Apostolos Tsalastras,

51:52

der Kämmerer von Oberhausen, teilt.

51:54

Wir kriegen Aufgaben von Bund und Land zugewiesen, die eine Regelung

51:57

haben in dem Moment, wo sie eingeführt werden.

51:59

Die Kostensteigerungen, die sich entwickeln. Veränderungen in der

52:02

Struktur haben oft zur Folge, dass die Kosten bei den Kommunen hängen

52:06

bleiben. Ob das jetzt das Thema Arbeitslosigkeit ist, ob das das

52:10

Thema Flüchtlinge ist, ob das

52:12

das Thema Offener Ganztag, das jetzt auf uns zukommt, ist, ob das das

52:16

Thema Kita. Wir sind verpflichtet, den

52:18

Gesetzesanspruch der Eltern

52:21

zu erfüllen, dass sie einen Kitaplatz bekommen.

52:24

Das kostet sehr viel Geld,

52:26

das zur Verfügung zu stellen. Es wird nicht auskömmlich

52:29

finanziert. Diese Mehrkosten bleiben bei den

52:32

Kommunen. Sie haben aber keine zusätzlichen Einnahmen, um das zu

52:34

finanzieren. All das sind so Beispiele, wo Bund

52:38

und Land die Kosten eigentlich tragen müssen, was sie nicht tun.

52:41

Oder wenn sie es tun, dann nur am Anfang. Und die Kostensteigerung

52:44

werden dann nicht mehr, nicht mehr übernommen, bleiben dann bei uns

52:46

hängen.

52:47

Bund und Länder verpflichten die Kommunen also zu neuen Aufgaben,

52:50

die oft viel Geld kosten, ohne

52:52

dass Bund und Länder aber wirklich von Anfang an die vollen Kosten

52:55

dafür tragen. Das kritisieren die Kommunen und

52:58

fordern: Wer eine Aufgabe

53:00

verteilt, der muss auch die Kosten dafür übernehmen.

53:03

Das einfache Prinzip: Wer bestellt,

53:05

der zahlt. Kennt man aus dem Restaurant.

53:08

Und das wollen die Kommunen eben auch im Bereich der

53:10

Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

53:14

Das nennt man auf schlau das

53:16

Konnexitätsprinzip.

53:17

Das kann man ja im Restaurant erst mal fallen lassen. Gilt ja auch das

53:20

Konnexitätsprinzip. Ich habe bestellt, muss ich auch

53:22

zahlen. Im Restaurant ist das eine Selbstverständlichkeit, in der

53:25

deutschen föderalen Finanzstruktur

53:28

keinesfalls. Konnexus kommt natürlich von

53:30

Verknüpfung, Verbindung. Und das heißt einfach:

53:33

Wer bestellt, muss zahlen. Dass dieses Konnexitätsprinzip

53:37

aber in der Regel ganz häufig nicht beachtet wird, das sei eine der

53:41

Hauptursachen für die schlechte Lage der Kommunen, sagt Hendrik Scheller

53:45

vom Deutschen Institut für Urbanistik.

53:47

Das ist die Forderung der Kommunen, dass die sagen,

53:51

das Konnexitätsprinzip muss hier

53:53

wieder eingehalten werden. Der Bund darf definitiv nicht solche

53:56

Aufgaben formulieren, wo er sich nicht dafür interessiert,

54:00

wie die Aufgabe finanziert wird.

54:02

Auch der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums

54:04

kritisiert die Praxis, nicht immer konsequent auch für eine

54:08

Gegenfinanzierung neuer kommunaler

54:10

Aufgaben zu sorgen. Hohe Pflichtausgaben führen dazu,

54:13

dass Kommunen Steuern erhöhen müssen, wofür sie kaum Spielraum

54:17

haben, was Gewerbebetriebe vertreibt

54:19

oder sparen müssen. Und wenn es ans Sparen geht, dann

54:22

gibt es eben oft nicht viel Spielraum. Sozialausgaben zum

54:25

Beispiel sind gesetzlich vorgegeben, Dann kann man nicht viel sparen.

54:28

Sparen kann man eigentlich nur bei,

54:30

ihr habt es euch gedacht Infrastrukturinvestitionen

54:33

und so kommen die Lücken

54:35

zustande.

54:36

Ja, höhere Sozialausgaben der Kommunen, die alle vom

54:40

Bund beschlossen wurden, muss man dazu sagen, führen auf der anderen

54:44

Seite eben dazu, dass zu

54:46

wenig in den Kommunen investiert wird. Das ist wissenschaftlich

54:50

untersucht und gut belegt,

54:52

sagt Björn Kauder vom Institut der deutschen Wirtschaft.

54:54

Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass Investitionen wenig

54:58

überraschend von hohen Steuereinnahmen begünstigt und durch

55:02

hohe Sozialausgaben beeinträchtigt werden.

55:04

Auch haben die hoch verschuldeten Kommunen natürlich eine viel höhere

55:07

Last der Sozialausgaben und natürlich auch niedriger

55:10

Steuereinnahmen und niedrigere Investitionen.

55:13

Wir haben mal für NRW berechnet, dass 1 € mehr Sozialausgaben

55:17

pro Kopf, die Investitionen

55:20

pro Kopf kurzfristig um 37 Cent

55:22

senken und langfristig sogar um etwa 1,50 €.

55:26

Das heißt, wir haben eine klare, ich sage mal substitute Beziehung

55:30

zwischen Sozialausgaben und Investitionen.

55:32

Substitute Beziehung. Das klingt wahnsinnig schlau.

55:35

Auf Deutsch bedeutet das Entweder

55:37

oder. Sozialausgaben verdrängen

55:40

also Investitionen, weil die Kommunen Sozialausgaben kaum senken

55:44

können, weil sie ja der Bund anordnet.

55:46

Wohl aber können Kommunen Investitionen in Infrastruktur

55:48

streichen, bis die Brücke irgendwann

55:51

gesperrt oder gar gesprengt werden muss.

55:53

Jetzt muss man aber sagen: Es ist ja nicht so, dass Bund und

55:57

Länder seit Jahren gar nichts machen, um den Kommunen

56:01

zu helfen und die Kommunen zu unterstützen. Sie haben natürlich

56:04

erkannt, dass die Finanzierung

56:07

der Kommunen nach der reinen Lehre

56:09

so nicht mehr funktioniert. Und so argumentiert der Bund,

56:13

vor allen Dingen das Bundesfinanzministerium

56:15

in einem Bericht vom März

56:17

2023: Die Schulden des Bundes wachsen, sagt

56:21

das Ministerium. Während die Schulden einiger

56:24

Länder und der Kommunen

56:26

zurückgehen, stagnieren und einige Kommunen sogar Plus

56:30

machen und einige Länder, hat der Bund früher das größte

56:34

Stück vom Steuerkuchen bekommen,

56:36

bekämen das größte Stück heute die Länder.

56:40

Also da hätte sich sozusagen der

56:42

Anteil der Steuereinnahmen verschoben.

56:44

Und das liege vor allem daran, sagt das Ministerium, dass der Bund den

56:48

Ländern immer mehr von der Umsatzsteuer abgebe, haben wir

56:51

gesagt. Die Kommunen kriegen Teil der Umsatzsteuer.

56:53

Und dieser Anteil, der sei

56:55

eben gewachsen. Und zwar gebe der Bund im letzten

56:59

Jahr gut 19 Milliarden €

57:01

pro Jahr aus der Umsatzsteuer an die Länder weiter, und für die nächsten

57:05

Jahre rechnet das BMF das Finanzministerium mit 12 bis

57:09

15 Milliarden pro Jahr allein aus der Umsatzsteuer.

57:12

Außerdem helfe der Bund,

57:14

Ländern und Kommunen an 1000

57:16

anderen Ecken. Bei den Kosten für die Unterbringung

57:19

von Geflüchteten haben wir gesagt, bei den Kosten für Wohnen und

57:21

Heizen, von Bürgergeldempfangenden. Der Bund helfe mit

57:26

Geldleistungsgesetzen, Finanzhilfen.

57:29

Es gibt 10 Milliarden € sogenannte

57:31

Regionalisierungsmittel für

57:33

den öffentlichen Personennahverkehr und auch für das 49 € Ticket.

57:37

Es gibt Krisenhilfen für Geflüchtete

57:39

und diverse andere Modellvorhaben.

57:41

Alles Kanäle, auf denen der Bund

57:44

den Kommunen Geld zukommen

57:46

lasse. Und das ist das Argument vom BMF vor allem für Aufgaben,

57:50

die eigentlich Kernaufgaben der Kommunen sind.

57:53

Der Bund argumentiert, die Transfers

57:55

vom Bund an, die Länder addierten sich für das Jahr 2023

57:59

allein für ausgewählte finanzielle Entlastung auf insgesamt 53

58:03

Milliarden €. Dazu kämen noch 38

58:06

Milliarden € in mehreren überjährigen Sondervermögen des

58:10

Bundes, die unmittelbar den Ländern und Kommunen zugutekommen.

58:14

Das ist die Argumentation des Bundes.

58:16

Die Länder reichen einen Teil

58:18

oder viele dieser Milliarden über den oben schon erwähnten kommunalen

58:22

Finanzausgleich dann an die Kommunen

58:24

weiter.

58:25

Die Kommunen halten dann dagegen.

58:27

Ja, dass das unsere Aufgaben sind, mag ja sein, aber die haben wir ja

58:31

nicht quasi von Natur aus. Und die haben wir ja genau deswegen,

58:34

weil der Bund uns diese Aufgaben übergeholfen hat.

58:37

Das heißt also, dieser Zuschreibung, das sei ja schließlich quasi euer

58:40

Problem, etwas flapsig formuliert halten die Kommunen entgegen: Das

58:44

ist ja nur deswegen unser Problem, weil der Bund das so entschieden

58:46

hat. Aber auch wenn man jetzt mal nur auf die Geldzahlungen schaue,

58:49

und dann sei das, was der Bund da argumentiert, doch nur die halbe

58:52

Wahrheit. Denn zum einen sei das eben immer noch viel zu wenig Geld,

58:56

es reiche eben einfach nicht, auch wenn es eine ganze Menge Geld sei,

58:59

wie man schon an den fehlenden Investitionen sehen könne.

59:03

Und zum anderen werde ein großer Teil der Mittel ja auch nicht direkt

59:06

gezahlt, sondern über

59:08

bürokratische Förderprogramme,

59:10

die ihre ganz eigenen Probleme hätten. Das kritisiert auch der

59:13

Cheflobbyist für die Kommunen, Gerd Landsberg.

59:16

Es gibt immer wieder irgendwelche Förderprogramme, die will ich nicht

59:19

schlechtreden. Aber die sind teilweise so kompliziert, dass

59:22

eine Kommune sagt: Also bevor ich damit anfange, dann lass ich das

59:24

ganz.

59:25

Oberhausen zum Beispiel bewirbt sich auf solche Förderprogramme, wann

59:29

immer es geht, sagt der Stadtkämmerer von Oberhausen

59:32

Tsalastras.

59:33

Ich brauche für jeden Fahrradweg ein Förderprogramm.

59:36

Wenn ich den nicht habe, kann ich den Fahrradweg nicht bauen.

59:38

Und so ist es bei vielen Dingen, die den Klimawandel angehen.

59:41

Wenn es Fördermittel gibt, dann nutzen wir die.

59:44

Es wird immer gesagt, die Fördermittel werden nicht abgerufen.

59:46

Das gilt zumindest nicht für Oberhausen. Also wir versuchen

59:49

wirklich alles, was wir an Fördermitteln bekommen, auch

59:51

umzusetzen, was auch sehr anstrengend ist.

59:53

Besser wäre, wir würden einfach Geld bekommen, damit wir das machen.

59:56

Das verzögert natürlich ganz, ganz viele Prozesse.

59:59

Auch Hendrik Scheller vom Deutschen

1:00:02

Institut für Urbanistik sagt, dass die existierenden Förderprogramme

1:00:05

zu bürokratisch seien.

1:00:07

Kommunen spiegeln uns, dass es inzwischen zu viele

1:00:10

Förderprogramme gibt. Die Programmlandschaft mit

1:00:14

weit über 1000 Förderprogrammen

1:00:16

ist einfach zu unübersichtlich. Viele, vor allen Dingen kleinere und

1:00:20

mittlere Kommunen, können das überhaupt nicht mehr im Blick

1:00:23

behalten. Die haben gar nicht die Manpower mehr, um

1:00:26

zu schauen, welches Förderprogramm passt denn jetzt nun womöglich

1:00:29

in der einen oder anderen Weise auf meine geplanten

1:00:32

Investitionsvorhaben? Wir müssen von diesem voller

1:00:36

Dschungel tatsächlich wegkommen.

1:00:38

Also kurze Zwischenbilanz: Die

1:00:40

Kommunen haben zu wenig Geld.

1:00:42

Das Geld wird schlecht verteilt.

1:00:44

Sie haben zu wenig Einfluss

1:00:46

auf ihre Einnahmen, zu wenig Einfluss auf ihre Ausgaben.

1:00:50

Sie haben quasi wenig Möglichkeiten,

1:00:52

an ihrer eigenen Situation was zu ändern.

1:00:55

Und wenn dann der Bund Geld

1:00:57

zur Verfügung stellt, dann eben allzu oft über komplexe

1:01:00

bürokratische Förderprogramme, anstatt quasi für eine ausreichende

1:01:04

finanzielle Grundausstattung zu sorgen. Das ist natürlich politisch

1:01:08

wiederum erklärbar. Der Bund will natürlich über diese

1:01:11

Förderprogramme letztlich auch hineinregieren in die Kommunen.

1:01:13

Er will natürlich sich da ein Mitspracherecht sichern,

1:01:17

wofür Kommunen Geld ausgeben.

1:01:19

Und das Argument ist dann immer: Das ist ja Geld des Bundes.

1:01:22

Aber die Kommunen würden da wiederum

1:01:24

sagen Nein, das, dass das überhaupt

1:01:26

Geld des Bundes ist, dass das Geld nicht in unseren Kassen von

1:01:29

vornherein landet, ist einfach Ergebnis einer ungerechten

1:01:32

Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

1:01:35

Der Bund sollte einfach für eine vernünftige Grundausstattung sorgen.

1:01:39

Dann könnte man massiv Bürokratie

1:01:41

abbauen, Bürokratie abbauen in den Kommunen, die ja eben diese

1:01:44

komplexen Förderanträge schreiben müssen, aber natürlich auch auf der

1:01:47

anderen Seite, in den Bundesbehörden zum Beispiel, die dann das Geld für

1:01:51

diese Förderprogramme bewilligen. Auch dort könnte man massiv

1:01:54

Bürokratie abbauen. Das scheint uns jedenfalls ein

1:01:57

sehr pragmatischer Weg zu sein für

1:01:59

bessere finanzielle Grundausstattung. Und dann kann man sich diese Förder Bürokratie von

1:02:02

1000 Förderprogrammen jedenfalls

1:02:04

zu einem erheblichen Teil auch sparen.

1:02:06

Ja, denn was die Kommunen als allerletztes brauchen, ist noch mehr

1:02:09

Bürokratie für noch mehr Förderprogramme, denn die haben ja

1:02:13

ohnehin schon zu wenig Leute,

1:02:15

um selbst in vielen Fällen ihre Grundversorgung zu sichern,

1:02:18

geschweige denn davon, irgendwelche Förderprogramme zu beantragen.

1:02:21

Und auch das ist einer der Gründe für diesen Investitionsstau.

1:02:26

Die Kommunen sagen, sie haben einfach nicht genug Personal.

1:02:30

Und das hindert sie teilweise daran, sich schon für Förderprogramme zu

1:02:33

bewerben. Aber es ist generell ein Problem,

1:02:36

wenn es darum geht, Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen.

1:02:39

Auch das bestätigt der Wissenschaftliche Beirat des

1:02:41

Wirtschaftsministeriums. Denn die Komplexität der Verfahren

1:02:44

hat in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zugenommen.

1:02:47

Während vor allem in den frühen 2000ern im Zuge der

1:02:50

Haushaltskonsolidierung, neoliberale

1:02:53

Welle, Personal sogar abgebaut

1:02:55

wurde. Und deswegen werden heute noch nicht mal alle Projekte

1:02:58

umgesetzt, für die Geld da wäre,

1:03:01

sagt wiederum Oberhausens Stadtkämmerer Tsalastras.

1:03:04

Wenn ich mir unseren Investitionshaushalt angucke, dann setzen wir davon

1:03:10

60 bis 70 % maximal um. Mehr schaffen wir gar nicht.

1:03:14

Das liegt zum einen an fehlendem

1:03:16

eigenen Personal. Wir haben natürlich auch Personal

1:03:20

abgebaut in der Vergangenheit aufgrund der Finanzsituation, in der

1:03:23

wir sind, sodass wir jetzt nicht über Massen

1:03:26

an Personal verfügen, um

1:03:29

wenn jetzt ein besonderer besondere Aufgaben auf uns zukommt, dass wir

1:03:32

die sofort eins zu eins umsetzen können.

1:03:34

Also man muss dazu sagen, wie groß der Einfluss dieses

1:03:37

behaupteten Personalmangels

1:03:39

auf die Investition ist, ist

1:03:42

umstritten. Katja Ritzer zum Beispiel vom IMK

1:03:45

Ökonomin, sagt, das mit den Personal Kapazitäten

1:03:49

als Investitionshemmnis höre sie oft aus den Kommunen,

1:03:53

zum Beispiel in dem schon erwähnten Kommunal Panel.

1:03:56

Aber sie könne es an einer Studie,

1:03:58

die das genauer ansieht, bisher

1:04:01

nicht wirklich bestätigen.

1:04:03

Aber das bedeutet eben nur es ist nicht empirisch nachweisbar.

1:04:06

Und es ist vielleicht auch nicht in allen Kommunen im gleichen Maße

1:04:09

ein Problem. Bei unseren Recherchen für unser

1:04:11

Buch ist uns das Problem aber immer wieder begegnet.

1:04:14

Ja, viel zu wenig Geld. Aber es scheitert eben auch am

1:04:18

Personalmangel, und zwar letzten Endes aus zwei Gründen.

1:04:21

Zum einen, weil das Beantragen von Fördergeldern personalintensiv ist,

1:04:24

aber auch die Betreuung

1:04:26

von Investitionsprojekten. Also das geht dann von der Planung

1:04:30

bis zur Projektsteuerung. Das braucht ja alles Menschen,

1:04:33

Ingenieurinnen zum Beispiel oder

1:04:35

eben Projektmanager. Und da fehlt es in manchen

1:04:38

Kommunen, jedenfalls an allen Ecken und Enden.

1:04:40

Das letzte Problem, was wir so identifiziert haben, ist, dass,

1:04:44

wenn die Kommunen investieren,

1:04:47

sie häufig gezwungen sind,

1:04:49

zum falschen Zeitpunkt

1:04:51

zu investieren. Also Investitionen in Deutschland

1:04:54

werden eben nicht nur alleine durch Personal und Geldmangel verursacht,

1:04:58

sondern das vorhandene Geld wird eben oft auch zum

1:05:01

falschen Zeitpunkt ausgegeben. Und das kommt so.

1:05:05

Wenn kein Geld in der Kasse ist, wird nicht investiert, geht

1:05:09

ja nicht mehr. In der Folge bauen die Kommunen

1:05:11

auch Personal ab. Also Personal für Planung

1:05:15

und Steuerung von Investitionen.

1:05:17

Weil wird ja nicht gebraucht.

1:05:18

In der Folge bauen dann natürlich auch Handwerksfirmen, Baufirmen zum

1:05:22

Beispiel oder auch Architekturbüros

1:05:24

Personal ab und sie lagern auch kein Material mehr ein,

1:05:28

denn mit öffentlichen Investitionen ist ja gerade nicht zu rechnen.

1:05:31

Dann bessert sich irgendwann die Haushaltslage wieder, zum

1:05:34

Beispiel, weil die Konjunktur anspringt, die Gewerbesteuereinnahmen

1:05:37

etwas steigen. Nun würde die Kommune gerne

1:05:40

investieren, aber dann kann

1:05:43

bei weitem nicht direkt alles gebaut

1:05:45

werden, was man vorher vertagt hat. Denn es fehlen Personal,

1:05:48

Baustoffe, Handwerker an allen Ecken und Enden, wurde ja abgebaut.

1:05:52

Und dann ist das Problem: Wenn die Wirtschaft brummt, dann will

1:05:55

natürlich auch nicht nur der Staat bauen, sondern auch alle anderen.

1:05:58

Dann gibt es Investitionen von Privatleuten, dann gibt es

1:06:00

Investitionen von Unternehmen. Kurz: Die Nachfrage

1:06:04

nach Bauleistungen im weitesten Sinne ist riesig.

1:06:07

Also sind Handwerker und Baumaterial

1:06:09

knapp und teuer. Die Kosten sind hoch, wenn überhaupt

1:06:12

gebaut werden kann. Die Kommunen bekommen also weniger

1:06:16

für ihr Geld. Und das bedeutet, man quasi immer so mit dem

1:06:19

Wirtschaftszyklus zu investieren. Das nennt man prozyklisches

1:06:22

investieren. Und das will man eigentlich

1:06:25

vermeiden.

1:06:26

Besser wäre antizyklisches

1:06:28

investieren. Also wenn die Wirtschaft kriselt, dann bekommen

1:06:31

die Kommunen mehr für ihr Geld, wenn sie in dieser Zeit bauen.

1:06:34

Es wäre aber auch gut für die Wirtschaft, weil sie natürlich

1:06:38

viel gleichmäßiger ausgelastet

1:06:40

wäre. Also nicht nur dann, wenn irgendwie alle bauen, auch die

1:06:43

privaten, sondern wenn die Wirtschaft kriselt, dann machen es

1:06:45

die Privaten vielleicht nicht. Aber es wäre cool, wenn die Kommunen

1:06:47

und der Staat die öffentlichen Kassen dann investieren würden.

1:06:51

Das würde vieles leichter machen, auch kontinuierlich Personal

1:06:55

zu entwickeln. Und dafür muss aber Geld da sein, wenn

1:06:59

die Wirtschaft schwächelt und alle anderen Kassen leer sind.

1:07:02

Das ist der Casus Kaktus.

1:07:04

Also braucht es neue Wege, um Investitionen in

1:07:08

den Kommunen zu finanzieren.

1:07:10

Das ist so unsere Zwischenanalyse.

1:07:12

Die Einnahmen vieler Kommunen sind zu gering, die Einnahmen aller

1:07:16

Kommunen schwanken enorm, die Kommunen haben kaum Einfluss auf

1:07:19

ihre Einnahmen. Auch ist ein Großteil ihrer Ausgaben ihrem

1:07:22

Einfluss entzogen. Das Geld geht eben weg für

1:07:25

Sozialausgaben. Der politische Handlungsspielraum

1:07:27

ist extrem begrenzt. Die Kommunen brauchen also eigene,

1:07:31

besser sprudelnde Geldquellen.

1:07:33

Und diese Geldquellen oder Finanzierungsinstrumente mal ganz

1:07:37

allgemein formuliert, die sollten idealerweise auch ein antizyklisches

1:07:41

Investieren ermöglichen. Also gerade dann Geld auszugeben,

1:07:45

wenn die Wirtschaft schwächelt.

1:07:47

Und woher dieses ganze Geld kommen kann,

1:07:51

das gucken wir uns an im zweiten

1:07:53

Teil unserer Sonderfolge Infrastruktur in Deutschland.

1:07:57

Bröselnde Brücken und vielleicht auch ein paar Lösungen.

1:08:00

Ich würde sagen, für den ersten Teil war's das.

1:08:02

Genau. Wir danken ganz herzlich unserer Mitarbeiterin Maren

1:08:05

Fußwinkel, die zu dieser Folge substanzielle Beiträge geleistet

1:08:09

hat. Insbesondere hat sie fast alle

1:08:11

der O-Töne organisiert, die ihr gehört habt. Hat das Interview zum

1:08:14

Beispiel geführt mit dem Kämmerer Tsalastras und so und hat auch

1:08:16

inhaltlich ganz viel beigesteuert. Ganz herzlichen Dank an Maren

1:08:19

Fußwinkel an dieser Stelle. Euch wünschen wir ein paar

1:08:22

gute letzte Tage 2023

1:08:25

einen guten Rutsch, ein schönes Silvesterfest und schon mal alles

1:08:28

Gute für 2024.

1:08:29

Und dann hören wir uns, wenn ihr mögt, im neuen Jahr wieder mit

1:08:32

dem zweiten Teil unserer Sonder Folge zum Zustand und zur

1:08:36

Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland. Danke für euer

1:08:39

Interesse, Danke für ein ganz, ganz ganz ganz tolles Jahr

1:08:43

2023.

1:08:44

Macht es gut. Und bis bald. Tschüss.

1:08:46

Und tschüss.

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