Podchaser Logo
Home
Scholz und Taurus, EU-Hilfe für Ukraine, Verfassungsgericht schützen, Politische Stimmung in Deutschland, AI Act (Interview Prof. Philipp Hacker, Rechtswissenschaftler), Haftpflichtversicherung, Social Media Redakteurin

Scholz und Taurus, EU-Hilfe für Ukraine, Verfassungsgericht schützen, Politische Stimmung in Deutschland, AI Act (Interview Prof. Philipp Hacker, Rechtswissenschaftler), Haftpflichtversicherung, Social Media Redakteurin

Released Thursday, 1st February 2024
Good episode? Give it some love!
Scholz und Taurus, EU-Hilfe für Ukraine, Verfassungsgericht schützen, Politische Stimmung in Deutschland, AI Act (Interview Prof. Philipp Hacker, Rechtswissenschaftler), Haftpflichtversicherung, Social Media Redakteurin

Scholz und Taurus, EU-Hilfe für Ukraine, Verfassungsgericht schützen, Politische Stimmung in Deutschland, AI Act (Interview Prof. Philipp Hacker, Rechtswissenschaftler), Haftpflichtversicherung, Social Media Redakteurin

Scholz und Taurus, EU-Hilfe für Ukraine, Verfassungsgericht schützen, Politische Stimmung in Deutschland, AI Act (Interview Prof. Philipp Hacker, Rechtswissenschaftler), Haftpflichtversicherung, Social Media Redakteurin

Scholz und Taurus, EU-Hilfe für Ukraine, Verfassungsgericht schützen, Politische Stimmung in Deutschland, AI Act (Interview Prof. Philipp Hacker, Rechtswissenschaftler), Haftpflichtversicherung, Social Media Redakteurin

Thursday, 1st February 2024
Good episode? Give it some love!
Rate Episode

Episode Transcript

Transcripts are displayed as originally observed. Some content, including advertisements may have changed.

Use Ctrl + F to search

0:00

Herzlich willkommen zur Lage der Nation Ausgabe Nummer 366

0:04

vom 1. Februar 2024.

0:07

Und an den Mikrofonen begrüßen euch

0:09

wie eigentlich fast in jeder Woche Ulf Buermeyer, das bin ich, Jurist

0:12

aus Berlin und:

0:14

Philip Banse, Journalist aus Berlin. Ganz herzlich willkommen zu unserem

0:17

wöchentlichen Politikpodcast, in dem wir die Lage hierzulande und in der

0:20

Welt analysieren und zusammenkehren.

0:23

Zu unserem ersten Thema. In der Ukraine tobt immer noch

0:26

Krieg. Vor fast zwei Jahren hat Russland sein Nachbarland, die

0:30

Ukraine, überfallen. Und die Ukraine ist zwar viel

0:33

kleiner als Russland, hat insbesondere auch viel weniger

0:36

militärisches Potenzial, konnte aber den russischen Vormarsch

0:40

bisher stoppen, sogar einige

0:42

Gebiete wieder von der russischen Besatzung befreien.

0:45

Aber Philip, ich glaube, man kann es nicht anders sagen, die militärische

0:48

Lage in der Ukraine ist trotzdem

0:50

weiterhin oder vielleicht sogar in den letzten Monaten besonders ernst.

0:54

Ja, es ist so, dass,laube ich, Russland ungefähr 17 % der

0:57

ukrainischen Staatsfläche

0:59

besetzt hält und hier und da tatsächlich jetzt auch wieder

1:02

kleinere Territorien

1:04

erobert, die zunächst von der Ukraine besetzt waren.

1:08

Die Sommeroffensive der Ukraine

1:10

letztes Jahr, in die ja alle Seiten,

1:12

zumindest Ukrainer und auch große Teile des Westens, natürlich große

1:15

Hoffnungen gesetzt hatten, die, muss man sagen, ist weitgehend

1:18

gescheitert. Und seitdem herrscht ein

1:22

ziemlich tödliches

1:24

Patt.

1:25

Genauso muss man das sagen. Es sterben jeden Tag Menschen

1:28

auf beiden Seiten. Vor allem werden auch gerade auf

1:31

ukrainischer Seite immer noch Zivilisten getötet, weil Russland

1:34

ja weiterhin insbesondere mit Drohnen auch die Zivilbevölkerung

1:38

der Ukraine ins Visier nimmt. Aber bislang gibt

1:42

es aus einer militärischen Perspektive keine klare

1:44

Entscheidung. Es erinnert ein bisschen an den Stellungskrieg des

1:47

Ersten Weltkriegs. Auf der anderen Seite ist die

1:50

mittel- bis langfristige Perspektive

1:52

der Ukraine sehr ernst.

1:54

Ich glaube, das ist nicht zu viel gesagt, denn Russland ist natürlich

1:57

einfach viel, viel, viel größer als die Ukraine und hat einfach viel

2:01

mehr wirtschaftliche Ressourcen.

2:02

Wirtschaftliche Ressourcen und auch muss man leider sagen

2:05

Menschressourcen, also die schmeißen

2:07

wirklich viele, viele junge Leute an die Front und in den Tod, die

2:11

drehen die da wirklich durch den Fleischwolf.

2:14

Es klingt brutal, aber ich glaube, das ist so und

2:17

sie rücken eben, das habe ich gesagt, an verschiedenen Fronten

2:20

vor, unter großen, großen Verlusten zum Teil. Die Ukraine kämpft

2:24

weiter, kann aber eben,

2:26

und das ist auch seit langem klar und wird immer deutlicher,

2:30

nur mithilfe aus dem Westen überleben, sei es mit Geld

2:33

oder vor allen Dingen auch mit Lieferungen von Waffen.

2:36

Ja, und ein dauerndes Problem auf ukrainischer Seite ist der

2:40

Munitionsmangel. Das betrifft zum einen,

2:42

ich sag mal vergleichsweise dumme Munition, also einfach

2:45

Artilleriegranaten. Das betrifft aber mindestens ebenso

2:48

sehr smarte Munition, also zum Beispiel Lenkwaffen,

2:52

Marschflugkörper. Und deswegen ist heute

2:55

jedenfalls die Perspektive, dass die Zeit eher für Putin spielt,

2:59

weil er eben mehr militärische Ressourcen hat und weil es ihm

3:02

offenbar auch gelungen ist, das westliche Embargo weitgehend zu

3:05

umgehen. Er schafft es zum Beispiel über Waffenlieferungen aus

3:08

Nordkorea, über andere Schmuggelrouten oder auch durch

3:11

Waffenlieferungen aus dem Iran weiter Drohnen zu bauen.

3:15

Mit Mikrochips zum Beispiel. Also so richtig sieht man jetzt noch

3:17

nicht, dass die russische Militärmaschine in irgendeiner Art

3:20

und Weise ausgehungert-

3:21

Ausgetrocknet würde.

3:22

Ne, überhaupt gar nicht.

3:23

Dazu muss man aber sagen, dass bei den Waffenlieferungen aus dem

3:27

Westen es Licht und Schatten gibt. Vor allen Dingen gibt es ja immer

3:30

viel Debatten, auch um Munitionslieferung. Das hattest du gesagt. Das wird

3:32

besonders dringend benötigt.

3:34

Und da, das haben wir mal reingenommen, weil es eben

3:37

nicht nur Schatten gibt, sondern auch ein bisschen Licht, scheint

3:40

sich die Lage, die Situation

3:42

in der EU etwas zu verbessern

3:44

oder zumindest besser zu sein, als ich das zumindest erst mal so

3:47

wahrgenommen habe. Das erklärte Gustav

3:50

Gressel vom Think Tank European

3:52

Council on Foreign Relations

3:54

im NDR Podcast Streitkräfte und Strategien.

3:57

Da sagte Gressel, die EU hatte ja versprochen, 1 Million

4:00

Schuss Artillerie zu liefern, glaube ich. Das war eigentlich das

4:03

Ziel bis Ende letzten Jahres. Das hat offensichtlich nicht

4:05

geklappt. Er sagt aber, das werde klappen, aber eben erst zum

4:09

Sommer. Im letzten Jahr seien in Europa etwa 650.000

4:13

Schuss Artilleriemunition produziert worden, aber eben rund nur die

4:16

Hälfte davon sei in der Ukraine angekommen, weil europäische Staaten

4:20

eben auch die eigenen Bestände

4:22

aufgefüllt haben und eben nicht alles einfach weitergeben an

4:25

die Ukraine. Aber, sagt Gressel, die EU Kommission habe doch

4:28

dann letztlich einen ziemlich guten Job gemacht, im Herbst dann Verträge

4:32

abgeschlossen. Und jetzt, sagt Gressel,

4:35

gehe tatsächlich die Produktion von Artilleriemunition in Europa

4:38

auch los.

4:39

Wir haben ja in Europa 18

4:41

Produktionsstraßen für Artilleriemunition, und

4:45

das kommt am Ende des Tages schon was zusammen. Es ist nicht so, dass

4:48

wir da ganz unfähig wären. Aber wie gesagt, das ist,

4:52

im Krieg in der Ukraine an der Front kommt davon wenig an, und

4:55

durch das EU Kommissionsgeld, das muss auch gesagt werden, wird

4:59

Europa, die Europäische Union, die 1 Million Schuss pro Jahr

5:03

Marke dieses Jahr auch

5:05

knacken in der Herstellung und wahrscheinlich auch überschreiten.

5:08

Das heißt, es wird von

5:10

Monat zu Monat die Lage für uns, die Amerikaner zu

5:14

substituieren gerade im Bereich Artilleriemunition besser.

5:18

Das ist eben die wichtige Artillerie, aber die vergleichsweise

5:21

dumme Munition. Steckt man in ein Rohr, schießt sie

5:24

ab und dann fliegt sie halt. Dort ist Besserung in Sicht.

5:27

Nicht ganz so gut sieht es bei

5:29

intelligenterer Munition aus. So jedenfalls Herr Gressel.

5:34

Schwierig wird die Lage bleiben bei Spezialmunition, also Patriotraketen

5:38

zum Beispiel sind da ein Klassiker.

5:40

Da wird es bedeutend schwieriger, die Amerikaner zu substituieren,

5:44

weil die Produktion in Europa

5:46

da erst jetzt die Verträge zustande gekommen sind. Und bis die

5:48

hochgefahren wird, ist natürlich noch ein langer Weg und

5:51

das ist noch viel komplexer ist als Artielleriemunition. Dann reden wir

5:55

von sehr langen Lieferzeiten, die neue Patriotraketen in Europa

5:58

haben. Da müssen wir dann schauen, dass wir in dieser Zeit irgendwie

6:02

mit dem Bestand umschichten, um die Ukraine weiter zu versorgen.

6:05

Und das wird natürlich auch zunehmend schwieriger.

6:07

Ja, europäische Eigenständigkeit ist hier aber dringend nötig.

6:10

Ja, denn die Hilfen aus den Vereinigten Staaten kommen jetzt

6:14

schon ins Stocken. Und vor allem ist die mittel- bis

6:16

langfristige Perspektive sehr problematisch.

6:19

Akut geht es darum, dass die Republikaner im amerikanischen

6:23

Parlament die Hilfe für die Ukraine

6:26

bisher blockieren. Das hat auch erhebliche

6:28

innenpolitische Gründe. Also die Republikaner nehmen

6:31

potenzielle Milliarden für die Unterstützung der Ukraine quasi als

6:34

Pfand, um Zugeständnisse der Demokraten an anderer Stelle zu

6:38

erreichen. Aber insbesondere Donald Trump,

6:41

der ja sehr wahrscheinlich der Präsidentschaftskandidat der

6:43

Republikanischen Partei sein wird bei den Wahlen jetzt im Herbst, ist

6:47

für seine Nähe zu Wladimir Putin bekannt. Er rühmt sich so

6:50

seiner Männerfreundschaft mit Putin, und damit drohen die Vereinigten

6:54

Staaten als wichtigste Stütze der Ukraine, was die Militärhilfe

6:58

angeht, einfach wegzubrechen also was das für die Ukraine bedeuten

7:02

würde, also Militärlieferung. Und man muss ja eigentlich sagen, es

7:04

geht natürlich auch, darüber wird weniger geredet, aber es geht ja

7:07

auch viel um das, was man im Englischen so schön intelligence

7:10

nennt, also nachrichtendienstliche

7:12

Erkenntnisse zum Beispiel über russische Positionen,

7:15

Satellitenüberwachungsbilder und so. Also, wenn da tatsächlich

7:19

aus dem Weißen Haus die Order käme, diese Informationen nicht mehr

7:22

weiterzuleiten, dann hätte die Ukraine auch ein Problem.

7:26

Und Deutschlands Rolle ist wenig überraschend, etwas

7:29

zwiespältig. Einerseits leistet Deutschland nach

7:32

den USA die meiste Militärhilfe

7:34

für die Ukraine, also mehr als Frankreich und UK.

7:38

Und das ist, das ist schon mal was. Ich meine Deutschland ist ja

7:41

eigentlich gerade nicht als Militärmacht bekannt, seit dem

7:44

Zweiten Weltkrieg jedenfalls. Und dass wir dann trotzdem so

7:47

umfangreich die Ukraine unterstützen, ist einfach ein

7:50

Statement.

7:50

Andererseits zögert Olaf Scholz seit

7:52

Monaten, der Ukraine

7:55

die sogenannten Taurus Raketen zu liefern. Also Taurus, das

7:58

sind moderne Marschflugkörper.

8:00

Da gibt es natürlich auch verschiedene andere aus England

8:03

und Frankreich vor allen Dingen, aber der USP, also sozusagen

8:06

das Einzigartige dieser Taurus Rakete ist, dass sie eben sehr, sehr

8:10

autonom ist. Sie braucht, so wie ich das verstanden habe, kein GPS von

8:13

außen. Sie kann quasi nur

8:16

mit Bordmitteln und dem einprogrammierten Weg ihr

8:19

Ziel finden. Also das wird dann halt einprogrammiert. Dann fliegt die

8:22

Rakete links, rechts kann durch, Täler, hat eine eigene

8:25

Höhenkontrolle, kann die Umgebung mit Infrarotsensoren lesen und

8:29

so halt den Weg in ihr Ziel finden.

8:31

Und sie hat eine viel größere Reichweite. Ungefähr 500 Kilometer,

8:35

was ungefähr doppelt so viel ist wie die Konkurrenz aus

8:38

Frankreich und Großbritannien.

8:40

Und sie fliegen halt sehr schnell und sind noch gleichsam resistent

8:44

gegen die Flugabwehr. Also nun muss man ganz ehrlich

8:46

sagen, wenn man sich so die Geschichte des Krieges in der Ukraine anschaut,

8:50

dann war schon öfter von fast

8:52

Wunderwaffen die Rede. Also es wurden schon immer

8:54

Waffensysteme hochgejazzt, die dann angeblich der Game Changer sind.

8:57

Und bislang hakt's da,

8:59

wenn ich mal ehrlich bin. Auf der anderen Seite ist jedenfalls

9:02

nicht zu verkennen, dass das schon ein sehr potentes militärisches

9:06

Instrument wäre. Wie gesagt, das ist jetzt nicht die

9:08

eine Wunderwaffe, aber die Taurus würden wahrscheinlich deswegen schon

9:11

helfen, weil sie es eben ermöglichen würden, präzise Schläge

9:14

gegen weit entfernte Infrastruktur auszuführen.

9:17

Da wäre Taurus denke ich schon eine starke Hilfe.

9:19

Ja, gerade zum Beispiel die Brücke zwischen Krim und dem ukrainischen

9:23

Festland, wo viel Nachschub für die russische Armee rüberkommt.

9:26

Das kann man natürlich mit dieser Rakete erreichen.

9:29

Grüne und FDP wollen liefern, schon seit langem.

9:33

Olaf Scholz ziert sich und die SPD.

9:35

Ja, da haben wir im Grunde so eine, so eine Vorstellung von täglich

9:38

grüßt das Murmeltier. Wir hatten ja solche Debatten jetzt

9:41

schon mehrfach, dass einfach in der Diskussion war, ein bestimmtes

9:44

Waffensystem sollte geliefert werden, wird von der

9:48

Ukraine eingefordert. Ganz viele sind dafür,

9:50

interessanterweise FDP und Grüne typischerweise.

9:53

Die SPD und Olaf Scholz hingegen

9:56

haben immer wieder große Bedenken.

9:59

Das Thema ist immer, überschreiten wir mit dieser Lieferung nicht eine

10:02

rote Linie?

10:03

Ja und da muss man sagen, also, wenn es diese roten Linien je gab, dann

10:06

wurden sie alle überschritten, ohne

10:08

dass es wirklich signifikante

10:11

Konsequenzen gehabt hätte seitens Moskau.

10:14

Also das war beim Thema Kampfpanzer

10:16

so. Alle haben gedacht, wenn wir Kampfpanzer liefern, dann eskaliert

10:19

das, dann ist eine rote Linie überschritten.

10:21

Da wurde monatelang drüber debattiert. Das hat Monate gedauert,

10:25

bis Deutschland, bis Scholz sich endlich mal durchgerungen haben,

10:28

Leopard 2 Panzer zu liefern.

10:30

Irgendwann gab dann Scholz nach. Konsequenzen: Keine.

10:33

Ja, keine, insofern, dass Russland

10:35

jetzt nicht irgendwie in Polen einmarschiert ist oder so, wohl aber

10:38

massive Konsequenzen für die ukrainische Sommerinitiative.

10:41

Denn jedenfalls nach Aussage einiger militärischer Analysten hat

10:45

die Sommeroffensive massiv darunter gelitten, dass Panzer eben zu spät

10:49

kam, dass die Besatzungen nicht gut genug trainiert werden konnten usw.

10:52

Usw. Also ich will jetzt nicht so monokausal so tun, als sei

10:56

Olaf Scholz verantwortlich für das Scheitern der Sommeroffensive.

10:58

Aber jedenfalls hat das Zögern

11:01

beim Liefern von schweren Kampfpanzern da einen negativen

11:04

Beitrag geleistet.

11:05

Und es ist halt ein Muster erkennbar. Das ist, finde ich, das

11:08

Bizarre, dass es immer Forderungen

11:10

gibt und Experten Expertinnen sagen, das macht Sinn, das sollten

11:12

wir tun. Viele in der Regierung sind dafür.

11:15

Scholz zögert, zögert, zögert, zögert, bis er dann irgendwann nicht

11:19

mehr zögert.

11:20

Und zwar ohne, dass sich was geändert.

11:21

Ohne, dass sich was geändert hat.

11:22

Das ist, finde ich, der Witz bei dem bei dem Muster von Olaf Scholz.

11:25

Er zögert monatelang und ohne Veränderung der Sachlage ändert

11:29

er dann seine Meinung, so dass man jedes Mal eigentlich sich fragen

11:31

muss, warum haben wir diese Panzer nicht schon vor einem halben Jahr

11:34

geliefert? Das finde ich, also wenn man,

11:38

wie soll ich sagen, das finde ich persönlich nicht so wahnsinnig

11:40

plausibel. Olaf Scholz hat offensichtlich

11:43

einfach Angst.

11:43

Er hat Angst. Er hat Angst, dass die Ukraine jetzt konkret mit den Taurus

11:47

Raketen russisches Territorium angreifen würde.

11:51

Das dürfte die Ukraine völkerrechtlich. Sie greifen ja auch

11:54

russisches Territorium an, haben das aber eben bisher nicht mit

11:57

westlicher Technik getan, soweit man weiß, weil westliche Technik immer

12:01

nur geliefert wird mit der Ansage,

12:03

hier könnt ihr gerne einsetzen, aber bitte nicht auf russischem

12:06

Territorium.

12:07

Wobei man sich auch die Frage stellen kann, warum eigentlich diese

12:11

Anforderung von westlicher Seite gestellt wird. Aus einer politischen

12:13

Perspektive ist es klar, Russland

12:16

nicht provozieren, aber aus einer völkerrechtlichen Perspektive darf

12:19

ein angegriffener Staat sich natürlich nicht nur auf seinem

12:22

eigenen Staatsgebiet verteidigen, sondern er darf durchaus auch

12:25

militärische Einrichtungen

12:27

auf dem Hoheitsgebiet des angreifenden Staats angreifen.

12:30

Also wenn die Ukraine zum Beispiel

12:32

die Brücke zur Krim in die Luft jagen würde, dann wäre das

12:35

völkerrechtlich völlig gedeckt. Wobei man da noch sagen muss, kann

12:38

man sich noch die Frage stellen, ob das nicht ohnehin auf ukrainische

12:41

Staatsgebiet ist, oder ob das internationale Gewässer sind.

12:43

Schwierig, weiß ich nicht auswendig. Hängt wohl auch davon ab, wo die

12:46

Bombe einschlagen wird. Aber auf jeden Fall, das wäre

12:49

völkerrechtlich in Ordnung. Der Westen macht sich da große

12:51

Sorgen, dass das passieren könnte.

12:54

Die Ukraine ist nebenbei relativ erfolgreich, sogar bei Angriffen auf

12:57

russischem Staatsgebiet. Also gerade zum Beispiel hat es

13:00

Explosionen gegeben in einem Treibstofflager in Sankt Petersburg,

13:04

über 1000 Kilometer entfernt

13:06

vom ukrainischen Staatsgebiet. Vieles spricht dafür, dass das

13:09

ukrainische Drohnen waren. Das wird dann von ukrainischer Seite

13:12

immer wieder bestätigt noch bestritten.

13:14

Aber ich meine, warum soll also ein Spritlager oder mehrere Tanks aus

13:17

dem Spritlager über Nacht mit einmal in die Luft fliegen?

13:19

Also Stand heute will Olaf Scholz Taurus nicht liefern.

13:23

Wie gesagt, es ist ein Muster zu erkennen. Es war bei den Leoparden

13:25

so, es war auch am Anfang bei den Haubitzen so, dass es dann auf

13:28

einmal doch ging. Und in der Zeit leidet eben die

13:31

Ukraine. Und die Frage ist, warum

13:34

ist das so? Woher dieser Schlingerkurs?

13:36

Also wir haben uns das lange gefragt, weil das halt so auf

13:40

den ersten Blick so irrational erscheint, einfach lange Zeit nicht

13:43

zu machen, dann irgendwann doch zuzustimmen, ohne dass sich

13:45

eigentlich die Grundlagen dieser Entscheidung verändert hätten.

13:49

Und meine große Sorge ist,

13:51

das können wir natürlich nicht belegen, aber das erscheint mir eine

13:53

plausible Annahme.,Meine große Sorge ist, dass es letztlich der

13:56

Bundesregierung um Olaf Scholz, um eine quasi relativ

14:00

stabile Mittellage geht,

14:02

also quasi darum, diesen Konflikt nicht einzufrieren, sondern quasi

14:05

am Köcheln zu halten, ohne dass der eine oder andere gewinnen soll.

14:08

Sie wollen natürlich nicht, dass die Ukraine zusammenbricht.

14:11

Warum wollen sie das nicht? Weil das ein fatales Beispiel

14:15

wäre, das sich Überfälle auf Nachbarstaaten wieder lohnen.

14:18

Wir wollen natürlich eigentlich keine Angriffskriege, schon mal gar

14:21

nicht in Europa. Und deswegen darf Russland diesen

14:23

Krieg nicht gewinnen. Das hat Olaf Scholz auch häufig gesagt.

14:26

Aber meine große Sorge ist, dass er eigentlich auch nicht will, dass die

14:29

Ukraine gewinnt, um Russland eben nicht zu provozieren.

14:32

Da ist dieses ganz starke Moment,

14:34

den russischen Bären nicht zu sehr zu reizen. Und ich persönlich

14:38

glaube, dass das ein ziemlich

14:40

zynisches Kalkül ist, weil das natürlich ein enorm hohen Preis hat.

14:43

Das würde ich sagen und der Gedanke zu Ende gedacht ist, wenn die

14:46

Ukraine gewinnt, was passiert dann mit Putin? Wird er gestürzt?

14:49

Was kommt danach? Bricht dann das Chaos aus und so?

14:51

Also erstens muss man sagen, das ist Spekulation. Wir können nicht

14:54

reingucken. Also weder gibt es Stimmen aus dem

14:57

Kanzleramt, aus seiner Nähe die das irgendwie nahelegen, dass er

15:01

so was mal geäußert hätte. Das ist reine Spekulation.

15:04

Wir gucken uns die Lage an und denken, was könnte das Motiv

15:07

sein? Wir können nicht in seinen Kopf gucken. Und es gibt auch

15:09

keinerlei Indizien, dass das das Kalkül ist.

15:12

Ich finde, und du hast das gesagt, es wäre extrem zynisch, weil es

15:15

bedeutet, einfach Leute sterben

15:17

zu lassen, um so ein Patt aufrecht zu erhalten.

15:20

Das möchte ich ihm ehrlich gesagt nicht unterstellen.

15:23

Und das zweite ist, dass die Unterstützung ja schon sehr groß

15:27

ist. Also Deutsche haben es gesagt, Deutschland ist der zweitgrößte

15:30

militärische Unterstützer nach den USA für die Ukraine.

15:34

Und das spricht, finde ich dagegen,

15:36

dass es ihnen darum geht, das möglichst auf kleiner Flamme zu

15:39

halten. Auch wenn natürlich dann bei einzelnen Waffensystemen immer

15:42

gezögert wird, hast du natürlich zu Recht gesagt. Es gibt nicht die eine

15:45

Wunderwaffe. Wenn wir Taurus liefern, dann gewinnt die Ukraine.

15:48

So ist es einfach nicht mehr. Wenn wir Leopard liefern, gewinnt

15:50

die Ukraine. Und das, weil wir das nicht wollen,

15:52

liefern wir den Leoparden nicht oder erst spät und weil wir das nicht

15:55

wollen, zögern wir Taurus hinaus. So ist es halt nicht.

15:58

Also das mag ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Auch weil die

16:01

Kosten nicht nur für die Menschen in der Ukraine und für die Soldaten

16:04

Soldatinnen in der Ukraine so hoch sind, sondern weil das ja auch für

16:07

uns mit unfassbarer Unsicherheit

16:10

verbunden ist wirtschaftlich, finanziell, Energieversorgung.

16:13

Dieser Krieg in der Ukraine sorgt

16:15

für so viel Instabilität

16:17

an allen Ecken und Enden. Das es, glaube ich, auch

16:21

aus dieser Perspektive mehr

16:23

Vorteile gäbe, wenn dieser Krieg zu Ende wäre.

16:26

Ja, aber glaubst du wirklich, dass Olaf Scholz ernsthaft möchte, dass

16:30

dieser Krieg mit einem Sieg der Ukraine endet?

16:32

Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst an diese, diese vielfältigen,

16:35

skurrilen Interviewsituation, wo er immer wieder gefragt wurde, soll

16:39

nicht die Ukraine gewinnen? Und er hat das nie gesagt.

16:42

Soweit ich mich erinnern kann, hat er sich immer um diese Aussage

16:44

gedrückt, sondern das immer umgedreht und gesagt, ich will, dass

16:48

Russland nicht gewinnt. Oder die Ukraine darf nicht

16:50

verlieren. Das war, also ich habe nicht jetzt noch mal gegoogelt, aber

16:53

das ist nach meiner Erinnerung quasi der O Ton von Olaf Scholz gewesen,

16:57

während er auf der anderen Seite aber nie gesagt hat, wir wollen,

17:00

dass die Ukraine gewinnt.

17:01

Weil das immer geheißen hätte, zu definieren, was heißt das denn

17:04

konkret?

17:05

Ne, das muss er ja nicht.

17:06

Na gut, aber das hätte zumindest nahe gelegen. Aber was heißt das

17:08

denn, Herr Bundeskanzler? Heißt das, die Krim mit einnehmen?

17:10

Heißt, dass die Ostgebiete außer der Krim zurückzuerobern, heißt,

17:14

dass einen Waffenstillstand herzustellen und die Ukraine

17:18

geht in die NATO. Was heißt gewinnen?

17:19

Klar, natürlich ist gewinnen auch nicht scharf definiert, aber ich

17:21

finde es einfach total spannend, dass er sich konsequent nach meiner

17:24

Erinnerung geweigert hat, diese politische Forderung aufzustellen.

17:28

Und natürlich schon mal gar nicht, was das konkret bedeutet.

17:31

Ich finde das einfach sehr verdächtig und ich finde, an

17:34

ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Also jedenfalls, ich weiß nicht, was

17:36

in seinem Kopf vorgeht, oder generell ja auch in den Vorschlägen

17:39

der Bundesregierung, das sind ja auch keine einsamen Entscheidungen.

17:41

Aber ich finde, vom Ergebnis her ist das, was die Bundesregierung

17:44

tut, diesen Konflikt

17:46

in einer Mittellage zu halten. Keine Seite gewinnt.

17:50

Unter anderem auch, weil die Bundesregierung natürlich auch

17:53

andere europäische Staaten eben

17:55

so viel Unterstützung leisten, aber

17:57

eben auch nicht alles tun, was sie könnten. Also ich glaube, wir

18:00

kommen nicht um die Erkenntnis drum herum, dass jedenfalls die

18:03

Bundesregierung nicht all in geht.

18:05

Sie geht nicht all in, aber sie geht schon mit sehr viel in.

18:09

Absolut!

18:09

Einerseits diese Stelle zweitgrößter

18:11

Unterstützer nach den USA. Und, da kommen wir jetzt zum

18:14

nächsten Aspekt, sie machen

18:17

extrem viel Druck in der EU, dass auch andere EU

18:21

Länder Geld in den Topf

18:23

werfen und die Ukraine mehr unterstützen.

18:25

Ja, und dieser Druck von Olaf Scholz auf europäischer Ebene, der war

18:28

jetzt ja offenbar auch von Erfolg gekrönt. Heute Mittag, während wir

18:31

hier unsere Sendung aufnehmen, kam eine ehrlich gesagt ziemlich

18:34

überraschende Meldung rein.

18:36

Ja, richtig, denn die EU

18:38

Chefs und Chefinnen haben sich

18:40

getroffen. Es gibt einen Gipfel und der sollte eigentlich schon im

18:43

Dezember sollte das eigentlich Thema schon abgefrühstückt worden sein.

18:47

Es geht um die Hilfen

18:49

für die Ukraine, um 50

18:51

Milliarden Euro. Und da gab es und gibt es aktuell

18:54

ein Gipfel, gibt es am Wochenende ein Gipfel und da kam jetzt gerade

18:57

die Meldung, dass die

18:59

sich geeinigt haben, dass vor allen Dingen Ungarn den Zahlungen

19:02

zugestimmt hat. Und jetzt bekommt also die Ukraine 50

19:06

Milliarden Euro über die nächsten vier Jahre von der EU.

19:10

Und diese 50 Milliarden Euro sind substanziell, Die sind für die

19:14

Ukraine überlebenswichtig.

19:16

Das sind halt Haushaltshilfen. Die Ukraine steckt aktuell rund die

19:19

Hälfte ihrer Steuereinnahmen ins Militär, in die Verteidigung ihres

19:23

Landes. Und natürlich klafft da ein Riesenloch.

19:26

Und dieser ukrainische Haushalt, der kann nur mit internationalen Hilfen

19:29

überleben. Und ein Löwenanteil dieser Hilfen trägt heute schon die

19:33

EU. Und jetzt war halt die Frage,

19:35

wie geht es weiter? Was passiert in den nächsten vier Jahren?

19:38

Da waren sich in der EU alle einig. Wir zahlen 50 Milliarden Euro,

19:42

damit die Ukraine überleben kann. Der einzige, der da immer blockiert

19:45

hat bis eben vor, weiß ich nicht

19:48

einer Stunde oder zwei Stunden war eben Viktor Orbán aus Ungarn.

19:51

Genau der ist jetzt also überraschend eingeknickt.

19:53

Also man hatte schon erwartet, dass man sich irgendwie einigen kann.

19:56

Aber auf der anderen Seite hatten die anderen Mitgliedsstaaten der

19:59

europäischen Union auch schon quasi so das Folterbesteck ausgepackt.

20:02

Da war schon die Rede von Sanktionen, Einschränkung des

20:05

Stimmrechts und so, das ist jetzt alles vom Tisch. Aber natürlich ist

20:08

jetzt die spannende Frage, was

20:10

ist das Gegengeschäft? Also was hat Orban für seine doch

20:13

recht überraschende Zustimmung bekommen? Was hat er für sein

20:16

Einknicken bekommen? Und das wissen wir jetzt einfach

20:19

noch nicht. Da müssen wir mal abwarten, ob das in den nächsten Tagen noch

20:22

durchsickert. Aber grundsätzlich ist beschlossen,

20:25

über die nächsten vier Jahre wird

20:27

die Ukraine von der EU mit 50

20:29

Milliarden unterstützt.

20:30

Richtig, das ist super wichtig und das muss man ehrlicherweise

20:34

sagen, das ist wahrscheinlich auch ein bisschen das Verdienst von

20:37

Olaf Scholz.

20:38

Zu unseren Hausmitteilungen. Und da haben wir in dieser Woche für

20:42

euch eine schöne Nachricht. Wir hatten ja schon vor einiger Zeit

20:45

mal angedeutet, dass wir

20:47

unseren Instakanal also ein Stück weit zu einem eigenen

20:50

journalistischen Format ausbauen wollen. Also natürlich soll der

20:53

weiterhin beruhen letztlich auf der Rechercheleistung, die wir hier

20:57

so für unseren Podcast machen. Aber unser Ziel ist es, dass

21:00

Insta eben nicht nur so ein Hinweis ist, hallo, es gibt da so einen

21:03

Podcast, sondern man soll unseren Kanal mit inhaltlichem Gewinn

21:06

lesen können.

21:07

Richtig. Und da freuen wir uns sehr, dass wir für diese Aufgabe

21:11

eine tolle neue Kollegin

21:14

haben gewinnen können, nämlich Anja Lordieck.

21:17

Erst mal ganz herzlich willkommen, Anja. An dieser Stelle auch noch mal

21:20

im Team der Lage der Nation. Wir freuen uns extrem, dass wir Anja

21:23

haben gewinnen können. Die hat schon einige Erfahrung gesammelt auf Insta, auch so mit

21:27

journalistischen Formaten auf Instagram.

21:29

Und wir haben jetzt eine Weile auch

21:31

gebraucht über meine Babypause und dann irgendwie das

21:35

grafisch so ein bisschen aufpeppen, bis das jetzt so ein bisschen ins

21:37

Rollen kommt. Aber seit hier auch wieder der Betrieb so ein bisschen

21:40

normalen Beat gewonnen hat, denke ich, kommen wir da auch gut ins

21:42

Rollen. Und ja, wir sind auch gespannt, was ihr dazu sagt.

21:46

Also euer Feedback. Was könntet ihr euch auch

21:48

vorstellen? Welche Formate, welche Inhalte, welche Ideen könnten wir

21:50

auf Insta ja vielleicht in diesem Sinne auch mal vorantreiben,

21:54

würde ich sagen. Begrüßt doch mal Anja, auch Insta.

21:57

Geht mal zu Insta, Lage der Nation.

21:59

Genau da freut sie sich bestimmt. Wir freuen uns auf euer Feedback.

22:02

Wir alle freuen uns auf eure Vorschläge. Und falls ihr dem Kanal der Lage

22:06

noch nicht folgen solltet

22:08

lagedernation auf Insta. Da sind wir zu finden.

22:12

Wir haben das in den USA gesehen.

22:14

Wir haben es in Polen gesehen, wir haben es in Ungarn gesehen.

22:17

Wenn Autokraten gewählt werden und die Macht übernehmen in einem

22:20

eigentlich demokratischen Staat,

22:22

bringen sie oft die obersten

22:24

Gerichte als erstes auf Linie.

22:26

Und zwar, indem sie halt die Regeln ändern, nach

22:30

denen diese Gerichte funktionieren.

22:33

Warum ist das so? Na ganz einfach. Autoritäre Parteien

22:37

wollen eigentlich nur genau eine Wahl gewinnen müssen.

22:40

Und danach, wenn sie einmal die Macht haben, versuchen sie sich

22:42

typischerweise mit allen Mitteln

22:44

an der Macht festzuklammern, damit sie nie wieder abgewählt werden

22:47

können. Und das zentrale Problem,

22:50

das sie bei dieser Umgestaltung zum Beispiel von Wahlrecht haben,

22:53

ist das jeweilige Verfassungsgericht. Das Verfassungsgericht könnte diesen

22:56

Versuch, einen Staat gleichzuschalten, eine Gesellschaft

22:59

gleichzuschalten, Medien auszuschalten, blockieren.

23:02

Deswegen ist normalerweise

23:04

immer als allererstes Mal das jeweilige Verfassungsgericht im

23:07

Visier. Philip, und da zum Beispiel kann man beispielhaft nach Polen.

23:10

Ja, Polen, Polen, haben wir gesagt. Die PiS hatte den Bearbeitungsmodus

23:14

zum Beispiel geändert des Obersten Gerichts. Da hieß es dann auf einmal

23:17

first come first serve. Also Verfahren, die reinkommen,

23:21

werden in der Reihenfolge abgearbeitet, wie sie halt eingehen.

23:24

Und das lähmt natürlich so ein Gericht, weil es selber nicht mehr

23:26

priorisieren kann. Was ist eigentlich hier wichtig? Was müssen wir abarbeiten, was ist

23:29

unwichtig und was nicht?

23:31

Dann hat aber auch natürlich die PiS das Wahlgremium

23:35

für die Wahl von Richter und Richterinnen, einfach besetzt

23:38

mit linientreuen Personen, um

23:40

eben sicherzustellen, dass in diesem Gericht nur linientreue

23:44

Richter und Richterinnen sitzen. Anderes Beispiel ist Ungarn.

23:47

Die haben eine andere beliebte Strategie unter Autokraten gewählt.

23:50

Ja, das klassische sogenannte Court packing. Also auf Deutsch könnte man

23:53

das überspitzen mit Vollstopfen eines Gerichts.

23:56

Sie haben einfach eine Reihe neuer Stellen geschaffen am ungarischen

23:59

Verfassungsgerichtshof und die mit linientreuen Richterinnen und

24:02

Richtern besetzt. Da gab es dann mit einmal 15 statt elf Stellen.

24:05

Die vier neuen Stellen wurden mit linientreuen Leuten besetzt.

24:08

Damit kippte die Mehrheit und das Verfassungsgericht war schachmatt.

24:12

Also die Erfahrung zeigt einfach, für Regierungen ist es sehr

24:15

verlockend, das Verfassungsgericht auszuschalten.

24:17

Das hat auch noch mal der ehemalige Präsident des deutschen

24:20

Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, auf den Punkt gebracht,

24:23

der sagt, Verfassungsgerichte sind immer ein, wie er sagt, Stachel

24:26

im Fleisch der Machthaber. Denn sie sichern die Rechte von

24:30

Minderheiten gegen die Mehrheit. Sie stellen daher eine Art von,

24:33

wie er das nennt, struktureller

24:35

Opposition dar. Und er sagt, vor allem politische

24:39

Systeme mit totalitären Tendenzen

24:41

tut sich damit natürlich

24:43

schwer.

24:44

Die glauben ja in der Tendenz, sie vertreten den einen wahren

24:47

Volkswillen, und deswegen müssten sie durchregieren können.

24:50

Diese klassischen checks and balances, die es eben in Demokratien

24:54

gibt, Opposition, Medien,

24:56

Justiz und so, das ist denen alles ein Dorn im Auge.

24:59

Und ein weiterer Angriff auf eine demokratische Ordnung

25:03

kann man ebenfalls in Ungarn beobachten.

25:05

Dort nämlich hat Viktor Orbán Änderungen des Wahlrechts

25:08

durchgesetzt.

25:09

Einfach so, das ist auch ein beliebter Sport bei autokratischen

25:12

Systemen, dass die einfach

25:14

zum Beispiel Wahlsysteme

25:17

einführen und so verändern, dass wir auf dem Papier

25:20

zwar noch demokratisch sind, aber de facto darauf hinauslaufen, dass die

25:23

einmal an der Macht befindlichen

25:25

Leute de facto nicht mehr abgewählt werden können.

25:27

Genau das ist das große Problem dass

25:29

eben autoritäre Parteien das versuchen und wirklich verhindern

25:33

könnte das nur das jeweilige Verfassungsgericht.

25:36

Das war in Polen und Ungarn so und das wäre auch in Deutschland so,

25:39

wenn man tatsächlich am Wahlrecht rumfummelt, dann wäre das

25:42

Bundesverfassungsgericht letztlich die einzige Instanz, die das

25:45

noch verhindern könnte. Es sei denn, man hat es

25:49

vorher ausgeschaltet.

25:50

Richtig. Und angesichts der Umfragewerte, vor allem der

25:53

Umfragewerte für die AfD

25:55

in den Bundesländern, in denen

25:57

in diesem Jahr Landtagswahlen stattfinden, aber eben auch

26:00

angesichts der Umfragewerte bundesweit bei rund plus minus 20 %

26:04

gibt es auch in Deutschland

26:06

eine Debatte?

26:07

Ja, wo du sagst 20 %

26:09

Philip, kleine Kurzmeldung. Es gibt erste Anzeichen, dass

26:12

die breiten Demos gegen die AfD

26:14

tatsächlich dazu führen, dass die Zustimmung zu dieser extremen

26:18

Partei langsam abbröckelt.

26:20

Also ich habe jetzt eine Umfrage gesehen 19 %. Da kann man natürlich sagen okay,

26:24

das liegt noch in der Schwankungsbreite.

26:26

Also die AfD bricht

26:28

jetzt nicht zusammen. Natürlich verbreitet sie auch alle

26:31

möglichen Lügengeschichten, das seien von der Regierung gesteuerte

26:34

Demos. Aber sagen wir so es gibt jedenfalls

26:36

so ganz sanfte Tendenzen.

26:37

Aber ich würde dafür plädieren, auch

26:39

bei 19 % sollten wir uns der Frage stellen,

26:43

müssen wir das Bundesverfassungsgericht gegen

26:46

Autokraten jeder Couleur, vor allen Dingen

26:50

in der Farbe Hellblau von der AfD, müssen wir das Gericht schützen?

26:54

Und die Frage ist, wenn ja, wie sollen wir das machen?

26:56

Also Stand heute und das ist eine traurige Erkenntnis wäre

27:00

die Rolle, die Macht, die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts

27:03

einfach zu ändern. Ganz zentral ist hier das sogenannte

27:07

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht, kurz BVerfGG

27:11

im Jurist:innenslang. Und dieses BVerfGG ist so

27:14

eine Art Verfahrensordnung,

27:16

so eine Art Satzung für das Bundesverfassungsgericht.

27:19

Und das regelt eine ganze Menge wichtiger Details dazu, wie

27:23

unser Bundesverfassungsgericht eigentlich arbeitet.

27:25

Und vor allen Dingen in erfreulich klarer Sprache.

27:27

Also es gibt ja Gesetze, die sind so formuliert und so formuliert.

27:30

Aber ich habe mir das auch mal angesehen und das habe sogar ich

27:32

verstanden. Da steht dann drin sinngemäß, wer kann eigentlich

27:35

Richter Richterinnen am Bundesverfassungsgericht werden? Gibt es ein paar Kriterien.

27:38

Unter anderem müssen diese Personen mindestens 40 Jahre alt sein, aber

27:41

dann auch skizziert, wie werden denn diese Richter und

27:45

Richterinnen eigentlich gewählt? Und dann steht da na ja, die eine

27:48

Hälfte der Richter und Richterinnen, die wird eben vom Bundestag gewählt,

27:51

und zwar jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit. Und die andere Hälfte der Richter

27:54

Richterinnen am Bundesverfassungsgericht wird vom

27:56

Bundesrat gewählt, also der Ländervertretung, und zwar ebenfalls

27:59

jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit.

28:02

Dann steht da auch, wie lange können denn eigentlich diese Menschen Richter und Richterinnen am Bundesverfassungsgericht

28:05

sein? Nun steht da zwölf Jahre und es ist keine Wiederwahl möglich.

28:09

Also nach zwölf Jahren ist definitiv aus Ende vorbei.

28:11

Aus wie vielen Richtern und Richterinnen besteht dann eigentlich das Bundesverfassungsgericht?

28:14

16. Und wie viele Senate gibt es?

28:17

Zwei.

28:18

Ja, also die wesentlichen Spielregeln. Und das sind jetzt

28:20

quasi so die Formalien, wie viele,

28:22

wie lange und so. Und dann gibt es da natürlich noch ganz viele Regelungen dazu, wie die

28:25

Verfahren ablaufen. Also wenn man eine Verfassungsbeschwerde

28:27

einreicht, wie wird über die entschieden? Das steht da drin.

28:30

Wie ist das bei bei Normenkontrollen, wie ist das bei

28:33

Organstreitverfahren so? Diese ganzen Spielregeln stehen da

28:35

drin und da würde man ja denken, wo ist das Problem, Ist doch alles

28:38

geregelt. Das Problem ist ganz einfach Das BVerfGG ist

28:41

ein einfaches Bundesgesetz und das bedeutet, es kann mit einer

28:45

einfachen Mehrheit

28:47

im Bundestag geändert werden

28:49

und das ermöglicht gravierende

28:51

Änderungen. Richterinnen Richter könnten mit einem Mal absetzbar

28:54

sein, Richter könnten nach zwölf Jahren wiedergewählt werden können.

28:57

Klammer auf, so dass sie dann vielleicht ein Interesse daran

29:00

hätten, im Sinne der Mächtigen zu entscheiden, Klammer zu.

29:02

Oder Richterinnen und Richter könnten mit einer einfachen Mehrheit

29:05

im Bundestag oder Bundesrat ernannt

29:07

werden. Mit anderen Worten dann bräuchte es gerade keinen breiten

29:10

gesellschaftlichen Konsens mehr, um sie zu wählen. All das könnte man

29:14

mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag ändern.

29:17

Richtig einfache Mehrheit, dahinter

29:19

steht die Vorstellung, was, wenn die AfD mal eine Mehrheit

29:23

im Bundestag stellt und vielleicht sogar die Regierung

29:26

stellt? Dann könnte sie halt mit

29:28

ihrer Mehrheit, mit der Mehrheit der AfD oder vielleicht eines rechten

29:31

Koalitionspartners dieses Gesetz

29:33

ändern und das Bundesverfassungsgericht, so wie wir

29:35

es heute kennen, de facto abschaffen. Und deswegen gibt es in

29:39

Deutschland eine Diskussion. Sollen wir das

29:41

Bundesverfassungsgericht dagegen absichern und wenn ja, wie?

29:44

Und da sind sich eigentlich viele einig, dass wir das machen sollten.

29:47

Und da gibt es im Kern zwei, drei Vorschläge, die gerade

29:51

debattiert werden.

29:52

Genau also der naheliegende Vorschlag ist ja eigentlich okay,

29:56

wenn das Problem doch darin liegt, dass die wichtigen Regeln nur in

29:59

einem einfachen Gesetz stehen, dann schreiben wir doch die wichtigsten

30:02

Regeln einfach ins Grundgesetz, also in unsere Verfassung.

30:05

Da steht nämlich bislang zum Bundesverfassungsgericht extrem

30:08

wenig drin. Da stehen nur die Verfahrensarten drin.

30:10

Und dann noch das Richterinnen und Richter zur Hälfte vom Bundestag,

30:13

zur Hälfte vom Bundesrat gewählt werden. Das war's auch fast schon.

30:16

Und da kann man sich natürlich vorstellen, ganz viele wesentliche

30:18

Fragen fehlen im Grunde im Grundgesetz. Wenn man sie dort

30:21

hineinschreiben würde, dann könnten sie nur noch mit

30:24

Zweidrittelmehrheit geändert werden. Das wäre schon eine sehr gute

30:27

Absicherung, so der wesentlichen Arbeitsweise des BVerfGG.

30:30

Ein alternativer Vorschlag dazu kommt von einem bekannten Berliner

30:33

Rechtsanwalt, der argumentiert,

30:35

na lass uns doch jetzt hier nicht jedes

30:39

Detail ins Grundgesetz schreiben, dafür ist das einfach der falsche

30:42

Ort. Im Grundgesetz sollten wir lieber

30:45

festschreiben, dass das Bundesverfassungsgerichtsgesetz

30:49

nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden kann.

30:51

Ja, das ist, wenn man, wenn man so ein bisschen verfassungsrechtlich

30:55

bewandert ist, erst mal ein ziemlich skurriler Vorschlag.

30:57

Ich glaube, er wird auch nur deswegen diskutiert, weil dieser Rechtsanwalt

31:00

einfach einen sehr, sehr guten Ruf genießt, gute Verbindungen auch ins

31:03

politische Berlin hat. Und ich persönlich kenne ihn auch,

31:06

also wirklich ein sehr, sehr fähiger Mensch. Deswegen denke ich, wird

31:09

dieser Vorschlag diskutiert. Ich bin, wenn ich ehrlich bin,

31:11

trotzdem so ein bisschen skeptisch. Dann gäbe es nämlich mit einem Mal

31:14

ein, quasi ein Supergesetz,

31:16

also ein Gesetz, das anders als alle

31:18

anderen Gesetze nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden

31:21

könnte. Also dieses Gesetz hätte so eine Sonderstellung und

31:25

das gibt es halt sonst überhaupt nicht. Und das heißt, man müsste

31:27

sich dann Gedanken darüber machen, was bedeutet das für das

31:29

Gesetzgebungsverfahren? Man müsste das Grundgesetz an vielen

31:32

Stellen ändern und es würde auch ein stückweit zu einer Versteinerung

31:35

führen, glaube ich. Denn es sind ja jetzt auch nicht

31:38

alle Regeln im Bundesverfassungsgerichtsgesetz

31:40

unmittelbar so relevant, dass ihre Änderung das Bundesverfassungsgericht

31:44

quasi abschießen würde. Also denken wir daran die jüngste

31:46

Änderung zum Beispiel betraf den elektronischen Rechtsverkehr.

31:49

Damit man endlich nach Karlsruhe nicht mehr faxen muss.

31:51

Müsstest du dann mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag

31:54

ändern.

31:55

Ja, und ob das wirklich so sachdienlich ist? Also ich glaube

31:58

ganz ehrlich, also ich verstehe den Ansatz. Die Sorge des Rechtsanwalts

32:01

ist halt, was ist denn, wenn wir das ins Grundgesetz schreiben, die

32:04

wichtigsten Punkte und dabei was vergessen, dann

32:07

wird die AfD doch wieder irgendwie kreativ und so, das sehe ich.

32:10

Auf der anderen Seite aber sehe ich auch, dass es nicht ganz

32:12

ungefährlich wäre, wenn es damit einmal ein Gesetz gäbe, das anders

32:15

ist als alle anderen.

32:18

Deswegen gibt es einen dritten Vorschlag, der hin und her geworfen

32:20

wird. Und danach würde

32:22

das Bundesverfassungsgericht

32:25

selbst ein Veto bekommen

32:27

bei Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes.

32:31

Also das Gesetz kann ja,

32:33

wie eben schon gesagt, heute mit einfacher Mehrheit geändert

32:37

werden. Das wäre dann auch weiterhin so, aber das Gericht selbst

32:41

könnte dann ein Widerspruchsrecht bekommen. Könnte sagen, ihr habt das

32:44

da mit einfacher Mehrheit geändert, aber wir widersprechen

32:47

dieser Änderung. Ihr müsst euch was anderes überlegen, aber der Änderung

32:50

widersprechen wir. Aber auch dafür müsste das

32:52

Grundgesetz geändert werden.

32:53

Also beispielsweise könnte man im Grundgesetz ja regeln, dass ein

32:56

Gesetz, das das BVerfGG ändert,

32:58

also dieses Gesetz über das Bundesverfassungsgericht, dass das

33:01

frühestens drei Monate nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in

33:04

Kraft treten darf und dass das Bundesverfassungsgericht mit seinem

33:07

Plenum, also mit der Versammlung der Richterinnen und Richter, innerhalb

33:10

dieser drei Monate mit Zweidrittelmehrheit beschließen

33:13

kann, dass dieses Gesetz nicht in Kraft tritt. Das wäre aus meiner

33:16

Sicht eine pragmatische Lösung. Also ich würde quasi die Option eins

33:19

und drei kombinieren. Ich würde sagen, man schreibt die wesentlichen Regeln zur Arbeit des

33:22

Gerichts ins Grundgesetz und dann bekommt das Bundesverfassungsgericht

33:26

noch so ein Vetorecht. 2/3 Mehrheitsbeschluss des Plenums

33:29

innerhalb der drei Monate nach dem Gesetz. Dann, glaube ich, wäre

33:32

eigentlich das Bundesverfassungsgericht gut

33:35

abgesichert.

33:36

Und das Argument ist ja auch von den Befürwortern und

33:39

Befürworterinnen, na ja, de facto

33:41

gibt es dieses Veto heute schon in vielen Fällen.

33:45

Denn heute schon ist es so, wenn

33:47

das Bundesverfassungsgerichtsgesetz geändert wird, fragen wir schon

33:51

meistens beim Gericht mal nach,

33:53

wie seht ihr das denn? Haben wir da irgendwie ein Knoten im

33:55

Kopf? Gibt es irgendwelche Probleme? Dann kommt zurück, nein, könnt ihr

33:57

so machen und dann wird das verabschiedet und der Charme wär

34:00

halt naja, wir würden halt so eine informelle kulturelle

34:03

Praxis, die meist angewendet wird, einfach in Gesetzesform gießen.

34:07

Ja, da kann man natürlich sagen, das ist natürlich so ein bisschen

34:09

Problem, dann entscheidet das Gericht ja selber darüber, was

34:12

so an Spielregeln gilt. Aber ich denke so eine 2/3

34:16

Mehrheit im Plenum des Bundesverfassungsgerichts, die würde

34:18

auch nur dann zustande kommen, wenn die Richterinnen und Richter

34:22

wirklich den Eindruck haben, diese Änderung, die zerschießt uns

34:25

im Prinzip unsere ganze Arbeit. Das heißt also, da würde, glaube

34:28

ich, jetzt nicht nur aus parteipolitischen Motiven ein Veto kommen, sondern

34:31

dann, wenn man, wenn sich die Richterinnen und Richter wirklich

34:34

Sorgen machen um ihr Haus. Und wie gesagt, die wesentlichen

34:36

Grundsätze könnte man ja oder sollte man sogar trotzdem noch im

34:39

Grundgesetz festlegen. Und dann hätte man insgesamt, glaube

34:41

ich, eine sehr gute Absicherung, solange das Gericht eben nicht schon

34:45

gekippt ist. Aber dann muss man ganz ehrlich sagen, dann ist eh Essig.

34:47

Dann ist eh vorbei. Genau.

34:49

Welche Änderung des Grundgesetzes auch immer. Alle diese Vorschläge

34:52

laufen darauf hinaus, im Prinzip sind alle dafür.

34:55

Scholz, Die Grünen, FDP, alle wollen das. Auch die Union ist im

34:59

Kern im Boot. Die müssen ja zustimmen, wenn

35:02

das Grundgesetz wie auch immer geändert wird.

35:04

Die zentrale Frage jetzt ist halt, na ja, wie viel soll denn ins

35:08

Grundgesetz? Alle Vorschläge beinhalten irgendeine Art von

35:10

Änderung. Man kann aber nicht jede

35:12

Verfahrensregel reinschreiben, haste gesagt. Aber zu wenig Regeln im

35:16

Grundgesetz schützen das Gericht dann eben auch nicht. Aber du hast

35:18

ja eben schon deine Lösung skizziert. Schreibt das Wesentliche

35:20

rein, gebt dem Gericht ein Veto

35:22

eine bestimmte Periode, innerhalb derer 2/3 des Gerichts eben

35:26

widersprechen können und dann ändern wir das Gesetz nicht aber

35:28

dann heißt es, das geht nicht, da müsst euch was Besseres überlegen.

35:31

So, das sind aber alles

35:34

Überlegungen und Vorkehrungen für den Fall, die AfD

35:38

oder irgendwelche anderen Demokratiefeinde haben eine

35:41

Mehrheit im Bundestag. Das ist nicht wahrscheinlich, aber

35:44

jetzt auch nicht völlig undenkbar. Viel wahrscheinlicher ist aber,

35:47

dass die AfD durch Wahlen

35:49

wächst, größer wird und

35:52

mehr als 1/3 der Sitze im Bundestag bekommt.

35:55

Keine Mehrheit.

35:56

Keine Mehrheit, aber sie bekommen mehr als 1/3 der Sitze im Bundestag und

35:59

das hätte auch so seine ganz eigene Problematik.

36:01

Genau dann kann sie natürlich keine Gesetze ändern, keine Gesetze

36:05

beschließen. Aber sie könnten

36:07

dann die Wahl von Richterinnen und Richtern des Bundesverfassungsgerichts

36:10

blockieren, weil dafür ja eben im Bundestag eine

36:13

Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Genauso für die Richterinnen

36:16

und Richter, die vom Bundesrat gewählt werden eben eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat.

36:19

So, das wäre natürlich eine Katastrophe, wenn die AfD es in der

36:22

Hand hätte, Richterinnen und Richter

36:24

zu blockieren, bis ihnen irgendwann

36:27

mal eine Kandidatin oder wahrscheinlich eher ein Kandidat

36:30

passt. Man nennt das eine sogenannte Sperrminorität, eine

36:33

Sperrminderheit. Und dazu würde eben schon

36:36

1/3 der Stimmen im Deutschen Bundestag reichen.

36:39

Momentan sieht es nicht so aus, aber das ist jedenfalls auch nicht völlig

36:42

esoterisch. Und das ist ehrlich gesagt schon ein

36:44

Problem.

36:45

Aber es ist, glaube ich, schon lösbar.

36:48

Es gibt zum Beispiel den Vorschlag, na ja, wenn der Bundestag

36:53

einfach keine Wahl zustande kriegt, weil die AfD zum Beispiel

36:57

mehr als 1/3 der Stimmen hat, ja,

36:59

dann könnte man sagen, erstens

37:01

kann dann nach X Monaten der Bundesrat wählen. Dann geht also das

37:04

Wahlrecht vom Bundestag auf den Bundesrat über.

37:07

Das hätte auch den Charme, so ein bisschen Zeitdruck entstünde

37:10

einfach, dass sie halt, ihr habt X Monate Zeit, um zu wählen.

37:13

Wenn ihr es nicht schafft, dann übernimmt das eben der Bundesrat.

37:15

Das ist nämlich total eingerissen. Also beispielsweise hab ich ja mal

37:18

für Winfried Hassemer gearbeitet am Bundesverfassungsgericht als

37:20

wissenschaftlicher Mitarbeiter, und der musste monatelang nachsitzen,

37:24

obwohl er eigentlich schon eine neue Stelle hatte in einer Kanzlei zum

37:26

Beispiel, bis dann irgendwann sich mal die Parteien in Berlin auf

37:30

Andreas Voßkuhle geeinigt haben, bei dem ich da noch ein paar Monate

37:33

gearbeitet habe. Also, und das war für alle

37:35

Beteiligten ehrlich gesagt ziemlich unangenehm. Deswegen, dieser

37:38

Zeitdruck wäre durchaus heilsam,

37:40

damit eben das politische Berlin nicht das Gericht so hängen lässt.

37:43

So, aber dann ist natürlich die Frage okay, dann ist der Bundesrat

37:46

zuständig. Aber was, wenn auch dort

37:49

die AfD über Beteiligungen an Landesregierungen ein

37:52

de facto Veto hat, weil sie mehr als 1/3 haben?

37:55

Also ich denke, die pragmatische Lösung für diesen Fall, also

37:58

Deadlock in beiden Kammern

38:00

wäre, dass dann das Bundesverfassungsgericht eine

38:02

Vorschlagsliste nach Berlin schicken sollte.

38:05

Ja, dann einigt sich das Plenum auf eine Liste von meinetwegen drei oder

38:08

fünf Menschen, wo sie sagen, die haben die fachliche Expertise und

38:12

auch die Persönlichkeit, dass wir sie uns in unserer Runde vorstellen

38:15

könnten. Und dann könnte der Bundestag aus dieser Liste

38:19

in zwei Wahlgängen eine neue Richterin oder einen neuen Richter

38:22

wählen. Also im ersten Wahlgang würde man quasi eine Platzierung

38:24

vornehmen. Wer ist Erster, Zweiter, Dritter, Vierter, Fünfter von den Stimmen im

38:28

Bundestag und dann in einem zweiten

38:30

Wahlgang aus den beiden Bestplatzierten jemanden wählen.

38:33

Das heißt, wer sich dann in diesem Zweiwahlgangsystem durchsetzt,

38:37

der wäre dann gewählt, auch wenn er keine 2/3-

38:40

Sondern mit einfacher Mehrheit.

38:41

Mit einfacher Mehrheit. Der wäre dann gewählt und wahrscheinlich

38:43

würde es dann ja eine absolute Mehrheit, wenn in der Stichwahl nur

38:46

zwei Personen auf dem Zettel sind, müsste in der Regel jemand eine

38:49

absolute Mehrheit kriegen, aber eben keine Zweidrittelmehrheit.

38:51

Und dadurch könnte dann auch ohne die Zweidrittelmehrheit

38:55

aber sichergestellt werden, dass hinter dieser Person einfach

38:58

ein, wie soll ich sagen, eine breite gesellschaftliche Mehrheit steht.

39:01

Einfach weil die Person ja zunächst mal vom Plenum in Karlsruhe

39:04

nominiert werden müsste.

39:05

Ich finde, so einen Einwand gegen dieses Prinzip ist natürlich so eine

39:07

Art Selbstrekrutierung der Eliten. Also wenn das, wenn das Gericht

39:10

anfängt, selber Listen zu schreiben, wer denn jetzt hier

39:14

uns genehm wäre in diesem Gericht, wen wir für geeignet

39:18

hielten, dann ist es natürlich das Gericht selber, was den Nachwuchs

39:22

quasi mit-, zumindest maßgeblich, mitbestimmt. Und so eine richtige

39:26

Frischzellenkur und so ein richtiger Austausch

39:30

weiß nicht, wird dann zumindest unwahrscheinlicher.

39:32

Das teile ich absolut. Das ist ein Schönheitsfehler.

39:35

Man kann auch ein ganz bisschen natürlich zweifeln an der

39:37

demokratischen Legitimation. Also wenn das Parlament zwar noch

39:40

wählt, aber nicht mehr völlig frei aus allen Menschen, die 40 sind.

39:44

Sehe ich durchaus dieses Problem. Auf der anderen Seite muss man

39:46

sagen, wir reden hier ja im Grunde von einer Situation des

39:49

Rekrutierungsnotstands, wenn eben das normale Wahlverfahren mit

39:53

Zweidrittelmehrheit nicht mehr funktioniert, weil die Autoritären

39:56

schon so weit vorgedrungen sind. Und ich denke mal, in einer solchen

39:59

Notstandssituation muss man ja irgendwie schauen, dass

40:03

das Gericht neu besetzt werden kann. Und da scheint mir ein Vorschlag aus

40:06

Karlsruhe plus absolute Mehrheit

40:08

ein guter Kompromiss. Wie gesagt, für eine Notsituation.

40:11

Das hält dann zumindest so lange die Arbeitsfähigkeit des Gerichts

40:14

aufrecht, wie das nicht selber

40:16

gekippt ist. Aber wie gesagt, das haben wir eben schon gesagt. Wenn das Gericht gekippt ist, dann ist

40:20

Essig. Dann weiß man auch nicht mehr, was dann passiert.

40:22

Wir kommen zum nächsten Thema und das ist ehrlicherweise ein bisschen

40:25

ein persönliches, was wir hier aber mal reingenommen haben,

40:28

weil ich glaube, dass es auch insgesamt

40:33

ein Abbild der gesellschaftlichen Stimmung durchaus sein könnte, was

40:35

sich bei uns, in mir, bei

40:37

mir so, so abspielt. Ich muss nämlich ehrlich sagen,

40:41

mich hat vor allen Dingen in der letzten Woche diese politische

40:43

Situation ja

40:47

mindestens nachdenklich gemacht und sie ist auch ein bisschen auf's

40:50

Gemüt geschlagen, finde ich. Also diese Umfragen

40:53

der AfD und dann auch diese Performance der Ampel oder

40:57

das Erscheinungsbild der Ampel. Ich habe mich da manchmal ein

41:00

bisschen hilflos und ein bisschen machtlos gefühlt,

41:05

weil ich mich immer so gefragt hab, ja, wo geht es denn jetzt

41:08

weiter? Was ist denn jetzt hier

41:10

der Pfad für die nächste zweite Halbzeit? Die Baustellen sind

41:13

bekannt. Wie geht es denn jetzt los?

41:15

Und mir fehlt da so der Spirit

41:17

und auch so der konstruktive Ansatz.

41:20

Und ich habe dann überlegt und saß dann auch im Auto auf dem Parkplatz

41:23

neulich und so und hab gedacht, was ist denn hier eigentlich das

41:26

Problem? Und ich glaube das Problem und warum einen das so ein

41:29

bisschen runterziehen kann, diese aktuelle politische Situation sind

41:32

weniger, die Inhalte, sind weniger die Gesetze, die die Ampel

41:36

macht und für die sie steht. Also wenn du dir den

41:38

Koalitionsvertrag anguckst, der ist ganz okay.

41:40

Wenn du dir diese von uns ja auch schon zitierte Bertelsmannstudie

41:43

anguckt, was haben die sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, was

41:47

sind sie zumindest angegangen, was haben sie auch schon abgeschlossen?

41:49

Da sind sie wirklich gut dabei. Da haben sie schon überdurchschnittlich

41:53

viel umgesetzt und auch abgeräumt.

41:55

Wir haben einen Boom bei der Photovoltaik, wir haben ein neues

41:58

Einwanderungsrecht, das nicht perfekt ist, aber doch verbessert

42:01

wurde. Wir haben Megakrisen gemeistert, wir sind raus aus dem

42:04

russischen Gas. Klar, es ist nicht alles super.

42:07

Ich meine, wir haben ein Buch geschrieben, das heißt die Baustellen der Nation.

42:09

400 Seiten über Baustellen.

42:10

Über Baustellen. Also da ist durchaus einiges zu machen.

42:13

Dass wir in dieser Situation kaum investieren, kaum neue Schulden

42:17

machen und uns auf unsere Schuldenbremse immer berufen, ich

42:20

würde sie jetzt mal Deutschlandbremse nennen, weil sie einfach ein Problem

42:23

ist für dieses Land,

42:25

das ist alles

42:27

doof, aber die Ampel hat

42:29

in diesen zwei Jahren, würde ich sagen, mehr Wandel

42:33

geschafft und mehr Umbau geschafft

42:35

als Merkel mindestens

42:38

in ihrer letzten Amtszeit. Also an den Inhalten

42:41

liegt es nicht diese Krise

42:43

der Ampel und mein Stimmungstief. Bei mir

42:47

liegt es eher daran,

42:49

wie A) diese Umfragen

42:51

natürlich sind. AfD 20 % bundesweit, 19, meinetwegen 18,

42:55

aber es sind immer noch zu viel. Und dann diese 30, 40 % in

42:58

einigen ostdeutschen Bundesländern.

43:00

Bei mir liegt es eher so ein bisschen daran, dass ich das Gefühl

43:03

habe, die Kommunikation

43:06

stimmt einfach nicht. Und ich finde, diese Demonstrationen, die wir gesehen

43:09

haben, die spiegeln das eigentlich ganz gut wieder. Du hast diese

43:12

Demonstrationen, die finden statt, das sind Hunderttausende, die auf

43:15

der Straße sind. Und das, finde ich, spricht ja auch

43:17

so ein bisschen für die These, oder scheint eine Manifestation

43:21

dieser These von Soziologen zu sein,

43:23

wie zum Beispiel Steffen Mau. Die sagen, unsere Gesellschaft ist

43:26

nicht polarisiert. Es gibt nicht die beiden großen

43:29

Lager, die sich gegenüberstehen

43:31

und gleich groß sind, sondern es gibt eine große, große Mitte.

43:34

Die ist total heterogen, kann sich aber auf sehr

43:38

Mitte orientierte, konsensorientierte, schon so ein

43:41

bisschen mainstreamig demokratieorientierte Inhalte einigen und dann gibt es am Rand die Extremisten. Das ist das Bild, was sich aktuell,

43:50

finde ich, auch in diesen Demonstrationen manifestiert.

43:53

Was mir fehlt ist, die Ampel

43:55

schafft es nicht, diesen

43:57

Spirit umzusetzen und kommunikativ

44:00

aufzunehmen, um ihre Inhalte

44:02

zu verkaufen und so einen Aufbruch zu kommunizieren,

44:06

der sich eigentlich in diesen Demonstrationen manifestiert.

44:09

Ja, man muss da ganz ehrlich sagen, diesen Aufbruch hat sie ganz am

44:12

Anfang ja durchaus kommuniziert. Also als diese Koalition Ende 2021

44:16

geschlossen wurde, fand ich, gab es durchaus was von einem Aufbruch.

44:20

Sie hat sich ja auch selber als Fortschrittskoalition bezeichnet.

44:23

Da gab es dieses berühmte Foto auf Insta von den

44:26

Verhandlungspartnerinnen und -partnern von Grünen und FDP, die

44:29

schon den Eindruck vermitteln wollten wir machen das jetzt hier mal zusammen.

44:32

Aber Philip, trotzdem, da hat sich tatsächlich eine Menge getan.

44:36

Du bist da ja auch überhaupt nicht alleine mit deiner Wahrnehmung.

44:38

Also es gibt zum Beispiel ja auch Umfragen, so quasi zur Stimmungslage

44:41

der Menschen in Deutschland. Und die genauen Zahlen hab ich jetzt

44:44

gar nicht im Kopf, aber im Kern ist es so, 70, 80 % sind total

44:48

skeptisch, was die Situation Deutschlands, was die Zukunft des

44:51

Landes angeht. Obwohl die persönliche Situation

44:54

von über 80 % als überwiegend gut oder sogar sehr gut eingeschätzt

44:57

wird. Also den Leuten geht es gut, aber sie haben das Gefühl, mit dem

45:00

Land geht es bergab. Und interessant ist ja auch,

45:03

dass dieses Gefühl, mit dem Land geht's bergab, sich überhaupt

45:07

nicht in den Kennzahlen der Wirtschaft widerspiegelt.

45:09

Die Wirtschaft ist ja alles andere als im Keller.

45:11

Ja, sie wächst zurzeit nicht. Es gab kurz sogar eine Rezession,

45:14

also ein Minuswachstum. Zurzeit kann man sagen, mehr oder

45:17

weniger Nullwachstum, wird vielleicht diese kurze Rezession

45:20

gerade aufgeholt? Das klingt jetzt erst mal nicht

45:22

doll, aber der Dax ist auf einem Allzeithoch.

45:25

Viele Unternehmen fahren riesige Gewinne ein, es herrscht nahezu

45:28

Vollbeschäftigung im Land, überall fehlen Arbeitskräfte.

45:31

Mit anderen Worten, also eigentlich der Wirtschaft geht es gut, den

45:34

Menschen persönlich geht es gut. Wo kommt diese schlechte Stimmung

45:38

her? Das ist ja, das ist ja auf eine bestimmte Weise total irrational.

45:41

Und deswegen haben wir uns in dieser Sendung gedacht,.lohnt sich das,

45:44

sich dieser Frage noch mal zu öffnen? Wo kommt diese irrational

45:48

schlechte Stimmung her?

45:48

Ja, ich würde, bei der Wirtschaft würde ich einhaken.

45:50

Ich gebe dir bei der Stimmung insgesamt recht, aber bei der Wirtschaft will ich einhaken, da ist

45:53

das Bild nicht ganz so eindeutig. Ich meine, du sagt Vollbeschäftigung.

45:56

Wir haben jetzt aktuell glaube ich, 6 % Arbeitslosigkeit.

45:58

Das ist, würde ich sagen,

46:00

immer noch historisch nicht so viel, aber es ist nicht Vollbeschäftigung

46:03

und wir haben halt-

46:05

Ich hab gesagt annähernd Vollbeschäftigung und also 100 %

46:07

Vollbeschäftigung hast du nie, weil nie das Angebot an Arbeitskraft

46:11

exakt eins zu eins passt zu der Nachfrage nach Arbeit.

46:14

Das hast du nie.

46:15

Ich will nur sagen, ich will, ich will, ich sage es mal so, dieses nur

46:18

positive Bild der deutschen Wirtschaft ein bisschen

46:20

relativieren. Aber trotzdem hast du recht, uns geht es relativ

46:23

gut und die Frage ist,

46:26

warum schafft die Ampel es nicht,

46:30

diese relativ gute Wirtschaft und diese Dynamik, diese

46:32

gesellschaftliche Aufbruchsdynamik

46:35

und dieses Bekenntnis für Demokratie

46:37

und Vielfalt, die sich in diesen Demonstrationen zeigt, warum schafft

46:41

die Ampel das nicht

46:43

aufzunehmen und zu übersetzen

46:45

in eine politische Dynamik? Und ich glaube, das liegt

46:48

an der mangelnden Kommunikationskompetenz

46:52

dieser Regierung. Die Ampel schafft es nicht,

46:54

diese kommunikative

46:57

Wende hinzukriegen. Sie finden keine Worte

47:00

für die Wende. Ja, nimm Merkel, wir

47:04

schaffen das. Nimm Mario Draghi, whatever

47:07

it takes.

47:08

Die hat damals im Grunde den Euro gerettet mit einem Satz ja.

47:11

Auch Scholz, Zeitenwende.

47:13

Da hat das mal funktioniert. Also Olaf Scholz kann ja durchaus

47:16

eine Vision kommunizieren,

47:18

wenn er das mal will.

47:19

Und diese Aussagen zeigen, welche

47:21

Macht Kommunikation hat,

47:24

welche Macht gute Politiker

47:26

und Politikerinnen haben, die zur richtigen Zeit die richtigen

47:30

Worte finden. Da braucht es nicht viel.

47:32

Wir schaffen das. Whatever it takes, das sind drei Worte.

47:34

Ja, drei Worte, die natürlich jetzt nicht die Welt verändert haben, aber

47:38

die unglaubliche Macht entfaltet

47:40

haben. Und was mir fehlt,

47:42

ist, dass die Ampel für diese Zeit, in der wir stecken, und

47:46

für die Herausforderungen, vor denen wir stehen, nämlich unsere

47:50

Gesellschaft zu wandeln,

47:52

umzubauen zu mehr Klimaneutralität,

47:55

dass ihnen dafür die Worte fehlen. Dafür haben sie keine

47:58

Begriffe gefunden, die die Leute verstehen, die die Leute

48:01

unterschreiben und die die Leute dazu bringen, in ihrer Mehrheit da

48:05

mitzugehen. Und dazu gehört, dass man den

48:08

Leuten reinen Wein einschenkt.

48:10

Du kannst nicht hingehen, wie Scholz sagen ja, ja, Wandel.

48:12

Aber der wird euch nicht betreffen. Ihr werdet davon gar nichts

48:15

mitkriegen. Du musst den Leuten reinen Wein

48:18

einschenken, dass sich was ändern wird und dass das auch nicht alles

48:21

super sein wird. Aber du musst ihn gleichzeitig

48:24

vermitteln, dafür gibt es einen

48:26

Plan. Und diesen Plan

48:28

verfolgen wir langfristig.

48:30

Da wäre natürlich das Thema Migrationspolitik wieder so ein ganz

48:33

zentrales Kommunikationsversagen

48:35

aus meiner Sicht. Man müsste den Menschen sagen,

48:38

Migration ist gut und sie ist ohnehin auch nicht zu

48:41

verhindern. Das wäre die Wahrheit. Nicht irgendwie Abschiebeinitiativen,

48:44

sondern man müsste den Menschen sagen, wir können unser Land ohnehin

48:47

nicht abschotten. Das ist völlig aussichtslos. Vielleicht kann man

48:49

die EU abschotten. Schwierig. Aber Deutschland

48:52

abschotten funktioniert nicht. Es ist auch eine Schnapsidee,

48:55

Deutschland möglichst unattraktiv

48:57

zu machen. Wir werden nie unattraktiver sein als bestimmte

49:00

Herkunftsländer, als Afghanistan und Syrien. Und man müsste es den Leuten

49:04

einfach ehrlich sagen. Die Menschen werden kommen.

49:06

Und der zweite Gedanke wäre, das

49:08

ist auch gut so. Wir brauchen diese 400.000 Menschen

49:11

und man müsste dann vernünftig reden über den Umgang mit Migration.

49:14

Das, find ich, ist ein klassisches Beispiel, wo einfach die SPD,

49:17

die FDP, partiell auch die Grünen

49:19

rechtsextremen Narrativen hinterherrennen mit den bekannten

49:23

Folgen. Wo steht die AfD? Und natürlich auch mit so

49:26

Schnapsideen, die jetzt im politischen Raum wieder Platz

49:28

greifen, die Bezahlkarte, Philip. Die Bezahlkarte, wo die Kommunen

49:32

sagen ist Quatsch, wo alle wissen riesen Bürokratieaufwand.

49:35

Wo alle wissen, wird natürlich die Transfers in die Heimatländern nicht

49:38

verhindern. Diese Bezahlkarte kommt jetzt. Das ist einfach nur noch

49:41

absurde Politik und ich finde, das ist einfach ein schönes Beispiel für

49:45

Kommunikationsversagen.

49:46

Und ich würde sagen, zum reinen Wein gehört aber auch, wir haben in

49:49

Berlin Tegel ein Übergangslager.

49:52

Ja, da sind 5-6000 Geflüchtete aus der Ukraine, aus

49:57

der ganzen Welt. Die sollten da ursprünglich mal,

50:00

als das eingerichtet wurde, Krieg in der Ukraine beginnt Frühjahr 22

50:04

wenige Tage

50:06

verbringen.

50:07

Wie das so geht.

50:08

Die sitzen da, weißt du, die finden

50:10

keine Wohnung, die finden keine Arbeit.

50:13

Das findet in Berlin ein bisschen außerhalb der Öffentlichkeit statt,

50:15

weil die da halt so abgekesselt sind. Aber das sind natürlich

50:19

Probleme, die wir haben.

50:20

Ja, da muss man das eben so kommunizieren. Da muss man sagen, die Leute sind da, die wollen wir

50:24

auch nicht wieder zurückschicken, im Fall der Ukraine können wir nicht,

50:27

geht gar nicht aus humanitären Gründen. Aber es kommen eben auch

50:29

noch viele andere Leute, die wir aber objektiv nicht wieder

50:32

loswerden, warum auch immer. Da können wir Abschiebeinitiativen

50:35

starten, bis wir schwarz werden. Die werden wir nicht los, die sind

50:38

hier und die bleiben hier auch. Das wäre ehrliche Kommunikation,

50:41

nicht irgendwie so Failkommunikation, abschieben wie so

50:45

ein Weltmeister, das wird ohnehin nicht funktionieren.

50:47

Was sagt das Innenministerium? 600 Leute mehr von den

50:50

350 oder 300.000 etwa, die im Land grundsätzlich

50:54

ausreisen.

50:54

Durch diese letzte Abschiebeinitiative.

50:56

Eine solche Quatschkommunikation. Und das ist jetzt das Thema

50:59

Migration, wo man einfach sieht, da hat sich die Ampel selber ein Bein

51:02

gestellt. Die FDP klebt jetzt in Berlin Plakate irgendwie

51:05

so mit, dass sie irgendwie

51:07

Migration kontrollieren will. Was für eine Schwachsinnskommunikation!

51:11

Sie verspricht den Leuten, dass man das irgendwie nennenswert

51:15

beeinflussen könnte, anstatt das zu tun, was eine progressive Politik

51:18

jetzt machen müsste, für die möglichst gute Integration

51:22

zu sorgen, die Leute so schnell wie möglich in Arbeit bringen, das wäre

51:26

doch Zukunftskommunikation.

51:27

Das ist richtig. Aber ich würde dir widersprechen, dass man Migration

51:30

nicht kontrollieren kann.

51:31

Ja, das hatten wir ja schon mal.

51:32

Hatten wir schon mal.

51:33

Ich habe das ja differenziert. Deutschland kann das nicht.

51:35

Man kann das an den europäischen Außengrenzen vielleicht.

51:38

Da gibt es alle möglichen Ideen

51:40

mit irgendwelchen Staaten in Afrika, wo man die Leute parken könnte und

51:43

so. Ich glaube, das Fass müssen wir nicht wieder aufmachen. Aber aus

51:45

einer deutschen Perspektive wäre die ehrliche Kommunikation, wir können

51:48

da überhaupt gar nichts machen. Wir können 600 Leute mehr

51:51

abschieben, Philip, bei 300.000.

51:53

Abschieben, gebe ich dir recht. Aber ich-

51:55

Was willst du denn machen? Willste die Mauer wieder aufbauen?

51:57

Nein, ich will nicht die Mauer wieder aufbauen. Aber es gibt ja

52:00

international viele Beispiele,

52:03

wie du es schaffst, Leute, die irgendwie irgendwelche Gewässer

52:06

überqueren, daran zu hindern, diese Gewässer zu überqueren und

52:10

darin zu sterben und ihn trotzdem

52:12

Schutz zu gewähren.

52:13

Das ist aber, das ist aber kein deutsches Thema. Wir haben, soweit

52:15

ich weiß, keinen Strand am Mittelmeer. Das ist wenn überhaupt

52:18

eine EU Thema. Und aus einer deutschen Perspektive wäre die

52:22

ehrliche Kommunikation, wir können da überhaupt gar nichts machen.

52:24

Wenn überhaupt, können wir uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen.

52:27

Stand heute müssen wir davon ausgehen, die Leute sind hier, die

52:30

Leute werden kommen und die Leute bleiben auch hier.

52:32

Und deswegen reden wir darüber, wie wir mit diesen Menschen am besten

52:35

umgehen. Es ist einfach eine Quatschkommunikation, dieses

52:38

Regelungsnarrativ aufrechtzuerhalten, dieses Narrativ,

52:41

wir können Migration nennenswert beeinflussen. Wie gesagt, vielleicht

52:44

auf EU Ebene, aber der Bundeskanzler ist nun eben nicht der Chef der EU

52:47

Kommission, weißt du? Und deswegen nervt das, dass der

52:49

Bundeskanzler den Leuten da nicht, das sind ja deine Worte, dass der

52:53

Bundeskanzler den Menschen nicht reinen Wein einschenkt.

52:55

Und ich finde, das ist einfach ein unglaubliches Politikversagen.

52:59

Das trägt wahnsinnig bei zum Aufstieg der AfD.

53:01

Und wir haben natürlich noch ein zweites wichtiges Politikfeld,

53:04

nämlich die Klimapolitik. Weil auch da wird ja den Menschen

53:07

jedenfalls nicht in der nötigen Weise gesagt, was einfach die

53:11

politischen Realitäten sind.

53:12

Ja, und das habe ich ja eben auch schon gesagt, du kannst den Leuten

53:15

diesen Wandel nicht schmackhaft machen, indem du sagst, jaja,

53:19

das wird sich viel ändern, aber euch wird das nicht betreffen und

53:22

letztlich verlangen, das ist ja übrigens jetzt gerade auch neu,

53:26

große Unternehmen der deutschen Wirtschaft, 50 Unternehmen, haben

53:29

Appell geschrieben von Aldi über Rossmann bis Thyssenkrupp, dass

53:32

sie sagen, Deutschland muss klimaneutral werden.

53:34

Okay, so weit, so gut. Sie sagen aber, Klimaneutralität sei

53:38

eine Chance für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg in

53:40

Deutschland. Und jetzt kommt's, aber dafür braucht es eben einen klaren,

53:44

langfristig und gut kommunizierten

53:47

Plan, damit die Leute das verstehen,

53:49

damit auch die Wirtschaft sich drauf einstellen kann. Das sagt die

53:51

Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, die das quasi

53:55

vorgebracht hat Sabine Nallinger.

53:57

Die Politik muss jetzt klare Perspektiven, quasi ein

54:01

Leitbild für 2045

54:03

für den klimaneutralen Standort Deutschland aufzeigen.

54:07

Das geht nur, wenn alle demokratischen Parteien in

54:10

der Regierung und der Opposition zusammenarbeiten.

54:13

Wir brauchen einen verlässlichen Plan, der mehr als eine

54:16

Legislaturperiode überdauert.

54:19

Investitionen in die Transformation

54:21

sind langfristig angelegt und brauchen einen verlässlichen

54:24

Fahrplan als Basis.

54:26

So schaffen wir neue Wachstumsperspektiven und

54:30

halten rechtsextreme politische Ränder klein.

54:33

Die Ampel, würde ich sagen, macht aber fast das Gegenteil.

54:35

Die wirkt halt nicht geschlossen,

54:37

nicht planvoll, nicht energisch. Es gibt bei der Ampel

54:41

kaum ein Projekt, das sie nicht selber torpediert.

54:45

Jedenfalls kommunikativ.

54:47

Jedenfalls kommunikativ. Ich meine, die härtesten Debatten, die wir in Deutschland

54:49

erleben, ist nicht zwischen der Regierung und der Opposition.

54:52

Das ist zwischen den Koalitionsparteien, und das finde

54:56

ich, das kann nicht sein.

54:56

Ja, und ein Beispiel dafür war ja die Rede des

54:59

Bundesfinanzministers Christian Lindner vor einigen Tagen vor so

55:02

einer Bauerndemo in Berlin.

55:05

Das hat also auch die Historikerin

55:07

Hedwig Richter im Spiegel in einer Kolumne vor einigen Tagen sehr

55:10

deutlich kritisiert. Sie sagte sinngemäß, dass diese Rede

55:13

eigentlich ein Tiefpunkt der Kommunikation der Ampel war, weil

55:16

Christian Lindner sich im Grunde die ganze Zeit nur in Opposition

55:19

begeben hat zu den gerade

55:21

von der Ampel gefassten Beschlüssen. Man kann ja lange streiten über die

55:25

Subventionen für die Bäuerinnen und Bauern, aber wenn man die in der

55:28

Koalition einmal beschlossen hat, dann muss man es halt auch

55:31

durchziehen. Oder man darf es gar nicht erst beschließen.

55:34

Aber ein solches Chaos jedenfalls

55:36

darf nicht eintreten.

55:36

Sie hat halt argumentiert, und das fand ich halt ganz interessant,

55:40

deswegen fand ich diese Kolumne auch lesenswert, warum

55:44

diese diffuse,

55:46

widersprüchliche, inkohärente

55:49

Kommunikation und dieses zerstrittene

55:53

und chaotische Bild von

55:56

der Regierung, was dadurch entsteht,

55:58

warum das so schädlich

56:00

und problematisch ist. Sie beschreibt dieses chaotische

56:04

Bild in der Öffentlichkeit, was von der Ampel selbstverschuldet

56:07

mit entstanden ist als

56:10

Humus, würde ich das mal paraphrasieren, für Extremisten.

56:13

Und wir haben sie quasi noch mal gebeten, dieses Argument uns

56:17

in einer kleinen Sprachnachricht auszuformulieren.

56:19

Okay. Also ich denke, dass wirklich ganz prinzipiell das Chaos der

56:23

Tummelplatz der Rechtsextremisten ist, weil sie ja das in

56:26

Anführungsstrichen System attackieren. Also sie sind ja

56:29

grundsätzlich gegen die liberale

56:31

Ordnung, gegen die liberale Demokratie und je schlechter

56:34

das scheinbar funktioniert desto wichtiger. Und deswegen ist ja in

56:37

ihrer Kommunikation ganz

56:39

wichtig, dass sie diese Vorstellung stark machen und dass sie in dieser

56:42

Vorstellung leben, dass sie quasi

56:44

in einem failed state sind, bzw.

56:46

ganz kurz davor. Und das muss ja immer und immer

56:49

wieder wach gehalten werden, dass überhaupt nichts mehr funktioniert.

56:53

Und da ist es natürlich gut, wenn dann die Regierung sich selber

56:56

widerspricht, sich selber attackiert, sich selber

56:58

despektierlich über andere Regierungsmitglieder äußert.

57:01

Und wenn dann noch sogar ein Minister sagt, dass diese Politik

57:05

schlecht ist und sich darüber lustig macht und sich den Populisten

57:08

offiziell in so einer Rede, in einer öffentlichen Rede

57:12

anbiedert, das finde ich wirklich ganz fatal.

57:14

Ich finde das total überzeugend. Wie soll denn eine Regierung die

57:18

Menschen in Deutschland überzeugen, insbesondere die Menschen, die ihr

57:21

vielleicht politisch zunächst mal nicht so wahnsinnig nahestehen, wenn

57:24

sie sich noch nicht mal selber überzeugt?

57:26

Also das ist doch gedanklich ein klarer Schritt. Erst muss man sich

57:29

in einer Koalition auf irgendwas einigen.

57:32

Und dann müssen eben auch wirklich alle dazu stehen.

57:34

Und wie gesagt, wenn das selbst schon die einflussreichste

57:37

Persönlichkeit bei der FDP nicht schafft wie Christian Lindner in

57:40

diesem Fall, dann muss man sich natürlich auch nicht wundern, wenn

57:42

die Menschen in Deutschland das Gefühl haben, die haben keinen

57:46

klaren Kurs, die da in Berlin und,

57:48

und das ist eben gerade bei den Bauernprotesten ja so deutlich

57:50

geworden, wenn wir nur eine Riesenwelle machen, dann werden die

57:53

schon wieder einknicken. Und das mal ganz ehrlich, so kann

57:55

natürlich Reform auch nicht funktionieren, wenn alle

57:58

Partikularinteressen jeweils eine große Welle machen und damit das

58:01

Land lahmlegen.

58:02

Richtig. Und natürlich gucken dann alle, finde ich zu Recht, auch auf

58:05

Olaf Scholz, weil er derjenige

58:07

wäre, der diese Kohärenz

58:10

herstellen könnte und auch

58:12

müsste. Aber ich glaube, dazu passt sein Politikverständnis

58:16

einfach nicht. Wir haben diesen Satz damals auch hier zitiert.

58:19

Ich paraphrasiere, aber er hat so was gesagt wie, jeder Beschluss

58:23

für Klimaschutz, der muss hier in Deutschland ein Plebiszit

58:26

überstehen.

58:27

Also eine Mehrheit in der Bevölkerung hinter sich haben.

58:29

So und da finde ich, so funktioniert

58:31

das nicht. Deswegen haben wir eine repräsentative Demokratie, deswegen

58:34

wählen wir alle vier Jahre. Übertragen auf den Bundestag

58:38

Macht. Der Bundestag, wählt den Bundeskanzler, die Bundeskanzlerin

58:42

und dann muss er vier Jahre voraus gehen und wird

58:45

nach vier Jahren wiedergewählt

58:48

oder eben auch nicht für das, was

58:50

er mit seiner Macht in diesen

58:52

vier Jahren angestellt hat.

58:53

Das ist ja der Witz bei der repräsentativen Demokratie ist ja

58:56

eben gerade, dass nicht die Menschen

58:58

in Deutschland ständig Volksabstimmungen entscheiden,

59:00

sondern dass wir Abgeordnete wählen. Und die sollen eben

59:03

idealerweise schlauer sein

59:06

als der Schwarm, schlauer sein

59:08

als der Stammtisch, schlauer sein als irgendwelche Gruppen auf

59:11

Telegram, sondern die sollen sich eben mit Themen beschäftigen, sich

59:14

da eine fundierte Meinung bilden und dann später für ihre Meinung

59:17

kämpfen. Wir reden natürlich viel

59:19

mit Menschen, die im Bundestag Verantwortung tragen und da war ich

59:22

jetzt gerade vor zwei, drei Wochen noch mal bei einer Gruppe, war

59:24

vertraulich, deswegen sage ich jetzt nicht, wo ich da genau war, aber was

59:27

ich andeuten will, ist, die wiederum sagen dann, ja, können wir

59:31

ja gerne versuchen, wir werden halt nicht mehr gehört mit dem, was wir

59:34

sagen. Wir kommen mit unserer Nachricht nicht durch.

59:37

Und ich muss gestehen, sie haben da auch ein stückweit einen Punkt.

59:41

Also wenn man sich zum Beispiel erinnert, die SPD hat vor sechs

59:44

Wochen auf ihrem Bundesparteitag-

59:45

100 Milliarden für die Bildung.

59:46

100 Milliarden für die Bildung. So wie es eben 100 Milliarden für

59:49

die Bundeswehr gibt zurzeit, wollte die SPD parallel ein 100 Milliarden

59:53

Programm für die Bildung. Und wer das Bildungssystem in

59:55

Deutschland kennt, der weiß, dass ist jedenfalls im Ergebnis eine

59:58

großartige Idee. Und sie hatte auch, sage ich jetzt

1:00:00

mal ganz kurz, klassisch sozialdemokratische Ideen, wie man

1:00:03

das finanzieren könnte. Philip, im Ernst. Hat es irgendwen

1:00:05

interessiert? Nein. Wir hatten sogar die Vorsitzende der

1:00:08

SPD, Saskia Esken, in der Lage, eine halbe Stunde zu dem Thema.

1:00:11

Hat es irgendwen interessiert? Nein, also insofern, man

1:00:14

kann schon, man kann schon mitgehen ein stückweit, wenn

1:00:17

Abgeordnete sagen, wir versuchen ja rational zu kommunizieren, die

1:00:21

Medien interessieren sich nicht dafür. Das ist, glaube ich, gehört

1:00:23

zum fairen Bild auch mit dazu. Es ist nicht einfach.

1:00:26

Wir haben ja diesen Teil so ein bisschen angefangen mit meinem

1:00:28

persönlichen Befinden. Und wir haben uns überlegt okay, was

1:00:31

bringt das hier in der Lage? Und ich habe nach Antworten gesucht,

1:00:36

wie man persönlich mit dieser,

1:00:38

mit dieser Unzufriedenheit, mit dieser Hilflosigkeit und auch

1:00:41

Machtlosigkeit umgehen kann. Und bei uns in der Lage, bei dir

1:00:44

wird das nicht anders sein als bei mir, geht es natürlich immer auch

1:00:47

darum, irgendwie Lösungen zu finden, irgendwie konstruktiv zu sein.

1:00:50

Und das ist natürlich ein guter Anspruch. Aber ich würde

1:00:53

argumentieren, Erleichterung und ein besseres

1:00:58

Lebensgefühl lässt sich schon durch

1:01:01

Kommunikation erreichen, ohne dass wir immer

1:01:05

sofort wissen, wie es weitergeht. Und mit Kommunikation

1:01:09

meine ich Austausch mit anderen

1:01:11

und auch die Formulierung

1:01:13

von Stimmung, von von eigenen Zuständen, von eigenen

1:01:17

Ängsten helfen

1:01:19

schon dabei, mit diesen Ängsten und diesen Stimmungen umzugehen.

1:01:23

Und deswegen haben wir das hier auch mal in die Lage reingenommen, weil

1:01:25

ich glaube, ein Mehrwert der Lage kann auch sein, dass

1:01:29

wir hier versuchen, Stimmungen vielleicht von euch,

1:01:33

die hier zuhören, auch zu formulieren, ja, und

1:01:36

ein bisschen auseinanderzunehmen und ihnen so ein paar Worte

1:01:41

zu geben, weil das helfen kann, wenn man hört,

1:01:45

aha, genau,

1:01:47

so fühle ich mich auch. Daher kommt dieses Gefühl.

1:01:51

Durch diesen und jenen Missstand wird dieses Gefühl verursacht.

1:01:55

Ich habe für mich das Gefühl, dass das schon hilft, mit

1:01:59

schwierigen Situationen besser umzugehen. Das schafft Raum

1:02:03

für Lösungen, ohne dass man die sofort hat.

1:02:05

Das schafft Raum für Gedanken.

1:02:07

Wie gehen wir denn jetzt damit konstruktiv um?

1:02:10

Ohne dass man das schon sofort

1:02:12

weiß. Aber mir hilft das so ein bisschen zu analysieren,

1:02:16

woher kommt denn dieses komische Gefühl? Woher kommt diese

1:02:19

Unzufriedenheit und auch dieses bedrückte Gefühl?

1:02:23

Und vielleicht, weiß ich nicht,

1:02:25

hilft so ein Segment hier in der Lage, denjenigen unter euch,

1:02:29

die das vielleicht ähnlich empfinden, damit ein bisschen besser

1:02:32

und positiver umzugehen.

1:02:33

Na ja, ich meine, das ist ja auch etwas, was viel an

1:02:36

uns herangetragen wird, wenn wir so öffentliche Veranstaltungen machen.

1:02:39

In den letzten Wochen war ich das hauptsächlich, Philip, wegen deines

1:02:42

Babys habe ich ja die Lesungen gemacht und was da so war, und das

1:02:45

ist schon etwas, wo ich immer wieder gespiegelt bekommen habe in den

1:02:48

letzten Wochen, dass die Lage da einfach zum Ausdruck bringt, was

1:02:52

viele so empfinden, ohne da vielleicht direkt Worte für zu

1:02:54

haben. Und zugleich versuchen wir aber natürlich auch immer eine

1:02:58

konstruktive Perspektive einzunehmen. Also die Dinge zu

1:03:00

benennen, ist glaube ich ganz wichtig. Aber dein zweiter Aspekt

1:03:03

ist dann ja auch immer, einfach deutlich zu machen, was man tun kann

1:03:06

und was wirklich jeder tun kann, ist, zu einer Demo zu gehen, zum

1:03:09

einen oder eben Briefe zu schreiben. Wir haben es in der letzten Woche

1:03:11

ausführlich gemacht. Ich glaube gerade Briefe an

1:03:13

Abgeordnete, Briefe an Medien, das sind so die beiden Wege, wie

1:03:16

wir, wie wir alle uns einsetzen können für einen

1:03:20

Erhalt unserer Demokratie, eben gegen rechtsextreme Narrative

1:03:24

zum Beispiel. Und ich glaube, das hilft. Also ich habe jetzt auf

1:03:27

Twitter, auf anderen sozialen Netzwerken viele Nachrichten

1:03:30

gesehen, wo Leute einfach Briefe geschrieben haben. Und ich hoffe,

1:03:32

dass nicht nur, wenn das jetzt Lager Hörenden tun, sondern auch, wenn

1:03:35

viele andere Leute einfach sagen, Demokratie ist mir wichtig, bitte

1:03:38

trefft auch demokratische Entscheidungen, die unser Land

1:03:41

wirklich voranbringen. Ich glaube, dass das auf Dauer auch

1:03:44

nicht ohne Folgen bleibt, zum Beispiel in den Parlamenten.

1:03:46

Unser nächstes Thema. Da müssen wir ein bisschen grundsätzlich

1:03:49

werden. Es passiert ja wirklich

1:03:51

nicht oft, dass eine neue Technik auftaucht und

1:03:55

eigentlich wirklich mehr oder weniger allen sofort klar ist, diese

1:03:59

Technik wird die Welt wird unser Leben revolutionieren.

1:04:03

Ja, und bei Artificial Intelligence, kurz AI oder auch künstlicher

1:04:07

Intelligenz, kurz KI, sind Synonyme,

1:04:10

da bezweifelt diesen revolutionären

1:04:12

Effekt einfach niemand mehr.

1:04:14

Allerspätestens seit vor gut einem

1:04:16

Jahr die Software ChatGPT

1:04:18

veröffentlicht wurde, der man ja gefühlt quasi alle Fragen

1:04:22

dieser Welt stellen kann, die einem so ziemlich alle Antworten geben

1:04:26

kann. Und Philip, Millionen Menschen sind davon fasziniert.

1:04:28

Und auch die Wirtschaft ist natürlich elektrisiert ob

1:04:31

der Chancen, die das bietet.

1:04:33

Ja, genau. Und das war wirklich so

1:04:35

ein Wasserscheidenmoment. Du kannst halt bei ChatGPT

1:04:38

in einem simplen Textchat, den wirklich jeder und jede

1:04:42

versteht, jedes Kind versteht, einfach mit einer Maschine reden

1:04:46

und ihr sagen code mir mal

1:04:48

das Programm XY, schreib

1:04:50

mir mal ein Gedicht, generiere

1:04:52

mir mal ein Bild hier von diesem Foto, das so aussieht

1:04:56

wie im Stil von Van Gogh. Dieses Programm ChatGPT,

1:05:00

diese KI, kann Stimmen

1:05:03

erzeugen, dann die Stimme erzeugen von Olaf Scholz, von mir,

1:05:06

von dir, von Joe Biden.

1:05:08

Diese KI kann Studienarbeiten schreiben. Alles in dem man ein paar

1:05:12

Worte in diesen Chat schreibt.

1:05:14

Und da war wirklich, das war zu spüren, das haben alle sofort

1:05:18

benutzt. Das hat sich sofort in ganz viele Anwendungen, in ganz

1:05:22

viele Alltagsbereiche rein gefressen. Der Nutzen war sofort

1:05:26

erkennbar in so vielen Bereichen,

1:05:28

dass eigentlich allen klar war, das wird nicht mehr weggehen.

1:05:32

Es ist im Grunde ja heute schon sehr schwer, einen Bereich in Wirtschaft

1:05:35

und Verwaltung und auch in der Lehre

1:05:37

zum Beispiel in der Forschung zu finden, wo keine KI eingesetzt wird.

1:05:40

Versicherungen, Steuersoftware, die Medizin zum Beispiel bei

1:05:44

der Erkennung von Krebs in irgendwelchen Bildern zum Beispiel,

1:05:48

Drogerieketten kippen ihre Businessdaten rein, schauen mal was

1:05:52

da so rauskommt.

1:05:52

Ja, das ist halt so, wenn du, wenn du wissen willst, was passiert in

1:05:54

deinem Unternehmen, dann machen so Drogerieketten kippen alle ihre

1:05:57

Daten, Rechnungen, Lieferungen, Kunden, bla bla bla alles in so ein

1:06:00

Modell und können das Modell dann fragen, wie viel Umsatz haben

1:06:03

wir denn hier gemacht? Welche Lieferanten haben uns am meisten

1:06:05

geliefert? Und diese KI wirft

1:06:07

das in Textform einfach aus.

1:06:08

Nicht, dass man das nicht auch früher irgendwie hätte machen

1:06:11

können, aber mit deutlich mehr Aufwand. Und es gibt eben auch viele

1:06:13

Anwendungen, die mit früherer

1:06:16

IT so nicht möglich gewesen wären.

1:06:18

Die Lage zum Beispiel nutzt KI inzwischen auch zum Transkribieren

1:06:21

von Lage olgen. Also ihr wisst ja, wenn man ein plus

1:06:24

Abo hat, kann man die Transkription der Lage mitlesen auf unserer

1:06:27

Website. Wir lassen die noch mal redaktionell prüfen.

1:06:30

Wir haben eine Mitarbeiterin und einen Mitarbeiter, die so im Wechsel

1:06:33

diese Transkripte noch mal mit dem Audio abgleichen.

1:06:35

Das ist so quasi unsere Qualitätskontrolle. Aber wir merken schon, die beiden

1:06:39

sagen uns auch, das wird einfach immer besser.

1:06:41

Auf der anderen Seite, glaube ich, Philip, muss man auch immer ganz

1:06:44

deutlich sagen, passieren mit

1:06:46

KI natürlich fiese Sachen, wie das so ist. Jede neue Technologie kannst

1:06:49

du natürlich auch missbrauchen. Das Messer, mit dem du deinen Apfel

1:06:53

schneidest, kannst du auch nutzen, um jemanden zu erstechen.

1:06:55

Und KI ist da leider keine Ausnahme.

1:06:57

Richtig. Haben wir jetzt gerade gesehen. X, vormals Twitter, wurde geflutet

1:07:01

von Pornobildern, die so aussahen wie Nacktbilder von

1:07:05

Taylor Swift, natürlich durch eine KI generiert.

1:07:10

X war völlig überfordert, hat am Ende alles sperren müssen, weil

1:07:14

das einfach nicht mehr beherrschbar war. Während der Vorwahlen haben

1:07:17

einige Wähler und Wählerinnen in den USA Anrufe bekommen,

1:07:21

gefakte Anrufe bzw. Anrufe bekommen, wo ihnen

1:07:24

die Stimme von Joe Biden erklärt hat, so geh man nicht zur Wahl.

1:07:27

Braucht ihr nicht machen. Natürlich war diese Stimme generiert

1:07:31

von einer KI.

1:07:32

Voting this Tuesday only enables the republicans in their quest to elect Donald Trump again. Your vote makes a difference in november, not this tuesday.

1:07:42

KI kann auch automatisiert

1:07:44

Schadsoftware schreiben, programmieren, ohne dass Menschen

1:07:47

das können müssen. Sie können einfach sagen, schreib

1:07:50

mir mal eine Software, die das und das macht, das funktioniert.

1:07:52

Die KI halluziniert auch. Die tut so, als wüsste

1:07:55

die Dinge, schreibt einfach Sachen auf, die aber einfach nicht

1:07:59

stimmen, die frei erfunden sind. Die kommen aber in dem Gewand der

1:08:02

absoluten Sicherheit und Faktizität

1:08:04

daher.

1:08:05

Kleines Beispiel unsere Transkriptionen für die Lage.

1:08:08

Mitunter finden sich darin Sätze,

1:08:10

und zwar komplette Sätze, die in der Lage nie gefallen sind.

1:08:13

Das heißt also, diese KI hat einfach

1:08:15

ganze Sätze dazu fantasiert und ich meine, das ist natürlich

1:08:18

extrem gefährlich. Philip hat es gerade schon angedeutet.

1:08:21

Diese Ergebnisse einer KI, die kommen ja aus einem

1:08:24

Computer, einem Computer, der einfach den Eindruck enormer

1:08:27

Leistungsfähigkeit verbreitet. Und deswegen haben auch

1:08:30

diese Ergebnisse immer so intuitiv eine enorme Überzeugungskraft.

1:08:34

Und sich dagegen zu wenden und zu sagen, was die KI da ausgespuckt

1:08:38

hat, das ist Quatsch, das ist einfach sehr, sehr schwer, weil

1:08:41

Menschen eben spontan geneigt sind, der KI zu glauben.

1:08:44

Bei der Transkription ist es noch einfach, da gibt es ja das Audio, da

1:08:47

kann man hören und dann sieht man krass, dieser Satz da, der fällt

1:08:50

einfach nicht. Die KI hat den stumpf erfunden.

1:08:52

Aber es gibt natürlich auch Beispiele, wo es wesentlich schwerer

1:08:55

ist, so eine Einschätzung einer KI zu widerlegen.

1:08:58

Richtig. Und diese Magie, wirklich anders kann man das nicht beschreiben,

1:09:01

dieses Gefühl von Magie und tatsächlich Intelligenz,

1:09:05

das sich vermittelt bei so was wie

1:09:07

ChatGPT aber auch anderen Modellen, die ist um so erstaunlicher, als

1:09:11

dass das Prinzip von KI,

1:09:13

von dieser KI, im Kern

1:09:15

eigentlich überraschend simpel ist.

1:09:18

Ja, im Zentrum stehen sogenannte Modelle.

1:09:21

Das sind quasi die Ergebnisse eines

1:09:23

Lernprozesses. Also KI bedeutet eine Software,

1:09:26

die lernfähig ist. Das heißt also, programmiert wird

1:09:29

nur eine Methode zum Lernen. Und diese Software

1:09:32

wird dann angelernt mit gigantischen

1:09:35

Datenmengen, die sie quasi in so einem Modell in letzten

1:09:38

Endes Entscheidungsregeln umsetzt.

1:09:41

Und diese Entscheidungsregeln sind häufig gar nicht so wahnsinnig

1:09:43

komplex. Beispielsweise wenn es um textbasierte Modelle geht, dann

1:09:47

lernt es typischerweise nur, wie wahrscheinlich ist es eigentlich,

1:09:50

dass nach einem bestimmten Wort ein bestimmtes anderes Wort kommt.

1:09:53

Richtig. Da wird also Text, wirklich gigantische Mengen an Text, Büchern,

1:09:57

Wikipedia, Internet reingestopft und

1:09:59

analysiert und dann wird halt eine Wahrscheinlichkeit entwickelt.

1:10:02

In diesem Kontext kommt aller Wahrscheinlichkeit nach diesem Wort

1:10:05

jenes Wort. Und zu dem Lernen gehört wie beim Menschen ja auch

1:10:08

Feedback. Also dann wird im Programm gesagt, zeige mir Bilder

1:10:12

von Katzen und dann sagt das Programm, hier sind Bilder von

1:10:15

Katzen und Menschen sagen, ja, das ist eine Katze, das eine Katze, das

1:10:18

ist eine Katze. Aber dies hier ist ein Hund. Oder zum Beispiel bei

1:10:21

ChatGPT ist es auch so, dann wurde ChatGPT angelernt, dann hat

1:10:25

ChatGPT eine bestimmte Frage bekommen und Menschen haben

1:10:27

entschieden, ob die Antwort, die ChatGPT auswirft, treffend ist,

1:10:31

gut ist, wie nah sie an der Wahrheit ist. Und mit dem Feedback von

1:10:35

diesen Menschen, sei es jetzt auf Hundebilder oder eben solche Antworten, lernt das Modell.

1:10:38

Das heißt es verändert Parameter,

1:10:41

mit denen es bestimmte Inhalte

1:10:43

kategorisiert, wirft dann neue Bilder aus oder neue

1:10:47

Antworten aus, versucht es einfach nochmal und gibt dann wieder

1:10:50

Feedback. Und so lernt ein System wie zum Beispiel GPT.

1:10:54

Genau und das geht im Kern schon seit vielen Jahren.

1:10:56

Aber Training und Aufbau eines

1:10:58

solchen Basismodells kostet Millionen oder sogar Milliarden von

1:11:02

Dollar. Das heißt also, zentral für die Revolution der letzten zwei,

1:11:06

drei Jahre ist jetzt eben das Rechenpower, also insbesondere

1:11:09

die Power von bestimmten Chips, sogenannten GPUs und eben auch Geld

1:11:13

da investiert wurde, um diese Modelle zu trainieren, und zwar

1:11:16

heute mehr als zuvor. Und dadurch wird das jetzt

1:11:19

zu einer wichtigen Triebfeder

1:11:22

dieser industriellen Revolution. Kann man glaube ich sagen.

1:11:24

Und der große Unterschied zu früher ist auch, bisher waren, du hast es

1:11:28

gesagt, so ganz neu ist diese

1:11:30

Möglichkeit nicht, beispielsweise Katzenbilder auszuwerfen.

1:11:32

Das macht Google schon seit vielen Jahren eigentlich. Wenn du Katze

1:11:35

eingibst, dass es auch Katzenbilder auswirft. Das war aber

1:11:39

lange deterministisch. Das bedeutet, man konnte

1:11:42

vorhersagen, bestimmte Eingaben

1:11:44

führen zu bestimmten Ausgaben,

1:11:46

die der Code dieses lernenden Systems eben festlegt.

1:11:50

Und heute ist es fundamental anders.

1:11:52

Der Code dieser

1:11:54

Maschine, dieses Modells, der bestimmt nur noch

1:11:58

wie die Programme lernen, aber nicht

1:12:00

mehr, was sie ausspucken. Das heißt, selbst die Coder

1:12:03

können nicht vorhersehen, wenn du eine bestimmte Frage rein

1:12:07

gibst in so ein System, was wird die Antwort sein? Das ist nicht

1:12:11

vorherzusehen. Nicht mal von den Leuten, die dieses

1:12:13

lernende System geschrieben haben.

1:12:15

Und das muss man sich immer wieder vor Augen führen.

1:12:17

Die Programmierung liegt nur noch das Lernen fest, aber nicht mehr die

1:12:21

Ergebnisse des Lernens. Selbst Entwickler können nicht mehr

1:12:24

vorhersagen, was ChatGPT auswerfen wird und daher, und das ist auch

1:12:28

das, was ganz wichtig ist, gleich für die Diskussion von Problemen und

1:12:31

Risiken, daher ist im Grunde

1:12:33

viel wichtiger als die Programmierung des Systems heute

1:12:36

das Training, weil eben vor allem das Training eines Modells

1:12:39

über den Output bestimmt, also das Training des Modells, mit welchen

1:12:43

Daten hat man das gefüttert? Wie hat man diesem System Feedback

1:12:46

gegeben, das bestimmt, was hinterher

1:12:48

ausgespuckt wird. Und das bedeutet eben auch, dass

1:12:51

systematische Fehler in den verwendeten Trainingsdaten

1:12:55

später im Output reproduziert

1:12:57

werden.

1:12:58

Es ist ja nicht so, dass das nicht schon passiert wäre.

1:13:00

Ganz im Gegenteil. Da gibt es zum Beispiel wirklich ganz

1:13:02

problematische Beispiele aus den Vereinigten Staaten.

1:13:05

Da haben Richter und Richterinnen in einem Bundesstaat, von dem ich es

1:13:08

konkret weiß, zum Beispiel eine KI eingesetzt, um

1:13:12

Bewährungssentscheidungen zu treffen, also die Frage, ob jemand,

1:13:15

der schon im Gefängnis ist, auf Bewährung entlassen werden soll.

1:13:17

Und da ist natürlich ein ganz wesentlicher Faktor, ist im

1:13:20

deutschen Recht so, aber auch im Amerikanischen, die Frage, ob dieser

1:13:22

Mensch in Zukunft weitere Straftaten

1:13:25

begehen wird oder ob dieser Mensch sich straffrei führen

1:13:28

wird. Und da hat man dann eben eine KI mit Akten gefüttert und

1:13:31

dabei kam dann hinterher heraus, dass diese KI Menschen,

1:13:35

die eben keine Weißen waren, wesentlich seltener freigelassen

1:13:38

hat. Diese KI hat also diesen Menschen, die zum Beispiel People of

1:13:41

Colour waren, wesentlich schlechtere

1:13:44

Sozialprognosen gestellt. Und dann hat man später

1:13:46

rausgefunden, das hängt selbstverständlich nicht an der

1:13:49

Hautfarbe, sondern das liegt daran,

1:13:51

wie arm oder nicht arm die sind. Das heißt also, wie auch in

1:13:53

Deutschland, es ist nicht etwa der Migrationshintergrund entscheidend

1:13:57

dafür, ob jemand kriminell wird, sondern es geht um die sozioökonomische

1:14:00

Situation. Arme Weiße werden häufig

1:14:02

kriminell, reiche Weiße jedenfalls seltener.

1:14:06

Und auch auf anderen Kriminalitätsfeldern.

1:14:08

Eher mal eine Steuerhinterziehung als ein Raubüberfall.

1:14:10

Und das gilt eben auch zum Beispiel für schwarze Menschen.

1:14:13

Nur dieses System hat das eben nicht erkannt und hat damit

1:14:16

einen systematischen Bias produziert, wo People of Colour, wo

1:14:20

schwarze Menschen, wesentlich schlechter wegkommen bei

1:14:22

Bewährungssentscheidungen. Und das ist so einer der ganz großen

1:14:25

KI Skandale, der Schlagzeilen gemacht hat. Und woran liegt es?

1:14:28

Na ja, die Trainingsdaten enthielten

1:14:30

eben eine schlechtere Sozialprognose

1:14:32

von People of Colour, aber

1:14:34

diese Modelle hatten einfach nicht die wichtige Information enthalten,

1:14:38

ob diese Menschen in Armut leben oder ob diese Menschen in

1:14:40

vernünftigen finanziellen Verhältnissen leben.

1:14:43

Denn das ist das, was wirklich ausschlaggebend ist.

1:14:45

Das heißt also, es gab quasi eine zufällige Korrelation zwischen

1:14:49

Hautfarbe und Sozialprognose, während eigentlich der wesentliche

1:14:52

Faktor gewesen wäre, ob diese Menschen in Armut leben oder in

1:14:55

soliden Verhältnissen.

1:14:56

Also das macht deutlich, wie wichtig es ist, mit welchen Daten

1:14:59

werden solche lernenden Systeme

1:15:01

gefüttert? Davon hängt ganz entscheidend ab,

1:15:04

welche Ergebnisse sie produzieren, ob diese Ergebnisse unseren

1:15:08

Vorstellungen von Gerechtigkeit und Diskriminierungsfreiheit und so was

1:15:12

entsprechen. Gleichzeitig bei allen Gefahren muss man natürlich

1:15:15

sagen, das Potenzial für uns,

1:15:17

für die Gesellschaft von KI ist

1:15:19

gigantisch. Das wurde halt auch allen klar, die

1:15:22

sofort da mit ChatGPT mal herumgespielt haben.

1:15:24

Das hat sich halt überall sofort rein gefressen und es gibt

1:15:26

eigentlich kaum noch Wirtschaftsbereiche, die KI nicht

1:15:30

nutzen. Die Innovationspotenziale, die

1:15:32

Wertschöpfungspotenziale durch

1:15:34

KI, die wachsen in einem eigentlich selten gesehenen

1:15:38

Tempo, auch die Weiterentwicklung dieser Techniken.

1:15:41

Und trotzdem ist natürlich

1:15:43

die Missbrauchsgefahr ganz erheblich.

1:15:45

Einige fürchten sogar, dass KI, AI sich irgendwann mal dem Willen und

1:15:49

der Macht der Menschen entziehen wird. Führende Forscher und KI

1:15:53

Entwickler, die haben schon vor knapp zwei Jahren eine

1:15:56

Pause der KI Forschung gefordert

1:15:58

in einem offenen Brief und damals hieß das:

1:16:01

Heutige KI Systeme werden bei

1:16:03

allgemeinen Aufgaben immer konkurrenzfähiger für den Menschen.

1:16:06

Und wir müssen uns fragen, sollen wir zulassen, dass Maschinen unsere

1:16:10

Informationskanäle mit Propaganda

1:16:12

und Unwahrheiten überfluten? Sollten wir alle Jobs

1:16:15

automatisieren, auch die erfüllenden?

1:16:18

Sollten wir nicht menschliche Intelligenzen entwickeln, die uns

1:16:21

irgendwann zahlenmäßig überlegen sind, die uns überlisten,

1:16:24

überflüssig machen und ersetzen könnten? Sollen wir den Verlust

1:16:27

der Kontrolle über unsere Zivilisation riskieren?

1:16:30

Solche Entscheidungen dürfen nicht

1:16:33

an nichtgewählte Technikführer

1:16:35

delegiert werden. Leistungsstarke KI Systeme sollten

1:16:38

erst dann entwickelt werden, wenn wir sicher sind, dass ihre

1:16:41

Auswirkungen positiv und

1:16:43

ihre Risiken überschaubar sein werden.

1:16:45

Also sollen wir unsere Zivilisation quasi an die KI ausgliedern?

1:16:49

Das sind natürlich erhebliche Befürchtungen und damals gab es noch

1:16:52

nicht mal ChatGPT. Und by the way, diese Übersetzung

1:16:55

aus dem Englischen hat deepl.com geleistet, auch eine KI, by

1:16:59

the way. Das ist also ein bisschen der

1:17:02

Hintergrund, vor dem

1:17:04

jetzt die Staaten in der

1:17:06

EU zum ersten Mal

1:17:08

auf der Welt versuchen, KI gesetzlich zu regeln.

1:17:12

Der AI Act, also KI Act, AI Act, wie auch immer man es nennen

1:17:17

will, soll das weltweit erste

1:17:19

große Gesetz werden zur Regulierung

1:17:22

von künstlicher Intelligenz.

1:17:24

Und die Grundidee der Europäischen Union ist dabei, je riskanter

1:17:27

die Anwendung ist, desto strenger sollen die Regeln sein.

1:17:30

Bestimmte Hochrisikoanwendungen von KI sollen ganz verboten werden.

1:17:33

Je unbedenklicher ein KI System hingegen ist, desto weniger streng

1:17:37

soll es künftig reguliert werden. Seit über drei Jahren wird jetzt

1:17:40

verhandelt und Anfang Februar soll

1:17:42

der AI Act oder die KI Verordnung,

1:17:45

ist also technisch eine Verordnung der Europäischen Union, in Brüssel

1:17:48

endgültig verabschiedet werden.

1:17:49

Wie regelt man also

1:17:52

so etwas ambivalentes,

1:17:54

kompliziertes, vielschichtiges

1:17:57

wie künstliche Intelligenz

1:17:59

und wie gut ist das vor allem der

1:18:01

EU gelungen?

1:18:02

Ja, und dazu haben wir uns mit einem Experten verabredet, nämlich mit

1:18:05

Professor Dr. Philipp Hacker. Er ist Professor für Ethik und Recht

1:18:09

der Digitalen Gesellschaft an der Europa Universität Viadrina

1:18:13

in Frankfurt Oder. Ganz herzlich willkommen in der Lage

1:18:15

der Nation, Professor Hacker.

1:18:17

Ja, Schönen guten Tag. Freut mich sehr, dass ich dabei sein

1:18:20

darf.

1:18:20

Herr Hacker, Vielleicht zum Anfang mal, was genau

1:18:24

ist die Herausforderung beim Versuch, so etwas

1:18:28

vielschichtiges, gefahrvolles,

1:18:30

aber auch potenziell unglaublich hilfreiches wie KI,

1:18:33

Künstliche Intelligenz, gesetzlich zu regeln? Was ist die Herausforderung?

1:18:38

Ja, das ist eigentlich, wenn man so will, die doppelte Quadratur des

1:18:41

Kreises. Einmal deshalb, weil

1:18:44

man abwägen muss natürlich zwischen Innovation einerseits.

1:18:48

Man will das nicht alles abwürgen. Ja, wir brauchen ja auch dringend

1:18:51

KI, beispielsweise im Medizinbereich, im Bildungsbereich,

1:18:55

wenn sie denn gut gemacht ist,

1:18:57

weil wir da zum Beispiel Fachkräftemangel haben oder andere

1:19:00

Probleme, dass wir zum Beispiel Krebs nicht so gut erkennen

1:19:03

können oder jedenfalls nicht in der Fläche, zum Beispiel Brustkrebs bei

1:19:06

Frauen, wie es manchmal eine KI kann.

1:19:09

Und die andere Seite der Medaille ist, wie schon gesagt, dass KI

1:19:13

auch für ganz schlimme Zwecke missbraucht werden kann und dass wir

1:19:16

daher ganz massiven

1:19:18

Grundrechtsschutz benötigen.

1:19:21

Und da ist erst mal so ein klares Spannungsverhältnis.

1:19:23

Man will den Unternehmen schon erlauben, KI einzusetzen, aber halt

1:19:26

nicht irgendwie und irgendwohin,

1:19:29

sondern ganz klar mit dem Ziel

1:19:31

verantwortungsvoll, nachhaltig. Das ist die erste Quadratur des

1:19:34

Kreises. Und die zweite,

1:19:36

die besteht jetzt darin, dass die modernen KI Systeme

1:19:41

jetzt ja auch noch so sind, dass man die für alles mögliche einsetzen

1:19:44

kann. Also gerade so Basismodelle

1:19:46

wie ChatGPT, wo man ja sozusagen

1:19:49

Geburtstagskarten mit schreiben kann, aber eben auch

1:19:53

Schadsoftware programmieren kann. Da ist es sehr schwer,

1:19:56

das Regelungsmodell durchzuhalten,

1:19:59

das man bisher gefunden hatte. Wo man nämlich gesagt hat, ja,

1:20:02

wir regulieren die Anwendung. Also wenn jemand KI einsetzt,

1:20:07

dann ist das nicht per se reguliert

1:20:09

oder ganz scharf reguliert, sondern nur dann, wenn es in

1:20:12

besonders sensiblen Bereichen geschieht, eben Bildung, Medizin

1:20:16

usw. Und das ist aber eben schwierig

1:20:19

mit solchen Modellen, die im Prinzip

1:20:21

für alles genutzt werden können. Und das hat die EU jetzt vor

1:20:24

ganz erhebliche Herausforderungen gestellt.

1:20:27

Trotzdem bleibt ja die EU schon bei dem Modell, dass sie jedenfalls

1:20:29

bestimmte, besonders riskante Anwendungen auch grundsätzlich

1:20:33

verbieten will. Haben Sie da mal ein paar Beispiele

1:20:36

für uns, was nach dem KI Act, der jetzt in Brüssel auf dem Tisch

1:20:39

liegt, in Zukunft in der EU illegal

1:20:41

wäre?

1:20:42

Ja, das sind im Wesentlichen Modelle, bei denen sich auch ganz

1:20:46

breite Teile der Gesellschaft einig sind, dass wir die hier so nicht

1:20:49

wollen. Das erste und Wichtigste ist zum Beispiel Social Scoring

1:20:53

á la China, dass also wirklich massiv Daten abgegriffen werden,

1:20:57

um dann Vorhersagen über einzelne Personen zu treffen,

1:21:00

die zum Beispiel dann deren Kreditwürdigkeit oder die Chancen,

1:21:04

andere Verträge abzuschließen, beeinflussen würden.

1:21:08

Was auch im Grundsatz verboten

1:21:10

ist, ist jegliche Form der

1:21:12

psychologischen Manipulation.

1:21:14

Also wenn man gewissermaßen unterschwellig jetzt versucht,

1:21:18

man kennt das vielleicht noch von früher aus dem Kino, wo dann

1:21:20

angeblich immer so Eiswerbung eingeblendet wurde, sodass man die

1:21:24

nicht sieht, Immer nur ein Bild von 24, wenn man KI jetzt

1:21:27

in so einer Weise einsetzen wollte,

1:21:29

um unterbewusst Leute zu beeinflussen, das ist auch verboten.

1:21:33

Und dann kommen die Fälle,

1:21:36

die zwar verboten sind, die aber

1:21:38

einige Ausnahmen beinhalten. Und das war auch Teil des größten

1:21:42

Zankapfels, muss man sagen, im Bereich der KI Regulierung.

1:21:46

Da geht es dann um die Fernüberwachung

1:21:49

mithilfe von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum.

1:21:52

Das ist grundsätzlich verboten,

1:21:54

aber da gibt es relativ breite Ausnahmen, besonders für den Bereich

1:21:58

der Verbrechensbekämpfung, Terrorismus, entführte Personen

1:22:02

und andere Dinge, Schwerstkriminalität.

1:22:05

Da kann man das dann einsetzen, auch leicht und

1:22:09

das ist ein Kompromiss, den man jetzt erst mal so hinnehmen muss.

1:22:12

Da sind auch gewisse Vorkehrungen

1:22:14

getroffen, dass da die Grundrechtsstandards nicht völlig

1:22:17

ausgehöhlt werden. Aber was extrem problematisch

1:22:20

ist meiner Ansicht nach, ist, dass nun auch erlaubt

1:22:24

werden bestimmte Teile der ex post

1:22:28

Fernüberwachung, wo man also

1:22:30

im Nachhinein dann

1:22:32

das Bildmaterial sichtet. Und da sind wiederum die Vorgaben

1:22:36

der EU nur relativ dünn.

1:22:38

Das sind so Anwendungen,

1:22:40

die größtenteils verboten sind.

1:22:42

Jetzt gibt es aber auch, das ist ja das Konzept dieses KI Acts,

1:22:45

riskante Anwendungen oder hochriskante Anwendungen, die

1:22:49

zwar nicht verboten sind, die aber durch Auflagen

1:22:54

gezähmt werden sollen.

1:22:56

Wie funktioniert das? Welche Anwendungen sind das und

1:22:59

durch welche Auflagen werden die

1:23:01

eingezäunt?

1:23:03

Ja, das ist richtig. Das ist eigentlich das Herzstück

1:23:06

des AI Acts. Das ist auch das, was eigentlich,

1:23:09

bevor dann ChatGPT wie so eine Abrissbirne einmal quer durch

1:23:13

den AI Act gepflügt ist, eigentlich das Zentrum

1:23:17

der Regelungsarchitektur ausgemacht

1:23:19

hat. Das sind also Anwendungen,

1:23:21

die unter ganz bestimmte Bereiche

1:23:23

fallen, zum Beispiel Beschäftigung

1:23:26

oder Kreditscoring, Versicherungen,

1:23:28

aber auch Migration,

1:23:30

Polizeiarbeit und letztlich auch der medizinische

1:23:33

Bereich. Das sind wirtschaftlich

1:23:35

oder gesellschaftlich sehr relevante

1:23:38

Bereiche. Und da gilt

1:23:40

dann, dass diese Anwendungen

1:23:42

nicht per se verboten sind. Ganz im Gegenteil, sie sind erlaubt.

1:23:46

Aber es müssen bestimmte,

1:23:48

ich sage mal Best Practices eingehalten werden, die ohnehin

1:23:52

von vernünftigen, verantwortungsvollen Unternehmen

1:23:56

berücksichtigt würden.

1:23:57

Mal ein Beispiel.

1:23:58

Genau. Also wenn ich jetzt eine KI einsetzen möchte, um Bewerber

1:24:02

und Bewerberinnen zu ranken für einen Job, dann kann das ja

1:24:06

im gewissem Rahmen sinnvoll sein, weil ich vielleicht irgendwie 1000

1:24:09

Bewerbungen kriege oder weil ich auch die Erfahrung gemacht habe, das

1:24:12

menschliche, meine Human

1:24:14

Resources Leute vielleicht manchmal

1:24:16

unbewusst auch gewisse Biases haben. Also sage ich, da nutzt ich doch ein

1:24:19

Computerprogramm um es schneller, effizienter zu machen.

1:24:21

Jetzt muss ich dann erst mal ein Risikomanagementsystem aufsetzen,

1:24:25

in dem ich mir schon mal überlege, was sind denn die potenziellen

1:24:28

Probleme, wenn ich diese KI implementiere.

1:24:31

Nämlich zum Beispiel, dass sie auf nicht hinreichend diversen

1:24:34

Datensätzen trainiert wurde und dass deshalb vielleicht diese KI

1:24:37

gelernt hat, dass Frauen oder Menschen anderer Herkunft

1:24:41

irgendwie per se angeblich schlechter abschnitten in diesem

1:24:44

Jobprofil. Ich muss also diese Risiken erkennen

1:24:47

und muss Maßnahmen implementieren,

1:24:50

und wo das nicht möglich ist, das zumindest dokumentieren,

1:24:53

wie diese Risiken minimiert werden können.

1:24:56

Dann muss ich ein Programm nehmen,

1:24:58

das die Trainingsdaten in gewisser Weise divers und

1:25:01

repräsentativ hält. Die KI muss weiterhin auch

1:25:05

transparent sein, sodass derjenige,

1:25:07

der sie anwendet, irgendwie versteht, was da los ist.

1:25:10

Und sie muss hinreichend akkurat sein. Sie muss robust sein, auch

1:25:14

gegenüber Cyberangriffen. Also es sind so eine ganze Reihe von

1:25:18

eben Best Practices, wo man sagen würde, eigentlich in der Industrie

1:25:21

gilt das ohnehin schon so als guter

1:25:23

Standard, aber jetzt müssen sich halt alle auch verpflichtend dran

1:25:26

halten. Es kann überprüft werden. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es

1:25:29

heftige Bußgelder und es muss dokumentiert werden, damit im

1:25:32

Zweifelsfall eben nachgeschaut werden kann.

1:25:35

Passt das jetzt oder passt es nicht?

1:25:36

Ja, ein weiteres wichtiges Feld der Regulierung in dem geplanten KI

1:25:40

Act betrifft ja die sogenannten Basismodelle, wie zum Beispiel GPT.

1:25:45

Was sind denn so Basismodelle? Was macht sie so gefährlich und wie

1:25:48

kann man das einhegen?

1:25:49

Ja, das sind ja die Modelle, die jetzt besonders Furore gemacht haben

1:25:54

seitdem Ende November

1:25:56

2022 ChatGPT auf den Markt gebracht wurde.

1:26:00

Das sind also gewissermaßen Modelle,

1:26:02

die deshalb auch Basismodelle

1:26:04

genannt werden, weil sie erstens

1:26:06

mit ganz großen Datenmengen gefüttert werden und dann zweitens

1:26:10

die Basis, die Grundlage bilden für ganz viele weitere

1:26:13

Applikationen, die diese Modelle

1:26:16

nutzen. Man kann so fast sagen, es ist wie so eine Art neues

1:26:19

Betriebssystem. Bisher haben wir ja Windows oder

1:26:22

Apple Betriebssysteme

1:26:24

und da kann man jetzt sagen, das ist sozusagen so eine neue Plattform,

1:26:27

auf der ganz viele Entwicklerinnen und Entwickler aufsetzen, um neue

1:26:31

Modelle zu bauen.

1:26:33

Und das ist eben extrem relevant, weil das quasi dann einmal

1:26:37

durch die gesamte Wirtschaft, durch die ganze Wertschöpfungskette

1:26:39

durchgeht. Das heißt, wenn wir da an der Quelle Probleme haben,

1:26:43

dann verzweigt sich das nach unten in ganz viele Anwendungen.

1:26:47

Und deshalb ist es meiner Ansicht nach auch vollkommen richtig, dass

1:26:51

wir versuchen, diese Modelle gesondert mit Mindestanforderungen

1:26:55

auszustatten. Was ist das? Also sind Modelle, eben

1:26:58

so was wie GPT 4, ChatGPT, in Deutschland gibt

1:27:02

es Aleph Alpha, die haben ein Modell, das heißt Luminous.

1:27:04

In Frankreich gibt es eines von der Firma Mistral, aber die meisten,

1:27:08

wie zum Beispiel auch Google Bard, oder auch Gemini, die sind aus den USA

1:27:12

kommend. Trotzdem gilt der EU

1:27:16

AI Act für diese Firmen, auch wenn die in den USA verortet sind.

1:27:18

Wenn sie ihre Modelle auch in

1:27:20

oder ihre Services in Deutschland und der EU anbieten und das tun

1:27:24

sie ja im Regelfall. Was müssen die jetzt machen?

1:27:27

Die müssen im Wesentlichen erst

1:27:29

mal überhaupt Transparenzanforderungen erfüllen.

1:27:32

OpenAI hat ja diesen schönen Namen gewählt, weil sie ursprünglich

1:27:36

vielleicht tatsächlich mal vorhatten, irgendwie alles ganz

1:27:38

offen zu gestalten. Mittlerweile müsste das ja

1:27:41

eigentlich eher ClosedAI heißen, weil deren System völlig unbekannt

1:27:45

ist und man einfach nicht weiß, womit das trainiert wurde, was mit

1:27:48

den Daten genau passiert. Das soll sich jetzt ändern.

1:27:51

Die müssen also sagen, mit welchen Trainingsdaten das gefüttert wurde.

1:27:54

Sie müssen auch so eine Abschätzung darüber abgeben, ob vielleicht

1:27:57

Urheberrechte betroffen sind

1:27:59

und müssen dafür die Grundlage

1:28:01

eben legen, dass andere Marktteilnehmer oder Nutzerinnen

1:28:04

Nutzer dann sagen können, ah, das Modell würde ich vielleicht nehmen

1:28:07

und das eher nicht. Das ist mir irgendwie sehr suspekt

1:28:10

hinsichtlich der Trainingsdaten. Und dann gibt es noch eine

1:28:14

weitere Kategorie

1:28:16

von Modellen, die besonders potent

1:28:20

sind. Das macht man jetzt, weil es keine besseren Kriterien gibt, an

1:28:23

der Rechenleistung fest. Und wenn diese Modelle

1:28:28

mit sehr, sehr viel Rechenleistung

1:28:30

trainiert werden mussten, also für die Profis zehn hoch 25 Flops,

1:28:34

Floating Operation Points,

1:28:36

dann müssen sie noch mal weitere

1:28:38

Kriterien erfüllen. Und meiner Ansicht nach hätten diese

1:28:41

Kriterien eigentlich auch für alle Foundationmodels, also für alle

1:28:44

Basismodelle, gelten müssen. Man hat sich jetzt entschlossen, das

1:28:47

im Grunde nur auf diese Höchstleistungsmodelle anzuwenden.

1:28:51

Das gilt wahrscheinlich nur für momentan GPT 4 und

1:28:55

vielleicht Gemini von Google. Und was müssen die jetzt machen?

1:28:59

Die müssen auch noch sicherstellen,

1:29:01

dass sie ein nochmal spezielles Risikomanagementsystem haben,

1:29:05

das ganz genau guckt, wie diese Basismodelle funktionieren und

1:29:09

da auch wieder Risiken minimiert. Sie müssen auch weiterhin angeben,

1:29:13

zum Beispiel wie viel Energie verbraucht wird durch diese

1:29:16

Basismodelle. Das ist auch ein ganz wichtiger

1:29:19

Punkt, weil zum Beispiel der Energieverbrauch ja immens hoch ist

1:29:22

bei diesen Modellen, auch der Wasserverbrauch.

1:29:24

Und, und das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, sie müssen

1:29:28

state of the art, also sozusagen die heute üblichen Cybersecurity,

1:29:32

also IT Sicherheitsrichtlinien,

1:29:35

beachten, damit, man kann sich das so vorstellen, nicht

1:29:38

gewissermaßen da oben in der Quelle im Betriebssystem so eine Hintertür

1:29:42

eingebaut wird versehentlich, durch die dann Angreifer reinkommen

1:29:46

können und sich dort gewissermaßen einnisten und dann sich

1:29:50

in tausende weitere Programme hineinspielen lassen, weil diese

1:29:53

Basismodelle dann dort eben überall Anwendung finden.

1:29:56

Sie haben jetzt ein paar Ideen, Werkzeuge, Hebel genannt, mit

1:29:59

der der AI Act, die Zivilgesellschaft,

1:30:02

die Staaten diese KI und Modelle einhegen,

1:30:07

transparenter machen wollen, besser kontrollierbar machen wollen.

1:30:10

All das gilt aber

1:30:13

oft nicht, wenn die KI

1:30:15

und die Modelle im Namen der nationalen Sicherheit oder

1:30:19

für das Militär betrieben werden, ist das richtig und ein

1:30:22

Problem?

1:30:24

Ja, das ist richtig, dass militärische Anwendungen und

1:30:27

nationale Sicherheit im Wesentlichen ausgenommen sind, wenn man jetzt

1:30:30

mal absieht von diesen Fällen der

1:30:34

remote biometric identification, also der biometrischen

1:30:37

Gesichtserkennung beispielsweise zu Strafverfolgungszwecken.

1:30:40

Die sind ja in gewisser Weise schon geregelt, aber der weitere Teil

1:30:44

ist ausgenommen. Das ist im Grunde

1:30:47

der europäischen Regelungsarchitektur geschuldet,

1:30:50

weil die EU

1:30:52

da nur sehr schwer eine Rechtsetzungskompetenz hat.

1:30:56

Das ist im Grundsatz jedenfalls den Nationalstaaten anheimgestellt.

1:31:00

Die wollen eben nur ungern auf diese

1:31:02

für sie ja doch irgendwie essenziellen Themen verzichten

1:31:05

und das an die EU abgeben. Es ist aber trotzdem natürlich

1:31:09

problematisch, dass wir da keine Regelungen haben.

1:31:11

Denn es ist ganz klar,

1:31:13

KI spielt gerade in militärischen

1:31:16

Kontexten eine zunehmend wichtige Rolle.

1:31:18

Es ist meiner Ansicht nach auch richtig, dass da KI eingesetzt

1:31:22

wird. Nicht weil das jetzt besonders schön wäre, dass man mit

1:31:25

KI dann präziser Militärschläge

1:31:27

ausführen kann, sondern weil es einfach schwer ist, dazu

1:31:31

Alternativen zu entwickeln, wenn wir in einem geostrategischen

1:31:34

Umfeld momentan sind, das halt im Wesentlichen durch Konflikt, durch

1:31:38

auch den unprovozierten

1:31:40

Überfall der Russischen

1:31:42

Föderation auf die Ukraine, auch

1:31:44

durch die Bedrohung Chinas geprägt ist, wo diese Akteure ganz

1:31:48

klar auf autonome Waffensysteme setzen und wir gewissermaßen

1:31:52

nur reagieren können, indem wir uns da auch selber fit machen, wenn

1:31:56

wir nicht sozusagen Soldatinnen und Soldaten da an der Front in

1:31:59

Situationen bringen wollen, wo sie dann ihr Leben verlieren, was

1:32:02

vielleicht durch eine KI verhindert werden könnte. Ich will damit keine

1:32:04

Werbung für militärische KI machen. Ich glaube nur, dass es sozusagen

1:32:07

notwendig ist, sich darüber klar zu sein, dass wir ohne militärische KI

1:32:10

nicht wirklich verteidigungsfähig sein werden.

1:32:12

Aber gleichzeitig brauchen wir meiner Ansicht nach klare Handhabung

1:32:15

dafür, wie weit wir gehen können, zum Beispiel in

1:32:19

der Automatisierung und in der Autonomie solcher Systeme.

1:32:22

Wann brauche ich immer einen Mensch, der noch sozusagen den

1:32:26

sign off macht? Oder gibt es Situationen, in denen man das dann

1:32:29

nicht mehr braucht? All das muss gesellschaftlich verhandelt werden

1:32:31

und dafür brauchen wir klare Regeln.

1:32:33

Und das ist natürlich jetzt ein Problem, wenn der KI Act

1:32:36

dieses Feld ausklammert. Ein weiteres Thema, was

1:32:39

stark kritisiert wird, ist die Tatsache, dass nationale Sicherheit

1:32:42

ja auch Migration erfassen

1:32:44

soll, also beispielsweise die Frage, ob Menschen mit KI daraufhin

1:32:48

durchleuchtet werden, aus welchem Land sie möglicherweise stammen und

1:32:50

so. Also da gibt es, da gibt es noch ein weites Feld für Kritik, aber wir

1:32:53

wollten noch auf einen anderen Aspekt. Und zwar ist es ja

1:32:57

heute schon so, dass rund 75 %

1:32:59

der KI Modelle nach Schätzung in den Vereinigten Staaten betrieben

1:33:02

werden, etwa weitere 15 % in China.

1:33:05

Und die restlichen 10 % verteilen sich dann auf die ganze

1:33:08

Welt. Das heißt, insbesondere die Europäische Union hat da bislang nur

1:33:12

ein klitzekleines Stückchen vom Kuchen. Und nun schafft der KI

1:33:15

Act ja neue Regelungen,

1:33:17

neue Auflagen, neue Hürden für den Einsatz und für die Entwicklung

1:33:21

von KI. Ist das nicht ein erheblicher

1:33:24

Wettbewerbsnachteil? Werden da nicht IT Unternehmen der

1:33:26

EU komplett abgehängt international?

1:33:30

Also das ist eine Gefahr,

1:33:32

die aber immer bei Regulierung

1:33:34

gewissermaßen besteht. Das wäre sonst jetzt auch ein

1:33:37

Argument dafür, jeglichen Grundrechtsschutz einfach sein zu

1:33:39

lassen. Das wäre natürlich gewissermaßen für Unternehmen am

1:33:42

besten, ist aber trotzdem etwas, was man gesellschaftlich nicht will.

1:33:44

Wir wollen ja nicht Innovation um ihrer selbst willen, sondern

1:33:47

verantwortungsvolle, sozial nützliche Innovation.

1:33:50

Jetzt muss man sagen, die Zahlen, die Sie genannt haben, die sind

1:33:53

richtig, die gelten für foundation

1:33:55

models, also für Basismodelle. Und in der Tat ist es so,

1:33:59

dass wir da eine ganz bedrohliche

1:34:01

Abhängigkeit haben von den USA

1:34:03

und China bzw. Firmen, die dort ansässig sind.

1:34:06

Man könnte sogar sagen, dass wir da sehenden Auges in die nächste

1:34:10

Abhängigkeit á la Öl und Gas hineinlaufen.

1:34:13

Denn wenn wir uns jetzt mal vorstellen, China ist einfach

1:34:16

momentan kein verlässlicher Partner, muss man so sagen.

1:34:18

Aber auch die USA sind es ja nicht mehr wirklich. Wenn jetzt Trump 2025

1:34:22

wiedergewählt würde, ist durchaus

1:34:24

nicht völlig absurd zu sagen,

1:34:26

dass er dann Forderungen erhebt,

1:34:28

die EU soll jetzt dies und jenes tun, die Ukraine nicht mehr

1:34:31

unterstützen oder whatever, ansonsten drehte er die API

1:34:34

von amerikanischen Modellen ab. Das heißt, wir brauchen dringend mehr

1:34:37

europäische Modelle, europäische Souveränität bei diesen

1:34:40

Basismodellen. Da allerdings ist meiner Ansicht

1:34:42

nach der AI Act kein Störfaktor.

1:34:45

Denn wenn ich solche Basismodelle, solche hochpotenten Modelle

1:34:48

entwickeln will, dann hat Future Society mal ausgerechnet, braucht

1:34:51

man schon für zehn noch 24 Flop Modelle, das sind also solche, die

1:34:55

ungefähr so gut sind wie

1:34:57

GPT 3.5, also wie der jetzige

1:34:59

ChatGPT, dann braucht man dafür

1:35:01

ungefähr 60 Millionen Euro.

1:35:03

Und da fallen diese bisschen Compliance Kosten dafür, dass man

1:35:07

dann adäquate Cybersicherheit usw.

1:35:09

einbaut, überhaupt nicht mehr ins Gewicht. Das sind ungefähr 1 % der

1:35:13

Kosten. Das heißt, da wird wirklich bei den

1:35:15

Basismodellen nur verlangt, was ohnehin guter Industriestandard ist.

1:35:19

Wer in der Champions League mitspielen will, der muss sich halt

1:35:21

auch an die Champions League Regeln halten und kann nicht sagen, ich

1:35:23

möchte da gern mitspielen, aber dann 20 mal wechseln.

1:35:26

Kleine Nachfrage noch mal dazu. Für wen gelten denn eigentlich die

1:35:29

Anforderungen des KI Acts, wenn er denn so beschlossen werden soll?

1:35:32

In der Datenschutzgrundverordnung insbesondere sind ja viele

1:35:35

Regelungen enthalten, die eben gerade nicht nur für Unternehmen

1:35:38

gelten, die in Europa ansässig

1:35:40

sind, sondern schon dann gelten,

1:35:42

wenn diese Firmen quasi doing business in der Europäischen Union

1:35:46

sich auf die Fahnen geschrieben haben, wenn sie europäische Verbraucher:innen

1:35:49

in den Blick nehmen. Wie soll das beim KI Act aussehen?

1:35:52

Ganz ähnlich wie in der DSGVO.

1:35:54

Also auch da, dieses sogenannte Marktortprinzip, wenn ich praktisch

1:35:57

auf dem europäischen Markt tätig sein will und hier Produkte anbiete,

1:36:01

dann muss ich auch mich an die europäischen Regeln halten.

1:36:04

Es geht sogar so weit, dass wenn ich nur die Ergebnisse eines KI Systems

1:36:08

hier in Europa anwenden will, dann

1:36:10

reicht das auch schon, damit das KI System davon erfasst ist bzw.

1:36:13

der Hersteller dann davon erfasst ist.

1:36:15

Aber man muss dann schon sehen, das hat einen sehr breiten

1:36:19

Reach. Ob die EU das letztlich alles durchsetzen kann,

1:36:23

ist fraglich. Das ist auch bei der DSGVO ein Kritikpunkt.

1:36:26

Und man muss natürlich sehen, die

1:36:28

großen Hersteller, die

1:36:30

können das natürlich auch von den Compliance Kosten ja durchaus

1:36:33

Schultern. Auch diejenigen, die sozusagen diese großen Basismodelle

1:36:36

herstellen, für die wird das auch kein Problem sein.

1:36:38

Oder jedenfalls eines, das sie mit ihren Mitteln lösen können.

1:36:41

Wo wir tatsächlich erhebliche Probleme sehen werden, ist in der

1:36:44

Adaptation von KMU, also kleinen

1:36:46

und mittleren Unternehmen. Gerade der Mittelstand versucht ja

1:36:49

ganz massiv, auch um international

1:36:51

wettbewerbsfähig zu bleiben, KI

1:36:53

anzuwenden und darin zu investieren.

1:36:55

Und die müssen jetzt erst mal sozusagen ihr Personal schulen,

1:36:58

müssen jetzt die Leute auf Zack bringen, müssen gucken, dass

1:37:01

gewissermaßen die Systeme da in ihr Compliance System eingebaut

1:37:06

werden oder erst mal Neues schaffen. Das ist für diese Unternehmen ein

1:37:09

ganz erhebliches Problem. Und da wird noch viel Arbeit zu

1:37:13

leisten sein mithilfe von technischen Standards, mit

1:37:15

Guidelines, auch mit Beratung, um zu versuchen, dass wir da

1:37:19

sozusagen bei den KMU nicht in Wettbewerbsnachteil geraten.

1:37:22

Sie haben es eben schon geschildert. KI ist überall schon

1:37:25

heute im Einsatz, sei es jetzt bei Bewerbungsgesprächen, sei es

1:37:29

bei Creditscoring, Schufa, solchen Sachen.

1:37:32

Was machen denn Menschen, Verbraucher Verbraucherinnen und

1:37:35

Bürger Bürgerinnen, wenn sie das Gefühl haben, ah, ich bin hier

1:37:38

in eine KI geraten, sei es beim

1:37:40

Auswahlgespräch, beim Bewerbungsgespräch oder eben bei so

1:37:42

einem Schufa Scoring, Kreditscoring und hab das Gefühl, ich bin

1:37:46

benachteiligt worden. Da ist irgendwas schiefgelaufen.

1:37:48

Ich bin damit nicht einverstanden. Ich beschwere mich darüber.

1:37:51

Ich glaube, da ist was faul. Was machen die?

1:37:53

Das war ein Kritikpunkt ganz lange und zu Recht finde ich auch, vor

1:37:56

allem seitens der Zivilgesellschaft und zivilgesellschaftlicher

1:37:59

Organisationen am AI Act. Der AI Act hat nämlich

1:38:03

ursprünglich nur Regeln oder Vorschriften vorgesehen für

1:38:07

die Hersteller dieser Modelle und für die Anwender gewissermaßen in

1:38:10

gewisser Weise auch, aber nicht für die betroffenen Bürgerinnen und

1:38:14

Bürger. Jetzt ist am Ende tatsächlich noch

1:38:16

hinein verhandelt worden ein Beschwerderecht.

1:38:19

Sie erwähnten es sozusagen gerade schon. Das heißt, man kann sich

1:38:22

wenden an seine nationalen Aufsichtsbehörden zum Beispiel, und

1:38:26

sagen, guck mal, da ist irgendwie vielleicht was faul im Staate

1:38:28

Dänemark, da müsstet ihr vielleicht mal nachschauen.

1:38:31

Weiterhin gibt es jetzt ein neues

1:38:33

Recht auf Erklärung eines KI Systems.

1:38:37

Das ist allerdings relativ schwach

1:38:39

ausgeprägt. Das gibt es auch schon nach der

1:38:41

DSGVO. Und wenn man sich die neueste

1:38:44

Rechtsprechung da in der DSGVO anschaut, da gab es grade ja Fälle,

1:38:47

wo über die Schufa was entschieden wurde. Da gibt es gerade Fälle, die

1:38:50

in den Niederlanden entschieden werden über Uber und Ola.

1:38:54

Dann geht das meiner Ansicht nach eigentlich schon weiter als das im

1:38:58

AI Act vorgezeichnete. Ich glaube, dass dieses Recht auf

1:39:01

Erklärung im AI Act, das ist so ein politisches Symbol, das ist mehr

1:39:05

ein zahnloser Tiger, das Beschwerderecht, weil, ja, das

1:39:08

ist auch nice to have sozusagen,

1:39:10

aber ob das so viel bringt am Ende des Tages, da bin ich mir auch nicht

1:39:13

so sicher. Ich glaube, was spannender ist, ist

1:39:16

zu sehen, dass erstens das DSGVO

1:39:19

Instrumentarium momentan geschärft wird durch die Rechtsprechung und

1:39:22

dass zweitens wir parallel

1:39:25

zum AI Act eine Haftungsrichtlinie

1:39:27

haben, eine Produkthaftungsrichtlinie,

1:39:29

die jedem Geschädigten jeder Geschädigten einen Anspruch gibt,

1:39:34

insbesondere in KI Kontexten

1:39:36

Informationen vom Hersteller zu bekommen und dann erleichtert klagen

1:39:40

zu können, häufig mit einer Beweislastumkehr.

1:39:43

Das heißt, wenn ich da das Gefühl habe, es ist was schiefgelaufen,

1:39:47

dann wird es geben deutlich erleichterte Möglichkeiten, da

1:39:50

Rechtsschutz zu erlangen. Das ist sicherlich aus einer

1:39:53

Bürgerrechtsposition her

1:39:55

durchaus positiv zu bewerten, ist natürlich andererseits dann aber

1:39:59

auch damit verbunden, dass man zu Gericht gehen muss.

1:40:01

Das wird nicht jede und jeder machen. Dafür gibt es dann eben

1:40:03

niedrigschwelliger dieses Beschwerderecht nach dem AI Act.

1:40:06

Also wir stehen jetzt ja wirklich ganz, ganz, ganz, ganz nah am

1:40:10

Ende der Entwicklung des

1:40:12

AI Acts. Der lief jetzt ja über drei Jahre, der soll jetzt

1:40:16

Anfang Februar aller Wahrscheinlichkeit nach beschlossen

1:40:19

werden. Er ist aber noch nicht abschließend beschlossen, unter

1:40:23

anderem, weil Deutschland und Frankreich bis zuletzt Kritik

1:40:26

geübt haben und immer noch überlegt haben, stimmen wir jetzt zu oder

1:40:29

versuchen wir es noch mal zu verschieben? Was waren deren Einwendungen?

1:40:32

Und wird das Ding jetzt beschlossen anfang Februar oder nicht?

1:40:35

Also ich leg mich jetzt mal fest. Das wird zu 98 %

1:40:39

Wahrscheinlichkeit beschlossen werden. Ich war da immer schon

1:40:42

relativ optimistisch, was damit zusammenhängt, dass diese

1:40:45

Fundamentaloppositionslinie, die

1:40:48

Frankreich und zum Teil auch Deutschland gefahren haben, sehr

1:40:51

inkohärent war. Was möchte Frankreich?

1:40:54

Frankreich möchte einerseits sein Unicorn, also sein

1:40:58

Hochleistungsunternehmen Mistral, die eben diese Basismodelle bauen,

1:41:02

beschützen und will, dass Mistral

1:41:04

nicht zu viele Regulierungsanforderungen

1:41:07

hat. Das ist in gewisser Weise gelungen, weil, wie gesagt, diese

1:41:11

strengeren Vorschriften für Basismodelle nur für

1:41:14

ganz, ganz Hochleistungsmodelle gelten. Und da fällt Mistral

1:41:17

momentan noch nicht runter. Das zweite, was Frankreich gerne

1:41:20

möchte, ist möglichst wenig

1:41:23

Einschränkungen beim Einsatz von KI

1:41:25

in der Überwachung, vor allem bei der Gesichtserkennung.

1:41:27

Warum? Weil die Olympischen Spiele in Paris vor der Tür stehen und man

1:41:30

das da ganz massiv verwenden möchte.

1:41:32

Für Deutschland hingegen, da sieht es ganz anders aus.

1:41:35

Da hat man einerseits zum Teil im Wirtschaftsministerium, vor

1:41:38

allem im Ministerium für Digitales

1:41:40

und Verkehr, also bei Herrn Wissing,

1:41:42

den Eindruck, dass man auch die Basismodelle gar nicht wirklich

1:41:46

regulieren sollte. Da ist der Schulterschluss mit

1:41:48

Frankreich. Aber was die Gesichtserkennung

1:41:51

anbelangt, da ist Deutschland eigentlich genau am anderen Ende und

1:41:54

wollte eigentlich stärkere Vorschriften. Gerade die FDP hat

1:41:56

sich dafür stark gemacht, sodass diese Allianz schon von Anfang an

1:42:00

so etwas unheilig war. Und da muss man jetzt sagen, ich

1:42:03

finde glücklicherweise, hat sich

1:42:05

die Stimme der Vernunft in Deutschland auch durchgesetzt.

1:42:07

Es gab jetzt auch noch mal einen großen offenen Brief seitens

1:42:10

der Zivilgesellschaft, auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ich habe da auch

1:42:13

unterschrieben, der vielleicht auch noch mal ein bisschen was bewegt

1:42:15

hat, sodass jetzt Deutschland

1:42:17

oder sagen wir mal Wissing eingelenkt hat und Deutschland

1:42:21

seine Ja Stimme abgeben wird. Und das bedeutet zugleich, dass

1:42:24

jetzt schon eine sehr breite neue

1:42:27

Front sich aufmachen müsste gegen den AI Act.

1:42:29

Das sehe ich nicht. Es kann sein, dass Frankreich sich

1:42:31

vielleicht enthält oder auch dagegen stimmt. Aber das würde nicht

1:42:33

reichen. Es braucht schon mindestens vier Nationen, die dann auch

1:42:37

einigermaßen groß sind. Und wenn Deutschland jetzt dabei

1:42:39

ist, kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass der AI Act

1:42:42

noch scheitert.

1:42:43

Ja, ganz herzlichen Dank. Das war im Gespräch mit der Lage

1:42:46

der Nation Professor Dr. Philipp Hacker. Er ist Professor für Recht

1:42:49

und Ethik der Digitalen Gesellschaft an der Europa Universität Viadrina

1:42:53

in Frankfurt Oder. Ganz vielen Dank, dass Sie heute Zeit für uns hatten.

1:42:56

Herzlichen Dank für das Gespräch.

1:42:58

Wir machen ja manchmal hier so auch ein bisschen Verbraucherjournalismus

1:43:02

und das finde ich auch total wertvoll und wichtig.

1:43:05

Das ist jetzt hier nicht die Hauptaufgabe, glaube ich, der Lage.

1:43:07

Aber hin und wieder, glaube ich, müssen wir mal auf ein paar

1:43:10

wichtige Sachen hinweisen.

1:43:12

Für ganz, ganz viele von euch wird das eine absolute Selbstverständlichkeit

1:43:16

sein. Aber ich erlebe

1:43:18

doch immer häufig mal,

1:43:20

dass Leute mich mit großen Augen

1:43:22

angucken, wenn ich ihnen sage,

1:43:24

natürlich brauche jeder eine private

1:43:26

Haftpflichtversicherung.

1:43:28

Das ist im Grunde unsere zentrale Botschaft in dieser Woche.

1:43:31

Jeder Mensch braucht eine Haftpflichtversicherung.

1:43:34

Und zwar deswegen, weil es eben einfach sein kann, dass man durch

1:43:37

eine kleine Unachtsamkeit einen riesengroßen Schaden anrichtet.

1:43:40

Beispielsweise riesengroßer Schaden in finanzieller Hinsicht, aber auch

1:43:43

in persönlicher Hinsicht tritt natürlich ein, wenn man zum Beispiel

1:43:46

einen Unfall eines Menschen verursacht, der dann vielleicht

1:43:49

nicht mehr arbeiten kann. Man stelle sich vor, der Mensch ist dann querschnittsgelähmt.

1:43:52

Da entstehen einfach riesige Behandlungskosten, medizinische

1:43:55

Kosten. Natürlich ist das für den Menschen furchtbar und er wird auch

1:43:58

in der Tendenz weniger Geld verdienen. Das heißt, man ist dann

1:44:00

möglicherweise auch für Einnahmenausfälle verantwortlich.

1:44:03

Da können also schnell Hunderttausende von Euro zustande

1:44:05

kommen und für die ist man dann persönlich verantwortlich.

1:44:09

Und das bedeutet, wenn man jetzt nicht gerade sehr reich ist, dann

1:44:11

ist man einfach pleite. Und für diesen Fall braucht man eine

1:44:14

Haftpflichtversicherung, die dann eben in solchen Extremfällen

1:44:17

einspringt. Philip, du hast eine Haftpflichtversicherung. Ich habe natürlich

1:44:20

auch ein Haftpflichtversicherung und du hast damit auch schon so

1:44:22

bestimmte Erfahrungen gemacht. So für Pipifax, für Kleinkram ist

1:44:25

die nicht gemacht.

1:44:26

Nein. Das habe ich ehrlich gesagt auch nicht so richtig verstanden.

1:44:29

Also man klickt sich eine Haftpflichtversicherung.

1:44:32

Das ist deswegen auch ein Nobrainer, weil die in aller Regel total

1:44:35

billig sind. Die kosten 40, 50, 60 €

1:44:38

für eine einzelne Person im Jahr

1:44:40

und decken im Zweifel Millionen

1:44:42

Euro von Schäden ab. Die verhindern, dass ihr wirklich

1:44:45

privat bankrott geht.

1:44:48

Und ich habe dann gedacht, na gut, jetzt habe ich so eine Haftpflichtversicherung,

1:44:50

was weiß ich, ich habe dann im Urlaub mal einen Stuhl kaputt gemacht.

1:44:53

Was heißt, ich habe mein Sohn hochgehoben-

1:44:54

War eine geile Party.

1:44:55

Nein, ich hab mein Sohn hochgehoben, der war ein bisschen kleiner. Der Stuhl war ein bisschen morsch.

1:44:58

Dann ist der Stuhl zerbrochen. Da hab ich gesagt. Okay, was weiß

1:45:00

ich, natürlich kaufe ich neuen Stuhl. Kein Thema, was weiß ich,

1:45:03

60 € oder was das Ding gekostet hat. Und da hat meine Haftpflicht gesagt,

1:45:06

hier, Ich habe übrigens den Stuhl kaputt gemacht, bitte zahlt doch

1:45:08

mal. I selben Urlaub ist, dann irgendwo

1:45:11

noch eine Scheibe kaputt gegangen, was? weiß ich, von irgendeinem Kamin. Da hab ich dann irgnedwie den

1:45:13

Kamin zugemacht. Das Stück Holz hat das Kaminglas durchbrochen.

1:45:17

Kam Ersatz. 100 €? Ich weiß es nicht.

1:45:20

Habe ich auch der Haftpflichtversicherung gemeldet.

1:45:22

Haben die gezahlt, und mich rausgeworfen.

1:45:25

Das ist halt das Problem, wenn man die ständig mit kleinen Summen

1:45:27

behelligt. Da hat man zwar eigentlich einen

1:45:30

Anspruch drauf, wenn man jetzt keine-

1:45:32

Haben sie ja auch gezahlt!

1:45:33

Haben sie auch bezahlt, aber da haben natürlich die Versicherungen

1:45:35

keinen Bock drauf, dass man ständig mit kleinen Sachen ankommt.

1:45:37

Deswegen, man hat die am besten,

1:45:39

meldet aber Kleinkram nicht,

1:45:41

sondern man meldet Schäden, die wirklich die eigenen finanziellen

1:45:45

Möglichkeiten sprengen.

1:45:46

Die private Haftpflichtversicherung ist wirklich für den absoluten

1:45:50

Worst Case gedacht. Wenn es wirklich richtig nach Süden

1:45:54

geht und ihr vor einer Privatinsolvenz steht.

1:45:56

Euch stehen tausende, hunderttausende Euro von Forderungen

1:46:00

ins Haus, dann zieht ihr diese

1:46:02

Privathaftpflichtversicherung. Ich hab das jetzt gemacht.

1:46:04

Die haben mich halt rausgeworfen. Natürlich kann ich woanders eine

1:46:06

neue abschließen, aber da wirst du halt gefragt, hatten Sie denn in

1:46:09

letzter Zeit eigentlich schon mal woanders eine Privathaftung?

1:46:11

Aha, da sind Sie rausgeflogen. Aha. Das muss man natürlich

1:46:14

ehrlicherweise beantworten. Na gut, dann kriegst du schon eine

1:46:16

neue Haftpflicht. Die ist halt ein bisschen teurer. Und die gibt es

1:46:19

halt nur mit einem gewissen Selbstbehalt, das heißt Schäden, was

1:46:22

weiß ich unter 300 € oder so, keine Ahnung, die musst du halt

1:46:25

per se selbst bezahlen.

1:46:26

Das sollte man vielleicht sowieso machen, aber generell werden sich

1:46:29

jetzt natürlich viele Fragen okay, brauche ich, hat mich überzeugt,

1:46:32

aber welche klicke ich da jetzt? Und da hat in dieser Woche

1:46:35

finanztip.de eine Übersicht veröffentlicht.

1:46:38

Sie empfehlen auch drei Tarife ganz

1:46:40

konkret. Und diese Pressemitteilung,

1:46:42

die finanztip verschickt hat, war für uns ehrlich gesagt auch der

1:46:45

Anlass, mal wieder darauf hinzuweisen, dass man eine solche

1:46:48

private Haftpflichtversicherung braucht, eben um den privaten

1:46:51

Supergau zu verhindern. Wir haben euch diese Übersicht mal

1:46:54

in die Shownotes gepackt, könnt ihr euch anschauen. Da werden

1:46:56

verschiedene Versicherungen getestet, werden auch ein paar

1:46:59

empfohlen. Aber schaut doch mal, dass ihr da

1:47:01

nicht irgendein Risiko eingeht, das echt nicht sein muss.

1:47:05

Und damit ist die Lage für diese Woche ausführlich und abschließend

1:47:08

natürlich wie immer beurteilt

1:47:10

und analysiert. Wir danken euch für die

1:47:12

Aufmerksamkeit, für das große Interesse, sind gespannt auf

1:47:15

Feedback, gerne auch bei Instagram unter Lage der Nation.

1:47:17

Habt noch eine schöne Woche und wenn euch die Sendung gefallen hat, ihr

1:47:20

könnt die Lage auch unterstützen. Da gibt es dieses plus Abo unter

1:47:23

plus.lagedernation.org. Das machen auch schon einige Leute.

1:47:27

Davon leben wir zu einem nicht ganz unerheblichen Teil und wir freuen

1:47:30

uns über eure Unterstützung.

1:47:32

Bis dann. Bis nächste Woche. Ciao.

Rate

Join Podchaser to...

  • Rate podcasts and episodes
  • Follow podcasts and creators
  • Create podcast and episode lists
  • & much more

Episode Tags

Do you host or manage this podcast?
Claim and edit this page to your liking.
,

Unlock more with Podchaser Pro

  • Audience Insights
  • Contact Information
  • Demographics
  • Charts
  • Sponsor History
  • and More!
Pro Features