Episode Transcript
Transcripts are displayed as originally observed. Some content, including advertisements may have changed.
Use Ctrl + F to search
0:00
Herzlich willkommen zur Lage der Nation, zu unserer Osterausgabe
0:03
2024 und
0:05
an den Mikrofonen begrüßen euch wie fast in jeder Woche Ulf Buermeyer,
0:09
das bin ich;. Jurist aus Berlin und...
0:11
Philip Banse, das bin ich. Ganz herzlich willkommen. Ja, die demokratische Mehrheit in
0:15
Deutschland, die ist ja etwas nervös
0:17
in dieses Jahr 2024 gegangen. Das hängt vor allem mit den
0:20
zahlreichen Wahlen zusammen, die so anstehen. Das natürlich einmal im
0:23
November die Wahl in den USA, im Juni dann die Europawahl.
0:27
Auch in 8 von 16 Bundesländern werden Kommunalparlamente neu
0:31
gewählt. Aber vor allem stehen natürlich im September drei sehr
0:34
interessante und wichtige Landtagswahlen an.
0:36
Das ist einmal in Sachsen, Brandenburg natürlich, aber als
0:39
erstes am 1. September dann eben in Thüringen.
0:42
Ja, nun kann man sagen: Thüringen? Nur 3 % der Bevölkerung
0:46
der Bundesrepublik Deutschland leben in Thüringen. Aber Thüringen ist
0:49
aktuell quasi das Labor für den Zustand der Demokratie
0:53
in Deutschland. Es gibt zum einen eine relativ
0:55
zersplitterte Parteienlandschaft,
0:58
das einzige Bundesland zurzeit mit einem Ministerpräsidenten, der
1:02
der Partei Die Linke angehört. Es gibt eine rot-rot-grüne
1:06
Minderheitsregierung hier. Minderheitsregierungen sind ja in
1:08
Deutschland auch sehr selten. Auch auf Landesebene und im
1:11
Parlament halten die Linkspartei
1:14
und Rechtsextreme zusammen die Mehrzahl der Sitze.
1:17
Das ist das eine, warum man Thüringen als Labor sehen kann.
1:20
Aber es gibt noch einen zweiten Grund.
1:22
Und zwar ist das der Aufstieg der AfD. Die haben hier nach letzten
1:25
Umfragen sagen wir mal nördlich
1:27
von 30 %. Auf jeden Fall.
1:30
Wenn jetzt am Sonntag gewählt würden, würde die AfD könnte
1:34
also stärkste Fraktion im Thüringer
1:36
Landtag werden. Und damit wären normalerweise
1:41
Björn Höcke dann der nächste Ministerpräsident, ein
1:43
Rechtsextremer. Und nach gerichtliche Entscheidung
1:45
darf man ihn auch als Faschist bezeichnen.
1:48
Aber dafür bräuchte Höcke halt
1:50
die demokratischen Parteien.
1:51
Und die große Frage ist: Wie reagieren die, die demokratischen
1:54
Parteien auf diese Herausforderung? Ausgrenzen, kooperieren,
1:58
kopieren? Und die Blicke richten sich dabei
2:00
vor allem auf die CDU in Thüringen,
2:03
die nach allen Umfragen jedenfalls
2:05
womöglich zweitstärkste Kraft werden könnte. Koaliert sie mit der AfD
2:09
etwa, macht Höcke zum Ministerpräsidenten? Schließt sie ein Bündnis mit Linken,
2:12
vielleicht sogar dem Bündnis Sahra Wagenknecht, der SPD, um Höcke zu
2:15
verhindern? Diese Fragen kann niemand so gut beantworten wie
2:19
Mario Voigt.
2:20
Er ist Chef der CDU Fraktion im Erfurter Landtag, als
2:22
Spitzenkandidat für die Landtagswahl
2:25
der CDU in Thüringen und
2:27
wahrscheinlichste Alternative als Ministerpräsident in Thüringen,
2:31
wenn es denn Björn Höcke nicht werden sollte. Deswegen sind wir
2:34
jetzt nach Thüringen gefahren, nach Erfurt gefahren und sitzen jetzt am,
2:37
heute ist der 19. März 8:30, kurz nach
2:40
8:30, 8:40 zusammen im Thüringer Landtag mit Mario Voigt.
2:43
Ganz Herzlich Willkommen in der Lage der Nation.
2:45
Ja, guten Morgen, Herr Banse und Herr Buermeyer.
2:48
Sie sind stellvertretender Vorsitzender der Programm- und
2:50
Grundsatzkommission der CDU Deutschlands, also auf Bundesebene.
2:55
Sie werden möglicherweise im Herbst
2:57
auch Ministerpräsident des Freistaats Thüringen werden, Herr
2:59
Voigt. Deswegen spannende Frage,
3:02
die sich viele Hörerinnen und Hörer stellen werden: Wofür stehen Sie
3:05
eigentlich konkret inhaltlich? Was sind so die zwei, drei
3:07
Kernpunkte, wo Sie sagen: Dafür stehen Sie, das möchten Sie
3:10
politisch erreichen?
3:12
Zuerst mal bin ich gebürtiger Thüringer und freue mich, dass wir
3:14
an einem sonnigen Morgen hier mit Ihnen gemeinsam reden können zur
3:17
Lage der Nation und zur Lage in Thüringen.
3:20
Ich persönlich stehe für eine Politik, die mit gesundem
3:24
Menschenverstand dafür Sorge trägt, dass wir uns wieder aufs Wesentliche
3:27
konzentrieren. Politik in den letzten Jahren hat
3:29
sich dadurch ausgezeichnet, dass man darüber geredet hat, was
3:33
den Menschen so alles vorgeschrieben werden kann, dass ihre
3:35
Lebensentwürfe eingeschränkt worden sind, dass nicht mein
3:38
Politikkonzept, sondern ich möchte, dass wir einen vernünftigen Rahmen
3:40
innerhalb der sozialen Marktwirtschaft setzen.
3:43
Das bedeutet, dass Leistung sich lohnen muss. Sie wissen vielleicht,
3:45
dass wir im Grundsatzprogramm der CDU unter anderem auch die
3:49
Forderung aufgemacht haben, Überstunden steuerfrei zu stellen.
3:52
Das ist eine Idee, die hier aus Thüringen geboren ist, bei einem
3:54
Besuch eines Mittelständlers. Mir geht es darum, dass wir im
3:57
Bildungsbereich uns wieder darauf konzentrieren, dass unsere Kinder
4:00
tatsächlich fit sind fürs Leben.
4:02
Und ich bin selber zweifacher Familienvater. Deswegen ist
4:05
Bildungs- und Wissenschaftspolitik für mich ein Riesenthema, weil ich
4:08
glaube, da ist die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu suchen.
4:12
Und neben Wirtschafts- und Bildungspolitik geht es mir vor
4:14
allen Dingen um die Frage, dass wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt
4:17
wieder stärken. Weil wir haben in den letzten Jahren eine
4:19
Polarisierung erlebt nach ganz links außen, nach ganz rechts außen.
4:23
Die Menschen haben den Eindruck, Deutschland ist auf einer schiefen
4:26
Ebene gelandet. Und das drückt sich dann eben
4:29
in gesellschaftlichen Polarisierungsbewegungen aus, die
4:32
schädlich sind. Und da haben wir schon eine Menge zu tun, wenn
4:35
wir dahin wollen.
4:35
Wenn wir da direkt mal einhaken bei dem, was Sie gesagt haben
4:38
Polarisierung. Unter anderem haben Sie den
4:41
Zusammenhang hergestellt zu Verboten.
4:43
Welche konkret sind das denn? Wenn Sie so mit den Menschen am
4:45
Stand reden in Thüringen, wo fühlen die sich denn eingeschränkt
4:49
in ihrer Lebensführung oder wo werden sie eingeschränkt?
4:52
Wir haben doch folgende Situation: Ich stamme ursprünglich aus einem
4:55
120 Einwohner Dorf. Da kriegen Sie über den Gartenzaun
4:58
ziemlich präzise berichtet, was die Leute nervt.
5:00
Und gerade der ländliche Raum, egal ob Ost oder West, die haben das
5:03
Gefühl, dass so Politik über ihre Köpfe hinweg aber in ihren eigenen
5:07
Lebensbereich hinein gemacht wird. Da geht es dann darum, dass ihnen
5:10
gesagt wird wie sollen sie ihr Haus dämmen. Da geht es dann darum, dass
5:12
sie eine Wärmepumpe einbauen sollen Heizungsgesetz,
5:14
Gebäudeenergiegesetz. Es geht um die Frage: Was darf
5:18
man essen, wie darf man sich fortbewegen?
5:20
Ist der Verbrenner noch legitim oder nicht? Es sind viele Dinge, die in
5:23
ihrem konkreten Lebensmittelpunkt mittlerweile sich total verändert
5:28
haben, wo sie das Gefühl haben, darum soll sich Politik nicht
5:30
kümmern. Politik soll sich darum kümmern, dass wir ein funktionierendes
5:33
Gesundheitswesen haben, das mit der inneren Sicherheit funktioniert,
5:36
dass die Infrastruktur funktioniert
5:38
und dass nicht Bahn oder oder
5:40
Flugzeuge streiken. Und das sind halt solche Sachen, wo
5:44
die Leute echt genervt sind. Und ich glaube, daran zu setzen ist
5:46
wichtig.
5:48
3 von 4 Beispielen waren so, ich will mal sagen so Klimaschutzmaßnahmen.
5:51
Also Verbrenner läuft aus,
5:53
heißt Plan jetzt ist, wer sich 2034
5:57
noch einen Verbrenner kauft, kann ihn noch fahren bis zwölf Jahre, 15
6:00
Jahre, solange das Ding hält. Wärmepumpe, Dämmung, das sind alles
6:03
Maßnahmen, die darauf abzielen weniger CO2 zu produzieren
6:07
und das Klima zu schützen. Wie soll das anders gehen,
6:11
wenn man den Leuten nicht bestimmte
6:13
Rahmen setzt? Das Haus dämmen ohne Öl heizen,
6:16
ohne Gas heizen, auf Elektro setzen.
6:18
Wie will man diese völkerrechtlich verbindlichen Ziele erreichen ohne
6:22
solche Vorgaben?
6:23
Ja gut, Sie sprechen ja das Pariser Abkommen an.
6:26
Natürlich sind das Ziele. Und genau diese Ziele sollten, den
6:28
sollten wir auch nachstreben. Die Frage ist doch: Glaubt Politik wirklich,
6:33
dass sie es besser weiß als die Experten, die sich jeden Tag
6:37
als Ingenieure, als Wissenschaftler
6:39
damit beschäftigen? Und das ist doch das, was mich
6:41
stört. Ein Ziel zu formulieren, das gemeinsam technologieoffen
6:45
anzugehen, das ist der Weg. Schauen Sie sich doch nur mal an:
6:48
Von 1990 bis jetzt
6:50
haben wir über 40 % unseres CO2
6:52
eingespart, und zwar durch
6:54
Technologieoffenheit. Dass wir gesagt haben okay, wir
6:57
formulieren gemeinsames Ziel, aber der Weg dahin, der ist noch
7:01
frei. Und ich bin selber Wissenschaftler. Wenn ich mir anschaue, Sie
7:05
können nicht prognostizieren, was in fünf oder zehn Jahren eine
7:07
Technologie ist, die das erreichen kann. Aber wir tun gerade so, als ob
7:10
wir wissen würden, wie 2040 die besten Wege sind.
7:13
Und das ist das, was die Leute ärgert. Nehmen wir doch das Thema
7:16
Kernenergie. Ich war immer ein Gegner aus der Kernenergie
7:18
auszusteigen, ist eine CO2 neutrale,
7:20
grundlastfähige Energieversorgung. Wir sind das einzige Land weltweit,
7:24
was den Ausstieg weiter forciert, während alle anderen sagen, das ist
7:27
ein Weg, den es zu gehen gilt, um CO2 zu reduzieren.
7:30
Aber wenn Sie die Experten ansprechen: Alle sind sich einig,
7:34
wir können nicht die Wohnung heizen in zehn Jahren
7:38
mit Öl und Gas. Da können sie die Technologien noch
7:41
so verbessern. Da ist die einzige Technologie,
7:44
die CO2 einspart, ist eine Wärmepumpe oder vielleicht
7:48
maybe noch Holz, aber auch eher nicht.
7:51
Da ist die Antwort gegeben. Alle Experten sagen, die Wärmepumpe
7:54
ist die Art, wie man Gebäude beheizt. Fertig, Aus.
7:56
Ja klar. Aber ist es deswegen legitim, dem Bürger vorzuschreiben,
8:00
wie er sein Haus zu beheizen hat?
8:01
Wie wollen sie es anders erreichen?
8:02
Man formuliert ein Ziel und es ist doch am Ende eine Frage in der
8:06
Marktwirtschaft wird das über den Preis reguliert werden.
8:08
Das haben wir doch gesehen. Deswegen setzt sich ja die CDU auch
8:11
für eine CO2 Bepreisung ein. Wir sagen, du kannst mit
8:14
marktwirtschaftlichen Instrumenten mehr erreichen. Nehmen Sie den
8:17
Emissionshandel. Das sind alles Dinge, die gezeigt
8:19
haben, dass es funktioniert. Das sind alles Anreizsysteme gewesen
8:22
und keine Verbote und Vorschriftspolitik. Und ich glaube,
8:25
das ist das, was den Leuten momentan in Deutschland massiv auf den Zeiger
8:28
geht dass sie hergehen und sagen, die in Berlin scheinen besser
8:32
zu wissen, wie wir zu leben haben und wollen uns das auch noch
8:35
vorschreiben.
8:36
Eine Nachfrage noch dazu. Da können wir zum nächsten Thema kommen. Wenn Sie sagen
8:39
Emissionshandel, da gibt es viele Experten, die sagen,
8:42
es ist ein sehr wirksames Mittel, hat es in Europa auch bewiesen.
8:46
Zu der Wahrheit gehört aber auch:
8:48
Sie kriegen die Wirkung, die wir brauchen, nur dann hin, wenn der
8:52
Preis pro Tonne CO2 beispielsweise
8:54
für Verkehr und Wohnen sehr hoch
8:56
ist. 300, 400 €. Das bedeutet...
8:59
Statt 40, die wir jetzt haben.
9:01
50, 60, manchmal in Europa auch 100,
9:03
das bedeutet für die Leute, sie werden, was weiß ich, annähernd
9:07
doppelt so viel zahlen fürs Heizen mit Gas, fürs Fahren mit dem Auto.
9:10
Das müssen Sie ihnen dann auch erklären, das müssen Sie auch
9:12
durchsetzen. Und glauben Sie, die Leute applaudieren dann mehr, als
9:16
Sie es jetzt tun bei einer Wärmepumpe?
9:17
Ja, aber ich mache mal ein Beispiel.
9:20
Herr Habeck feiert sich gerade dafür, dass er 30 % Förderung
9:23
für quasi das Gebäudeenergiegesetz
9:25
offengelegt hat. Nur in meinem Thüringer ländlichen
9:29
Raum, wenn die das machen müssen, dann kostet die die Investition
9:32
100.000 € mit Wärmepumpe.
9:34
Das stimmt ja nicht.
9:34
Doch, natürlich!
9:35
Ich war gerade, dieses das stimmt einfach nicht!
9:37
Nein! Die Wärmepumpe alleine kostet nur 15.000 €.
9:39
Aber es geht ja darum, Sie müssen Ihre komplette Heizung...
9:42
Das stimmt nicht. Das stimmt einfach nicht.
9:45
Herr Voigt!
9:45
Das wissen wir doch alle. Ich war ja am vergangenen Wochenende zu Gast
9:48
bei einer Familie in Essen im Ruhrgebiet. Also die Wärmepumpe
9:51
insgesamt hat mit Speicher in einem so um die 30 gekostet.
9:54
Die haben nichts am ganzen Haus verändert. 60er Jahre Bau
9:57
und die sparen jetzt schon. Das stimmt einfach nicht.
10:00
Dann gucken Sie sich bitte den Gebäudeenergiebestand an und dann werden Sie feststellen:
10:04
Für alle neuen Gebäude, ich kenne jetzt nur die Thüringer Zahlen, für
10:07
alle neuen Gebäude, da wo es technologisch und ökonomisch Sinn
10:10
macht, bauen 60 % der Thüringerinnen und
10:14
Thüringer Wärmepumpen ein.
10:16
Aber im Gebäudeenergiebestand alter
10:18
Bauernhäuser, nicht nur 60er
10:20
Jahre Bau.
10:21
Da hat man auch nicht gedämmt in den 60ern, aber gut ja.
10:22
Aber da...
10:25
Wie wollen Sie es dann machen?
10:25
Aber wie wollen Sie da die Emissionen runter kriegen?
10:27
Ich finde es super. Wir können gerne über Energiepolitik reden.
10:30
Der entscheidende Punkt bleibt doch: Der Bürger muss selber entscheiden.
10:34
So, und Sie können einen gesunden
10:36
Energiemix machen, was Sie klassischerweise mittlerweile haben.
10:39
Sie bauen PV an, damit Sie den Strom erzeugen.
10:42
Sie gehen in der Frage der der Wärmeerzeugung.
10:46
Wir sind 1/3 unseres Landes ist mit Wald belegt. Also das heißt, dass
10:50
Holz durchaus eine sehr veritable Option für viele Leute ist, was
10:53
im Gebäudeenergiegesetz erst nach harter Intervention unter anderem
10:56
von mir wieder etwas mehr ermöglicht
10:58
wurde. Und wir können natürlich kombinierte Möglichkeiten von
11:01
Geothermie und anderen Wegen gehen. Und da merken Sie, dass wir
11:05
Nahwärmenetz über Biomasse, das sind alles Lösungskonzepte, die
11:09
Technologie offen in Thüringen vielleicht anders funktionieren als
11:12
in Schleswig Holstein. Und das, was die Bundesregierung
11:15
gerade versucht, ist zentral von Berlin aus vorzuschreiben: dieselbe
11:18
Methodik in Thüringen oder
11:21
eben in Schleswig Holstein, das funktioniert meiner Meinung nach
11:23
nicht.
11:24
Wir kommen jetzt zu einem anderen Thema, nämlich zu der Frage,
11:28
die ja so ein bisschen wie so ein Elefant im Raum steht: Wie
11:31
umgehen mit der AfD? Das ist eine Frage, die sich heute
11:33
schon jeden Tag stellt, die sich aber nach der nächsten Landtagswahl
11:36
in Thüringen noch gravierender stellen wird.
11:39
Zunächst mal für Sie, Herr Voigt, ist die AfD eine normale Partei?
11:43
Nein, die AfD ist eine extremistische Partei im Kern
11:47
und ihre Führungsleute sind ganz offensichtlich
11:51
rechtsextrem und deswegen ist sie natürlich ein Gegner
11:55
der demokratischen Institutionen.
11:58
Und das spürt man sicherlich
12:00
in Thüringen noch mal mehr. Aber ich merke natürlich auch,
12:05
dass viele Wähler sich Veränderungen
12:07
in unserem politischen System wünschen. Deswegen sind die
12:10
Wähler oder die potenziellen Unterstützer der AfD für mich
12:13
Menschen, die Sorgen haben. Und deren Sorgen nehme ich auch
12:16
ernst.
12:16
Was sind denn die inhaltlichen Unterschiede zwischen Union und AfD?
12:20
Ja, die sind massiv.
12:22
Ganz konkret!
12:23
Will ich gerade sagen! Wir sind die Europapartei.
12:26
Die europäische Einigung ist quasi
12:29
geschmiedet worden von Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble
12:32
und vielen anderen. Das heißt, dass wir darauf setzen,
12:35
dass Frieden und Freiheit
12:38
für Deutsche in einer starken
12:40
Europäischen Union funktionieren.
12:42
Die Europäische Union ist nicht perfekt, aber das ist eine ganz
12:44
wesentliche Frage. Wir sind als deutsche Exportnation
12:48
darauf angewiesen, dass wir im europäischen Binnenmarkt, aber
12:51
auch darüber hinaus vernünftige Verhältnisse mit unseren Menschen
12:54
haben. Die AfD will genau das Gegenteil. Sie will Deutschland
12:57
einmauern. Erster Punkt, zweiter Punkt: Wenn
13:00
ich mir die Frage anschaue von
13:02
Fachkräftezuwanderung und Migration.
13:05
Die AfD ist eine Partei, die im Kern sagt: Alle, die irgendwie ein
13:08
bisschen anders aussehen, die haben in Deutschland nichts zu suchen.
13:11
Die Union sagt, dass wir
13:13
darauf angewiesen sind, dass Menschen, die hier arbeiten wollen
13:16
und uns unterstützen wollen, herzlich willkommen sind.
13:18
Grundsätzlich andere Haltung. Wenn Sie jetzt in die Frage
13:21
hineingehen von moderner Familienpolitik, dann werden Sie
13:26
sehen, dass wir als Union ein Konzept haben, wo wir
13:30
sehr auf Unterstützung von Familien und auf Kinder setzen.
13:33
Die AfD will staatlich gelenkte Familienpolitik.
13:36
Gehen Sie in die Wirtschaftspolitik, die AfD möchte ähnlich wie die Linke
13:39
in Deutschland sehr, sehr stark national ökonomisch gesteuerte
13:43
Prozesse. Das wollen wir nicht. Wir wollen soziale Marktwirtschaft.
13:46
Das habe ich Ihnen allein vier Punkte genannt, wo wir uns grundsätzlich unterscheiden.
13:49
Sie haben eben gesagt, die AfD würde auch, hab den genauen Wortlaut
13:52
nicht mehr im Kopf, aber sinngemäß versuchen, Institutionen
13:56
und parlamentarische Institutionen zu torpedieren und zu behindern.
13:59
Wo konkret merken Sie das? Sie sind ja jetzt schon in der
14:02
Opposition zusammen mit der AfD. Wo konkret im Alltag merken
14:06
Sie das?
14:07
Das beginnt ja da bei einer klassischer Methodik
14:12
von Extremisten, Institutionen
14:14
zu ramponieren in der öffentlichen Wahrnehmung, dass bestimmte
14:17
Abstimmungsprozesse
14:19
verändert werden, dass versucht
14:21
wird, Leute ad absurdum zu führen. Und ich sage mal, der größte
14:24
Diskussionspunkt war ja 2020
14:27
in Thüringen, wo es um die Wahl des Ministerpräsidenten ging.
14:30
Herr Kemmerich von der FDP.
14:32
Dort har die AfD einen Kandidaten aufgestellt und dem hat sie selber
14:35
keine einzige Stimme gegeben, null Stimmen und hat da versucht,
14:39
natürlich das Parlament verächtlich
14:41
zu machen. Das sind klassische Methodiken von Extremisten.
14:44
Woher kommt das? Ihr habt gesagt jetzt letzte Umfrage, ich glaube
14:47
Mitte Januar war das, 36 %
14:50
für die AfD in Thüringen,
14:52
schwankt so ein bisschen. Manchmal sind es, aber es sind immer über 30.
14:55
Woher kommt das? Warum hier so viele
14:58
potenzielle Wähler und Wählerinnen?
15:00
Ja. Das ist ja das, was ich gerade schon bei dem Thema Energie
15:04
geschildert habe, dass viele Menschen die Nase voll
15:07
haben von einer Politik, die bevormundet und gängelt.
15:11
Aber stimmt das denn, Herr Voigt?
15:13
Sie sagen das immer so...
15:14
Was mich zum einen so ein bisschen irritiert, ist dass das von der Tonalität her von der AfD nicht zu
15:18
unterscheiden ist. Und zum Zweiten frage ich mich aber:
15:21
Ist das denn inhaltlich überhaupt richtig? Also wenn die Menschen sich
15:24
gegängelt fühlen, da muss man sich ja als Politiker eigentlich
15:27
auch die Frage stellen: Stimmt das denn oder sind die Leute da
15:30
vielleicht in die Irre geführt?
15:33
Na ja, zuerst einmal würde ich zurückweisen, dass das so klingt
15:36
wie die AfD. Ich schildere Ihnen nur Herr Buermeyer, was ich in den
15:39
Bürgergesprächen jeden Tag
15:42
höre. Und das ist auch durch alle
15:44
empirischen Untersuchungen, egal welches Institut Sie sich anschauen,
15:47
gedeckt. Und ich mache Ihnen ein konkretes
15:50
Beispiel, damit Sie wissen, was ich meine.
15:52
Wir haben wahrscheinlich die massivsten Bauernproteste, die es
15:56
seit Jahrzehnten in Deutschland gegeben hat.
15:59
Dort sind viele Zehntausende auf die Straße gegangen,
16:03
und die haben ihre berechtigten
16:05
Sorgen friedlich vorgetragen.
16:08
Und die haben den Eindruck,
16:11
das und das ist mittlerweile
16:13
ein Ohnmachtsgefühl, das nach den ganzen Protesten
16:17
es nicht mal dazu gereicht hat, dass sie richtig angehört worden sind,
16:20
dass sie richtig eingeladen wurden.
16:22
Sie haben Gesprächsangebote abgelehnt und auch Politiker
16:24
bedroht. Also so richtig friedlich waren die nicht.
16:26
Na also. Mit Verlaub, also der Großteil
16:29
der Proteste, das kann jetzt vielleicht einzelne Situationen
16:31
gewesen sein, aber der Großteil der Proteste war sehr konstruktiv und
16:33
friedlich. Und das würde ich auch immer wieder, ich war selber auf Demonstrationen.
16:37
Aber es gab Gesprächsangebote, die abgelehnt wurden.
16:40
Nein! Es gab ein Gespräch, wo ihnen sinngemäß gesagt wurde okay, wir
16:42
haben eure Punkte gehört, aber effektiv wird sich nichts ändern.
16:45
Und die Situation haben wir doch jetzt. In dieser Woche wird darüber
16:48
diskutiert werden: Wird es jetzt wirklich diese Kürzungen im
16:51
Agrardiesel geben oder nicht? Nur allein für ein mittelständisches
16:54
Unternehmen hier in Thüringen, und die Landwirtschaft spielt eine große
16:57
Rolle, ist das ein Betrag, wo wir in einem höheren, fünf, manchmal
17:01
sogar sechsstelligen Betrag reden. Das muss erwirtschaftet werden!
17:03
Ne. Wir reden von 3000 bis 7000 €. Das ist die Spanne.
17:06
Nein, Herr Buermeyer, es geht um die Gesamtkalkulation.
17:09
Das, was Sie jetzt gerade beschreiben, ist für Einzelne,
17:13
für einzelne Traktoren oder so etwas. Aber wir reden hier über eine
17:15
Gesamtkostenkalkulation.
17:17
Wenn Sie Unternehmer mit mehreren Traktoren, nagut wir wollen jetzt
17:20
nicht über die Zahlen streiten.
17:21
Doch, wir wollen uns über die Zahlen streiten, weil das nämlich eine konkrete Auswirkungen hat auf den einzelnen
17:25
Betrieb. So, wenn Sie sich angucken, wie viel jemand hier im Osten in der
17:28
Landwirtschaft verdient, dann reden
17:30
wir über Nettogehälter, die unter 2.000 € liegen.
17:33
So, und da ist jede Investition
17:36
oder jede sage ich mal Streichung von Unterstützungsleistung, die über
17:39
Jahrzehnte erprobt worden sind,,
17:41
ist das einfach ein Schlag ins Kontor! Und das ist die Realität.
17:44
Und dann, um zu Ihrer Ausgangsfrage zurückzukommen, dann
17:48
haben die natürlich eine Ohnmachtserfahrung und sagen sich Leute, eine
17:52
Bundesregierung, die nicht darauf eingeht und eine Landesregierung,
17:54
die dann nicht drauf hört, was wollen wir denn sonst noch machen?
17:57
Aber Herr Voigt, muss denn Politik tatsächlich alle
17:59
Partikularinteressen eins zu eins so umsetzen, wie das auf den
18:03
Schildern einer Demo steht? Oder zugespitzt formuliert: Besteht
18:06
Politik nicht auch daraus, wohlbegründete Zumutungen den
18:10
Menschen eben zu erklären?
18:12
Na, jetzt reden Sie aber wie Björn Höcke. Der sagt auch
18:16
immer, dass es wohl dosierte Zumutungen geben muss.
18:18
Das war jetzt nur Spaß, Herr Buermeyer.
18:21
Sie wissen, was ich meine. Ist Politik tatsächlich so eine Art
18:23
Ponyhof, wo man eigentlich nur aus dem Füllhorn verteilt?
18:26
Oder geht es nicht darum, zum Beispiel auch zu sagen, da gibt es
18:29
bestimmte Subventionen? Ich weiß gar nicht, ob das so ist,
18:31
aber gibt es bestimmte Subventionen
18:33
und die müssen jetzt gestrichen werden, weil zum Beispiel die Union
18:37
eine Modifikation der Schuldenbremse ablehnt, zum Beispiel?
18:39
Das wäre ja ein denkbares Narrativ.
18:43
Mir geht es nicht um Narrative, mir geht es um das reale Leben in diesem
18:46
Land. So, und jetzt bleiben wir mal bei dem Beispiel,
18:49
weil ich finde Politik ist konkret,
18:52
wenn Sie sich die Landwirtschaft anschauen. Auf der einen Seite propagieren wir
18:56
regionale Wertschöpfungsketten, dass Produkte um die Ecke produziert
18:59
werden sollen und nicht Tiere aus Argentinien nach Deutschland
19:03
geschickt werden sollen. Auf der anderen Seite belasten wir
19:05
gerade massiv den Faktor,
19:08
der das möglich macht. Das heißt, Landwirtschaftsbetriebe
19:10
haben es ohne Ende schwerer
19:12
durch eine unsinnige Politik, und die ist erklärungsbedürftig.
19:15
Und wenn wir schon populistisch zuspitzen wollen, dann sage ich
19:18
Ihnen ganz simpel: Derselbe Kürzungsbetrag, der da gerade
19:20
aufgewendet wird im Bereich des Agrardiesels, ist ziemlich exakt
19:24
der Betrag, den wir für Radwegebau in Peru ausgeben.
19:26
Das ist die populistische Zuspitzung, die ich nicht gut finde.
19:30
Das ist ja die bekannte Fake News von der AfD.
19:33
Nein, das ist keine Fake News, das ist etwas gegeneinander stellen. Das hat doch nichts mit AfD zu tun.
19:36
Das BMZ sagt, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit,
19:38
sie können die Zahlen nicht nachvollziehen in Ihrem Budget.
19:41
Sie sagen, die Zahlen sind erfunden.
19:43
Herr Buermeyer, es gibt eine Anfrage im Deutschen Bundestag, wo die
19:47
Kosten genau aufgelistet sind. Ich will nur nicht auf dieses
19:50
Niveau, sondern was Politik
19:52
leisten muss, ist, dass sie nachvollziehbar
19:56
politische Entscheidungen trifft
19:58
und die Entscheidung, nehme ich jetzt nochmal zwei Beispiele aus dem Dezember, die
20:04
Prämie für eMobilität innerhalb von 18 Stunden zu
20:07
streichen und gleichzeitig auf Elektromobilität und erneuerbare
20:11
Energien zu setzen, ist für die Menschen nicht nachvollziehbar.
20:13
Die Frage von Agrardieselstreichungen
20:17
und Subventionskürzungen, also von Steuererleichterung für
20:19
landwirtschaftliche Betriebe, die über Jahrzehnte existiert hat Knall
20:23
auf Fall ist nicht nachvollziehbar für Menschen.
20:25
So, und sie können gerne eine andere
20:27
Sichtweise auf das Thema haben, aber es muss zumindest sachlich wohl
20:31
begründet sein. Und das, was die jetzt um bei dem
20:34
Beispiel zu bleiben, was die Landwirte nicht nachvollziehen
20:37
können ist, dass so was Knall auf Fall passiert, ohne tatsächlich in
20:40
einem Begründungszusammenhang zu bringen und ohne die
20:42
gesamtwirtschaftliche Lage zu betrachten. Wir haben doch
20:44
gestiegene Energiekosten, wir haben gestiegene Kosten für
20:47
Wertschöpfungsketten und das alles zusammengenommen ist etwas, was eine
20:50
inkonsistente Politik ist und was die Leute frustriert.
20:52
Kommen wir noch mal zurück zu diesem Thema: Wie umgehen mit der AfD?
20:55
Es gibt ja diese bekannte Beschlusslage der CDU Deutschlands,
20:58
keine Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland, keine
21:02
Koalition oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit.
21:05
Das wurde in vielen Beschlüssen
21:08
in verschiedensten Formulierungen immer wiederholt und auch von
21:10
Friedrich Merz zuletzt noch mal bekräftigt.
21:13
Hier in Thüringen ist die Lage kompliziert und interessant.
21:16
Sie haben mehrere Gesetze
21:18
zusammen mit der AfD
21:20
durch den Thüringer Landtag gebracht.
21:23
Was ist dieser Beschluss, keine Zusammenarbeit dann noch wert?
21:28
Ich halte den Unvereinbarkeitsbeschluss
21:30
für in Worte gegossene
21:32
Grundhaltung der Union,
21:35
weil der sieht ja vor und sagt vollkommen zu Recht: Keine
21:38
Koalition mit den Linken, keine Koalition mit der AfD...
21:41
Oder ähnliche...
21:42
...oder ähnliche Zusammenarbeit. Und das finde ich, ist
21:44
wohlbegründet. Auf der Linken werden wir sicherlich
21:47
auch noch dazu kommen, gilt das genauso wie für die rechtsextreme
21:50
AfD. Und im Thüringer Landtag,
21:53
das haben Sie ja vorhin selber geschildert, Herr Buermeyer hat es ja eingeführt,
21:56
haben wir natürlich eine sehr besondere Situation. Wir haben eine Minderheitskonstellation,
22:00
die im Kern bedeutet: Wenn eine Oppositionspartei an einen
22:04
Gesetzesvorschlag einen Antrag einbringt, könnte sie
22:07
die Mehrheit erhalten, und zwar aus der Opposition heraus.
22:10
So, und deswegen muss man da mit viel Umsicht umgehen.
22:14
Ich habe als CDU aus staatspolitischer Verantwortung zum
22:17
Beispiel auch bei Haushaltsverhandlungen immer gesagt: Wir wollen, dass
22:20
Thüringen einen Haushalt hat einer Minderheitskonstellationen so.
22:24
Auf der anderen Seite ist es aber auch so: Ich kann mir doch weder von
22:27
einem linken Ministerpräsidenten noch von einem AfD Vorsitzenden
22:29
vorschreiben lassen, was ich im Thüringer Landtag einbringe.
22:32
Wenn das passiert, dann bin ich als demokratische Oppositionskraft
22:35
schachmatt gesetzt.
22:36
Also es gibt keine Zusammenarbeit?
22:37
Nein, natürlich nicht.
22:39
Auch eine ähnliche Form?
22:40
Nein, natürlich nicht.
22:41
Also Sie nennen jetzt Bodo Ramelow, den Ministerpräsidenten Thüringens
22:44
und Sie nennen die Linkspartei immer so in einem Atemzug mit der AfD.
22:48
Würden Sie die tatsächlich in einen Topf werfen? Sind die eine
22:50
vergleichbare Bedrohung für die Demokratie in Deutschland?
22:53
Nein, ich lehne die aus unterschiedlichen Gründen ab. Aber um mal im
22:57
Bild zu bleiben: Wenn ich Kohlrouladen oder Schweinspäckchen
23:01
nicht mag, dann sage ich das. Aber ich lehne sie aus oder
23:04
schmecken mir aus unterschiedlichen Gründen nicht.
23:06
Sie haben ja schon gesagt, für die AfD, dass sie einfach eine Bedrohung
23:09
der Demokratie ist. Gilt das für die Linkspartei auch?
23:11
Gilt das auch für Herrn Ramelow zum Beispiel persönlich?
23:13
Herr Ramelow ist jetzt zehn Jahre Ministerpräsident.
23:15
Ich finde, seine Politik hat jetzt Thüringen nicht vorangebracht,
23:18
sondern eher zurückfallen lassen. Aber das ist eine sachpolitische
23:21
Auseinandersetzung. Es gibt aber natürlich innerhalb der
23:24
Linkspartei immer noch Anknüpfungspunkte zum
23:27
linksextremistischen Lager. Das muss man da auch nicht negieren.
23:30
Aber es ist ein anderes Niveau. Aber eine andere Frage, warum wir
23:33
mit denen nicht zusammenarbeiten würden.
23:35
Dann ist für mich die Frage: Wenn Sie sich entscheiden müssten,
23:38
angenommen, die AfD bekommt die Mehrheit der Sitze
23:42
im Thüringer Landtag und es geht darum mit wem arbeiten Sie zusammen?
23:46
Sie sind wahrscheinlich zweitstärkste Kraft.
23:48
Entscheiden Sie sich eher für die AfD oder eher für die Linke,
23:51
sei es jetzt die Linke oder das Bündnis Sahra Wagenknecht?
23:55
Also weder noch. Weil mein Ziel ist, und dafür
23:58
gehe ich doch in den Wahlkampf, ansonsten könnte ich doch jetzt
24:00
sagen: Gut, ich leg mich hin und wache erst am 2.
24:02
September wieder auf. Im Wahlkampf geht es doch darum, den
24:05
Menschen zu erklären, was der Weg für dieses Land ist.
24:07
Und ich kämpfe nicht auf Platz zwei. Ich kämpfe darum, Nummer eins zu
24:11
werden in Thüringen, weil damit eben eine demokratische Partei vorne
24:14
steht und wahrscheinlich dann sogar stabile Mehrheitsverhältnisse
24:17
möglich sind. Und das ist das, was die Menschen im Freistaat sich
24:20
wünschen und ich glaube das so dieses Wer mit wem
24:24
ziemlich genau vorstellt, was die Leute draußen tatsächlich wollen.
24:28
Die wollen eine Auseinandersetzung mit den Problemen in diesem Land.
24:31
In Thüringen fällt jede zehnte Schulstunde aus.
24:33
Das ist ein Riesenproblem. Ich bin zweifache Familienvater.
24:36
Es nervt mich, wenn ich mir angucke, wir sind im Wirtschaftswachstum zehn
24:39
Jahre in Folge hinter dem Durchschnitt der neuen Bundesländer.
24:42
Wir sind Letzter bei der Standortqualität.
24:44
Also wenn ich mir das anschaue, dann gibt es echte Probleme, wo die
24:47
Menschen sagen: Kümmert euch darum und dann werden auch wieder die
24:50
extremistischen, populistischen Positionen kleiner, weil dann der
24:52
Leute die Probleme gelöst sind.
24:54
Also Sie würden sagen, die AfD gewinnt vor allem deswegen, weil sie
24:57
Probleme anspricht, die real sind. Quais die Analyse stimmt, aber
25:01
die Lösungswege der AfD nicht?
25:03
Die AfD bietet ja selten Lösungswege. Die AfD benennt ja
25:06
immer nur Probleme.
25:07
Ausländer raus zum Beispiel. Ist eigentlich das zentrale Thema
25:10
der AfD, scheint mir.
25:11
Ja, das scheint mir auch so, aber das ist natürlich
25:15
für mich eine absolut indiskutable
25:17
Position.
25:17
Es gibt auch Untersuchungen jetzt von der Rosa Luxemburg Stiftung,
25:20
also die Stiftung, die der Linkspartei nahesteht,
25:24
die untersucht haben, wie arbeiten denn alle demokratischen
25:27
Parteien mit der AfD zusammen?
25:30
Gibt es da Kooperation? Und es stellt sich raus: In
25:33
Ostdeutschland haben alle demokratischen Parteien auf
25:35
unterschiedlichen Ebenen in irgendeiner Form mit der AfD
25:39
zusammengearbeitet, sei es in der Kommune, manchmal im Land
25:42
unterschiedliche Formen, unterschiedlicher Abstufung.
25:45
Aber da drängt sich der Eindruck
25:47
auf, dass diese Brandmauer, von der immer geredet wird, keine
25:50
Zusammenarbeit, keine Kooperation, maximaler Abstand zur AfD,
25:54
das die nicht mehr existiert. Sehen Sie das auch so?
25:57
Nein, das sehe ich nicht so, weil das natürlich von einem sehr irrigen
26:00
Vorstellungswelt der Zusammenarbeit ausgeht. Ich mache mal ein Beispiel:
26:04
Die Gesetzesinitiative, die wir in Thüringen im letzten Jahr
26:07
gemacht haben. Da ging es um die Frage einer
26:10
Steuersenkung, also der Grunderwerbsteuer.
26:13
Was im Kern heißt, das müssen Sie bezahlen, wenn Sie ein Haus oder ein
26:16
Grundstück erwerben. Und wir haben gesagt, wir wollen die
26:19
Grunderwerbssteuer, die den höchsten Wert in ganz Deutschland hatte, auf
26:21
ein bundesweites Normalmaß bringen.
26:24
Und wir wollen gleichzeitig die erste eigengenutzte Immobilie
26:27
für junge Familien steuerfrei stellen.
26:30
Nichts Unanständiges, was glaube ich, sehr vernünftig ist.
26:33
Und wir haben das sehr, sehr lange mit der Minderheitsregierung
26:36
diskutiert, die am Ende nicht gewillt war, diesen Weg mitzugehen.
26:39
Und wir haben nach zwei Jahren
26:41
als CDU gesagt, wir bringen das im Parlament zur Abstimmung.
26:44
So, dann hat kurz vor Toresschluss die AfD ihre Positionen angepasst,
26:47
also hat sie geändert und es kam zu einer Mehrheit.
26:51
Dann bin ich dafür kritisiert worden, dass ich quasi
26:55
diese Abstimmung herbeigeführt habe. Aber Verzeihung, wenn ich in einer
26:59
Lage, wo wir wirtschaftlich massive Schwierigkeiten haben, gerade in der
27:02
Bauwirtschaft so einen Schritt nicht gehe? Wenn die Regierung am Ende
27:05
versucht, das zu blockieren, dann muss ich es doch trotzdem, wenn ich
27:08
es für richtig halte, fürs Land abstimmen. Und es gab kein einziges
27:11
Gespräch mit der AfD zu dem Thema.
27:13
Ist das jetzt Zusammenarbeit? Nein. Wir haben einen CDU Antrag zur
27:16
Abstimmung gebracht und er wurde dann eben von denen mir zugestimmt
27:19
und ich glaube, dass das der einzige Weg ist, den Themen auch
27:22
wegzunehmen. Wir haben übrigens das Gleiche auch beim Thema Migration
27:25
gemacht. Da haben wir auch mit der Regierungskonstellation gesprochen,
27:29
hier in Thüringen, und haben gesagt, wir wollen eine Wende in der Migrationspolitik. Haben die im
27:33
Thüringer Parlament auch zur Abstimmung gestellt. Fünf Minuten
27:35
vor der Abstimmung ist Björn Höcke mit der Hälfte seiner Fraktion
27:37
rausgegangen, weil er das Problem nicht gelöst haben wollte und das
27:40
ist doch die Schwierigkeit, die wir haben. Wir haben welche, die
27:43
tatsächlich objektiv existierende Probleme benennen, aber die gar
27:46
nicht ein Interesse daran haben,
27:48
das zu lösen. Und ich finde, als CDU
27:51
ist es mein Auftrag, dass wir Probleme angehen, selbst in der
27:54
Opposition.
27:55
Nun ist es natürlich so, Sie haben eben dieses Thema Grunderwerbssteuer
27:58
genannt. Da kann man ja sagen, das ist quasi politisch, im Grunde
28:01
nicht besonders ideologisch aufgeladen. Sie haben ja begründet,
28:04
warum Sie diese Senkung der Steuern für sinnvoll gehalten haben.
28:07
Es gibt aber natürlich auch Themen,
28:09
bei denen man mehr Fragezeichen
28:11
anbringen kann. Also nehmen wir zum Beispiel den Entwurf der CDU gegen
28:14
das Gendern in Schulen und Verwaltung. Selbstverständlich gibt
28:17
es nirgendwo Genderpflichten. Es gibt Menschen, die das für
28:20
sinnvoll halten. Es gibt Menschen, die es für weniger sinnvoll halten.
28:22
Aber die Union hat sich da jetzt dagegen ausgesprochen, hat mehrere
28:26
Anträge gestellt, Gesetzesvorlagen
28:28
vorgelegt, um in Schulen und Verwaltung das Gendern zu verbieten.
28:32
Ist denn das nicht eigentlich ein Anbiedern an die AfD?
28:35
Aber warum denn bitte schön?
28:37
Weil es kein Problem gibt! Es gibt ja keine Genderpflicht.
28:39
Nicht selten wird von der Union zum Beispiel grüne Politik als
28:42
Verbotspolitik gekennzeichnet.
28:44
Jetzt möchte auch die Union
28:47
Verbote einführen, nämlich Genderverbote. Warum?
28:49
Nein, wir wollen ein Bekenntnis zur deutschen Sprache, so wie es
28:52
der Rat der deutschen Sprache eben vorgibt.
28:55
Das ist doch ein Bekenntnis zu etwas.
28:57
Aber Sie wollen verbieten, das gegendert wird in Schulen und
29:00
Verwaltung.
29:00
Das ist kein Bekenntnis, das ist ein Verbot.
29:02
Wir haben doch jetzt gerade alle gesagt: Sehr geehrte Damen und
29:04
Herren, das ist auch schon Gendern so, und das...
29:07
Darum geht es aber doch nicht. Bleiben wir doch beim Thema, Sternchen und so.
29:10
Genau, es geht um Sternchen, Binnen I und so weiter.
29:12
Und das fordert die Union
29:14
schon länger, als es die AfD gibt. Deswegen finde ich immer so diese
29:18
Henne Ei Diskussion ein bisschen
29:20
widersinnig. Und um es jetzt mal gar nicht ideologisch aufzuladen:
29:23
In Regierungen, wo die Grünen und
29:25
die SPD mit beteiligt sind,
29:28
haben das Landesregierungen auf den Weg gebracht. Insofern sehen Sie
29:31
doch, dass man das mit einer gewissen Klarheit und
29:34
Entspanntheit hilft man den jungen
29:36
Menschen auch, ist ein Orientierungsmaßstab.
29:40
Und das ist ja nicht mal ein Kulturkampf, weil der ist
29:42
entschieden. 80 % der Thüringer sehen das so wie wir.
29:46
So, und deswegen kann ich Ihnen sagen, da mit einer gewissen
29:49
Entspanntheit und ohne Schaum vorm Mund ranzugehen und trotzdem
29:52
zu respektieren, dass Sprache sich entwickelt, das gehört auch
29:56
mit dazu. Das ist eine Frage von Freiheit. Jeder soll reden und
29:59
schreiben, wie er will, wie ihn der Schnabel gewachsen ist.
30:01
Nur gendern darf er in der Verwaltung und in der Schule nicht.
30:03
Ja, aber wer mit Steuergeldern bezahlt wird, der muss
30:06
nach den Regeln sich verhalten, die tatsächlich auch objektiv
30:09
da sind und darf nicht seine persönliche Weltsicht zur Sicht
30:13
aller anderen machen. Das für mich eine Grundhaltung.
30:15
Wir müssen schon respektieren, wo wir unterwegs sind.
30:17
Sie als privates Medium können doch sich die Regeln geben,
30:21
die Sie selber wollen. Aber tatsächlich wenn jemand mit
30:23
Steuergeldern oder Gebühren bezahlt wird, dann hat er, Verzeihung,
30:27
noch mal den Wertemaßstab einzuhalten, der tatsächlich
30:29
gemeinsam beratschlagt ist im Rat der deutschen Sprache zum
30:32
Beispiel.
30:32
Vielleicht muss er sich auch extrem bemühen, Minderheiten mit in die
30:35
Sprache einzubinden?
30:36
Ja, aber wir sind doch eine sehr inklusive Gesellschaft, also ist das doch
30:38
einen Popanz, der da aufgebaut wird. Nur die Minderheit...
30:40
Aber nur von wem wird er aufgebaut? Das ist ja der Spannende.
30:43
Wird der Popanz nicht vielleicht von denen aufgebaut, die ein Problem
30:47
damit haben, wenn Menschen freiwillig, ohne gezwungen zu sein,
30:50
gendern?
30:51
Nein, wieso denn? Das können Sie doch weitermachen, Herr Buermeyer.
30:53
Nicht, wenn Sie zum Beispiel in der Verwaltung arbeiten.
30:54
Ja, weil meine Erwartung ist, wenn Sie als Jurist in einer
30:57
Verwaltung arbeiten, die mit Steuergeldern bezahlt wird, ist
31:00
meine Erwartung, dass Sie sich schon an die Regeln halten, die
31:03
gesellschaftlich verabredet sind und die auch gesellschaftlich vorgegeben
31:06
sind. Und trotzdem kann ich doch Minderheiten weiterhin unterstützen
31:09
und schützen. Das ist doch kein Gegensatz. Aber wissen Sie was?
31:13
Das ist auch etwas, was mir gegen den Strich geht.
31:15
Wir tun so, als ob, als ob wir so eine
31:20
Volkserziehungsanstalt sein müssen. Das müssen wir nicht.
31:23
Die Menschen reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen sind und die
31:25
schreiben auch manchmal so, das ist auch in Ordnung so, aber Verzeihung,
31:29
wer mit Steuergeldern bezahlt wird, der muss auch sich an vernünftige
31:31
Regeln halten.
31:32
Noch mal zurück zu der AfD. Um Ihr Verständnis so klar zu
31:35
kriegen: Sie haben mehrere Gesetze mit der AfD, mit den Stimmen der AfD
31:38
verabschiedet, sagen, das ist keine
31:40
Zusammenarbeit, keine Kooperation.
31:42
Sie wehren sich aber auch wenn ich das so bisher richtig verstanden
31:45
habe, in anderen Interviews gegen
31:48
eine, sage ich mal maximal
31:50
radikale Abgrenzung,
31:52
die einige fordern, wo die sagen
31:54
wir reden nicht mit denen, wir
31:56
setzen uns mit denen nicht vor die Kamera. Sie planen am 11.
31:59
April ein TV-Duell mit Björn Höcke. Warum halten Sie so eine strikte
32:05
Ausgrenzung für nicht richtig?
32:07
Ja, Abgrenzen, ja, Ausgrenzen.
32:09
Die sind hier mit 30 % oder
32:11
mit über 20 % im Thüringer Landtag.
32:14
Ich kann die doch nicht ignorieren. Die sind da so und
32:18
ich rede mit denen nicht. Das ist meine Grundhaltung im Sinne
32:21
von...
32:22
Aber Sie setzen sich ins Fernsehen mit Björn Höcke.
32:24
Ja, ich führe im Parlament
32:26
keine Absprachen mit denen. So, und das, finde ich, ist
32:29
auch eine vollkommen legitime
32:32
Haltung, ist meine Grundentscheidung.
32:34
Aber dass ich mich der Diskussion stelle, das, finde ich, ist
32:38
doch geboten. Also es geht hier dieses Jahr bei
32:41
den Landtagswahlen um die Frage,
32:44
es wird einen Wechsel geben. So und die Frage ist, gibt es einen
32:46
Wechsel mit Anstand und Vernunft oder gibt es einen, der im Chaos und
32:49
Radikalität endet? Und die Auseinandersetzung müssen
32:52
wir suchen. Und es gibt ja Leute, die dann sagen: Ja, da geben sie dem
32:55
eine Bühne, also Verzeihung, die haben die Bühne schon längst.
32:58
In den Social Media Kanälen haben die Reichweiten und da kommen die
33:01
Informationen unwidersprochen. Und ich glaube, es macht absolut
33:05
Sinn, wenn 30 % der Menschen in meinem Heimatland
33:08
oder in anderen Ländern Deutschlands
33:10
sagen wir können uns vorstellen, die zu wählen, dass man sich in
33:14
der Sachauseinandersetzung mit denen, mit den Argumenten
33:17
beschäftigt und sie auch tatsächlich stellt.
33:19
Ja, das ist das mit dem inhaltlich stellen. Hinter Ihnen sehe ich jetzt
33:22
eine Werbepostkarte der Union. Da steht drauf "Kriminelle
33:26
Flüchtlinge abschieben." Das habe ich auch schon auf NPD Plakaten
33:30
gelesen. Das habe ich auch schon auf AfD Plakaten gelesen.
33:33
Für mich klingt das so, als wenn sie jedenfalls einen Teilbestand der AfD
33:36
Positionen auch inhaltlich übernehmen.
33:39
Ja, das mag für Sie so klingen, aber die Positionen haben wir schon
33:42
deutlich länger. Und ehrlicherweise hat die Position sogar der deutsche
33:44
Bundeskanzler. Insofern wollen Sie dem jetzt das
33:47
genau das Gleiche unterstellen? Das ist doch absurd!
33:49
Das wird kritisiert, aber ich glaube, mit Olaf Scholz unterhalten
33:51
wir uns bei anderer Gelegenheit. Jetzt sind wir bei Ihnen, Herr Voigt. Warum sie als CDU?
33:55
Ja, weil das eine Grundhaltung ist, die meiner Meinung nach absolut
33:58
nachvollziehbar ist. Wir sind ein weltoffenes Land,
34:02
und natürlich sind wir auch interessiert daran, Menschen,
34:06
die hier arbeiten und leben wollen, herzlich willkommen zu heißen.
34:10
Aber wir hängen doch nicht gleichzeitig die Tür zu unserer
34:12
Wohnung aus und lassen Leute rein oder raus, wie sie wollen, sondern
34:15
wir bestimmen schon selbst, wer zu uns kommt und wie viele.
34:19
Und wenn Menschen dann hier sind und sich nicht an die Hausordnung
34:21
unseres Landes halten, dann muss eben auch klar gelten, dass
34:25
sie dann eben hier keinen Platz haben. Das ist was vollkommen
34:29
Natürliches. Ich bin auch viel international
34:31
unterwegs, wenn ich in Indien bin. Wenn Sie dort in einem Hotel sind,
34:34
dann kriegen Sie meistens so eine Gastkarte, wie man
34:38
sich an bestimmten Stellen zu verhalten hat. Finde ich doch jetzt
34:40
nicht unanständig. Ist doch eine ganz normale Sache.
34:43
Also es gibt natürlich in dieser Debatte mehrere Punkte, aber was
34:46
häufig kritisiert wird, ist ja meinetwegen,
34:51
wenn Leute kein Recht mehr haben hierzubleiben nach Recht und Gesetz,
34:55
dann soll man vielleicht mehr abschieben.
34:57
Da geht es aber um
34:59
sehr wenige, verglichen mit der Anzahl derjenigen, die hier
35:03
sind. Und es gibt halt 300.000 irgendwas plus minus
35:07
geduldete Flüchtlinge hier,
35:09
die, von denen sehr viele, das zeigen Studien, arbeiten wollen,
35:13
würden es de facto nicht können, weil die Hürden
35:16
viel zu hoch sind. Und die Kritik an dieser
35:20
Debatte oder so wie sie geführt wird, ist die Union
35:23
und auch die AfD stellen
35:26
relativ kleine Probleme. Einige 1000 Leute, die abgeschoben.
35:29
Nein, das stimmt nicht!
35:30
Lassen Sie mich kurz den Punkt machen, in den Mittelpunkt,
35:34
tun aber bei dem, was wirklich
35:36
was bringen würde, auch in ihrem Sinne, Leute, die herkommen, sollen
35:39
arbeiten, relativ wenig
35:41
und stricken die Debatte deshalb so, weil sie wissen, die Leute
35:46
haben Angst vor Fremden und
35:48
springen auf diese Argumente, die Leute müssen raus, wir haben
35:51
viel zu viel Migranten, eher an, als wenn Sie sagen würden: Die
35:54
schieben wir ab, alles gut. Aber wir müssen vor allen Dingen
35:57
dazu sehen, dass die Hunderttausende, die hier sind, arbeiten können.
36:00
Der Vorwurf ist: Sie instrumentalisieren diese
36:03
Impulse, diese Ängste, indem sie relativ kleine Probleme
36:07
sehr weit nach oben ziehen.
36:09
Ja, also das muss ich zurückweisen. Ist auch meiner Meinung nach ein
36:13
ziemliches Kirschenpicken, das Sie gerade betreiben. Sie versuchen,
36:15
sich ein Thema auszusuchen. Wir haben ein ganzheitliches Konzept
36:19
zum Thema Migration vorgelegt, übrigens auch zur Beschleunigung der
36:22
Arbeitsmigration als Union. Also insofern sind wir da sehr, sehr
36:25
interessiert daran, dass Menschen, die tatsächlich auch hierherkommen,
36:28
um arbeiten wollen, dass wir das beschleunigen, weil wir natürlich
36:30
ein objektives Fachkräftethema,
36:33
aber gleichzeitig und ich mag es gerne dann auch mit Fakten und
36:36
Zahlen, die letzte Bundesregierung
36:38
unter CDU Führung 2021,
36:40
wenn Sie sich doch die Asylanträge anschauen, da waren wir knapp über
36:43
100.000. Im letzten Jahr haben wir
36:45
Asylanträge in der Größenordnung von 340, 350.000.
36:49
In Deutschland gab es innerhalb von drei Jahren eine Verdreifachung.
36:51
Das schwankt.
36:51
Ne, das schwankt nicht!
36:53
Das schwankt unter Angela Merkel auch so. Nach 2015/16
36:56
hatten wir ja 700.000 Menschen.
36:58
Also nein, nein, Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht! Also ich finde, wenn, dann
37:01
müssen wir präzise sein. Das eine ist das Thema Asylanträge.
37:05
Das andere ist, dass Menschen, die hierhergekommen sind als
37:08
Kriegsflüchtlinge aus einem Kriegsgebiet...
37:10
Wir sind nicht bei der Ukraine, wir sind bei 15/16.
37:11
Ja, 15/16, da gab es einen Krieg,
37:13
wie Sie sich vielleicht erinnern, in Syrien. Ich bin 2016 im
37:16
Flüchtlingscamp im Libanon gewesen, beim UNHCR.
37:19
Ich habe dort mit Flüchtlingen geredet. Ich habe nämlich die
37:21
Erstaufnahmeeinrichtung Thüringens, die Flüchtlingserstaufnahmeeinrichtung in
37:24
meinem Wahlkreis gehabt. Das sind 33.000 Flüchtlinge
37:27
nach Thüringen gekommen. Und ich habe immer gesagt, die
37:30
können wir verkraften, weil 33.000
37:32
Leute auf 2,2 Millionen Thüringer.
37:34
Da schaffen wir.
37:35
Die haben Mathe aufgepasst. Das ist funktionsfähig.
37:37
Aber gleichzeitig gilt natürlich auch: Die Ampel hat mit dem
37:41
Chancenaufenthaltsgesetz im Prinzip eine stehende Einladungskarte
37:44
ausgesprochen und gesagt: Egal wie du nach Deutschland kommst, wenn du
37:46
da bist, dann kannst du auch hier bleiben.
37:48
So natürlich! Und das ist doch ist das, das ist
37:51
doch das Problem, was wir haben, Herr Buermeyer. Und jetzt bleiben wir mal bei den
37:54
Zahlen Diese 340.000 Asylanträge
37:57
sind unabhängig von denjenigen, die aus der Ukraine zu uns gekommen
38:00
sind. Alle Kommunen übrigens total
38:02
egal ob sie jetzt CDU geführt sind, SPD geführt sind oder von wem auch
38:05
immer, schreien auf und sagen wir können die Unterbringung nicht
38:09
schultern.
38:10
Sie haben 5,1 % Ausländer hier, gemessen an der Einwohnerzahl.
38:13
Ist das zu viel?
38:14
Es geht nicht um die Frage, ob das zu viel sind. Ich finde, das ist
38:17
etwas, jeder, der hier mittun will, ist eine Bereicherung für unser
38:20
Land. Aber gleichzeitig müssen wir doch das Thema ungeregelte
38:23
Zuwanderung klären. So, und da hat die Union sehr
38:25
konkrete Vorschläge gemacht, angefangen von Anerkennung
38:28
in sicheren Drittstaaten. Die Fragestellung, dass wir wieder
38:31
Grenzkontrollen machen. Gehen Sie doch mal nach Sachsen und
38:33
fragen mal, wie das dort ist an der Grenze.
38:35
Durch die Grenzkontrollen hat es wieder zu einem funktionierenden
38:38
rechtsstaatlichen Verfahren geführt. Gleichzeitig ist es doch so und das
38:42
ist die Grundhaltung dieses Landes und da, glaube ich, ist die Union in
38:45
einer sehr, sehr vernünftigen
38:47
Position, weil sie die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung
38:49
ist. Die ganzen linken Parteien sagen alle rein und alle
38:52
hierbleiben.
38:52
Das stimmt nicht.
38:53
Die ganzen Rechten...
38:55
Sie haben doch gerade selber den Bundeskanzler zitiert Herr Voigt, das ist jetzt wirklich polemisch, und da müssen wir
38:58
reingehen. Und das lenkt eigentlich von einem sinnvollen Diskurs ab.
39:00
Keine linke Partei sagt alle rein. Selbst die Linkspartei sagt das
39:04
nicht. Selbst die Linkspartei will grundsätzlich an dem
39:07
Migrationsrecht, so wie es ist, festhalten. Mit bestimmten Modifikationen natürlich.
39:10
Aber niemand sagt, alle sollen kommen. Das stimmt einfach nicht,
39:12
Herr Voigt.
39:12
Na ja, gut.
39:13
Warum sagen Sie uns das? Ich meine, das bringt doch niemandem was.
39:15
Doch, das bringt was. Weil ich diese Debatte kenne.
39:18
Die Frage von Abschiebungen, ich habe die Diskussion hier im
39:20
Parlament. Und die haben Sie auch im Deutschen Bundestag.
39:22
Wenn Sie die Debatten verfolgen, dann wissen Sie ganz genau, dass
39:25
schon bei dem Thema Rückführungen denen die Nackenhaare zu Berge
39:28
stehen, obwohl es dort rechtsstaatliche Verfahren gibt, die
39:30
das eigentlich qualifizieren würden. Wenn wir in der Frage weitergehen
39:33
und sagen Asylanerkennungsverfahren und die Asylgründe ausweiten.
39:37
Auch da werden Sie eine ganz, ganz klare Haltung sehen.
39:40
Mir geht es doch nicht darum...
39:42
Niemand will Asylgründe ausweiten, Herr Voigt, darum geht es doch nicht.
39:43
Natürlich! Die Debatte um Artikel 16 des...
39:47
Artikel 16, das Asylrecht des Grundgesetzes ist de facto völlig
39:50
irrelevant. Wir haben fast nur noch Anerkennung als Flüchtlinge nach der
39:53
Genfer Flüchtlingskonvention. Das ist ja schon seit den 90er
39:56
Jahren ein quasi abgeräumtes Thema. Aber darum ging es uns gar nicht.
39:59
Uns ging es vor allem darum, warum sie persönlich, aber warum die Union
40:02
generell so einen Schwerpunkt
40:04
legt auf ein sehr emotionales Thema wie Migration.
40:07
Weil es ein objektives Problem ist für die Leute!
40:10
Ok. Sehen wir das mal so, Sie haben da Ihren Punkt gemacht.
40:12
Wir haben da jedenfalls mal eine Stimme aus der Politikwissenschaft,
40:15
die diese starke
40:17
Akzentsetzung, dieses Agendasetting
40:20
der Union nicht so entspannt sieht.
40:22
Die Erkenntnis aus der Politikwissenschaft ist eher,
40:25
wenn sie persönlich, wenn die Union
40:27
Themen der AfD bespielt, Themen der AfD bedeutet Themen, wo der AfD
40:31
eine besondere Problemlösungskompetenz
40:34
zugedacht wird, ob dies nun zutrifft oder nicht, dann so jedenfalls die
40:37
These aus der Politikwissenschaft, Sie sind ja selber ein Politikwissenschaftler,
40:41
dann schaden Sie der Union
40:43
und der Demokratie. Der Politikwissenschaftler Marcel
40:45
Lewandowsky sagte uns dazu:
40:47
Die Strategie, den Positionen
40:50
der Rechtspopulisten entgegenzukommen und ihre Rhetorik
40:53
zumindest teilweise zu übernehmen, funktioniert, das wissen wir aus
40:56
Studien, nicht. Entweder passiert überhaupt nichts,
41:00
das heißt, die Wählerinnen und Wähler kommen nicht zu den anderen
41:02
Parteien zurück. Oder aber die Rechtspopulisten
41:05
werden sogar noch gestärkt. Warum ist das so?
41:08
Weil dadurch die Rhetorik und die Positionen der Rechtspopulisten im
41:12
Mainstream verankert werden. Und sie verlieren deshalb ihren
41:14
Außenseiterstatus, werden also
41:17
für mehr Wähler noch wählbarer.
41:19
Sie schüttelt den Kopf.
41:22
Ja, das ist eine legitime Haltung. Ich teile sie nur nicht.
41:25
Also die These ist ja nur, indem sie Themen
41:28
bespielen und besetzen, mit denen die AfD punktet, und
41:32
das ist in erster Linie Migration,
41:34
stärken Sie die AfD
41:36
und schwächen demokratische Parteien.
41:39
Nein, das ist doch absurd. Das halte ich für eine absurde
41:41
These. Also wenn ich das jetzt mal konsequent zu Ende denke: Ich
41:45
ignoriere alle die Themen, die vielleicht auch objektiv da draußen
41:48
sind, weil ich in der Gefahr stehe, irgendjemandem zu nützen.
41:51
Das ist doch absurd. Die Menschen in diesem Land wünschen
41:54
sich, dass Themen, die objektiv da sind, gelöst werden.
41:57
So verstehe ich auch meinen Politikansatz.
41:59
Und wir können doch nicht wegdiskutieren, wenn im letzten
42:02
Sommer alle Kommunen aufgeschrien
42:04
haben, gesagt haben, wir kriegen das nicht mehr gemanagt, dass wir dann
42:08
sagen: Oh, da kann man nicht drüber reden, weil sie jemandem nützen
42:10
könnte, das ist doch absurd!
42:12
Na, die Frage ist ja, wie redet man darüber? Sie könnten ja einfach sagen: Es ist gut, dass die Menschen
42:15
kommen, denn wir haben ja ohnehin viel zu wenig Arbeitskräfte.
42:17
Aber wir müssen jetzt eine gesellschaftliche Anstrengung
42:20
unternehmen, um das Problem zu lösen. Zum Beispiel wir müssen
42:23
die Kommunen besser unterstützen. Es wäre ja...
42:25
Machen wir doch!
42:27
Ja, aber Sie führen aber ja auch so einen Raus-Diskurs
42:30
nenne ich das jetzt mal zugespitzt. Sie führen schon einen Diskurs.
42:32
Das waren ja quasi Ihre Worte vor fünf Minuten, man muss es besser
42:35
begrenzen, man muss die Grenzen zumachen.
42:37
Ist meine tiefe Überzeugung, weil ich es als modernes Land
42:42
eine weltoffene Haltung habe
42:44
aber schon selber bestimmen, wer zu uns kommt und wie viele.
42:48
Das macht jedes andere Land dieser Welt genauso.
42:52
Und ich finde, dass Deutschland das genauso handhaben sollte.
42:55
Aber das ist es denn realistisch?
42:57
Ja, natürlich ist das realistisch.
42:58
Ich meine, Deutschland hat natürlich sehr lange Grenzen. Ist es wirklich realistisch, die
43:01
komplett zuzumachen? Wollen Sie eine neue Mauer?
43:03
Nein, es geht doch nicht darum, die Grenzen zuzumachen. Es geht aber
43:06
darum, dass wir, Sie wissen doch selber, dass die europäischen
43:09
Verteilmechanismen ausgesetzt worden sind. So, das führt dazu, dass
43:13
wir haben das liberalste Asylrecht,
43:16
wir haben die höchsten Sozialstandards und die niedrigsten Rückführungsquoten.
43:20
Das werfe ich gar niemanden vor, ist doch logisch, dass das attraktiv
43:22
ist, dass die Leute nach Deutschland kommen.
43:24
Glauben Sie, jemand sitzt da daheim, wo auch immer das sein mag und
43:27
überlegt sich: Wo geh ich denn da mal hin?
43:29
Wo kriege ich denn da am meisten Geld? Ernsthaft?
43:32
Ich meine, wenn man vom Hungertod
43:34
bedroht ist, dann überlegt man doch nicht so, dann sagt man sich: Ich
43:37
mache mich jetzt jedenfalls mal auf den Weg und dann schauen wir mal!
43:39
Ja, aber Herr Buermeyer, wir beide müssen uns doch jetzt hier nicht
43:42
intellektuelles Spiegelfechten machen, dass die Leute es attraktiv
43:45
finden können, in eines der Länder, das am Wohlhabendsten ist in der
43:49
Welt, dahin zu gehen, das kann man denen doch gar nicht
43:52
vorwerfen.
43:52
Im Gegenteil, das verstehen wir total. Nur daran kann man doch
43:55
nichts ändern. Mein Punkt war...
43:56
Doch, daran kann man was ändern!
43:58
Dieser Diskurs "Migration begrenzen" ist zum Scheitern verurteilt.
44:01
Da gibt es auch gar keinen Diskurs. Und in der Wissenschaft, es wird nicht
44:04
gelingen, was immer Sie tun. So viel Scheußlichkeiten kann man
44:06
den Menschen in Deutschland gar nicht auferlegen, dass sie
44:09
Deutschland nicht mehr attraktiv finden. Das wird nicht gelingen.
44:11
Sie werden auch die Grenzen nicht dicht kriegen. Deswegen frage ich mich, das war ja unser Punkt: Wir kommen
44:14
ja aus der Diskursperspektive. Wir fragen uns Warum reden Sie über
44:17
Begrenzung?
44:17
Nein. Nein. Vorsicht, Vorsicht!
44:19
Also, Sie versuchen jetzt,
44:21
über Strategie zu reden statt über ein sachliches Thema!
44:24
Nein, ich versuche zu verstehen.
44:25
Nein, wenn ich jetzt ihren Punkt konsequent zu Ende denke.
44:28
Momentan sind weltweit 90 Millionen
44:30
Menschen auf der Flucht. Aus sehr unterschiedlichen Gründen,
44:33
aus Klimagründen, aus Kriegsgründen usw.
44:36
Wenn ich Ihr Argument konsequent zu Ende denke, sage ich: Kann ich eh
44:39
nicht verhindern, wenn sich davon irgendwie 1/10 entscheidet nach
44:42
Deutschland zu kommen, dann kommen die halt.
44:44
So ist das ja.
44:44
Ja, das ist doch Absurdistan!
44:46
Und ist das nicht Aufgabe der Politik, den Leuten das ehrlich zu
44:48
sagen?
44:48
Natürlich nicht. Weil das ist doch die Hauptaufgabe eines Staates.
44:51
Die Integrität eines Staates besteht
44:53
darin, für die Staatsbürger da zu sein. Das ist Top eins.
44:57
Sie sind doch, glaube ich, auch Jurist. Also insofern dürfte Ihnen
45:00
doch klar sein, was der Grundbestandteil unseres
45:02
Grundgesetzes ist. Und das setzt voraus...
45:05
Ja, die Menschenwürde.
45:06
Die Menschenwürde ist ein Grundrecht, in der Tat.
45:10
Und sie gilt aber mit dem gesamten Grundrechtskatalog.
45:13
Und der gesamte Grundrechtskatalog sagt unter anderem auch, dass die
45:16
Staatsgewalt vom deutschen Volke ausgeht und das ihre Aufgabe ist,
45:19
das deutsche Volk eben auch zu schützen. Und das bedeutet auch,
45:23
dass wir sehr präzise,
45:25
sehr klar, sehr weltoffen
45:27
agieren müssen.
45:28
Wird das deutsche Volk von Migration bedroht, Herr Voigt?
45:31
Nein, wir brauchen Arbeitsmigration. Natürlich, habe ich doch jetzt schon
45:34
mehrfach gesagt. Aber gleichzeitig dürfen wir nicht
45:37
zulassen, dass jeder hier kommen kann, wie er möchte.
45:40
Die Integrität eines Staates
45:42
ist im Prinzip ein wesentlicher Auftrag, den ein Politiker
45:46
eines Landes zur Verfügung hat. So, und wenn Sie sich anschauen,
45:50
damit wir jetzt sehr konkret werden
45:52
was sagt die Union? Die Union sagt Anerkennung in
45:54
sicheren Drittstaaten, damit diejenigen, die tatsächlich auch die
45:57
Chance haben, nach Europa zu kommen, weil das soll eine gemeinsame
46:00
europäische Lösung sein. Diese gemeinsame europäische Lösung
46:04
wollen wir umsetzen. Zweiter Punkt ist, dass wir einen
46:07
gemeinsamen europäischen Grenzschutz wollen. Frontex ist übrigens
46:10
parteiübergreifend akzeptiert und findet auch statt.
46:13
Punkt 3 ist, dass wir hergehen und sagen: Wir wollen wieder europäische
46:16
Verteilmechanismen für diejenigen, die hier sind. Auch das ist Common
46:19
sense über Parteilinien hinweg. Dann ist Punkt 4 auch klipp
46:23
und klar zu sagen, dass wir Menschen
46:25
schneller in Arbeit bringen wollen, dass wir es aber ablehnen, dass
46:29
wir immer zum Beispiel Geldleistungen zahlen.
46:31
Deswegen war auch eine CDU Landrätin
46:33
in Thüringen die erste, die gesagt hat: Wir führen eine Bezahlkarte ein.
46:36
Gleichzeitig haben wir auch gesagt, Diejenigen, die hier unsere
46:39
soziale Unterstützung erfahren, haben durchaus auch die Chance, sich
46:43
arbeitsmäßig zu beteiligen. Deswegen war der erste CDU Landrat
46:46
hier in Thüringen, der gesagt hat, wir wollen in
46:48
Gemeinschaftsunterkünften Menschen auch zur Arbeit anregen.
46:52
Für 0,80 € die Stunde.
46:54
Es gibt gesetzliche Vorgaben.
46:55
Und während wir sie sonst nicht arbeiten lassen.
46:56
Genau das wäre die Frage. Vielleicht als letzten Punkt dazu.
46:59
Wie würden Sie das denn vereinfachen?
47:02
Wir haben es ja auch ein paar Mal hier behandelt. Da gab es immer wieder die große
47:05
Hürde Ausländerbehörden müssen ja sagen, dann muss die Bundesagentur
47:08
für Arbeit Ja sagen. Bevor dann irgendjemand in Arbeit
47:11
kommt, vergehen Monate. Den Arbeitgebern ist das viel zu
47:14
kompliziert. Es ist alles mit viel zu viel
47:16
Fragezeichen behaftet und zu umständlich.
47:19
Wie würden Sie konkret das vereinfachen und für wen hier
47:22
arbeiten zu können?
47:24
Ja, das ist aber doch genau, die Union hat dafür ein sehr
47:26
umfängliches Konzept vorgelegt, der Beschleunigung von zum Beispiel
47:30
Visa Anerkennungsverfahren im Ausland.
47:33
Weil wie läuft's denn momentan? Fachkräfte, die nach Deutschland
47:35
kommen, wollen die stellen einen Visaantrag und warten Ewigkeiten,
47:39
bis sie eben nach Deutschland kommen, weil das sind ja die Fachkräfte,
47:41
die nachgesucht werden und gleichzeitig müssen sie dann mit
47:44
ihrer Berufsqualifikation hier vor Ort anerkannt werden.
47:47
So, und jetzt gebe ich in meinem Beispiel. Bei medizinischen Fachkräften ist es
47:50
so: Der deutsche Durchschnittswert, ist eine Anfrage der Linken Fraktion
47:54
interessanterweise, der deutsche Durchschnittswert sind 70 Tage.
47:57
Hier bei mir in meinem Freistaat in Thüringen sind es 225
48:01
Tage, bis klar ist, ob derjenige
48:03
die berufliche Qualifikation hat, mitzumachen.
48:05
Das ist zu lang.
48:05
Das ist viel zu lang so, und das ist ein Punkt, wo ich als Union ganz
48:08
konkrete Vorschläge haben, wie wir das beschleunigen wollen.
48:11
Und deswegen sage ich Ihnen ganz bewusst darauf zu setzen, auf der
48:14
einen Seite eine Beschleunigung, hat die Bundes-CDU einen sehr
48:17
durchdachten Vorschlag gemacht der Visaanerkennung, wie wir die
48:20
beschleunigen für die Fachkräfte und auf der anderen Seite auch
48:22
tatsächlich eine Bündelung zu vollziehen in der Fragestellung
48:27
der Berufsqualifikationsanerkennung. Zum Beispiel Hessen macht das viel
48:29
schneller als wir hier in Thüringen. Das sind sehr, sehr konkrete Punkte,
48:33
wo sie tatsächlich Fachkräfte auch hier nach Deutschland kriegen, die
48:36
wir auch tatsächlich brauchen.
48:37
Aber es geht ja nicht nur um diese hochqualifizierten Leute, sondern es
48:39
geht ja auch um Leute, die wie Pizza ausfahren, irgendwie abwaschen im
48:43
Hotel oder in Restauration. Und jetzt ist es nun mal so, dass
48:46
wir 300.000 geduldete Zuwanderer
48:48
haben, die de facto nicht arbeiten dürfen.
48:51
Irgendwie schon.
48:52
Viele nicht.
48:53
Viele nicht arbeiten dürfen. Wären Sie dafür, das zu
48:56
vereinfachen, zu sagen, die dürfen per se grundsätzlich immer arbeiten
49:00
und zum Beispiel erst wenn die Agentur oder die Ausländerbehörde
49:03
ein Problem sieht, weil Lohn ist zu gering oder wie auch immer, haben
49:07
sie das Recht dann einzuhaken. Aber per Default dürfen die erst mal
49:10
alle arbeiten, weil das ein Weg?
49:11
Na, bei default ist ja die Frage da
49:13
vorne weg: Haben die überhaupt eine Chance hier zu bleiben?
49:15
Das ist ja das, was zuerst geprüft wird und was sehr viel Zeit in
49:18
Anspruch sind offensichtlich. Deswegen müssen wir an dem Aspekt
49:21
arbeiten, weil dann daraus ergibt sich, hat er tatsächlich eine
49:24
Bleibeperspektive oder nicht.
49:27
Und wer keine hat, soll nicht arbeiten? Ich meine, man könnte ja auch aus der
49:29
Perspektive der Steuerzahler:innen zum Beispiel sagen, wer hier ist,
49:33
soll einfach auf jeden Fall arbeiten können. Dann müssen wir ihn
49:35
jedenfalls nicht mit Sozialleistungen unterstützen.
49:37
Nein, ich bin sehr, sehr nahe bei dem dänischen Modell.
49:40
Ja, die ja nach sechs Monaten sagen okay, dann bist du auf
49:44
dich selbst gestellt. Aber auch die setzen sehr, sehr
49:47
klare Limits, wer überhaupt
49:49
reinkommen kann. Und deswegen ist die Frage Anerkennung außerhalb
49:53
der Europäischen Union oder Vorprüfung außerhalb der
49:55
Europäischen Union eine zwingende Voraussetzung, damit man diesen Weg
49:58
gehen kann.
49:59
Aber jedenfalls für die Menschen, die einfach hier sind und von
50:02
denen auch nicht klar ist, ob sie überhaupt jemals wieder
50:05
zurückgeführt werden können, da
50:07
haben Sie Bedenken, die grundsätzlich arbeiten zu lassen?
50:09
Im Prinzip finde ich, dass Arbeit der wirkungsvollste Weg ist, weil
50:12
unser Lebensmodell in Deutschland funktioniert über Arbeit.
50:17
Jetzt müssen wir so ein bisschen auf die Zeit gucken. Ich würde gerne noch mal so ein bisschen...
50:19
Zum Abschluss.
50:20
Und zum Abschluss noch mal gucken: Wir haben jetzt die Wahlen am 1.
50:23
September. Wir haben darüber geredet, wie das vielleicht ausgehen
50:26
könnte. Sie sagen, Sie kämpfen für den ersten Platz. Momentan sieht es
50:29
eher so aus, als würde die AfD das Rennen machen.
50:33
Sie sagen, sie wollen nicht über Koalitionen reden.
50:36
Und trotzdem ist es natürlich eine Frage, die viele interessiert.
50:39
Können Sie ausschließen, dass Sie mit der AfD koalieren?
50:41
Ja.
50:42
Können Sie ausschließen, dass Sie Björn Höcke zum Ministerpräsidenten
50:46
wählen?
50:46
Natürlich! Habe ich schon mehrfach gesagt!
50:48
Können Sie ausschließen, dass...
50:49
Machen wir jetzt einen Fragebogen?
50:50
Ja, na klar! Manchmal ist das sehr unterhaltsam.
50:53
Können Sie ausschließen, dass Sie Ministerpräsident werden mit den
50:56
Stimmen der AfD?
50:58
Also, ich werde Ministerpräsident. Es wird eine demokratische Mehrheit
51:01
geben, wo es ohne die Stimmen der AfD geht.
51:03
Wie wollen Sie das sicherstellen?
51:05
Indem ich dieselbe Gesprächsfähigkeit an den Tag lege,
51:08
wie ich es jetzt schon tue.
51:09
Das heißt, mit andern Worten, es geht Ihnen darum, tatsächlich eine
51:12
absolute Mehrheit, ich sage mal untechnisch zusammenzubringen im
51:15
Thüringer Landtag ohne die Stimmen der AfD?
51:18
Es geht mir darum, dass wir stabile Verhältnisse im Freistaat bekommen.
51:21
Und Sie haben das so einfach zur Seite gelegt. Mein Ziel ist schon,
51:24
stärkste Kraft zu werden, und
51:26
dafür kämpfe ich. Und noch mal: Ich leg mich doch
51:29
jetzt nicht hin und sage die Umfrageergebnisse von heute sind
51:32
die Entscheidungen am 1. September. Viele Bürger
51:36
beschäftigen sich jetzt sehr intensiv mit der Frage: Wie geht es
51:39
weiter in diesem Land? Die haben Sorgen, die haben Ängste,
51:41
die haben Nöte, und die muss man wirklich auch, da geht es um
51:45
jedes einzelne Gespräch. Muss man überzeugen, dass es Sinn
51:48
macht, nicht eine Stimme für Protest oder für Populismus abzugeben.
51:52
Und wären Sie auch bereit, bei diesen Gesprächen für eine
51:54
demokratische Mehrheit mit der Linken und dem BSW
51:58
zu reden, sollte er da reinkommen?
52:00
Also ich habe das auch öffentlich gesagt. Ich halte eine Koalition mit
52:03
den Linken nicht für den Weg,
52:05
weil wir haben jetzt zehn Jahre
52:07
linke Regierung gehabt. Ich bin der Auffassung, das hat
52:10
Thüringen nicht stärker gemacht. Wir sind in vielen zentralen
52:12
Bereichen zurückgefallen: Bildung, Wirtschaft, innere Sicherheit.
52:16
So, und deswegen braucht es den Wechsel und für den stehe ich.
52:19
Also Sie halten es nicht für den Weg, aber würden das auch nicht so
52:21
ausschließen.
52:22
Doch, ich bin gegen eine Koalition mit der AfD, äh mit der Linken.
52:25
Die wird es mit ihnen nicht geben?
52:26
Ich erzähle meine Familiengeschichte.
52:29
Mein Großvater ist in der Aktion Ungeziefer aus der innerdeutschen
52:33
Grenze 300 Meter von der deutsch innerdeutschen Grenze
52:35
zwangsausgesiedelt worden. Der hat innerhalb von sechs Stunden
52:38
alles durch Kommunisten verloren. Meine Familie weiß ziemlich genau,
52:42
was deren unter
52:45
vermeintlich humanistischen Politikzielen Umgang mit Menschen
52:48
ist. Trotzdem habe ich mich jetzt in den
52:51
letzten Jahren immer wieder an den Tisch gesetzt, um zu versuchen,
52:54
einen Haushalt, dass es in Thüringen nicht zu einem kompletten
52:56
Stillstand kommt. Aber die Menschen in diesem
52:59
Freistaat, die wünschen sich eine politische Veränderung und für die
53:02
stehe ich.
53:04
Ja, ich denke, das war's, oder? Ja, Ja. Ganz herzlichen Dank.
53:08
Herr Banse, Herr Buermeyer, schönen Dank. Das hat Spaß gemacht.
53:10
Das war im Gespräch mit der Lage der Nation Mario Voigt.
53:13
Er ist, ich sage mal, der starke Mann der CDU in Thüringen, er ist
53:16
Vorsitzender der CDU Fraktion im Thüringer Landtag, Spitzenkandidat
53:19
für die Landtagswahl im September. Vielen Dank für dieses Gespräch.
53:22
Herzlichen Dank!
53:23
Das war unser Gespräch mit Mario Voigt, dem Chef der CDU Fraktion im
53:26
Thüringer Landtag und vielleicht
53:29
unter Umständen dem neuen Ministerpräsidenten in Thüringen.
53:32
Wir sind sehr gespannt auf euer Feedback. Das hinterlasst bitte
53:36
unter talk.LagederNation.org bei uns im Forum.
53:39
Außerdem können wir euch natürlich empfehlen, unsern neuen Telegram
53:42
Channel zu abonnieren. Dann werdet ihr informiert,
53:46
sobald eine neue Lage ins Internet fällt.
53:50
Den Channel findet ihr unter
53:52
Lage.Link/Telegram mit einem M.
54:00
Wir danken für euer Interesse und dann hören wir uns, wenn ihr mögt,
54:03
nächster Woche wieder. Alles Gute! Schönes Wochenende.
54:05
Bis dann. Tschüss.
Podchaser is the ultimate destination for podcast data, search, and discovery. Learn More