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Herzlich willkommen zur Lage der Nation, Ausgabe Nummer 372
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vom 6. März 2024.
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Und an den Mikrofonen hier im Berliner Lagestudio begrüßen euch,
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wie schon einmal im Dezember
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des vergangenen Jahres, Ulf Buermeyer und:
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Und zum zweiten Mal Jana Münkel.
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Ich freue mich sehr, wieder dabei sein zu dürfen und
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spring heute sehr gerne mit Ulf ins Pad.
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Ja, sehr schön. Ich bin Jurist aus Berlin und freue
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mich sehr, Jana wieder bei uns begrüßen zu dürfen.
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Zu unserem ersten Thema. In den Vereinigten Staaten war am
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Dienstag, dem 5. März, der sogenannte Super
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Tuesday. Jana, was hat es denn damit auf sich?
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Genau, da wurde in 15 Bundesstaaten
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abgestimmt, unter anderem in Kalifornien, Texas, Colorado, Maine,
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North Carolina. Und das ist eben so ein
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Superwahltag. Der ist immer dienstags
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und gilt als wesentlicher Meilenstein im Wahljahr
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auf dem Weg hin zur Entscheidung,
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wer wird Präsidentschaftskandidat
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der Parteien?
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Es ist ja so eine Besonderheit des amerikanischen Wahlsystems, dass
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für die Präsidentschaftswahl eben so Vorwahlen stattfinden.
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Das heißt, die Parteien wählen die Kandidierenden zwar auf
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Versammlungen, aber die Delegierten für diese Versammlungen wiederum,
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die werden nicht einfach irgendwie von der Partei bestimmt, sondern
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eben im Zuge von Vorwahlen,
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den sogenannten Primarys. Genau, und Jana hat es gesagt, der
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Superwahltag ist ein, gilt als Meilenstein, einfach weil
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da relativ viele Delegierte
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für diese Nominierungsveranstaltungen
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gewählt werden. Ja, die Wahllokale haben in der deutschen Nacht zu
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Mittwoch geschlossen. Was sind denn so die ersten
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Ergebnisse?
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Also Trump liegt laut Prognosen
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in mindestens 13 der 15 Bundesstaaten vorn.
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Da muss ich vielleicht dazu sagen, das ist jetzt der 6.
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März, Stand 10:30.
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Also wenn ihr das hört, wird
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es die anderen Ergebnisse auch noch geben. Aber das war
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erwartet worden, dass Trump da sehr klare Siege einfährt.
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Seine Konkurrentin Nikki Haley, die
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hat nur in einem Bundesstaat bis jetzt gewonnen.
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Das gilt so ein bisschen als Symbolerfolg.
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Also sie hat da nochmal Hallo gesagt, aber es wird jetzt nicht erwartet,
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dass das noch mal was ändert daran, dass Trump das Rennen macht
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bei den Republikanern.
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Ja, sieht gut aus für Donald Trump. Er wird wohl der republikanische
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Kandidat sein. Für Joe Biden gilt auf
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demokratischer Seite dasselbe.
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Ihm ist die Kandidatur kaum noch zu nehmen.
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Und Donald Trump hat ja in dieser Woche auch vom Supreme Court
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Rückenwind bekommen, also vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten
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Staaten. Dort hing nämlich ein Rechtsstreit.
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Und zwar hatte der Supreme Court des Bundesstaats Colorado
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Donald Trump von den Wahlzetteln für die Vorwahl gestrichen,
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mit der Begründung, er habe an einer Verschwörung mitgewirkt,
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insbesondere nämlich an dem Sturm
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auf das Kapitol am 6.
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Januar 2021. Diese Sichtweise des Supreme Courts
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von Colorado hat der Scotus, der Supreme Court of the United
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States, nun zurückgewiesen.
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Genau, und zwar einstimmig. Das ist wichtig, noch dazu zu sagen.
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Der hat halt gesagt, der Scotus hat gesagt, so eine Entscheidung steht
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nur dem Kongress zu. Also die einzelnen Bundesstaaten
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können nicht sagen, so, wir streichen jetzt einfach mal einen
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Kandidaten vom Zettel. Und in der Begründung war auch
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enthalten, dass so eine Entscheidung, läge sie denn bei den
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Bundesstaaten, einfach zu einer Verwirrung führen kann, also zu
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einem Chaos. Und das deswegen eben diese Entscheidung, ich wiederhole
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es noch mal, nur dem Kongress zustehe.
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Das heißt, Trump kann antreten
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und er hat total
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Rückenwind. Er hat total gute Karten, Ulf.
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Ja, und zwar auch in der nationalen
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Wahl. Nicht nur, dass er die Nominierung einsammelt, sondern dass
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er eben auch im November bei der eigentlichen Präsidentschaftswahl
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den Sieg über Joe Biden davonträgt.
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Wir haben es gesagt, die Nominierung als Kandidat der Republikaner hat er
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schon fast im Sack. Aber auch bei den Wahlen im November sieht es
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relativ gut aus. Die werden letztlich in den
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sogenannten Swing States entschieden.
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Es läuft ja bei den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten in fast
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allen Staaten so, wer die Mehrheit
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der Stimmen in diesem Bundesstaat erringt, der bekommt alle
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Wahlmänner- und Wahlfrauenstimmen dieses Staates.
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Die meisten Staaten sind politisch ganz klar einzuordnen.
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Die sind also entweder demokratisch oder republikanisch.
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Da ist ziemlich klar, wer diesen Staat gewinnt, wer diese Electors
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dann letzten Endes nach Washington schicken darf. Aber es gibt eben so
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ein paar Staaten, etwa sechs an der Zahl, wo die Wahl nicht klar
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ist. Tja, und da muss man sagen, sieht es momentan für Donald Trump
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ziemlich gut aus.
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Und das wirft natürlich die Frage auf, warum sieht es denn auf der
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anderen Seite so schlecht aus für Biden, wenn der, wir haben es
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gesagt, ja eigentlich auch schon fast steht als
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Präsidentschaftskandidat der Demokraten und Biden hat
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verschiedene Probleme. Wir haben jetzt erst mal drei
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identifiziert. Erstes Problem, er ist zu alt.
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Er hat immer wieder Auftritte, auf denen er schleppend redet, bei denen
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er sich nicht an Dinge erinnern kann, auch nicht an die Namen
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von verschiedenen Staats- und Regierungschefs zum Beispiel.
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Und selbst im eigenen Lager ist die Auffassung verbreitet,
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dass er möglicherweise einfach nicht mehr fähig ist, Präsident zu sein.
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Es gibt eine neue Umfrage, unter anderem von der New York Times.
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Da sagen 61 % der Wähler:innen
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die Joe Biden 2020 unterstützt haben, 81
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ist zu alt, um an effective
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President zu sein, also um ein
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wirkmächtiger Präsident sein zu können.
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Wie gesagt, das wirkt, dieses Problem wirkt nicht nur auf die
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Wechselwählerinnen und Wechselwähler, sondern das wirkt
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sogar auf die eigenen Leute, die also politisch inhaltlich mit Joe
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Biden ziemlich auf einer Linie liegen. Das ist also ein
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gravierendes Problem, an dem man natürlich auch nichts ändern kann. Sein Lebensalter ist eben sein
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Lebensalter. Zweites Problem von Joe Biden, wieso
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er momentan so schlecht dasteht. Seine Bilanz erscheint vielen
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quasi nicht in Anführungsstrichen links genug.
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2020 und bei den letzten Präsidentschaftswahlen hat
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er noch sehr davon profitiert, dass ihn die relativ linken, relativ
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progressiven Fans von Bernie Sanders letztlich doch unterstützt haben.
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Und er hat auch versucht zu liefern,
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quasi aus dieser Perspektive. Also er hat die Staatsausgaben
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relativ massiv erhöht, zum Beispiel mit dem sogenannten Inflation
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reduction act. Das ist also ein großes
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Subventionsprogramm für alle möglichen Bereiche der
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amerikanischen Wirtschaft. Das wirkt auch sehr deutlich, muss
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man sagen. Die Arbeitslosenzahlen in USA
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sind niedrig, die Wirtschaft wächst und so, also das hat auch positive
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Auswirkungen. Aber vor allem hat das natürlich die Menschen, die
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jetzt eben grundsätzlich mal für einen starken Staat einstehen, der
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viel Geld ausgibt, auch erfreut.
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Aber ich glaube, man muss deutlich sagen, trotz dieser positiven Zahlen
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sind die sozialen Probleme der USA einfach nicht gelöst.
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Nicht zuletzt auch, weil konservative Demokraten vieles
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ausgebremst haben. Besonders zu nennen ist da der
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Senator Joe Manchin aus West Virginia, einem sehr konservativen
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Bundesstaat. Und der gilt eben als Kohlelobbyist, wird unterstützt
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von der fossilen Industrie. In seinem Bundesstaat gibt es eben
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auch viele Kohleminen und
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der hat viele insbesondere Klimaschutzprogramme von Joe Biden
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ausgebremst. Ja, und das war's noch lange nicht.
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Vielleicht das größte Problem von Joe Biden:
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Das ist Bidens Kurs im Gazakrieg.
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Das kostet den viel Zustimmung und Sympathien
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und er versucht es da so ein bisschen allen recht zu machen.
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Also er versucht auf der einen Seite Israel zu unterstützen und das auch
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immer wieder deutlich zu machen, aber zugleich versucht er immer
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wieder auch zur Mäßigung in Gaza aufzurufen.
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Und dieser Schlingerkurs, der überzeugt viele aber trotzdem nicht.
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Also auf der einen Seite gibt es die jüdischen Wähler:innen, die sagen
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das ist uns nicht solidarisch genug mit Israel.
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Und es gibt aber dann auf der anderen Seite muslimische
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Wähler:innen und auch viele sehr linke Menschen, die
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eigentlich Biden unterstützen würden, die sagen, da ist nicht
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genug Solidarität aus unserer Sicht mit Gaza.
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Und da gibt es dann in dem Zusammenhang einfach ganz viel
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Kritik am sogenannten Genozid.
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So wird es dann eben in diesen Kreisen genannt in Gaza.
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Also seit Wochen wird Joe Biden
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auf Veranstaltungen mit Rufen
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wie "Genozidjoe" und "Waffenstillstand jetzt" empfangen.
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Das heißt, da hat er auch nicht so einen leichten
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Stand.
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Das ist einfach eine extrem schwierige Position, weil natürlich auch
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jüdische Menschen in den Vereinigten Staaten ein ganz wichtiges
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Wählerpotenzial für die Demokraten sind. Das heißt also, es ist einfach
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im Grunde eine Situation, er ist so zwischen zwischen Baum
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und Borke oder
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in Amerika sagt between a rock and a hard place.
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Es ist einfach ganz schwer, da irgendwie Punkte zu machen.
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Einen finde ich sehr eindrucksvolles Beispiel gibt es da aus den letzten
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Tagen von den demokratischen Vorwahlen in Michigan.
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Da gibt es nämlich einen sehr großen Anteil arabischstämmiger
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Amerikaner:innen. Dienstag vergangener Woche, du hast
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es gesagt, Ulf, waren da die Vorwahlen und da gab es richtig so
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was wie eine uncommitted Kampagne.
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Also ist es so, dass auf den Wahlzetteln für den
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Präsidentschaftskandidat, der da in den Vorwahlen gewählt werden soll,
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es auch einen Platz gibt
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für "ich weiß nicht" oder "ich bin da unentschlossen", also
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ein Kreuzchen für uncommitted gesetzt werden kann.
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Und Biden hat in Michigan zwar mit 81 % gewonnen, aber
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diese uncommitted Kampagne, die
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hat auch total gezogen. 13 % haben eben
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uncommitted angekreuzt, also unentschlossen.
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Das sind über 100.000 demokratische
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Wähler:innen, die dann gesagt haben, nein, ich find nicht,
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dass ich Biden unterstützen kann, beziehungsweise ich bin da
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unentschlossen und das ist schon ein großes Potenzial.
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Und jetzt auch vom Super Tuesday hört man, dass das doch eine ganz
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große Rolle auch gespielt hat.
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Also ich finde die Zahlen schon krass, ne? Biden hat keinen
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ernstzunehmenden Gegenkandidaten und bekommt trotzdem nur 81 %.
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Ja, nur 4/5. Einer von fünf Menschen, die bei
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den Demokraten registriert sind, hat entweder irgendwen anderes gewählt
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oder eben 13 % dieses uncommitted. Also das zeigt schon dieses große
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Grummeln so an der demokratischen Basis. Und wir haben drei
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Probleme aufgezählt. Aber das Zentrale scheint wohl zu
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sein tatsächlich, sein Schlingerkurs in Sachen Gaza.
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Ja, und die Folge im Wahlsystem ist dann, dass die von Biden
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Enttäuschten natürlich noch lange nicht Trump wählen. Die sind ja im Zweifel eher linker,
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eher progressiver als der Kurs von Joe Biden.
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Aber die Sorge ist nun, dass viele von ihnen einfach nicht
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zur Wahl gehen könnten. Das ist dieses, was man in der
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Politikwissenschaft so schön asymmetrische Demobilisierung nennt.
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Das heißt also, Menschen werden demobilisiert nur auf einer Seite
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des politischen Spektrums. Die Trumpwähler:innen sind in der
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Tendenz ziemlich radikalisiert. Die gehen mit großer
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Wahrscheinlichkeit auch hin, damit ihr großer Held Donald Trump, wieder
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Präsident wird. Und auf demokratischer Seite ist
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diese Begeisterung einfach überhaupt nicht da.
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Und das alleine könnte schon reichen, damit Donald Trump diese
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berühmten Swing States, diese sechs, sieben entscheidenden Bundesstaaten
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gewinnt.
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Also eigentlich so eine Einschläferungstaktik, oder?
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Ja genau, man kann das so als kalte Füße Taktik oder
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eingeschlafene Füße Taktik. Es geht so ein bisschen darum, die
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nicht so ganz begeisterten Demokraten einfach zu Hause zu
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lassen. Damit hat Donald Trump zum Beispiel auch nach einigen Analysen
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jedenfalls die Präsidentschaftswahl 2016 gewonnen, insbesondere
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mit Kampagnen, die Menschen
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mit Migrationshintergrund davon
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abgehalten haben sollen, so targeted ads auf Facebook, für
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Hillary Clinton zu stimmen. Er hat also die Clintonwähler:innen,
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die potenziell nicht gerade zu Trumpwählern gemacht, aber er hat
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es halt geschafft, dass sie auch nicht Hillary gewählt haben und das kann
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dann eben in Swing States schon reichen. Tja, was bedeutet
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denn das jetzt?
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Ja, wenn wir nach vorne
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gucken, müssen wir, finde ich, trotzdem noch mal nach hinten gucken
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und noch mal kurz Bilanz ziehen. Was war denn an Trumps
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Präsidentschaft Nummer eins eigentlich so ein Riesenproblem?
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Also das klingt jetzt wie so eine naive, wie so ein naiver Claim,
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aber ich glaube, wir müssen es noch mal aufzählen: er hat den Iran
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Nuklear Deal gekündigt, er hat mit Austritt aus der NATO
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gedroht und es gab noch ein paar andere Punkte, die wir da noch
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nennen sollten.
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Es war ziemlich gruselig. Es gab auch innenpolitisch natürlich
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Rabatz und Populismus an allen Ecken. Es gab den berühmten Muslim
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Ban. Falls man sich noch erinnert. Also Menschen aus muslimischen
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Staaten oder aus bestimmten Staaten durften einfach pauschal nicht mehr
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einreisen in die USA, selbst wenn sie eigentlich ein dauerhaftes Visum
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hatten, eine Niederlassungserlaubnis, was weiß ich. Das war alles völlig
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egal mit einem Mal. Das musste dann von Gerichten mühsam
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wieder zusammengestrichen werden, dieses Programm.
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Außerdem hat er natürlich konsequent vier Jahre lang Politik gemacht
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gegen Menschen aus Mittel- und Südamerika, die in die USA
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immigrieren könnten, da gab es schreckliche Bilder von Kindern in
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Käfigen und so. Also das war schon, das war schon aus einer menschenrechtlichen
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Perspektive, waren das vier ganz,
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ganz dunkle Jahre, aber auch aus der
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Perspektive der internationalen Politik. So, das war Trump eins.
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Und jetzt ist die Frage was wird bei Trump 2.0 passieren?
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Ich glaube, da muss man sagen, er hat sein Potenzial, sein
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destruktives, rassistisches Potenzial 2017
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bis 21 noch bei weitem nicht ausgeschöpft.
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Genau die Wahl, die kam ja auch
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für ihn, so wird es zumindest
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analysiert, total überraschend.
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Also er war nicht so gut vorbereitet, wie er hätte sein
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können. Und da gibt es in den
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Analysen einen Begriff, der immer wieder mir über den Weg läuft.
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Das sind die Adults in the Room, also die Erwachsenen im Raum, die
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das Schlimmste verhindert haben sollen. Und das sieht auch Jana
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Puglierin vom Thinktank European Council on Foreign Relations so.
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Im Deutschlandfunk Kultur hat sie das so erklärt:
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Damals gab es die sogenannten Erwachsenen im Raum.
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Die wurden in der Analyse und in der Presse mal so genannt.
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Das waren etablierte Republikaner,
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die noch nicht so
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sehr von dem eigentlichen Kurs der Republikaner abgewichen sind.
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Und wo man gedacht hat, na ja, wenn diese Erwachsenen im Raum sind, dann
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können die Trump einhegen. Und natürlich hatte man Checks and
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Balances in den USA. Man hatte die Bürokratie, man hatte
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die Justiz und die Demokratie
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hat ja auch gehalten in den USA, sie war resilient.
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Und da ist eben die große Sorge,
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dass wird nicht noch mal passieren.
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Die Resilienz der US Demokratie
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dürfte beim nächsten Mal ziemlich auf die Probe gestellt werden, denn
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die Republikaner und das Team Trump sind diesmal vorbereitet,
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wie selten eine Regierung
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vorbereitet war.
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Und das ist ganz konkret so, dass die nicht nur eine neue
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Politik planen. Ich meine, das ist ja was relativ
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Normales. Wenn ein Lager, ein anderes Lager an die
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Macht kommt, dann ist es logisch, dass jemand sagt, ich
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habe hier andere Visionen, Das wäre ja noch was Demokratisches,
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eine neue Mehrheit, neue Inhalte sozusagen.
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Aber Trump plant was ganz anderes.
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Er plant mit den Republikanern wirklich einen kompletten Umbau der
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amerikanischen Demokratie. Und das muss man wirklich so sagen.
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Constanze Stelzenmüller ist die Direktorin des Center on the United
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States and Europe und
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ist Transatlantikexpertin. Und sie sagt, die MAGAner,
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also die Make America great again
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Leute, die wollen die liberal repräsentative amerikanische
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Verfassungsordnung komplett umbauen.
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Und zwar so ein bisschen nach dem Vorbild von Viktor Orbáns
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Ungarn.
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Ja, also der Kerngedanke ist,
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dass die heutige, auch
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nicht perfekte, aber doch grundsätzlich demokratische Ordnung
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in den Vereinigten Staaten umgebaut werden soll zu so einer illiberalen
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Demokratie. Wo es also schon noch Wahlen gibt, aber deren Ergebnis im
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Grunde von vornherein feststeht und wo es in Wirklichkeit keinen
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politischen Pluralismus mehr gibt. Also wo es eine Einheit von Kirche
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und Staat gibt, wo es einen weißen Ethnonationalismus gibt, der alle
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anderen Ethnien möglichst weit von der Macht fernhält.
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Und dementsprechend skeptisch
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blickt auch Jana Puglierin
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vom European Council on
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Foreign Relations, auf das Programm
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der Konservativen.
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Was das Trumplager vorhat,
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ist eben eine innenpolitische
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Revolution, ein Umbau der Demokratie, die ihm ungeahnte
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neue Macht gibt und ihn eben, er ist dann nicht mehr
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eingehegt, sondern empowered, das zu tun, was er will.
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Und das, was Jana Puglierin da als innenpolitische Revolution
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bezeichnet, das hat auch einen Namen. Die Planung für
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so eine mögliche zweite Präsidentschaft nennt sich Project
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2025. Könnt ihr auch gern mal reinklicken.
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Es gibt da eine große Website www.project2025.org.
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Da haben sich 50 konservative Organisationen zusammengeschlossen
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unter der Führung der sogenannten Heritage Foundation.
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Das ist eine nationalistisch konservative Denkfabrik,
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so das Flaggschiff des Lagers Make America Great
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Again. Und das Ziel ist, wir haben es eigentlich schon
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gesagt, diesmal sind wir
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mehr vorbereitet als bei der ersten Präsidentschaft.
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Was das genau bedeutet, kann man nachlesen im sogenannten Mandate
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for Leadership. Das ist ein knapp 900 Seiten
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starkes Playbook, also ein detailliertes Drehbuch für
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die kommende Trumppräsidentschaft. So hoffen sie jedenfalls.
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Dazu muss man sagen, so ein Mandate for Leadership ist an sich gar nicht
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unbedingt etwas Neues. Das bringt die Heritage Foundation
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seit den Achtzigern raus. Das Besondere an diesem Playbook
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sind die Inhalte. Und da wollen wir jetzt mal so ein paar Stichworte aufzählen.
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Zum Beispiel fordert das Playbook eine Rückkehr zum Isolationismus.
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Die Vereinigten Staaten sollen aus der Weltgesundheitsorganisation, der
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Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds austreten.
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Das wäre also schon eine echte Schockwelle durch die internationale
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Ordnung, so wie sie seit dem Zweiten Weltkrieg mit den Vereinten Nationen
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und ihren Unterorganisationen aufgebaut worden ist.
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Ja, und dann ein anderes wichtiges Thema: Thema Klimawandel.
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Wenn es da nach den MAGAnern geht, gibt es den sozusagen
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nicht. Beziehungsweise die USA sehen sich da nicht in der Verpflichtung,
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da irgendwas gegen zu tun. Also es ist im Playbook die Rede vom
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Ende des Kriegs gegen fossile Brennstoffe.
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Sagt glaube ich einiges.
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Und auch die NATO ist aus Sicht der MAGAner eigentlich Geschichte.
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Wobei man dazu sagen muss, austreten müssen die USA gar nicht offiziell.
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Wenn Donald Trump einfach beschließt, den Artikel fünf,
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also diese gegenseitige Beistandspflicht nicht wirklich
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ernst zu nehmen, nicht wirklich umzusetzen, dann ist es eigentlich
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aus mit der NATO. Das hatten wir ja schon in der Lage
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ein paar mal, weil die anderen NATO
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Staaten alleine so eine glaubwürdige Abschreckung einfach nicht leisten
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können. Aber ich denke, neben diesen außenpolitischen Schockwellen ist
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der wichtigste Punkt eigentlich, das haben wir eben anfangs schon
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angedeutet, was die MAGA Leute,
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was Project 2025 im innenpolitischen Raum vorhaben,
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das muss man so deutlich sagen. Es ist geplant zum einen der Abbau,
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zum anderen die totale Gleichschaltung der US
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Bundesbehörden.
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Und ich finde, da lohnt sich auch wirklich mal zu schauen, was sagen
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denn da die, die diesen Umbau dann planen? Russ Vought, der ist
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Vorsitzender des konservativen Centre for Renewing America,
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und der hat gesagt, der erste Tag des Präsidenten wird eine
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Abrissbirne für den Verwaltungsstaat
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sein.
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Das muss man erst mal sacken lassen. Verwaltungsstaat, der sogenannte
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administrative State, das ist aus Sicht von konservativen und
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radikalliberalen Amerikaner:innen
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quasi das Böse an sich. Bundesbehörden, die gelten quasi als
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des Teufels. Sie sind als solche zu bekämpfen. Davon sollte es so wenig
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wie möglich geben für bestimmte Leute. Die dahinterstehende
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Vorstellung ist, der Staat lässt die Leute am allerbesten in Ruhe.
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Und der Staat ist eigentlich, sollte idealerweise nur für zwei Sachen
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zuständig sein: für die Währung, selbst da sagen manche lieber Krypto
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und vielleicht noch für äußere Sicherheit, also für's Militär.
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Ansonsten sollte der Staat die Menschen im Wesentlichen in Ruhe
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lassen, also eine ultraliberale Position.
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Und das führt dazu, dass nach dem Programm, das da auf dem Tisch
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liegt, zentrale Behörden des Bundes abgeschafft, völlig abgeschafft
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werden sollen.
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Also zum Beispiel, ich nenne mal ein paar, FBI, Homeland Security,
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Bildungsministerium, Handelsministerium inklusive
19:08
Datenschutzbehörde der USA und andere sollen nicht abgeschafft
19:12
werden, aber viel kleiner werden. Also so einem totalen
19:15
Schrumpfungsprogramm unterliegen.
19:17
Das Justizministerium zum Beispiel.
19:19
Das ist ja in den USA zugleich die oberste Anklagebehörde und der
19:23
sogenannte Attorney General. Das soll alles abgewickelt werden
19:26
oder ganz massiv eingedampft werden.
19:28
Damit sollen dann entsprechend die Möglichkeiten dieser Behörden
19:32
begrenzt werden. Aus Sicht dieser Menschen, die das
19:34
fordern, quasi in das Leben der Menschen reinzuregieren.
19:38
Und vielleicht noch dramatischer für so rechtsstaatliche
19:41
Grundprinzipien wie Rule of Law
19:43
ist der Gedanke, dass die Behörden, die es dann immer noch weiter geben
19:46
soll, dass die eben auf Linie gebracht werden sollen, dass die
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gleichgeschaltet werden sollen mit dem Weißen Haus.
19:52
Da gab es nämlich bisher aus der Sicht Trumps jedenfalls ein Problem.
19:56
Nicht alle Beamten, das sind ja Zehntausende in den US Behörden
19:59
waren MAGA Extremisten.
20:01
Und es gibt eben zehntausende Beamte in den Behörden des Bundes.
20:05
Also wir haben es schon genannt, vom FBI bis zum National Park Service.
20:09
Und da ist es wichtig zu sagen,
20:11
dass amerikanische Beamte eben
20:13
nicht auf den Präsidenten vereidigt werden, sondern auf die Verfassung
20:17
und die Verfassung schreibt fest,
20:19
der Kongress kontrolliert die Regierung und schreibt den
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Bundesbehörden vor, wie sie zu agieren haben.
20:25
Genau und die Idee dahinter ist, der Kongress erlässt eben die Gesetze
20:29
und die Beamten halten sich zuallererst mal an die Gesetze.
20:31
Ja, der Präsident ist der Chef der Exekutive.
20:34
Aber er kann die Exekutive eben nur
20:36
im Rahmen der Gesetze tatsächlich
20:38
steuern. Das ist die bisherige, seit Jahrhunderten etablierte
20:42
Verfassungsordnung in den Vereinigten Staaten, und das heißt
20:45
auf Englisch so schön rule of law. Das heißt also, es bedeutet, das
20:47
Parlament macht die Gesetze und die
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Exekutive führt sie aus. Der Präsident ist zwar der Chef
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dieser Exekutive, aber er kann eben nicht regieren, wie er will, sondern
20:55
nur im Rahmen der vom Kongress bestimmten Gesetze.
20:58
Und diese Regeln, die könnten
21:00
eben Beamte davon abhalten, 100 %
21:02
auf Trumpkurs zu segeln, insbesondere wenn Donald Trump das
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geltende Recht brechen will. Und das würde auf der anderen Seite
21:09
natürlich diese konservative Revolution potenziell bremsen.
21:12
Im Prinzip so ein bisschen so, wie das diese Adults in the Room, die
21:15
Erwachsenen im Raum ab 2017 gemacht haben. Und daher will das
21:18
Projekt 2025 jetzt dafür sorgen, dass alle führenden
21:22
Beamten auf Trumpkurs segeln und im Zweifel nicht mehr zählt, was im
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Gesetz steht, sondern was Donald
21:28
Trump sagt. Und das ist jetzt nicht nur unsere Idee.
21:30
Das sagen die Menschen, die das für richtig halten auch selber
21:33
so.
21:34
Genau, es gibt einen Direktor dieses Projekt 2025, der
21:38
heißt Paul Dans, der
21:40
ist eben der Direktor des Presidential Transition Projects
21:43
und der sagt Project
21:46
2025 ist systematically preparing
21:48
to march into office and bring a new army.
21:52
Aligned, trained and essentially weaponized conservatives ready
21:55
to do battle against the deep
21:58
state.
21:58
Also auf Deutsch. Projekt 2025 ist dabei, ganz systematisch
22:03
einen Sturm in die Büros
22:05
des Bundes vorzubereiten. Und sie wollen mit sich bringen,
22:09
eine Armee von auf Linie gebrachten, trainierten
22:13
und im Grunde zu einer Waffe umfunktionierten
22:17
Konservativen, die bereit
22:19
sind, gegen den sogenannten Deep State zu kämpfen, also gegen das,
22:23
was Konservative für die böse Verwaltung in Washington
22:27
halten, für den Deep State, also wahrscheinlich müsste man sagen die
22:30
Verwaltung, die sich selbstständig gemacht hat und von niemandem mehr
22:33
richtig kontrolliert wird. Das ist die Idee.
22:35
Oder die eben aus Sicht Trumps blockiert und wie so eine Bedrohung
22:38
gesehen wird. Und ich finde, das muss man noch mal sacken lassen.
22:41
Da ist einfach so eine Kriegsrhetorik dabei.
22:44
Das ist jetzt so in dem, wie wir es übersetzt haben und
22:47
wie man es vielleicht erst mal versteht, auch wirklich eine
22:50
Kriegsrhetorik, die erst mal
22:52
diese verbale Aufrüstung nutzt.
22:55
Aber wenn man an den 6. Januar denkt, da waren halt auch
22:58
wirklich Waffen im Spiel und da
23:00
wird es mir schon ein bisschen anders.
23:02
Beim Sturm auf's Kapitol. Ja, genau. Das ist tatsächlich gruselig und ich
23:04
meine, das muss man sich überlegen. Was bedeutet das in der Praxis?
23:07
Die Grundidee dahinter ist, Politik ist Personal.
23:10
Also es geht um diese Army, diese Armee, die da gerade aufgebaut
23:13
werden soll. Dazu muss man fairerweise sagen, also es ist ganz
23:16
normal, dass bei dem Wechsel einer sogenannten Administration,
23:20
also bei einem neuen Präsidenten von einer anderen Partei, auch die
23:22
Beamten im öffentlichen Dienst ausgetauscht werden, aber
23:25
normalerweise eben nicht alle. Normalerweise tauscht man da
23:28
so circa 4000 politische Beamte an der Spitze aus, aber
23:32
hier ist der Plan, bis zu 50.000 Beamte zu ersetzen.
23:36
Und das bedeutet einfach schlicht und ergreifend, die werden gefeuert.
23:38
Da werden 50.000 Leute rausgeschmissen und 50.000
23:42
radikale Republikaner 150
23:44
prozentig auf Trump eingeschworene Leute werden an deren Stelle gesetzt
23:48
und da ist dann mit Rule of Law nicht mehr viel los.
23:51
Da wird dann nicht mehr das Gesetz gelesen, sondern da wird einfach nur
23:54
jeden Morgen schön auf Twitter geguckt, was Donald Trump für
23:56
richtig hält. Und das muss man sich mal überlegen. Das ist, das ist
23:59
tatsächlich aus der Perspektive der Gewaltenteilung eine echte
24:03
Katastrophe. Das ist wirklich ein Umbau einer Verfassungsordnung,
24:06
was sie da vorhaben.
24:07
Ich fand auch einen Ausdruck von Constanze Stelzenmüller, der
24:10
Transatlantikexpertin, ganz passend. Die schreibt in dem Zusammenhang von
24:14
willfährigen Loyalisten, die da bereitstehen, die
24:18
total überzeugt sind, die trainiert sind. Wir haben es gehört,
24:21
das wird mit Workshops gemacht, das wird mit Onlineangeboten gemacht,
24:25
die eben bereitstehen, um da wirklich sofort einzumarschieren.
24:28
Ja, Trumps Leute unterfüttern
24:30
dieses totale Durchregieren aus dem Weißen Haus auch noch durch eine
24:33
neue, quasi juristische Doktrin mit der sogenannten
24:37
unitary executive theory. Das bedeutet auf Deutsch, bisher war
24:41
eben allgemeine Meinung, dass Behörden die Kompetenz und auch die
24:43
Pflicht haben, das Recht anzuwenden. Rule of law.
24:46
Das heißt, der Präsident konnte auch nicht direkt durchregieren durch
24:49
Einzelanweisung. Er konnte also jetzt in einer Behörde nicht einfach
24:53
sagen, hier, ihr macht das jetzt so und so. Wenn der Präsident der
24:55
Meinung war, dass eine Behörde irgendwas falsch macht, dann konnte
24:58
er im Prinzip nur den Chef austauschen. Dann musste der neue
25:00
Chef aber auch vom Kongress bestätigt werden und so, da gab es
25:03
also immer noch sogenannte Checks and Balances, also quasi Kontrolle
25:06
der Macht. Nach dieser neuen Theorie, dieser unitary
25:09
executive theory hätte der Präsident nahezu uneingeschränkte Macht über
25:12
die ganze Regierung. Er könnte überall hineinregieren,
25:15
durchregieren. Das Weiße Haus könnte dann im Alleingang handeln und diese
25:18
ganzen früher an das Gesetz gebundenen Beamten, die wären
25:22
im Grunde alle nur noch Marionetten in einem großen Spiel von
25:26
Donald Trump. Tja, und ihr habt es
25:29
gehört dieses Playbook ist eben wegen der guten Chancen von Donald
25:32
Trump kein bloßer Fiebertraum von radikalen Rechten in den
25:35
Vereinigten Staaten, sondern es ist ein ganz realistisches Szenario.
25:38
Wir müssen uns alle darauf einstellen, dass es genau so
25:41
kommen könnte. Denn das wird geplant, das wird vorbereitet,
25:45
das ist aufgeschrieben. Da stehen die auch zu, da haben die
25:47
auch überhaupt keine Scham oder so.
25:49
Große Frage, lässt sich das jetzt überhaupt noch irgendwie
25:53
verhindern und wenn ja, wie?
25:55
Ich wiege hier gerade so ein bisschen den Kopf, also die
25:57
Hoffnung, dass Trump vom Wahlzettel
26:00
gestrichen wird, die hat sich ja zumindest schon mal nicht erfüllt.
26:03
Das war ja auch nicht als wahrscheinlich angesehen worden.
26:06
Also es war ja eben, haben wir ja zu Beginn schon
26:09
gesagt, die Frage, ob er zum Beispiel in Colorado vom Wahlzettel
26:13
gestrichen wird und das dann auch vom Supreme Court auf Bundesebene
26:17
bestätigt wird, war nicht der Fall. Also die Hoffnung hat sich
26:20
nicht erfüllt. Jetzt ist es aber trotzdem so, um
26:23
ein bisschen Optimistisches zu nennen, also du merkst schon Ulf,
26:26
das fällt mir ein bisschen schwer, aber es ist ja schon so, dass
26:28
amerikanische Wahlkämpfe in der Vergangenheit auch immer mal eine
26:31
unerwartete Dynamik doch noch bekommen haben.
26:34
Also ich erinnere da an den Sieg von Barack Obama, den lange
26:38
viele nicht für möglich gehalten haben, wo dann doch sich noch mal
26:42
was gedreht hat. Who knows?
26:44
Vielleicht passiert noch was, was wir jetzt gar nicht auf dem Schirm
26:47
haben. Und Trump wird doch nicht Präsident.
26:50
Tja, also man möchte
26:52
sich so ein bisschen an diese Hoffnung klammern, aber mir scheint doch,
26:55
dass die jetzt auch nur so ganz beschränkt realistisch ist,
26:59
wenn ich ganz ehrlich bin. Ein Fünkchen Hoffnung
27:02
ergibt sich vielleicht noch aus den möglichen finanziellen Problemen
27:06
von Donald Trump. Er hat ja eine ganze Reihe von
27:08
Verfahren am Hacken. Das hatten wir in der Lage auch
27:10
schon, also allein vier Strafverfahren mit über 90
27:13
einzelnen Anklagepunkten. Aber dann gibt es auch noch
27:16
Zivilverfahren, wo also Leute von ihm Schadenersatz fordern,
27:19
Geldstrafen und Entschädigungszahlungen, die
27:21
Gerichte gegen ihn schon verhängt haben, belaufen sich inzwischen auf
27:23
über eine halbe Milliarde Dollar.
27:25
Muss man sich mal überlegen. 537,3 Millionen Dollar
27:29
genau genommen, sind bislang
27:31
schon gegen ihn tituliert.
27:33
Da kann man sich schon fragen, wie er das Geld eigentlich auftreiben
27:36
will. Also er sonnt sich ja immer in diesem Bild, er sei ein sehr reicher
27:39
Mann. Ganz genau weiß das niemand. Aber wenn ihr euch erinnert, er hat
27:42
sich auch immer konsequent geweigert, seine Steuererklärung
27:45
offenzulegen, seine Steuerbescheide.
27:47
Insofern vielleicht ist er auch eigentlich gar nicht so wahnsinnig
27:50
reich. Das werden wir jetzt mal sehen. Jedenfalls muss er bis zum
27:53
25. März diese 537,x Millionen Dollar
27:57
aufbringen oder dafür jedenfalls eine Sicherheit hinterlegen, sonst
28:00
könnte der Bundesstaat New York gegen ihn pfänden.
28:03
Was bedeutet denn das jetzt letzten Endes?
28:05
Na ja, das ist auch nicht ganz in letzter Konsequenz
28:09
klar. Aber der CNN Autor Stephen Collinson zum Beispiel, der
28:13
hat das analysiert und der meinte, ja, das wäre dann einfach eine
28:16
persönliche Belastung für Trump. Und wenn sich herausstellt, dass der
28:19
Expräsident weniger wohlhabend ist, als er behauptet, dann könnte das
28:22
schon auch diesen Mythos dieses
28:25
Reichenmoguls gefährden, auf dem er dann schon auch komplett
28:29
eigentlich seine politische Marke aufbaut.
28:31
Also so ein bisschen dieses Selbstverständnis Trumps könnte
28:35
angekratzt werden, obwohl ich da danebenlegen würde, er hat
28:38
mit so vielen Anklagen zu kämpfen
28:41
und das schadet seinem Image,
28:43
so wie wir es sehen, sehr, sehr, sehr wenig.
28:46
Das heißt auch da so ein Kopfwiegen.
28:49
Ja, es gelingt ihm einfach bisher, die ganzen Angriffe von
28:52
ganz unterschiedlichen Behörden und Privatleuten immer als politisch
28:56
motiviert zu diskreditieren. Also normalerweise würde man ja
28:59
sagen, wenn jemand vier Strafverfahren über 90 Anklagepunkte
29:01
am Hacken hat, ist er politisch tot. In Deutschland geht das ja schon,
29:05
wenn nur bei einem Politiker durchsucht wird, war es das ja
29:07
schon, je nach Vorwurf so ein bisschen. Also da sind wir in Deutschland
29:10
eigentlich noch deutlich sensibler.
29:12
In den Vereinigten Staaten hingegen schafft er es, diese Verfahren von
29:16
unabhängigen Justizbehörden komplett zu diskreditieren als
29:19
Attacken vom Deep State, da haben wir ihn wieder, oder eben als
29:22
Attacken von irgendwelchen radikalen Demokraten. Oder er sagt dann auch
29:25
gerne mal von Kommunisten und deswegen sind diese Verfahren
29:30
für ihn bislang jedenfalls
29:32
nicht schädlich. Man könnte sogar sagen, dass sie seine Basis
29:34
vielleicht sogar noch eher radikalisieren, um sich so
29:36
wagenburgartig um ihren großen Helden zu scharen.
29:40
Ich glaube deswegen auch, wir müssen uns einfach mit diesem Szenario
29:43
anfreunden, dass er die Wahlen gewinnt im November.
29:45
Klar, der Wahlkampf, der eigentliche Wahlkampf steht uns noch bevor.
29:48
Da kann eine Menge passieren. Jana, du hast es, glaube ich, völlig
29:50
zu Recht gesagt. Aber wir müssen uns darauf vorbereiten.
29:53
Und die Frage ist, sind wir es? Ist Deutschland, ist Europa, ist
29:57
die NATO überhaupt auf eine neue
29:59
Trump Präsidentschaft vorbereitet?
30:01
Es gibt nicht so wenige Experten,
30:03
die sagen Europa ist überhaupt nicht gut vorbereitet.
30:06
Und dann kommt noch dazu, dass
30:08
einige auch in der deutschen Politik nicht wahrhaben wollen, dass das,
30:12
was wir da gerade verhandelt haben, ein realistisches Szenario ist.
30:16
Das heißt, aus meiner Sicht ist es schon dringend notwendig,
30:20
dass Europa ein Fahrplan entwirft
30:23
und sich auch abstimmt für den Fall, dass Trump Präsident wird.
30:26
Also zum Beispiel wird da ja immer mal das Weimarer Dreieck genannt,
30:30
also dieses Dreieck aus Frankreich,
30:32
Polen, Deutschland in der politischen Zusammenarbeit, was
30:36
wiederbelebt werden sollte und was aber viel ernster genommen
30:40
werden sollte. Und in dem Zusammenhang ist ja auch
30:44
ein Hoffnungsschimmer, sage ich mal, dass es in Polen eine neue Regierung
30:47
gibt, die da auch mitziehen
30:50
würde. Jetzt ist aber das
30:53
Weimarer Dreieck, weil Deutschland und Frankreich da drin hängen,
30:55
vielleicht doch nicht ganz so stark, wie es sein könnte.
30:58
Ja, das muss man sehen. Also Olaf Scholz und Emmanuel Macron
31:01
scheinen ja jedenfalls mal dieses bilaterale Verhältnis,
31:04
die bilaterale Zusammenarbeit total zu vergeigen.
31:07
Sie sind eigentlich die Führungskräfte in der Europäischen
31:10
Union, aber sie reden momentan einfach eher übereinander als
31:13
miteinander. Die Bodentruppenäußerung von Macron
31:17
und die mega aggressive Reaktion
31:19
von Scholz darauf war ja letzte Woche schon ausführlich Thema.
31:22
Also das klingt jetzt erst mal nicht nach einem guten Klima zwischen
31:25
Berlin und Paris und das klingt für mich deswegen auch nicht so, als
31:28
wenn das Weimarer Dreieck jetzt so unmittelbar arbeitsfähig wäre.
31:31
Aber auf der anderen Seite, ich denke, auch Donald Tusk ist ein ganz
31:35
engagierter Europäer. Möglicherweise gelingt es ihm ja,
31:37
Macron und Scholz einfach mal an einen Tisch zu holen und zu sagen,
31:40
so Jungs, die Zeiten sind schwer und die Zeiten sind hart.
31:43
Wenn Donald Trump kommt, brauchen wir einen Plan.
31:45
Das wäre so meine große Hoffnung, dass Donald Tusk, klar, der hat
31:48
innenpolitisch auch gerade echt ne Menge Baustellen. Aber dass der sich
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jetzt hinstellen könnte hoffentlich und sagt Jungs, jetzt hört
31:54
mal auf hier mit euren Sandkastenspielen, wir brauchen jetzt einfach
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Leadership.
31:58
Wir kommen zu unserem nächsten Thema. Und zwar
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geht es um eine Aufnahme, die seit Freitag im Netz kursiert.
32:06
Die Chefredakteurin des russischen Propagandamediums Russia Today,
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die hat ja am Freitag einen 38 minütigen Audiomitschnitt
32:13
veröffentlicht und seitdem
32:15
steht in Deutschland die innenpolitische Diskussion Kopf,
32:18
aber auch die außenpolitische, würde ich sagen.
32:21
Nach russischen Angaben geht es um eine Telefonkonferenz vom
32:24
19. Februar, und darin sind
32:27
Gespräche zu hören von ranghohen
32:29
Offizieren der Luftwaffe. Unter anderem ist der Chef der
32:32
Luftwaffe da zugeschaltet, Inspektor Ingo Gerhartz.
32:36
Ja, In diesem Gespräch geht es inhaltlich unter anderem um die
32:39
Frage, ob Taurus Marschflugkörper
32:41
technisch/theoretisch in der Lage wären, die von Russland
32:46
gebaute Brücke zwischen Russland
32:48
und der russisch besetzten ukrainischen Halbinsel Krim
32:51
zu zerstören. Außerdem auch um die Frage, ob
32:55
die Ukraine den Einsatz von Taurus
32:57
und damit den Beschuss zum Beispiel dieser Kertsch Brücke ohne
33:00
Beteiligung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
33:03
bewerkstelligen könnte. Und ich glaube, das letzte ist
33:06
inhaltlich vielleicht der spannendste Punkt an diesem
33:09
abgehörten Gespräch.
33:11
Weil dieses Gespräch, das
33:13
eben eigentlich geheim bleiben
33:15
sollte, zumindest natürlich nicht irgendwie für alle zugänglich online
33:18
landen sollte, nahelegt, dass es schon auch
33:22
ohne Soldaten ginge, also ohne deutsche Soldaten, das muss ich
33:25
noch spezifizieren, ginge, die Taurus Marschflugkörper in der
33:29
Ukraine einzusetzen, weil nämlich, und das ist in dem Gespräch
33:32
auch Thema, Briten vor Ort sind. Da sagt einer so, ich paraphrasiere
33:36
jetzt, na ja, die sind ja vor Ort, die könnten das ja dann vielleicht
33:38
wuppen und die könnten vielleicht den Taurus programmieren.
33:41
So wird es wörtlich nicht gesagt, aber so wird es interpretiert.
33:44
Außerdem gibt es noch einen zweiten Punkt, und der ist innenpolitisch
33:47
vielleicht noch dramatischer. Offenbar sind ja britische
33:50
Soldaten, die längst in der Ukraine im Einsatz sind, auch aus russischer
33:54
Sicht gar kein Problem, oder jedenfalls haben sie bislang nicht
33:57
zu irgendwelchen russischen Gegenschlägen Anlass gegeben.
34:00
Warum sollen dann eigentlich deutsche Soldaten in der Ukraine
34:03
plötzlich eine rote Linie darstellen?
34:06
Und genau das, deutsche Soldaten in der Ukraine sollte ja
34:10
aus der Perspektive des Bundeskanzlers das zentrale
34:13
Argument sein, warum Taurus nicht geliefert werden kann, weil
34:16
angeblich diese Taurussysteme
34:18
nur von Deutschen in der Ukraine
34:20
programmiert werden können.
34:21
Und das ist eben auch der Grund, warum Olaf Scholz, der
34:23
Bundeskanzler, jetzt ziemlich unter Druck steht, weil er eben seine
34:26
Absage begründet hat mit, wir brauchen deutsche Soldaten auf
34:29
ukrainischem Boden für die Taurus Marschflugkörper.
34:32
Und das geht nicht aus seiner Sicht. Und das wirkt eben jetzt auch nach
34:35
der Veröffentlichung dieses Gesprächs immer unplausibler.
34:38
Deswegen muss er sich da ziemlich viele Fragen gefallen lassen.
34:40
Das sind quasi die Inhalte dieses Gesprächs. Aber es stellt sich
34:43
natürlich auch die Frage, wie konnte das denn überhaupt passieren?
34:47
Wie kann es denn sein, dass eine russische Journalistin einen 38
34:50
minütigen Mitschnitt hat
34:53
eines hochgeheimen Gesprächs
34:55
zwischen Führungskräften der
34:57
deutschen Streitkräfte. Die Tageszeitung Rheinpfalz aus
35:00
Koblenz formuliert, der deutsche
35:02
Sicherheitsapparat habe offenbar mehr offene Türen als ein
35:06
Adventskalender am Heiligabend.
35:09
Kann man das wirklich so sagen oder ist das ein bisschen überspitzt?
35:13
Also ist es so, gucken wir uns erst mal die technischen Fakten an,
35:16
dass das Gespräch über die Plattform Webex gelaufen ist.
35:20
Das ist eine Online Kommunikationsplattform,
35:22
also so was wie Zoom oder Teams oder so, und da haben
35:26
dann im Anschluss verschiedene Theorien eine Rolle gespielt
35:29
und kursiert. Also so die Frage, ob die Plattform, ob Webex eben
35:32
nicht sicher genug ist für die Inhalte, die da besprochen wurden.
35:36
Inzwischen ist aber klar, die Plattform an sich war
35:40
nicht das Problem.
35:41
Nein, sondern diese Plattform war
35:43
aus dem Ausland offenbar nicht erreichbar. Denn einer der
35:46
Offiziere, die an dem Gespräch beteiligt waren, wollte sich von
35:49
Singapur aus einwählen. Das hat dann nicht funktioniert.
35:52
Und dann hat er einen zentralen
35:55
Fehler gemacht. Dann hat er eben sich nicht über den Webbrowser bei
35:58
Webex eingewählt, über den Laptop, sondern per ganz normaler
36:02
Handyverbindung. Und diese ganz normale
36:04
Handyverbindung, diese Telefonleitung, konnten die Russen
36:07
offenbar abhören.
36:09
Ja, und ich fand's witzig, Ulf, wir haben im Vorhinein schon mal kurz
36:12
drüber gesprochen und
36:14
schon gesagt, na ja, das ist halt sicherheitstechnisch natürlich ein
36:18
Supergau und du hast dann aber so ein bisschen
36:21
lapidar abgewunken, meintest ja, dich hat einfach diese Abhöraktion
36:24
überhaupt gar nicht überrascht.
36:26
Nee, muss ich ganz ehrlich sagen. Denn, dass normale Handys und
36:29
Telefone abgehört werden können, das ist seit vielen, vielen Jahren klar.
36:32
Wir erinnern uns vor einigen Jahren gab es sogar mal einen Abhörskandal, wo
36:35
die Vereinigten Staaten von ihrer Botschaft in Berlin aus, die ja
36:38
direkt neben dem Brandenburger Tor liegt, offenbar ständig
36:41
Telefongespräche im Berliner Regierungsviertel mitgeschnitten
36:44
haben. Also die USA machen das weltweit, ständig und überall.
36:48
Aber Russland kann das eben auch.
36:51
Telefongespräche mitschneiden. Das ist inzwischen, muss man sagen,
36:53
das kleine Einmaleins der so genannten Signal Intelligence,
36:57
also der IT Aufklärung.
37:00
Und zugleich muss man sagen, kann Russland natürlich noch viel mehr.
37:03
Also es wäre grundsätzlich auch gar nicht unvorstellbar gewesen, dass
37:07
Russland tatsächlich zum Beispiel einen der beteiligten Laptops der
37:10
Offiziere mit einem Virus infiziert
37:12
hätte. Das machen die Russen auch dauernd. Dazu gibt es gerade eine
37:15
großartige Dokumentation in der ARD unter dem Titel Putins
37:19
Bären steht die in der ARD Mediathek, haben wir für euch in den
37:22
Shownotes verlinkt und das Ganze, dieses Hacking und das ist
37:26
eben Teil der sogenannten hybriden Kriegsführung.
37:29
Also Krieg wird heute im 21.
37:31
Jahrhundert nicht nur mit Panzern, Granaten und Maschinengewehren
37:33
geführt, sondern auch mit Computern,
37:35
mit Hackern. Also das Reinhacken in IT Systeme ist inzwischen
37:39
ein ganz normales Mittel der Kriegsführung und insofern muss ich
37:43
immer so ein bisschen schmunzeln, wenn der Bundeskanzler sagt,
37:45
Deutschland darf nicht in einen Krieg mit Russland hineingezogen
37:47
werden. Russland führt seit Jahren einen ziemlich aggressiven IT Krieg
37:51
gegen Deutschland. Russische Hacker haben sich in den
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Bundestag gehackt und dabei mindestens 16 Gigabyte Daten
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ausgefiltert. Das waren auch gegen Ende der Merkelzeit.
38:00
Also ganz ehrlich, wir sind längst in einem hybriden Konflikt.
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Nur bislang wird eben nicht konventionell geschossen.
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Ich glaube, das ist die Lage und insofern ist der Bundeskanzler da
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einfach nicht ganz auf der Höhe der Zeit, wenn er sagt, Deutschland darf
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nicht in einen Krieg reingezogen werden. Wie gesagt, aus meiner Sicht
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ist dieser Krieg jedenfalls in der IT Welt, leider längst traurige
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Realität.
38:19
Jetzt müssen wir aber noch mal für den konkreten Fall, glaube ich,
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festhalten, wir haben ja festgestellt, das war jetzt nicht
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die Sicherheitsplattform oder die IT Plattform, die da das Problem war,
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sondern in dem konkreten Fall einfach, dass sich jemand per
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Telefonleitung eingewählt hat. Das heißt, in dem Fall wär's
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dann eher so ein individueller
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Fehler, individuelles IT Versagen, wenn man so will.
38:40
Also so nach dem Motto, die Person hinter dem Laptop ist das Problem.
38:43
Ja, wie so häufig, wenn irgendwas mit der IT
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schiefgeht, sitzt das Problem vor dem Gerät und so auch hier
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würde ich denken, eigentlich fehlt es hier vor allem an der IT
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Kompetenz oder auch an der Schulung der beteiligten Offiziere.
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Natürlich dürfen geheime Infos nicht am Telefon besprochen werden
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und Telefon ist natürlich auch ein Call über Webex, wenn einer in einer
39:03
Runde per Telefon sich in diese Runde einwählt.
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Also das ist eigentlich ziemlich banal. Man würde eigentlich
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erwarten, dass das Teil der IT
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Sensibilisierung ist in der Bundeswehr.
39:13
Ob es da an der Schulung gefehlt hat, ob da individuelles Versagen im
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Einzelfall vorliegt, ist jetzt schwer zu sagen.
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Aber auf jeden Fall muss man sagen da muss nachgesteuert
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werden. Denn, ich denke, dieser Fehler wäre ja sehr leicht zu
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vermeiden gewesen.
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Stichwort andere Plattformen,
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die sicher sind. Signal zum Beispiel nutzt du ja auch
39:31
viel, Ulf, ich auch.
39:33
Benutzen wir ständig. Bei der Lage nutzen wir, auch bei
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der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Signal ist halt die Messenger
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App, die zurzeit so als der Goldstandard in Sachen IT Sicherheit
39:43
gilt. Und zwar einfach deswegen, weil der Quelltext Open Source ist.
39:46
Das heißt also da gibt es einfach sehr viele Nerds, sich diesen
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Quelltext anschauen und etwaige Fehler, so kann man jedenfalls
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hoffen, gefunden hätten. Auch das hilft natürlich nicht
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hundertprozentig. Wenn ein Handy gehackt ist, mit einem Trojaner zum Beispiel,
39:56
Stichwort Bundestrojaner, Staatstrojaner, dann ist natürlich
40:00
auch Signal nicht mehr sicher, aber ansonsten eben schon.
40:03
Und insofern wundert man sich so ein bisschen, wieso nicht in der
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Bundeswehr schlicht und ergreifend gesagt wird, greift zum Handy,
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telefoniert über Signal, dann ist das Problem gelöst.
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Dann muss man sich auch nicht mehr mit dieser blöden Plattform Webex
40:15
auseinandersetzen. Und zur Not, wenn man denn der Signalfirma nicht
40:18
trauen will oder dieser Organisation die Signal veröffentlicht, dann kann
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man sich notfalls als Bundeswehr auch den Quelltext runterladen
40:24
und quasi eine eigene Bundeswehr
40:26
Signal App kompilieren. Das dauert also für einen halbwegs
40:29
fähigen ITler keinen Tag, das System aufzubauen. Also wundert man sich so
40:32
ein bisschen, wieso das passieren konnte.
40:35
Schauen wir noch mal kurz auf die Reaktionen, die das
40:38
ausgelöst hat. Politisch, Bundesverteidigungsminister
40:40
Boris Pistorius spricht von einem Informationskrieg.
40:44
Den Punkt hatten wir ja gerade schon, Ulf. Die Union, die fordert
40:47
eine baldige Sondersitzung. Es gibt auch Stimmen, die einen
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Untersuchungsausschuss wollen.
40:51
Es ist jetzt erst mal so, dass es am Montag weitergeht.
40:54
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von
40:57
der FDP, die plant eine Ausschusssitzung kommenden Montag.
41:00
Da soll auch Bundesverteidigungsminister Boris
41:02
Pistorius von der SPD dann zugegen sein. Und die beteiligten Offiziere
41:05
sollen auch befragt werden.
41:08
Tja, wie ist das jetzt alles zu bewerten? Ich finde, natürlich ist
41:11
das super peinlich, dass eine russische Journalistin mit engsten
41:14
Kontakten zum Kreml 38 Minuten geheime
41:18
Bundeswehrberatung ins Netz stellen kann. Auf der anderen Seite, finde
41:21
ich, ist es aber auch nicht überraschend. Wie gesagt, es ist
41:24
nicht der ganz große Hack, sondern es handelt sich um einen Fall von
41:27
menschlichem Versagen. Menschen machen Fehler, machen wir
41:30
alle. Machen wir auch. In fast jeder Lage müssen wir
41:32
irgendwelche Fehler korrigieren. Also das ist zutiefst menschlich.
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Sicherheitshalber sollte aber natürlich das Ministerium die Regeln
41:38
überprüfen, schauen, ob man nicht so was wie einen sicheren
41:41
Bundeswehrmessenger verwenden könnte statt einer so etwas anstrengender
41:44
Webplattform. Und natürlich müssen Offiziere,
41:47
mindestens Generäle besser ausgebildet werden, damit solche
41:50
Fehler möglichst nicht passieren.
41:51
Jetzt hat Boris Pistorius auch angekündigt, dass er da erst mal
41:54
keine personellen Konsequenzen daraus ziehen möchte, weil es eben
41:57
auch aus seiner Sicht ein individueller Fehler war, der
41:59
verzeihlich ist. Finde ich jetzt auch erst mal in
42:02
Anbetracht dieses Informationskrieges, dieses
42:04
Stichwortes, das da sicherlich auch von Putin Kalkül dahinter steht,
42:09
zumindest verständlich.
42:11
Ja, finde ich auch so, also ich denke, da sollte man irgendwo mal
42:13
die Kirche im Dorf lassen, denn die Aufregung spielt nur Putin in die
42:16
Karten. Da hat Boris Pistorius völlig zu Recht darauf hingewiesen,
42:19
wenn man jetzt irgendeinen der besten Generäle feuern würde, weil
42:22
er eben in einem Einzelfall versagt
42:24
hat, was die IT Sicherheit angeht, dann würde man letztlich nur Putin
42:27
einen Gefallen tun. Das wäre also genau die falsche Reaktion.
42:30
Aber klar, der Fall macht schon deutlich, dass die Bundeswehr Stand
42:33
heute doch nicht so ganz auf der Höhe der Zeit ist.
42:35
Das gilt für konventionelle Waffen. Wir haben einfach nicht genügend
42:38
Panzergranaten und was man so alles braucht. Aber es geht eben auch
42:42
für die IT Kompetenz.
42:44
Und wenn wir jetzt mal so ein bisschen rein rauszoomen aus dem Einzelfall,
42:47
Jana, was denkst du, wie schwer beschädigt ist denn durch diesen
42:50
ganzen Zirkus rund um den Abhörskandal und aber auch die
42:53
Tauruslieferung oder -nichtlieferung, wie schwer
42:55
beschädigt ist der Bundeskanzler?
42:57
Also ich habe den Eindruck, dass das natürlich jetzt laut diskutiert
43:01
wird, das aber unterm Strich jetzt nicht so viel übrig
43:04
bleibt, was die Abhörgeschichte angeht. Also klar befeuert das jetzt
43:07
noch mal diese Diskussion, sagt Scholz oder argumentiert er in der
43:11
Öffentlichkeit mit validen Argumenten, warum er keine Taurus
43:14
liefern will? Da finde ich, muss er vielleicht
43:17
tatsächlich noch mal nachsteuern. Aber das ist ja auch eine
43:20
Diskussion, die jetzt nicht erst seit gestern läuft.
43:22
Die wird dadurch halt, finde ich, noch mal intensiver geführt
43:25
und lässt sich jetzt nicht mehr so leicht verstecken.
43:28
Aber ich würde nicht sagen, dass ihm das jetzt nachhaltig schadet.
43:32
Außer, dass halt das Image des zögernden Kanzlers noch
43:35
mal mehr befeuert wird. Wie siehst du das?
43:37
Ja, also ich finde, man muss schon sagen, es wird halt immer deutlicher,
43:40
dass Olaf Scholz nicht die Wahrheit sagt im Bereich Tauruslieferung.
43:43
Seine Argumente werden serienweise
43:46
als nicht tragfähig entlarvt und das finde ich schon peinlich, dass er
43:49
der deutschen Öffentlichkeit hier einfach nicht die Wahrheit sagt.
43:52
Aus meiner Sicht illustriert das mal wieder, dass der Bundeskanzler
43:55
eigentlich eine ganz andere Agenda hat bei den Waffenlieferungen.
43:58
Meine persönliche These kann ich nicht beweisen, finde ich aber immer
44:01
plausibler, wenn ich darauf schaue, ist einfach, der Bundeskanzler will
44:04
den Konflikt in einem Schwebezustand halten. Natürlich soll Russland
44:07
nicht gewinnen. Natürlich soll die Ukraine den Krieg nicht verlieren.
44:10
Aber, und das ist das eigentliche Problem, die Ukraine soll auch nicht
44:13
gewinnen. Und das finde ich das eigentliche Problem, dass
44:17
dieses ständige Verzögern bei den Waffenlieferungen mit Argumenten,
44:20
die sich ständig als letztlich unwahr herausstellen, dass das
44:23
aus meiner Sicht nur noch den Schluss zulässt, dass es einfach
44:26
darum geht, den Krieg am Köcheln zu halten. Das mag ja sogar
44:30
quasi legitime Gründe dafür geben.
44:32
Also vermutlich ist es so, dass Scholz einfach denkt, den Interessen
44:35
Deutschlands ist am besten gedient, wenn Russland sich dort verkämpft,
44:38
wenn es da einen Stellungskrieg gibt und keine Seite gewinnt.
44:41
Möglicherweise trifft es zu, ja, dieses Reasoning, aber dann sollte
44:44
er das den Deutschen auch ehrlich sagen. Dann muss er den Deutschen
44:46
ehrlich sagen, wir wollen nicht, dass Russland dort den Krieg
44:50
verliert, weil wir nicht wissen, inwieweit das Russland
44:52
destabilisiert. Also man könnte sich ja zum Beispiel vorstellen, wenn
44:54
Russland verliert. Das hat Professor Behrends in der
44:56
letzten Lage auch gesagt, was bedeutet das für Putins
44:59
innenpolitische Situation? Gibt es da einen Putsch in Moskau?
45:02
Wer hat dann den Knopf auf den russischen Atomwaffen?
45:05
Das ist ja eine, wie soll ich sagen, eine legitime Sicherheitsüberlegung.
45:08
Nur dann muss man es den Menschen in Deutschland ehrlich sagen.
45:10
Aber wahrscheinlich wäre das wiederum auch schwer kommunizierbar,
45:13
weil es natürlich letzten Endes mit ukrainischen Leben spielt.
45:17
Vermutlich ist das eben etwas, was man dann doch wiederum nicht so
45:19
offen sagen kann. Insofern ja, ist der Bundeskanzler
45:23
insofern jedenfalls beschädigt aus meiner Sicht, als er einfach als
45:26
jemand dasteht, der nicht mit offenen Karten spielt.
45:29
Und ich glaub, was auch noch ein wichtiger Aspekt ist, ist
45:32
so dieser außenpolitische. Also es war in
45:35
diesem Mitschnitt ja auch davon die Rede, wir haben es gesagt, dass ja
45:38
die Briten dann den Taurus da schon irgendwie wuppen könnten.
45:41
Und diese militärischen Details, die waren jetzt nicht komplett versteckt
45:45
vorher. Also dass da britische Soldaten offenbar auf
45:48
ukrainischem Boden agieren, das wird aber offenbar in
45:52
Großbritannien als schwerer Vertrauensbruch bewertet, dass das
45:55
jetzt da noch mal an die Öffentlichkeit gekommen ist. Also
45:57
Exverteidigungsminister Ben Wallace, der hat gesagt, der NATO Partner
46:00
Deutschland sei weder sicher noch zuverlässig, da russische
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Geheimdienste die Deutschen offenbar in großem Stil belauschten.
46:07
Also auch da noch mal die Frage,
46:09
wie steht Scholz außenpolitisch
46:12
da und als was für ein Partner wird er angesehen?
46:15
Tja, ich würde sagen, er steht mit heruntergelassenen Hosen da.
46:17
Wobei das, wenn man ehrlich ist, dann auch nicht mehr
46:20
ganz dem Stand der Debatte entspricht. Ich bin jetzt nicht
46:23
sicher, wann Ben Wallace das gesagt hat, vermutlich bevor deutlich
46:26
wurde, dass es eben jetzt kein Hack war im deutschen Webex Server.
46:29
Also ich habe das nicht noch mal recherchiert, aber meine Vermutung
46:32
wäre, dass er das heute vielleicht nicht mehr in dieser Schärfe
46:34
formulieren würde. Denn wie gesagt, Telefongespräche
46:36
abzuhören, das ist jetzt No Rocket Science. Das machen die Briten auch.
46:40
Und ich bin absolut sicher, dass auch die Russen wiederum in
46:42
Großbritannien serienweise Telefongespräche mitschneiden.
46:45
Also da würde ich mich an Ben Wallace' Stelle nicht so weit aus
46:48
dem Fenster hängen. Aber wie gesagt, Deutschland sieht
46:51
da einfach nicht gut aus, weil es in diesem Fall jetzt eben Deutschland
46:54
getroffen hat. Und eins ist klar,
46:56
diese Geschichte, insbesondere mit den neuen Infos zur Programmierung
46:59
des Taurus, die dürfte auf jeden Fall dafür sorgen, dass die
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Diskussion um die Lieferung weiterläuft.
47:04
Heute, Mittwoch früh, ist was Neues rausgekommen,
47:09
und zwar das neue Jahrbuch Steuergerechtigkeit.
47:12
Die Autor:innen, die haben die steuerpolitischen Versprechen zur
47:15
Bundestagswahl analysiert,
47:17
der verschiedenen Parteien und dann auch mit dem Koalitionsvertrag
47:20
abgeglichen und ziehen jetzt eine Halbzeitbilanz der Ampel, was
47:23
das Thema Steuern und Steuergerechtigkeit angeht.
47:26
Und das Ganze kommt vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, Ulf.
47:30
Ja das Netzwerk Steuergerechtigkeit ist eine unabhängige NGO.
47:34
Sie tritt ein für ein gerechteres Steuersystem in Deutschland.
47:37
Und sie wird getragen vor allem von Akteuren aus Gewerkschaften,
47:41
Kirchen, anderen Nichtregierungsorganisationen, aber
47:43
auch eine Reihe von Einzelpersonen
47:45
aus Verwaltung und Wissenschaft. Und alle die vereint
47:49
die Bemühung um das, was sie ein gerechteres Steuersystem nennen.
47:52
Aber Gerechtigkeit ist natürlich immer auch was sehr Subjektives.
47:55
Und wir wollen uns heute Morgen mal genauer anschauen, was heißt
47:59
denn Gerechtigkeit beim Thema Steuern?
48:01
Und dafür haben wir uns Christoph
48:04
Trautvetter eingeladen. Er ist der Koordinator des Netzwerks
48:07
Steuergerechtigkeit und er betreut zusätzlich dort die Themenbereiche
48:11
Unternehmenssteuern, Schattenfinanzen und internationale
48:15
Steuergerechtigkeit. Und wir freuen uns sehr, ihn im
48:18
Interview zu haben. Herzlich willkommen in der Lage der
48:20
Nation, Herr Trautvetter.
48:21
Hallo, ich freue mich, hier zu sein.
48:23
Ja, Herr Trautvetter, was verstehen Sie denn unter einem gerechten
48:26
Steuersystem? Was ist Gerechtigkeit bei Steuern?
48:29
Also, das ist, wie Sie schon richtig sagten, erst mal eine subjektive
48:32
Frage. Ich habe also auch da meine persönliche Meinung.
48:36
Aber in unserem Jahrbuch gucken wir vor allen Dingen erst mal auf
48:39
das gesamte Steuersystem.
48:41
Und wir sehen Gerechtigkeitslücken,
48:44
wo glaube ich aus meiner Sicht fast alle zustimmen würden, dass das noch
48:48
nicht gerecht ist. Und wir sagen erstmal zumindestens
48:50
diese Gerechtigkeitslücken schließen
48:52
und dann gucken, wie es weitergehen kann. Ich fasse es mal ganz grob
48:56
zusammen. Die meisten Menschen, die Durchschnittsverdienerfamilie in
48:59
Deutschland gibt ungefähr die Hälfte von dem, was sie
49:03
verdient, an Sozialabgaben und Steuern in die Gemeinschaftskasse.
49:07
Ähnlich sieht es beim sogenannten Reichensteuersatz aus.
49:10
Der liegt mit Soli bei ungefähr 47 %.
49:13
Also das ist das, was wir im Prinzip
49:15
auch von den, von den Reichen, von den stärksten Schultern im Prinzip
49:18
als Beitrag erwarten. Aber einige superreiche
49:22
Milliardäre, die zahlen deutlich weniger, auch die großen Konzerne,
49:26
die profitabelsten Konzerne zahlen deutlich weniger.
49:29
Ein Milliardär, den wir uns angeguckt haben zahlt
49:33
25 %, ein Immobilienmilliardär
49:36
sogar nur 17 %. Und die großen Digitalkonzerne
49:39
aus den USA und aus dem Ausland, die zahlen auf ihre in Deutschland
49:42
erwirtschafteten Gewinne nur 3 %,
49:45
sind also weit, weit weg von dem, was wir eigentlich von ihnen
49:48
erwarten, von dem, was der durchschnittliche Unternehmer zahlt,
49:51
von dem, was die Durchschnittsverdienerfamilie zur Gemeinschaftskasse gibt.
49:54
Und das ist erst mal, glaube ich,
49:57
ganz allgemein ungerecht.
49:59
Weit entfernt von dem, worauf wir uns eigentlich gesellschaftlich
50:02
bisher schon geeinigt haben. Und deswegen kann man, glaube
50:06
ich, erst mal die persönlichen Meinungen zur Gerechtigkeit sogar
50:09
noch zurückstellen und erst mal sagen, wir sollten zumindest das,
50:12
worauf wir uns schon geeinigt haben, erst mal umsetzen.
50:15
Also Sie würden davon ausgehen, dass es so eine Art gesellschaftlichen
50:18
Konsens gibt, dass zumindest mal alle gleich belastet werden
50:21
sollten. Oder gibt es sogar nach Ihren Vorstellungen so was wie
50:25
Einigkeit darüber, dass stärkere
50:27
Schultern auch tatsächlich stärker belastet werden können?
50:30
Also das steht ja auch in unserem Grundgesetz. Im Prinzip also das
50:33
Leistungsfähigkeitsprinzip
50:35
bei der Besteuerung, das gilt in Deutschland, dass eben
50:38
starke Schultern mehr tragen
50:41
sollen als schwache. Und wir haben eine progressive
50:44
Einkommenssteuer, also einen steigenden Steuersatz mit steigendem
50:47
Einkommen, der in der Theorie auch so funktioniert, dass Menschen
50:51
mit höheren Einkommen eben höhere Steuersätze und höhere Anteile von
50:54
ihrem Einkommen auch zur Gemeinschaftskasse beitragen.
50:58
Aber von dieser eigentlich
51:00
progressiven Einkommenssteuer gibt es eben große Ausnahmen, die
51:04
in den letzten Jahrzehnten eingeführt worden.
51:06
Also das sah vor 30 Jahren noch ganz anders aus.
51:09
Da haben die Milliardäre, die wir uns angeguckt haben, noch 60 %
51:13
Steuern gezahlt. Sie haben es aber geschafft, in den
51:15
letzten 30 Jahren ihren Steuersatz auf 25 % zu senken
51:18
und eben damit weit von dem,
51:21
worauf wir uns eigentlich gemeinschaftlich, glaube ich, nach
51:24
wie vor verständigt haben und dem, was auch in unserem Grundgesetz
51:26
steht, dass starke Schultern mehr
51:28
tragen sollen als schwache.
51:30
Jetzt haben Sie, Herr Trautvetter, so ein paar Baustellen schon
51:33
genannt. Also ich habe mir da die Digitalunternehmen gemerkt
51:36
und die Milliardäre, die eben unverhältnismäßig wenig zahlen
51:40
aus Ihrer Sicht. Was sind denn noch wichtige
51:43
Baustellen, wenn Sie das Steuersystem anschauen?
51:45
Also wo muss da auch noch aus Ihrer Sicht rumgewerkelt werden?
51:49
Also die Dinge hängen ja eng zusammen.
51:52
Die Milliardäre sind oft auch Eigentümer von großen Konzernen.
51:56
Die zahlen also die Unternehmenssteuer auf die
51:58
Unternehmensgewinne und dann meistens auch nichts mehr obendrauf.
52:03
Dann kommt als nächstes noch dazu,
52:05
dass sehr viele von den großen
52:07
Vermögen mittlerweile in der zweiten, dritten, vierten, fünften
52:10
oder sechsten Generation in der Familie bleiben und eben von
52:15
Generation auf Generation übertragen werden.
52:18
Und da gibt es in Deutschland eigentlich eine Erbschaftssteuer von
52:21
bis zu 50 %. Auch da gilt, wer
52:24
besonders große Vermögen erbt, zahlt
52:27
besonders wenig. Wir haben uns jetzt aus der
52:29
aktuellen Steuerstatistik von 2022
52:32
Zahlen angeschaut, da haben 24
52:34
Menschen zusammen 6 Milliarden Euro geschenkt bekommen
52:38
und haben darauf insgesamt nur 4 %
52:41
Steuern gezahlt. Also im Prinzip eine
52:43
Steuerermäßigung, ein Steuererlass von 1,43 Milliarden Euro
52:48
im Vergleich zu dem, was sie eigentlich hätten zahlen müssen,
52:50
bekommen. Also das ist die nächste große
52:52
Baustelle, die immer noch dazugehört.
52:55
Und es gibt darüber hinaus noch eine ganze Reihe von Baustellen in
52:58
der Steuerverwaltung, die
53:00
nicht konsequent genug dafür sorgt,
53:02
dass alle auch gleich besteuert werden, dass Steuerhinterziehung
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konsequent verfolgt wird.
53:07
Wir verfolgen in Deutschland Schwarzfahrer zehnmal so hart wie
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Steuerhinterzieher. Das kann man so ganz grob sagen.
53:14
Wir haben auch bei der Verbrauchssteuer große
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Ungerechtigkeiten oder Probleme aus gesundheitlicher und
53:20
umweltökologischer Sicht.
53:22
Privatjets und Superjachten
53:25
kommen teilweise am Emissionshandel, auch an der Kerosinsteuer, vorbei
53:29
und an der CO2 Abgabe, die der normale Mensch auf sein Auto
53:33
zahlt. Oder die Luftverkehrssteuer, die der normale Mensch für seinen
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Flug bezahlt. Zucker, Gummibärchen,
53:40
Fleisch aus Massentierhaltung ist steuerlich begünstigt mit
53:43
dem ermäßigten Steuersatz.
53:45
Sojamilch und Fleischersatz,
53:47
der ökologisch sinnvoll ist, sind es nicht. Also es gibt neben den großen
53:52
Vermögen, neben den Erbschaften und den sehr hohen Einkommen noch eine
53:55
ganze Reihe von Baustellen. Die haben wir zusammengefasst und
53:58
systematisch einmal im Überblick aufbereitet in sieben
54:01
Reformvorschlägen, die zusammen
54:03
dafür sorgen würden, dass es ein gerechteres und ökologisches
54:06
Steuersystem am Ende auch geben könnte.
54:09
Ja, genau das wäre nämlich jetzt unsere nächste Frage gewesen.
54:11
Sie haben ja eine Vielzahl von
54:14
Problemen aus Ihrer Perspektive ausgemacht im geltenden Steuerrecht.
54:18
Wie könnte denn eine Reform des Steuersystems in Deutschland konkret
54:22
aussehen, wenn es so viele Baustellen gibt?
54:24
Da muss man ja auch irgendwie priorisieren. Was wären denn aus
54:27
Ihrer Sicht die ersten konkrete Schritte hin zu einem gerechteren
54:31
und vielleicht auch zugleich ökologischeren Steuersystem?
54:34
Es gibt ja schon eine ganze Reihe
54:36
von Reformvorschlägen, und es gibt auch einige sehr radikale
54:39
Vorschläge, die zum Beispiel
54:41
sagen, wir könnten das über die Sozialabgaben lösen und da irgendwie
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dafür sorgen, dass 100 Milliarden Euro mehr rumkommen.
54:48
Wir könnten über eine hohe Vermögenssteuer 100 Milliarden Euro
54:52
mehr einnehmen. Wir könnten über eine Finanztransaktionssteuer,
54:55
komplett neue Steuer, 50 Milliarden einnehmen.
54:58
Also, es gibt eine ganze Reihe von Vorschlägen. Wir sagen aber,
55:01
eigentlich ist das Steuersystem
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so, wie es ist, sehr, sehr tief
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in der Gesellschaft verankert und bewegt sich nur in
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Millimeterschritten im Prinzip vorwärts.
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Und anstatt einer großen Reform
55:12
plädieren wir für sieben kleine
55:15
Nachbesserungen an verschiedenen Stellschrauben.
55:17
Auch mit dem Grund, dass im Prinzip große radikale
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Steuerreformen auch zu großen Anpassungsreaktionen führen.
55:24
Deswegen sagen wir, lieber kleine Schritte an verschiedenen
55:27
Stellschrauben, dann wird es auch nicht zu großen Verzerrungen kommen.
55:31
Und wir kommen am Ende eben auch zum gleichen Resultat von 75
55:35
Milliarden Euro. Und wenn wir jetzt priorisieren
55:37
müssten oder wenn ich jetzt priorisieren soll, dann würde ich
55:40
sagen, als nächstes steht auf jeden Fall die Erbschaftssteuer auf
55:44
dem Plan. Das Bundesverfassungsgericht will
55:46
sich in den nächsten Monaten noch mal damit befassen und hat
55:50
auch in der Vergangenheit schon gesagt, dass der Zustand, den wir
55:52
jetzt haben, verfassungswidrig ist.
55:54
Also das ist die allerwichtigste und dringendste Baustelle.
55:58
Bis wir eine Vermögenssteuer bekommen, wird es wahrscheinlich
56:01
noch eine Weile dauern. Da ist der politische Widerstand
56:03
sehr groß. Aber wir sehen gerade, dass der
56:05
französische und der brasilianische Finanzminister das für diesen
56:09
Sommer noch mal auf die Agenda gesetzt haben und dass es vielleicht
56:12
international da erste Bewegungen gibt.
56:15
Ich denke, als nächste Priorität kommt dann in meiner Liste
56:18
tatsächlich die Frage der großen Konzerne, die viel,
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viel zu mächtig geworden sind, wo wir internationale oder
56:26
auch nationale Lösungen brauchen, um dafür zu sorgen, dass die großen
56:29
Digitalkonzerne hier in Deutschland mehr Steuern zahlen.
56:31
Da sind sich eigentlich alle Menschen und auch alle Parteien
56:35
einig, dass das so nicht weitergehen kann. Da sind wir aber immer noch
56:38
weit davon entfernt. Also das wäre dann aus meiner Sicht
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noch der nächste Schritt und alles andere kann man dann
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Schritt für Schritt gucken. Also, ich glaube tatsächlich, die
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Mehrwertsteuerreform wäre nötig.
56:51
Die fordert der Bundesrechnungshof aktuell mal wieder.
56:54
Die fordert er aber auch schon seit zehn, 20 Jahren.
56:56
Also da gibt es Reformbedarf.
56:58
Der ist aber sehr, sehr träge. Also wie gesagt, an vielen Ecken und
57:02
Enden Reformbedarf. Aber zunächst erst mal
57:05
Erbschaftssteuer, dann die großen
57:07
Vermögen und großen Konzerne, vielleicht auch mit dem
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internationalen Schwung, der da
57:12
gerade herrscht und dann gucken,
57:14
was man sonst alles noch im Steuersystem verbessern kann.
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Ich finde es spannend, weil sie vorher von so kleinen Projekten
57:20
gesprochen haben. Das, was Sie jetzt gerade geschildert haben, klingt für mich jetzt gar
57:23
nicht so klein, aber eben doch
57:25
nach einem Fokus auf sehr verschiedene Baustellen.
57:29
Ist da nicht die Gefahr, dass dann
57:31
der Fokus auf ein wichtiges Projekt so ein
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bisschen verloren geht? Wenn Sie sagen, Sie wollen, das,
57:37
das, das, das, also viele in Anführungszeichen kleine Baustellen,
57:41
ist da dann nicht die Gefahr, dass da der Blick auf ein großes,
57:44
wichtiges Reformprojekt vielleicht verstellt wird?
57:47
Also das müssen Sie vielleicht auch noch mal die Politiker fragen,
57:50
und das würde ich persönlich auch Ihnen überlassen.
57:53
Also das soll die Politik entscheiden. Wir liefern nur die
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Informationen und die Fakten zu und machen Vorschläge.
57:59
Wie das dann in den in den Wahlprogrammen für die nächste
58:02
Bundestagswahl oder eben in der politischen Diskussion sich
58:05
wiederfindet, da gibt es andere, die dafür zuständig sind.
58:08
Also das würde ich jetzt gar nicht als unsere Zuständigkeit sehen.
58:11
Aber ich gebe Ihnen an zwei Stellen auf jeden Fall Recht.
58:15
Das Reformpaket und auch jede einzelne dieser Reform, von der
58:18
Vermögenssteuer über eine Übergewinnsteuer von großen
58:21
Konzernen, das klingt tatsächlich
58:23
wie ein großes Projekt, wie eine radikale Änderung schon allein
58:27
für sich genommen und im Gesamtpaket von sieben Vorschlägen dann wie
58:31
eine sehr, sehr große Aufgabe.
58:33
Aber wenn man sich im Vergleich dazu mal die Herausforderungen anschaut,
58:37
die vor uns liegen und auch einfach mal zurückblickt auf
58:41
die letzten zwei Jahre Bundesregierung, wo sich gar nichts
58:44
bewegt hat, die letzten 20 Jahre im Prinzip, wo sich das Steuersystem
58:47
kaum mehr geändert hat, dann ist tatsächlich einfach der Reformbedarf
58:51
so groß, die Herausforderungen sind so groß, dass
58:54
im globalen Maßstab alle diese Reformen zusammengenommen
58:58
überhaupt nicht radikal sind
59:00
und eigentlich nur für eine
59:03
Wiederherstellung eines Gleichgewichts sorgen.
59:05
Also sie sorgen noch nicht dafür, dass die riesigen Vermögen, die
59:08
sich in den letzten Jahren aufgebaut haben, irgendwie kleiner
59:12
werden oder abgetragen werden, sondern diese Reformen sorgen
59:15
insgesamt nur dafür, dass sie langsamer wachsen und sind deswegen
59:19
alles andere als radikal. Und wir brauchen einfach in der
59:22
Gesellschaft die Erkenntnis, dass dieses Update im Steuersystem ganz
59:25
dringend wichtig ist.
59:27
Aber mich würde da doch noch mal so ein bisschen die Perspektive der
59:29
praktischen Politik interessieren. Sie sagen, Sie liefern die Fakten
59:32
zu, aber die Fakten alleine reichen ja nicht.
59:35
Sie haben es eben schon angedeutet. Große Vermögen wachsen immer
59:39
weiter. Und die großen Vermögen haben
59:41
natürlich auch in der Ampel mit der FDP eine Partei, die sich
59:44
als ihre Fürsprecherin sieht.
59:47
Bleiben wir doch vielleicht mal bei der Reform der Erbschaftsteuer.
59:50
Selbst Menschen, die selber gar nicht wahnsinnig reich sind, sehen
59:53
ja eine Reform der Erbschaftssteuer in der Tendenz kritisch.
59:55
Woher soll denn dann gesellschaftlich diese breite
59:58
Bewegung kommen, um eine Reform der Erbschaftssteuer
1:00:02
durchzusetzen, die tatsächlich die großen Vermögen nicht so wie heute
1:00:06
weiter privilegiert, sodass sie teilweise nur ein paar Prozent an
1:00:09
Erbschaftssteuer zahlen. Wie sehen Sie da konkret die politische
1:00:12
Vision, dass da eine gesellschaftliche Mehrheit entstehen
1:00:15
könnte?
1:00:16
Also ich muss Sie da, glaube ich, leider noch mal enttäuschen.
1:00:20
Diese Frage kann ich erst mal nur mit Fakten beantworten.
1:00:23
Also wenn man sich die Vorschläge noch mal anguckt, dann geht es bei
1:00:26
den Ausnahmen von der Erbschaftssteuer, über die wir
1:00:28
reden, ungefähr um 300
1:00:30
Menschen jedes Jahr, die davon profitieren, also wirklich um
1:00:34
einen ganz, ganz, ganz kleinen Teil der Bevölkerung.
1:00:37
Der allergrößte Teil, 70 % der Menschen, die erben gar nichts
1:00:40
nennenswertes und sind überhaupt nicht betroffen. Und selbst die
1:00:42
anderen 30 %, die zahlen im Prinzip jetzt schon
1:00:46
die Erbschaftssteuer oder werden ausgenommen. Es geht tatsächlich nur
1:00:48
um 300 Menschen, also null Komma irgendwas Prozent der
1:00:52
Bevölkerung, die von so einer Reform überhaupt betroffen
1:00:56
wären. Das gleiche ist bei der Vermögenssteuer auf
1:00:58
Milliardenvermögen, über die wir sprechen. Da geht es um 200 Vermögen
1:01:01
und nicht um das Haus vom Arzt.
1:01:04
Und bei den Übergewinnen geht es um 200 große Konzerne.
1:01:07
Also es sind tatsächlich sehr, sehr wenige riesengroße Vermögen,
1:01:11
riesengroße Konzerne und Erbschaften
1:01:13
betroffen. Und trotzdem ist die politische
1:01:16
Herausforderung, die Mehrheit der Bevölkerung erst mal darüber zu
1:01:20
informieren und davon zu überzeugen,
1:01:22
dass es im Sinne der demokratischen
1:01:24
Mehrheit wäre, eben da für eine gerechte Besteuerung zu sorgen.
1:01:27
Die ist riesig. Ich finde das aus meiner Perspektive
1:01:30
einfach nur faszinierend,
1:01:33
wie das passieren kann, dass also eine Demokratie, die eigentlich
1:01:36
eine Mehrheitsentscheidung beinhaltet, es nicht schafft,
1:01:40
die 2 Millionen Unternehmer, die
1:01:42
45 %, 48 % Steuern zahlen, zu mobilisieren,
1:01:46
dafür zu sorgen, dass die 200 Großkonzerne das auch tun.
1:01:50
Und eine Politik, die es nicht schafft, die vielen
1:01:53
Durchschnittsverdiener und die Normalverdiener, die eben
1:01:56
die Hälfte von ihrem Einkommen abgeben müssen, da zu mobilisieren,
1:01:59
zu sagen, dass die Milliardäre, die 200 Milliardenvermögen, das
1:02:02
Gleiche tun. Das ist für mich tatsächlich
1:02:05
auch genauso ein Rätsel
1:02:08
wie für Sie. Und ich kann nur antworten, mehr als
1:02:12
dran glauben, dass die Demokratie in irgendeiner Form funktioniert, dass
1:02:15
wir eine demokratische Debatte über diese Probleme hinbekommen, wenn
1:02:19
die Leute sehen, wie ungerecht es ist. Mehr Antworten kann ich da
1:02:22
leider auch nicht liefern. Und diese demokratische Debatte, die
1:02:25
müssen unsere gewählten Politiker
1:02:27
oder die Parteien irgendwie organisieren.
1:02:30
Jetzt haben wir über vieles gesprochen, was nicht
1:02:33
so gut läuft und was sich
1:02:35
aus Ihrer Sicht ändern sollte. Jetzt haben Sie aber im Jahrbuch
1:02:38
Steuergerechtigkeit auch
1:02:40
ein paar Sachen angesprochen, die die Ampel aus Ihrer Sicht nicht so
1:02:43
verkehrt macht. Was läuft denn aus Ihrer Sicht
1:02:47
eigentlich schon ganz gut beim Thema Steuergerechtigkeit?
1:02:50
Da kann ich Ihnen zwei
1:02:52
Antworten geben. Einmal aus Sicht des Koalitionsvertrags, also
1:02:56
aus dem Minimalkompromiss.
1:02:58
Muss man ja so sagen. Also, die Koalitionäre sind mit
1:03:01
ganz, ganz unterschiedlichen Positionen aus ihren Wahlprogrammen
1:03:04
in den Koalitionsvertrag, in die Koalitionsverhandlungen gestartet.
1:03:07
Und da ist ein Nichtangriffspakt im Prinzip herausgekommen, wo weder
1:03:11
große Steuererhöhungen noch große Steuersenkungen drinne stehen und
1:03:15
vor allen Dingen technische Verbesserungen aufgelistet sind.
1:03:18
Von diesen technischen Verbesserungen im Koalitionsvertrag
1:03:21
ist zur Halbzeit ungefähr die Hälfte abgearbeitet, also die Homeoffice
1:03:25
Pauschale wurde angepasst, die Rentenbesteuerung wurde reformiert,
1:03:29
die globale Mindeststeuer umgesetzt,
1:03:31
CO2 Preise, Luftverkehrssteuer,
1:03:33
LKW Maut. Also es sind eine ganze Reihe an
1:03:36
Dingen passiert, die im Koalitionsvertrag drinstehen, die
1:03:38
aber aus Gerechtigkeitssicht keine, keine Änderung bringen.
1:03:42
Die spannendsten Fortschritte gab es aus unserer Sicht im Bereich der
1:03:46
Geldwäschebekämpfung und im Bereich
1:03:48
der Bekämpfung von Finanzkriminalität.
1:03:51
Da gibt es aktuell einen
1:03:54
sehr, sehr umfassenden Gesetzesentwurf, der im Bundestag
1:03:57
liegt, das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz. Und da wird jetzt aktiv gerade
1:04:02
darum gestritten, ob die Koalition sich irgendwie einigen
1:04:06
kann, tatsächlich verdächtige Vermögen, anonyme Briefkästen
1:04:10
noch in dieser Regierungszeit
1:04:12
effektiv zu bekämpfen. Also das ist gerade ganz aktuell
1:04:15
noch spannend. Das wäre ein tatsächlich
1:04:18
großer Wurf. Den hat der Finanzminister Lindner auch
1:04:21
angekündigt. Also dass wir da Reformen
1:04:24
erwarten können, die endlich auch
1:04:26
dafür sorgen, dass die großen Fische, die großen
1:04:28
Finanzkriminellen, gefangen werden. Das ist aus meiner Sicht die größte
1:04:32
und spannendste Reform. Und auf diesem Weg gegen
1:04:35
die anonymen Briefkästen, da gab es eine aus meiner
1:04:39
Sicht spektakuläre Reform, ich würde es einen Geniestreich nennen.
1:04:43
Das ist also im Rahmen der Diskussion um die russischen
1:04:46
Sanktionen im letzten Jahr gelungen. Nachdem wir 20 Jahre im Prinzip
1:04:49
darum gerungen haben,
1:04:51
gibt es jetzt seit Juli 2023
1:04:55
ein zentrales Immobilienregister,
1:04:57
also einen Ort, wo die Information
1:04:59
über alle Immobilieneigentümer Deutschlands gesammelt
1:05:03
ist und wo jetzt 100 Menschen daran arbeiten, diese Information
1:05:06
über die Immobilieneigentümer mit dem Transparenzregister zu
1:05:10
verknüpfen und die Daten aufzuräumen
1:05:12
und die Polizei und die Behörden
1:05:14
im Prinzip in die Lage zu versetzen,
1:05:16
zu wissen, wem die Immobilien in Deutschland gehören.
1:05:18
Das ist, wie gesagt, ein Riesenfortschritt.
1:05:21
Da bleiben noch ganz viele Lücken im Transparenzregister übrig.
1:05:24
Große Fragezeichen. Und die sollen hoffentlich, wenn
1:05:27
sich der Bundestag da jetzt darauf einigt und die Koalition sich darauf
1:05:30
einigt, dann von professionellen Ermittlern geschlossen werden, die
1:05:34
anonyme Vermögensstrukturen aufdecken und abstellen.
1:05:37
Ja, da sind wir mal gespannt, ob das tatsächlich so durch den Bundestag
1:05:41
und durch den Bundesrat gehen wird. Aber für heute erst einmal ganz
1:05:44
herzlichen Dank an Christoph Trautvetter vom Netzwerk
1:05:48
Steuergerechtigkeit.
1:05:49
Ich bedanke mich.
1:05:50
Und wir kommen vom Thema
1:05:52
Steuergerechtigkeit zu einem ganz
1:05:54
anderen Thema, aber auch ein innenpolitisches.
1:05:57
Vielleicht ist das der Link, der ganz gut passt.
1:05:59
Es geht ums Thema Clan-Kriminalität
1:06:03
und ich habe da jetzt eine Pause vor dem Wort gemacht, weil ich dieses
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Wort Clan-Kriminalität in Anführungszeichen setzen möchte,
1:06:09
weil das wird jetzt unser Thema.
1:06:11
Ist dieses Wort, ist dieser Begriff
1:06:14
ein angemessener, um ein Phänomen
1:06:17
kriminologischer Art zu beschreiben?
1:06:19
Es gab Ende Februar in Deutschland, Spanien und Polen Razzien wegen des
1:06:23
Verdachts auf Veruntreuung und Geldwäsche.
1:06:25
Und Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens, die hat diese
1:06:29
Polizeiaktion als Ermittlungserfolg gegen die,
1:06:32
und da ist er wieder der Begriff, Clan-Kkriminalität bezeichnet.
1:06:36
In der Mitteilung hat sie erklärt:
1:06:39
"Diese hochkriminellen Gruppierungen zeichnen sich durch eine enorme
1:06:42
Kreativität und Anpassungsfähigkeit
1:06:44
an sich ändernde Rahmenbedingungen
1:06:46
aus."
1:06:47
Dabei stellt neue Forschung eigentlich komplett in Frage, ob
1:06:50
dieser Begriff der Clan-Kriminalität überhaupt geeignet ist, um eine
1:06:54
bestimmte Form von Kriminalität trennscharf beschreiben zu können.
1:06:59
Ja, es fehle an einer wissenschaftlichen Grundlage des
1:07:01
Begriffs, ist das Fazit eines neuen wissenschaftlichen Sammelbandes,
1:07:04
entstanden im Rahmen des Verbundprojekts Kriminalität
1:07:08
großfamiliär begründeter Strukturen,
1:07:10
kurz KONTEST, gefördert vom Bundesministerium für Bildung
1:07:14
und Forschung. Aber ungeachtet dieser
1:07:16
wissenschaftlichen Fragezeichen hat der Begriff ja gerade politisch
1:07:20
einige Konjunktur. Und nun stellt sich raus, dass der
1:07:22
Begriff möglicherweise völlig ungeeignet ist.
1:07:25
Wir wollten das genauer wissen.
1:07:27
Genau. Und dazu fragen wir eine Kriminologin, die sich seit
1:07:31
vielen Jahren mit diesem Begriff befasst und zur sogenannten
1:07:34
Clan-Kriminalität forscht.
1:07:36
Ich sag Herzlich Willkommen in der Lage der Nation Laila Abdul-Rahman
1:07:40
von der Universität in Frankfurt am Main.
1:07:42
Ja, Guten Tag. Hallo.
1:07:44
Ja. Laila Abdul-Rahman forscht an der Goethe-Universität Frankfurt am
1:07:48
Main mit dem Schwerpunkt Polizeiforschung.
1:07:50
Am Lehrstuhl von Professor Dr. Tobias Singelnstein, der ja auch
1:07:53
schon öfter in der Lage der Nation zu Gast war. Sie ist Mitautorin des
1:07:57
Buchs "Generalverdacht, wie mit dem Mythos Clan-Kriminalität
1:08:01
Politik gemacht wird", das im vergangenen Oktober erschienen ist.
1:08:04
Und sie wollte diesen Begriff erst
1:08:06
mal auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen.
1:08:08
Und sie war dann überrascht, wie dünn genau diese wissenschaftliche
1:08:12
Grundlage war. Frau Abdul-Rahman, wir müssen erst
1:08:15
mal kurz auf diesen Begriff selbst schauen. Was soll denn der Begriff
1:08:19
in Anführungsstrichen Clan-Kriminalität überhaupt genau beschreiben?
1:08:22
Also der Begriff Clan-Kriminalität, der ist sehr, sehr weit definiert.
1:08:28
Letztendlich fällt darunter
1:08:30
wirklich jegliches delinquente Verhalten von Personen,
1:08:34
die eben von der Polizei als sogenannte Clanangehörige definiert
1:08:38
werden. Das heißt, anders
1:08:40
als es, glaube ich, in der öffentlichen Wahrnehmung sehr häufig
1:08:43
wahrgenommen wird, fällt darunter nicht nur schwere organisierte
1:08:48
Kriminalität, sondern eben auch
1:08:50
ein ganz großer Teil an Allgemeinkriminalität.
1:08:53
Das heißt alle möglichen Formen
1:08:55
auch leichter Straftaten
1:08:57
und sogar auch Ordnungswidrigkeiten, also selbst Verkehrsverstöße,
1:09:01
Falschparken, ja alles im ordnungswidrigen Bereich
1:09:05
werden eben polizeilich registriert,
1:09:07
wenn sie sogenannten Clanangehörigen
1:09:09
zugeordnet werden.
1:09:11
Das heißt also, es geht letztlich gar nicht um die Art von
1:09:13
Kriminalität, sondern Kriminalität fällt in diesen Topf
1:09:16
Clan-Kriminalität allein deswegen,
1:09:18
weil bestimmte Menschen sich strafbar oder auch nur
1:09:21
ordnungswidrig verhalten?
1:09:23
Genau. Und das ist letztlich auch die zentrale Kritik an
1:09:27
dem Begriff. Es ist letztendlich personenbezogen
1:09:31
und am Ende wird letztendlich
1:09:33
Kriminalität auch kollektiviert und sozusagen ganzen Familien
1:09:38
zugeschrieben. Und das ist natürlich dann erst
1:09:41
mal fraglich und begründungsbedürftig,
1:09:43
weil wir dann natürlich auch ein großes Diskriminierungspotential
1:09:47
haben. Also es werden auch nur ganz
1:09:50
bestimmte Familien und Menschen mit bestimmten Herkünften
1:09:53
hier noch mal gesondert registriert.
1:09:57
In der Definition selbst
1:09:59
wird jetzt keine bestimmte Herkunft mehr adressiert, aber in den
1:10:02
polizeilichen Lagebildern steht wortwörtlich drin, dass
1:10:06
der polizeiliche Fokus eben nur auf bestimmten Familien liegt,
1:10:09
nämlich arabischstämmigen, türkischstämmigen oder auch
1:10:12
kurdischstämmigen Familien, die eben insbesondere damals nach
1:10:16
dem Libanonkrieg nach Deutschland gekommen sind.
1:10:18
Sie haben jetzt diese Lagebilder
1:10:20
schon angesprochen. Die Polizei arbeitet ja damit um,
1:10:24
korrigieren Sie mich, wenn ich das falsch erkläre, aber um sozusagen
1:10:28
so ein Verdachtsmoment oder einen Fokus ihrer Arbeit festzulegen.
1:10:32
Das heißt, wenn in diesen Lagebildern das Wort
1:10:35
Clan-Kriminalität vorkommt, ist dann auch der Fokus auf
1:10:39
bestimmte Familien mit bestimmten Namen gerichtet, richtig?
1:10:42
Ja, das ist korrekt. Es ist von Bundesland zu Bundesland
1:10:46
so ein bisschen unterschiedlich. Aber beispielsweise in
1:10:48
Nordrhein-Westfalen wird es tatsächlich so gehandhabt, dass
1:10:51
Listen mit bestimmten Nachnamen existieren, die dann eben
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diese Clanzugehörigkeit definieren.
1:10:58
In Berlin wird es ein bisschen anders gemacht mit sogenannten
1:11:00
ermittlungsstützenden Hinweisen,
1:11:02
wo dann die Polizei im Einzelfall prüft, um was für Familienangehörige
1:11:06
es sich eben handelt. Aber am Ende des Tages ist die
1:11:09
Bezugsgröße immer die Abstammung.
1:11:11
Und das ist natürlich die Kritik
1:11:13
auch daran, dass wir hier eigentlich, wenn wir es genauer
1:11:16
betrachten, eine institutionalisierte Form einer
1:11:20
rassistischen Ungleichbehandlung haben und es doch sehr
1:11:23
erklärungsbedürftig ist, warum über bestimmte Bevölkerungsgruppen eigene
1:11:27
polizeiliche Statistiken geführt werden.
1:11:30
Vor allen Dingen, wenn wir uns auch bewusst machen, dass wir zum
1:11:33
Beispiel in der Diskussion um Racial Profiling, ja, da wird ja immer
1:11:37
wieder gefordert, wir bräuchten eine bessere statistische Erfassung,
1:11:41
wer eigentlich von polizeilichen Kontrollen erfasst wird.
1:11:45
Und da wird aber immer wieder auch angeführt, dass wir in Deutschland
1:11:48
aufgrund unserer Geschichte, aufgrund unserer Historie eigentlich
1:11:51
keine intensivierte polizeiliche
1:11:54
Erfassung haben wollen. Also da wird dann eben gesagt, wir
1:11:57
können die Herkunft, die Ethnie
1:12:00
nicht erfassen, wir sollten das nicht tun.
1:12:02
Aber hier in diesem Fall, im Fall der Clan-Kriminalität, wird das
1:12:05
eigentlich schon die ganze Zeit gemacht.
1:12:08
Aber um vielleicht die Bedeutung dieses, dieses problematischen
1:12:11
Begriffs besser einschätzen zu können, was sagen denn da eigentlich
1:12:14
die Zahlen? Also welche Bedeutung
1:12:16
nimmt denn diese Zuschreibung von sogenannter Clan-Kriminalität in der
1:12:19
polizeilichen Beschreibung von Kriminalität eigentlich ein?
1:12:23
Ja, also die Bedeutung
1:12:25
des Phänomens muss man natürlich einerseits wieder einordnen.
1:12:29
Es ist eben, ich würde sagen,
1:12:31
zum Teil eine überschätzte Bedrohungslage, weil wir ja auch
1:12:34
diese Ordnungswidrigkeiten und kleineren Delikte mit drin haben.
1:12:38
Aber selbst wenn wir jetzt alles zusammennehmen, zum Beispiel
1:12:41
waren im Jahr 2022
1:12:44
in der Berliner Polizeilichen Kriminalstatistik 872
1:12:49
Straftaten sogenannten Clanangehörigen zugeordnet.
1:12:53
Und das klingt vielleicht erst mal viel, aber wenn wir das dann in
1:12:56
einem Gesamtverhältnis sehen, sind es eigentlich nur 0,2 %
1:13:00
der Gesamtkriminalität in Berlin.
1:13:03
Und das ist in anderen Bundesländern
1:13:05
ähnlich. Außerdem auch sind das Hellfelddaten.
1:13:09
Das bedeutet, wir wissen auch gar nicht, ob jetzt diese Fälle am Ende
1:13:12
tatsächlich zu einer Verurteilung geführt haben oder vielleicht auch
1:13:15
zu einem Freispruch, zu einer Einstellung, aber auch so
1:13:18
insgesamt jetzt vielleicht nicht der große Teil, den man vermuten könnte.
1:13:23
Außerdem, wenn man es noch mal ins Verhältnis zur organisierten
1:13:25
Kriminalität setzen möchte,
1:13:28
dann machen nur insgesamt 7 %
1:13:30
aller Ermittlungsverfahren wegen organisierter Kriminalität
1:13:34
sind eben Verfahren wegen Clan-Kriminalität. Also auch hier
1:13:37
ist es auch nicht der größte
1:13:39
Teil, also bei weitem nicht, sondern auch nur ein geringer Teil
1:13:43
an organisierter Kriminalität in Deutschland tatsächlich
1:13:46
Clan-Kriminalität.
1:13:46
Wenn Sie jetzt sagen, dieser Begriff
1:13:49
Clan-Kriminalität ist nicht passend und nicht trennscharf, gibt es einen
1:13:53
Begriff, der aus Ihrer Sicht besser passen würde?
1:13:55
Also ich würde sagen,
1:13:57
dass es letztlich nicht nur um den Begriff geht, sondern
1:14:01
wir müssen uns eben fragen, was
1:14:03
wird hier eigentlich erfasst mit diesem Begriff?
1:14:06
Und müssen wir nicht auch was an der polizeilichen Praxis ändern?
1:14:10
Und grundsätzlich glaube ich,
1:14:12
dass es ja schon Konzepte gibt, die beispielsweise auf die organisierte
1:14:16
Kriminalität angewendet werden können, wenn in diesem Bereich
1:14:20
auch Familiennetzwerke
1:14:23
eine Rolle spielen, dann ist es der Polizei natürlich unbenommen, diese
1:14:27
auch aufzuklären. Aber in den ganzen anderen Bereichen
1:14:31
sehe ich eigentlich keine Notwendigkeit, hier eigene
1:14:34
Statistiken zu führen. Und das zweite wäre eben auch,
1:14:38
es sind so Begriffe in der Diskussion wie familienbasierte
1:14:41
Kriminalität usw. Wenn es darum aber geht, warum das
1:14:45
dann aber nur für Menschen mit einer bestimmten Herkunftsgeschichte
1:14:49
gelten soll? Weil, wie ich anfangs schon gesagt
1:14:52
habe, in den Lagebildern steht ausdrücklich drin, es geht nur
1:14:55
um diese arabischstämmigen oder auch kurdischstämmigen
1:14:58
Familien. Und wenn sich eben eine deutsche
1:15:01
oder deutsch gelesene Familie
1:15:03
in der gleichen Art und Weise verhalten würde, dann wäre sie auch
1:15:07
nicht in dieser Statistik drin. Und dementsprechend würde
1:15:10
ich dafür plädieren, wenn wir von familienbasierter Kriminalität
1:15:14
sprechen, dann muss
1:15:16
das aber auch für alle Menschen in einer gleichen Weise
1:15:20
gelten und kann dann eben nicht nur in der Praxis am Ende doch
1:15:24
wieder für nur bestimmte Gruppen gelten.
1:15:27
Also wenn man das jetzt mal zuspitzt, gibt es dann überhaupt das Bedürfnis
1:15:31
nach einem Nachfolgebegriff, der dann hoffentlich nicht
1:15:33
diskriminierend, nicht rassistisch wäre? Oder reicht nicht eigentlich
1:15:36
der Begriff der organisierten Kriminalität, weil der ja jedenfalls
1:15:39
im Ansatz ethnisch neutral ist?
1:15:42
Also ich persönlich würde das so sehen. Es gibt natürlich
1:15:45
viele, gerade aus der polizeilichen Praxis, die das anders sehen,
1:15:49
aber aus meiner Sicht wäre das wahrscheinlich das, wo man dann
1:15:53
wieder hin müsste, dass man wirklich einmal grundsätzlich hinterfragt,
1:15:58
ja, was wir hier eigentlich tun wollen. Und auch wenn es dann
1:16:02
darum geht, wie wir eigentlich auf diese Formen der Kriminalität
1:16:05
reagieren und dann ist es glaube ich, eher angezeigt, da wirklich
1:16:08
zu differenzieren und gerade auch schwere von leichter Kriminalität zu
1:16:11
unterscheiden, um da überhaupt auch, ja sage ich mal,
1:16:15
evidenzbasiert voranzukommen.
1:16:17
Vielleicht dann eine Nachfrage dazu, wenn sie sagen, Praktiker:innen aus
1:16:20
der Polizei sehen da ein Bedürfnis,
1:16:22
was soll denn dann noch beschrieben werden? Also was bleibt denn quasi,
1:16:26
was unter dem Begriff der OK, der organisierten Kriminalität nicht zu
1:16:29
beschreiben ist?
1:16:31
Ja, das ist natürlich eine Frage, die man wahrscheinlich eher an die
1:16:34
an die Polizei richten muss. Wir sehen eben das an diesen
1:16:37
großen Einsätzen, diesen großen Razzien, die da zum Teil gemacht
1:16:41
werden, das sind ja zum Teil auch sogenannte Verbundseinsätze.
1:16:45
Das heißt, die Polizei ist da eigentlich gar nicht federführend,
1:16:47
sondern ist in Amtshilfefunktion,
1:16:50
zum Beispiel für die Ordnungsämter. Dann werden dann in großem Maße
1:16:55
Gewerbekontrollen durchgeführt, zum Beispiel von Cafes,
1:16:58
Bäckereien, Shisha Bars sind da sehr stark im Fokus.
1:17:02
Und da geht es eigentlich gar nicht um erst mal vordergründig um
1:17:06
eine strafprozessuale Maßnahme,
1:17:08
sondern über diese Verbundseinsätze
1:17:11
sollen eigentlich Erkenntnisse generiert werden über
1:17:15
organisierte Kriminalitätsstrukturen.
1:17:17
Aber auch da ist so ein bisschen
1:17:19
fraglich, wie effektiv
1:17:21
und effizient die Maßnahmen eigentlich sind, weil wir eben
1:17:25
aus Berichten wissen, es wird überwiegend dann doch zum
1:17:28
Beispiel unversteuerte Shisha Tabak
1:17:30
gefunden. Und auch eine Analyse des LKA
1:17:34
Berlins hat ergeben, dass es zum Teil eher Zufallsfunde sind,
1:17:38
die dann noch über organisierte Strukturen gefunden werden.
1:17:41
Und ich glaube, es ist natürlich
1:17:43
ein hilfreiches Mittel, wenn ich, sage ich mal, sehr breit
1:17:47
kontrollieren kann in bestimmten Bereichen und erhoffe mir dann
1:17:50
Erkenntnisse über bestimmte
1:17:52
Netzwerke. Aber diese wahnsinnig große
1:17:55
Streubreite, die ist eben sehr problematisch, weil hier wirklich
1:17:59
eine ganze Reihe an Personen
1:18:01
und da dann eben auch nicht nur Familienangehörige, sondern auch
1:18:04
Menschen, die eben in diesem bestimmten Vierteln leben,
1:18:07
die dort ihr Gewerbe betreiben, die werden eben kriminalisiert.
1:18:11
Und daher rührt ja auch der Widerstand.
1:18:13
Also die Kritik kam jetzt auch gar nicht vorrangig aus der
1:18:16
Wissenschaft, sondern man muss das ganz klar sagen, die Kritik
1:18:20
kommt von den Betroffenen selbst oder von Menschen, die
1:18:22
beispielsweise in Neukölln leben
1:18:25
oder auch in Nordrhein-Westfalen in den einschlägigen Städten leben,
1:18:28
die sich hier eben tagtäglich
1:18:30
schon fast von solchen Einsätzen eben kriminalisiert sehen und da
1:18:34
ja auch ihrem Alltagsgeschäft sozusagen nicht mehr nachgehen
1:18:38
können.
1:18:38
Frau Abdul-Rahman, Sie haben in Ihrer Forschung auch Anhaltspunkte
1:18:42
dafür gefunden, dass eben nicht nur Beschwerden von den
1:18:45
Menschen, die dort leben, selber kommen, sondern dass die Verwendung
1:18:48
des Begriffs der Clan-Kriminalität auch Folgen haben kann für die
1:18:51
Präventionsarbeit, wenn es um Kriminalität geht.
1:18:55
Welche denn?
1:18:56
Ja, also im Zusammenhang mit Clan-Kriminalität wird ja immer
1:18:59
wieder die sogenannte Zero Tolerance
1:19:02
Strategie diskutiert oder auch dass eben sehr, sehr
1:19:06
hart vorgegangen wird, dass quasi keinerlei Toleranz
1:19:10
mehr gegenüber diesen Familien herrschen soll.
1:19:13
Und das ist natürlich ein großes Problem, wenn man eigentlich
1:19:16
Präventionsarbeit machen will, die dann wiederum auf Vertrauen
1:19:21
und Vertrauensaufbau beruhen
1:19:23
muss. Und da gibt es eben auch Forschung zu, die mit
1:19:26
Menschen aus der sozialen Arbeit gesprochen haben, die eben sagen,
1:19:30
diese Diskriminierung, diese Stigmatisierung, die führt eben
1:19:33
immer mehr dazu, dass Vertrauen verloren geht und man dadurch
1:19:36
eigentlich auch keine soziale
1:19:38
Arbeit mehr machen muss. Also ein Beispiel, wenn
1:19:43
solche Familien, die ja selbst auch
1:19:45
auf eine jahrzehntelange
1:19:47
Entrechtungsgeschichte zurückblicken, na also, hier waren
1:19:49
sie sehr lange von gesellschaftlicher Teilhabe
1:19:53
ausgeschlossen, weil es sogenannte Kettenduldungen gab, die Zugang zum
1:19:56
Arbeitsmarkt verweigerten usw.
1:19:59
Und wenn, dann vor diesem Hintergrund auch Politiker fordern
1:20:03
beispielsweise, dass Familien die Kinder weggenommen werden.
1:20:06
Das sind ja immer so die Schlagzeilen, dass aus
1:20:09
diesen Familien quasi die Kinder rausgeholt werden müssen, damit sie
1:20:12
nicht auch kriminell werden usw.,
1:20:14
dann ist eben eigentlich gar keine vertrauensvolle Sozialarbeit mehr
1:20:18
möglich, sowohl für die Familien
1:20:20
als auch für die Jugendlichen, die sich dann eben auch das als
1:20:24
Jugendliche, als Clanjugendliche Clankinder stigmatisiert werden.
1:20:28
Wir haben da Berichte über Kinder, die schon in der Grundschule so
1:20:31
bezeichnet werden und das produziert natürlich Ausschlüsse,
1:20:35
gesellschaftliche Ausschlüsse und Diskriminierungen sozusagen
1:20:39
am laufenden Band. Und dann wird es auch immer
1:20:41
schwieriger, tatsächlich Personen zu erreichen, die möglicherweise
1:20:45
wirklich Unterstützung brauchen und die vielleicht auch ein Risiko
1:20:48
haben, sonst eben nicht mehr
1:20:50
an der Gesellschaft teilhaben zu können.
1:20:52
Ja, ganz herzlichen Dank. Laila Abdul-Rahman.
1:20:56
Sie sagt im Interview mit der Lage der Nation, der Begriff der
1:20:59
Clan-Kriminalität ist wissenschaftlich unscharf, er
1:21:02
ist eigentlich überflüssig, und er behindert die Integration
1:21:06
und die Prävention von Kriminalität. Ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit
1:21:10
und für dieses Interview.
1:21:11
Ja, vielen Dank für das Gespräch.
1:21:12
Wir springen
1:21:14
geografisch jetzt
1:21:17
in den Südosten von Thüringen,
1:21:19
und zwar in den Saale-Orla-Kreis. Da spielt unser nächstes Thema oder
1:21:23
zumindest der Aufhänger für unser nächstes Thema.
1:21:27
Der Saale-Orla-Kreis war in den letzten Tagen ziemlich groß in den
1:21:30
Medien, weil Asylsuchende
1:21:33
dort verpflichtet werden, gemeinnützige Arbeit zu
1:21:36
verrichten. Also da geht es zum Beispiel um so was wie Laubhaken
1:21:39
rund um ihre Unterkunft.
1:21:42
Und sie sollen dafür 0,80 €
1:21:44
pro Stunde bekommen. Es ist also nur ein Bruchteil
1:21:47
dessen, was man sonst als Mindestlohn verdient in Deutschland.
1:21:50
Wer sich weigert, diese
1:21:52
Arbeiten zu verrichten, dem sollen die Sozialleistungen gekürzt werden.
1:21:56
Zunächst einmal muss man sehen, juristisch ist das im Prinzip
1:22:00
gestattet. Rechtsgrundlage ist
1:22:02
schon seit den 90er Jahren,
1:22:04
seit 1993 Paragraph fünf
1:22:06
des Asylbewerberleistungsgesetz,
1:22:09
der da sagt:
1:22:11
"Im Übrigen sollen so weit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei
1:22:14
staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur
1:22:18
Verfügung gestellt werden, wenn das
1:22:20
Arbeitsergebnis der Allgemeinheit
1:22:22
dient."
1:22:23
Juristisch also ist das durchaus machbar, wenngleich die
1:22:26
Rechtsgrundlage dafür natürlich aus ganz anderen Zeiten stammt, nämlich
1:22:29
als wir in Deutschland eine relativ hohe Arbeitslosigkeit hatten.
1:22:33
Ganz anders als heute, wo ja Arbeitskräftemangel herrscht.
1:22:36
Ja, aber grundsätzlich ja, kann man natürlich sagen, klingt das
1:22:39
erst mal sinnvoll. Warum sollen Geflüchtete
1:22:42
sich nicht nützlich machen?
1:22:44
Und der CDU Landrat im Saale-Orla-Kreis der heißt Christian
1:22:47
Herrgott, der argumentiert
1:22:49
im Deutschlandfunk auch so ähnlich.
1:22:52
Wir möchten diejenigen, die zu uns kommen und die ja mindestens in den
1:22:55
ersten drei Monaten nicht arbeiten dürfen nach den Gesetzlichkeit
1:23:00
sofort abholen und auch in eine Tagesstruktur und eine sinnvolle
1:23:03
Tätigkeit bringen und danach die Möglichkeiten schaffen,
1:23:07
dass sie auch zügig, wenn es rechtlich möglich ist, in den ersten
1:23:10
Arbeitsmarkt integriert werden. Denn jeder, der nicht von
1:23:12
Sozialleistungen leben muss sondern
1:23:14
sein Leben selbst bestimmen kann, ist für uns und aus unserer Sicht
1:23:17
ein großer Vorteil.
1:23:18
Also ich bringe es noch mal auf den Punkt. Er sagt, es ist
1:23:21
besser, wenn jemand nicht rumsitzt
1:23:23
und ein bisschen Arbeit macht, egal
1:23:25
welcher Art diese Arbeit auch ist. Und aus seiner Sicht dient das
1:23:29
wirklich der Integration in den Arbeitsmarkt.
1:23:31
Jetzt finde ich, kann man aber oder muss man trotzdem fragen, dient
1:23:35
diese gemeinnützige Arbeit wirklich
1:23:37
der Integration in den Arbeitsmarkt?
1:23:39
Ja, ich bin da auch so ein bisschen skeptisch, denn das ist ja eben
1:23:42
gerade kein Arbeitsmarkt im engeren Sinne, sondern das ist eben dann,
1:23:45
keine Ahnung, der Betreiber des Asylbewerberheims, bei dem man da
1:23:48
arbeitet. Und man verdient natürlich auch bestenfalls ein Taschengeld.
1:23:52
Wenn man drei Stunden arbeitet, hat man 2,40 € in der Tasche.
1:23:55
Das reicht kaum für ein Eis. Also das ist sehr die Frage,
1:23:59
inwieweit das tatsächlich zu mehr Autonomie führt.
1:24:02
Es spart jedenfalls auch keine Leistung, wenn man natürlich, wenn
1:24:05
man so extrem wenig den Menschen bezahlt, dann auch nicht weniger
1:24:08
an Sozialleistungen zahlen kann. Und ich weiß auch nicht, ob es dem
1:24:10
Spracherwerb so dient, wenn man dann eben in der Unterkunft
1:24:14
und eben ohne deutschsprachige Kollegen arbeitet oder Kolleginnen.
1:24:19
Also ich glaube, das mit der Integration, das ist
1:24:22
ehrlich gesagt, sagen wir mal vorsichtig, eine
1:24:25
Hoffnung. Aber ob die sich so erfüllen wird?
1:24:28
Ich finde aber noch viel spannender die Frage, warum muss man denn die
1:24:31
Menschen überhaupt zwangsweise zur Arbeit bringen,
1:24:35
wenn man sie doch auf der anderen Seite nicht arbeiten lässt?
1:24:37
Genau das ist nämlich
1:24:40
das, wie ich finde, Absurde. In den ersten Jahren haben
1:24:42
Geflüchtete oft ja ein de facto Arbeitsverbot.
1:24:45
Also wir haben gerade schon gehört, Christian Herrgott hat das auch gesagt. In den ersten drei Monaten
1:24:49
sind sie vollständig ausgeschlossen vom Arbeitsmarkt.
1:24:51
Und selbst danach brauchen sie eine Genehmigung vom Amt,
1:24:55
die oft einfach nicht so leicht zu kriegen ist. Das dauert oft ewig,
1:24:59
die kommt teilweise auch gar nicht.
1:25:01
Und wenn Ämter überlastet sind, muss man es sozusagen gar nicht
1:25:05
probieren. Du hast da ein paar Beispiele auf Lager, oder?
1:25:07
Ja, das war vor einiger Zeit mal ausführlich, ich glaube in der
1:25:10
Süddeutschen Zeitung Thema. Die haben sich mal die katastrophale
1:25:13
Situation der Stuttgarter Ausländerbehörde angeschaut.
1:25:16
Da müssen irgendwie
1:25:18
bundesweit Menschen eine Erlaubnis beantragen, wenn sie arbeiten
1:25:21
wollen. Und sie müssen sogar eine Erlaubnis beantragen, wenn sie
1:25:24
einfach nur eine Arbeit über ein paar Monate hinaus fortsetzen
1:25:27
wollen. Und das führt dazu, dass teilweise Menschen, die längst
1:25:30
zum Beispiel als Krankenschwester arbeiten, ihre Arbeit aufgeben
1:25:33
müssen, obwohl, wie man weiß, in einigen Kliniken Arbeitskräftemangel
1:25:36
herrscht. Einfach deswegen, weil sie keinen Termin in der
1:25:38
Ausländerbehörde bekommen. Und in Berlin ist natürlich die
1:25:42
Behörde auch im Zweifel überlastet. Also, ich finde das so
1:25:44
problematisch, wenn man immer so tut, Menschen wollten nicht
1:25:47
arbeiten. In der Praxis ist es einfach so,
1:25:50
dass wir den Menschen reichlich
1:25:52
Steine in den Weg legen. Es stimmt einfach nicht zu sagen,
1:25:56
die wollen alle nicht, sondern die allermeisten Geflüchteten, bis sie
1:25:59
anerkannt sind mal irgendwann, dürfen schlicht und ergreifend nicht
1:26:02
arbeiten.
1:26:03
Und ich finde, da kommt ja noch ein Aspekt dazu, wenn man
1:26:06
sagt, ja, wir müssen jetzt Geflüchtete zu gemeinnütziger Arbeit
1:26:09
verpflichten, das sendet ja auch
1:26:11
so ein Signal, das
1:26:14
eigentlich befeuert, dass
1:26:16
Menschen, die hierherkommen, eigentlich nur rumsitzen
1:26:19
oder rumliegen wollen und dass man
1:26:21
diesen Schritt gehen muss, sagen muss, wir verpflichten euch jetzt
1:26:24
zur Arbeit. Also da gab es auf Instagram eine
1:26:27
Äußerung von Orkan Özdemir von der SPD, Der ist Mitglied des
1:26:31
Berliner Abgeordnetenhauses.
1:26:33
Und der schrieb: "bevor man sie zwingt, für 0,80 € gemeinnützige
1:26:36
Arbeit zu leisten, sollte man Geflüchteten erlauben zu arbeiten.
1:26:40
Es ist absurd. Geflüchtete haben in den ersten
1:26:43
Jahren selten eine Arbeitserlaubnis. Und dann wird suggeriert, sie würden
1:26:46
nicht arbeiten wollen, sie seien faul, man müsste sie zwingen.
1:26:49
Geflüchtete wollen arbeiten,
1:26:51
Geflüchtete wollen sich ein selbstbestimmtes Leben aufbauen.
1:26:54
Was für eine absurde und ekelhafte Diskussion. Dieser Ekeldiskurs
1:26:58
wird nur von dieser quasi Sklaverei überboten. Das sind meine zwei Cent
1:27:02
zur Sache."
1:27:03
Klare Worte. Ich habe noch eine andere Aussage gefunden von
1:27:07
der Thüringer Integrationsbeauftragten.
1:27:09
Die heißt Mirjam Kruppa und
1:27:11
die hat ihre Ablehnung
1:27:13
dieses Vorschlags so begründet.
1:27:15
Es ist wirklich so, dass es eine gewisse
1:27:18
populistische Wirkung hat zu sagen, die Menschen wollen nicht arbeiten,
1:27:22
die sitzen rum und tun nichts. Und das halte ich für wirklich
1:27:25
gefährlich, dass man ständig suggeriert, hier sind Menschen, die
1:27:28
nicht wollen. Und das stimmt nicht.
1:27:31
Man findet in den Gemeinschaftsunterkünften, in den
1:27:33
Erstaufnahme viele Freiwillige, die das tun, auch für so wenig
1:27:37
Geld.
1:27:37
Das heißt, es funktioniert
1:27:40
ja schon. Also wenn man ganz konkret auf Thüringen guckt, gibt es
1:27:43
ganz viele Menschen, die wollen auch diese Freiwilligenarbeit
1:27:47
verrichten. Das bedeutet, dieser Zwang
1:27:50
dahinter ist eigentlich auch auf dieser Ebene gar nicht nötig.
1:27:53
Stellt sich natürlich die Frage, was würde besser funktionieren?
1:27:56
Im Grunde ist es schon angeklungen in allen Statements, die wir jetzt
1:27:59
hatten, wie wär's denn, wenn wir die Menschen einfach mal arbeiten lassen
1:28:02
auf dem ganz normalen Arbeitsmarkt, wo es ja genügend Bedarf gibt
1:28:05
anstatt mit der Peitsche zu drohen?
1:28:08
Im Ansatz hat auch das Bundeskabinett das Problem erkannt.
1:28:11
Es hat im November nämlich schon beschlossen, Arbeitsverbote lockern
1:28:14
zu wollen. Unter anderem ist der Plan, dass
1:28:17
Ausländerbehörden die Zustimmung zur Beschäftigung
1:28:21
künftig im Regelfall erteilen
1:28:23
sollen, auch bei geduldeten
1:28:26
Ausländern. Bisher ist dies wohl nur eine
1:28:28
Kannregelung, die im Ermessen der Behörde liegt. Das aber würde
1:28:32
jedenfalls nach dem, was wir so in den letzten Monaten in verschiedenen
1:28:35
Hintergrundgesprächen eben mit Menschen gehört haben, die zum
1:28:38
Beispiel selber versuchen, Geflüchtete einzustellen oder die
1:28:41
die als Anwältin vertreten. Das würde an dem eigentlichen
1:28:44
Problem nicht so wahnsinnig
1:28:46
viel ändern.
1:28:47
Weil selbst wenn es eine
1:28:49
Regelung gibt, dass alle eine
1:28:51
Genehmigung bekommen, müssen sie sich diese Genehmigung ja trotzdem
1:28:54
vom Amt holen. Das heißt, die Bürokratie oder
1:28:56
dieser bürokratische Schritt, der ist ja immer noch da.
1:28:59
Und diese bürokratische Hürde, wenn man jetzt wirklich was ändern
1:29:02
wollte, dann braucht es halt mehr.
1:29:04
Dann würde man konsequenterweise sagen müssen, jeder darf
1:29:08
arbeiten, meinetwegen nach den ersten drei Monaten, wo man sagt,
1:29:11
wir machen jetzt hier erst mal so eine Art Onboarding in Deutschland,
1:29:13
aber und dann muss man halt den Arbeitsvertrag bei der Behörde
1:29:17
melden und wenn die ein Problem damit hat, dann kann sie sich
1:29:21
ja immer noch beim Arbeitgeber melden. Man würde also quasi Regel
1:29:24
und Ausnahme verkehren. Heute muss jeder sich erst mal
1:29:27
bei der Behörde melden, muss bitten, arbeiten zu dürfen, dann erst kann
1:29:30
er anfangen zu arbeiten. In Zukunft würde man anfangen zu
1:29:32
arbeiten. Man meldet seinen Arbeitsvertrag bei der Behörde und
1:29:36
wenn die dann ein Problem damit hat, dann grätscht sie halt rein.
1:29:39
Diese Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses, die
1:29:41
würde ohne Ende Arbeitszeit bei den Behörden sparen.
1:29:44
Das würde den Arbeitsmarkt entlasten, weil halt ganz viele
1:29:47
Unternehmen mit einem Mal wieder Arbeitskräfte finden würden.
1:29:49
Und es bringt halt echte Jobs. Nicht 0,80 € Jobs, sondern richtige
1:29:53
Jobs bei richtigen Unternehmen, würde wirklich was für die Wirtschaft
1:29:56
tun und es würde die Integration fördern.
1:29:58
Und ich finde, selbst wenn man
1:30:01
nicht sofort diesen, ich würde ihn schon als radikalen Schritt
1:30:04
bezeichnen, dass man sagt, man macht da jegliche Bürokratie weg,
1:30:08
könnte man ja auch Strukturen schaffen, die eben diesen Schritt
1:30:11
in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Man könnte ja auch
1:30:14
Programme auflegen, dass man Praktika total fördert oder dass
1:30:17
man es wirklich schafft, dass Menschen eben aus ihrer Unterkunft
1:30:21
schnell rauskommen, um
1:30:23
wirklich auch überhaupt zu sehen, was gibt es denn für Möglichkeiten?
1:30:27
Also das muss ja gar nicht unbedingt aus meiner Sicht sofort dieses
1:30:30
jegliche Bürokratie muss weg sein. Aber einfach diesen Willen zu
1:30:33
zeigen, dass man wirklich auch die Menschen integrieren will und das
1:30:36
nicht mit so Alibilösungen wie diesen 0,80 € Jobs zu machen,
1:30:40
da wäre schon mal viel geholfen aus meiner Sicht.
1:30:42
Ja, also im Hintergrund hören wir so aus der Ampelkoalition, dass
1:30:45
tatsächlich in der grünen Fraktion es große Sympathien dafür gibt.
1:30:49
Die SPD Fraktion ist gespalten. Ich hatte da auch schon im letzten
1:30:52
Jahr Hintergrundgespräche mit einzelnen Abgeordneten, die total
1:30:55
dafür sind, diese Bürokratie abzubauen und zu sagen,
1:30:58
Arbeitsverhältnisse müssen nicht vorher genehmigt, sondern nur
1:31:00
hinterher gemeldet werden. Ist aber in der Fraktion jedenfalls
1:31:04
noch nicht Mehrheitslinie, wie man hört. Kanzleramt und FDP
1:31:07
gelten bislang als skeptisch, aber das ist halt hinter den Kulissen ein
1:31:10
ganz großes Thema. Und ich glaube, es verdient ein Thema zu werden,
1:31:14
über das Deutschland breiter diskutiert. Ich denke, SPD und FDP
1:31:17
oder die SPD-Spitze und FDP sollten da ihren Widerstand aufgeben.
1:31:21
Denn das scheint mir eine der ganz zentralen Hürden zu sein, dieses
1:31:24
Klischee vom faulen Ausländer,
1:31:26
der nur die Sozialkassen belastet. Das begegnet uns auch
1:31:29
in der Lage ständig. Das ist zwar ein falsches Klischee,
1:31:32
aber es ist natürlich schon insofern was dran, als wir momentan viele
1:31:35
Menschen nicht arbeiten lassen. Das muss man einfach sehen.
1:31:37
Die Menschen sind nicht faul, aber wir zwingen sie zur Passivität.
1:31:40
Und das ist halt einfach absurd. Wir können nicht auf der einen Seite
1:31:43
sagen, hallo, wir wollen Sozialleistungen sparen, wir wollen
1:31:45
keine Migration in die Sozialsysteme und dann auf der anderen Seite
1:31:48
sagen, du darfst aber auch nicht arbeiten, das passt nicht zusammen.
1:31:50
Insofern wünsche ich mir da eine breite Diskussion und hoffe, die
1:31:53
Ampel rauft sich zusammen
1:31:55
und dreht hier an der richtigen Schraube.
1:31:58
Zum guten Schluss noch eine gute Nachricht aus Frankreich.
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Da ist eine historische Entscheidung gefallen. Frankreich ist nämlich
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weltweit das allererste Land, das das Abtreibungsrecht in die
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Verfassung eingeschrieben hat.
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Im historischen Schloss von Versailles hat der Kongress aus
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Nationalversammlung und Senat abgestimmt.
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Und das klang dann so:
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Pour l‘adoption: 780. Contre: 72.
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Ja, das war die Stimme der Präsidentin der Nationalversammlung
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Yaël Braun-Pivet. Die verliest das Abstimmungsergebnis.
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780 Abgeordnete
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der Nationalversammlung und des Senats haben in Versailles
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im Schloss dafür gestimmt, das
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Abtreibungsrecht in die französische Verfassung aufzunehmen.
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Nur 72 waren dagegen.
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Also eine 3/5 Mehrheit war hier nötig in einer gemeinsamen
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Sitzung der beiden Kammern des französischen Parlaments.
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Und diese 3/5 Mehrheit ist locker erreicht worden.
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Und das gilt als historische Entscheidung auch deswegen, weil
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eben auch viele konservative Menschen sich für diesen
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Vorstoß erwärmen konnten.
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Jana, wie kam es denn dazu, dass es gerade jetzt zu einer solchen
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historischen Entscheidung kommen konnte?
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Ja, das war tatsächlich die Überlegung, dass jetzt die Zeiten so
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sind, dass es einen Konsens gibt,
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dass es wichtig ist,
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wirklich abzusichern, dass Frauen auch in Zukunft, wenn sich
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möglicherweise politische Mehrheiten ändern, weiter abtreiben
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dürfen. Also das ist tatsächlich vor dem Hintergrund des
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verschärften Abtreibungsrechts in den USA passiert.
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Im Sommer 2022 hat der Supreme Court ja das
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sogenannte Roe versus Wade gekippt,
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also damit das bundesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche.
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Das war in Frankreich groß
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diskutiert worden. Das war dann auch ein bisschen die
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Initialzündung, um zu sagen, wir wollen das sicherer machen.
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Aber es gibt natürlich auch andere Beispiele. Polen hat das
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Abtreibungsrecht extrem verschärft. Da gibt es Frauen, die in andere
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Länder reisen, um abtreiben zu können. Das heißt, die Idee
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dahinter, die Zeiten in Frankreich
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sind gerade so, dass es ein Konsens gibt, dass wir das absichern müssen.
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Und deswegen tun wir es.
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Ja, in Polen gibt es ja sogar immer wieder Nachrichten, dass Frauen
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zu Tode kommen, weil ihnen Ärztinnen und Ärzte eine
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lebensrettende Abtreibung verweigern. Also wenn es
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Komplikationen gibt bei der Schwangerschaft. Das hat also
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wirklich dramatische Konsequenzen, dieses extrem drakonische polnische
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Recht. Wobei da natürlich die Hoffnung besteht, dass das unter der
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neuen Mehrheit im Sejm jetzt auch wieder reformiert werden wird.
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Aber diese Entscheidung aus Frankreich bedeutet einfach, keine
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Regierung in Frankreich kann Abtreibung einfach wieder so
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verbieten. Wobei man sagen muss, es gibt da ja
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noch so ein paar Nuancen. Es steht ja jetzt nicht einfach nur
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in der Verfassung, jede Frau hat
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immer das Recht, eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Es ist ja so
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ein bisschen anders geregelt.
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Ja, genau das finde ich ganz spannend die Nuance. In der Verfassung steht
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strenggenommen nicht das Recht auf
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Abtreibung, sondern nur
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die Freiheit, eine solche vorzunehmen.
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Also da steht dann ganz konkret "la liberté garantie à la femme d’avoir recours à une IVG".
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Also eine "interruption volontaire de grossesse",
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also eine freiwillige, ein freiwilligen Abbruch der
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Schwangerschaft. Aber Ulf, du bist jetzt hier der
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Jurist. Was macht das für einen Unterschied? Also nicht das Recht
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auf Abtreibung, sondern die Freiheit zur Abtreibung.
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Ja, das ist, das ist ganz interessant. Also die Norm
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in der Verfassung, der Artikel 34, der da geändert wurde, regelt
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eigentlich vor allem die Spielräume des Gesetzgebers.
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Das heißt also, es ist jetzt geregelt worden, dass der
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Gesetzgeber die Details
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bestimmen kann, der liberté
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garantie aller femme usw., also quasi der garantierten
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Freiheit. Der Gesetzgeber kann die Umstände regeln, unter denen diese
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garantierte Freiheit wahrgenommen
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werden kann. Das war quasi so eine Art politischer Kompromiss.
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Man hat nicht einfach nur ein Abtreibungsrecht reingeschrieben,
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sondern man hat reingeschrieben ein Recht des Gesetzgebers, etwas zu
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regeln. Aber implizit und in dieser Norm enthalten ist
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eben auch diese liberté garantie. Und das heißt also, es gibt eben
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schon eine Garantie des Abtreibungsrecht, wenn auch
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gleichsam ein bisschen verklausuliert versteckt fast schon,
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in einer Regelung der Kompetenzen
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des französischen Gesetzgebers.
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Und warum hat man das dann so kryptisch versteckt und
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verklausuliert?
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Das hat vor allem technische Gründe. Also die Grundrechte in der
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französischen Verfassung sind vor allem garantiert durch Verweis
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zum einen auf die Erklärung der
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Bürger- und Menschenrechte von 1789,
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also ein Text aus der Französischen Revolution und zum zweiten durch
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einen Verweis auf die Verfassung der Vierten Republik von 1946.
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Und weil eben die Grundrechte so durch Verweisung geregelt sind, ist
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es ein bisschen schwierig. Man kann jetzt ja nicht mehr die Erklärung
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von 1789 ändern. Man kann auch die Verfassung von
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1946 nicht mehr ändern. Und deswegen, wenn man weitere
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Grundrechte garantieren will, dann steht man in Frankreich immer so ein
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bisschen vor dem Problem, wie man das rechtstechnisch eigentlich
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abbildet im Verfassungstext. Und in diesem Fall hat sich jetzt
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eben eine breite, vor allem überparteiliche Mehrheit darauf
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geeinigt, regeln wir doch einfach, was der Gesetzgeber so kann zum
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Thema Abtreibung und
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versteckt gleichsam oder eingebaut in dieser Regelung der
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Gesetzgebungskompetenzen steht dann eben die liberté garantie, die
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garantierte Freiheit der Frauen
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in Frankreich.
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Dann kommen wir mal zurück aus dem deep dive ins französische
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Recht oder aus dem französischen Recht. Es gab ja ganz viele
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Reaktionen auch darauf.
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Der Eiffelturm hat total geglitzert,
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während diese Abstimmung stattgefunden hat.
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Außerdem wurden da ja so Botschaften drauf projiziert.
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#moncorpsmonchoix. Also mein Körper, meine Wahl
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zum Beispiel. Es gab total den
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Jubel in Frankreich, aber auch
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im Schloss Versailles. Also muss ich sagen, als ich diese
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Bilder angeschaut habe, habe ich auch gedacht, nice, da ist
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wirklich eine Erfolgsnachricht passiert und da hat wirklich jemand,
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also Frankreich hat es geschafft, die Verfassung krisenfester
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zu machen, wenn man so will.
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Ja, so jedenfalls hat die französische Gesellschaft, muss man
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ja sagen, von der Linken bis zur Rechten parteiübergreifend mit
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einer breiten Koalition
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geschafft, bestimmte Rechte,
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in diesem Fall eben ein ganz zentrales Recht für Frauen, in der
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Verfassung zu verankern. Und ich glaube, da spüren einfach
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viele, dass das ein großer Erfolg ist, denn auch Frankreich ist ja
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gespalten politisch, ähnlich
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wie Deutschland. Die Rechtsextremisten in Frankreich
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haben sogar schon deutlich höhere Stimmenanteile, sind schon viel mehr
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noch verwurzelt im französischen politischen System.
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Und da gilt es einfach als großer Erfolg, dass man noch mal
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gleichsam parteiübergreifend die Kraft gefunden hat, eine solche
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grundsätzliche Regelung zu treffen. Und rechtlich ist Frankreich da
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einfach eine ganze Ecke weiter als Deutschland, muss man sich
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überlegen. In Deutschland gibt es eben keine explizit
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verfassungsrechtliche Garantie,
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Schwangerschaftsabbrüche vornehmen zu lassen, sondern es gibt quasi die
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Grundrechtsabwägung zwischen den Rechten des werdenden Lebens auf
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der einen Seite und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau auf
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der anderen Seite. Und das Bundesverfassungsgericht hat
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ja in den 90er Jahren sogar gesagt, dass eine Abtreibung nie
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rechtmäßig sein darf. Sie darf nur straffrei bleiben.
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Also der Gesetzgeber ist verpflichtet, sie als rechtswidrig
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zu betrachten. Er darf sie nur straffrei stellen.
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Und das ist die Regelung, die wir heute haben in Deutschland die
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sogenannte Fristenlösung mit Beratungspflicht.
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Genau. Also das muss man, finde ich noch mal betonen.
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Der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland gemäß Paragraf 218
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Strafgesetzbuch grundsätzlich
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für alle Beteiligten strafbar. Und du hast es genannt, Ulf, es
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gibt eine Straffreiheit, wenn sich die Schwangere ergebnisoffen in so
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einer staatlich anerkannten Beratungsstelle beraten lässt.
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Aber es ist eine Straftat, abzutreiben in Deutschland nach wie
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vor.
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Ja, es sei denn, man hält eben diese Spielregeln ein.
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Dann ist es keine Straftat. Das ist so ein bisschen so diese
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rechtliche Grauzone, die der Gesetzgeber da geschaffen hat.
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Aber nachdem ihn das Bundesverfassungsgericht dazu
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verpflichtet hatte, rechtswidrig, aber straffrei, weil nicht
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tatbestandsmäßig, also allen Strafrechtsdogmatiker:innen, rollen
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sich da immer gleich die Fußnägel hoch, weil das sonst an keiner
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Stelle so funktioniert im deutschen Strafrecht. Aber gut, das war
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offensichtlich der Kompromiss, den die Richterinnen und Richter in
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Karlsruhe da gefunden haben.
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Aber wie gesagt, der überzeugt natürlich heute viele nicht
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mehr, insbesondere für die Rechtswidrigkeit.
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Nämlich dazu, dass es zum Beispiel immer wieder Probleme gibt bei der
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Kostenübernahme durch Krankenkassen und so. Immerhin hat die
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Bundesregierung ja eine Kommission eingesetzt, die zurzeit
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Alternativen zur geltenden Rechtslage prüfen soll,
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insbesondere nämlich, ob Abtreibungen möglicherweise auch
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außerhalb des Strafrechts geregelt werden können.
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Im April sollen erste Ergebnisse vorliegen. Ich sage mal, wir bleiben
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dran. Wir sind gespannt, ob diese Kommission da neue Regelung
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vorschlagen wird.
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Dann war's das für heute. Schön, dass ihr dabei wart mit der
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Lage der Nation Nummer 372.
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Die politische Lage in Deutschland und der Welt ist damit abschließend
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und umfassend erörtert, wie ihr das von uns gewohnt seid.
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Wir hoffen, diese Folge hat euch gefallen. Wir hoffen, ihr hattet
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insbesondere viel Freude an unserer
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Moderatorin Jana Münkel, die heute zum zweiten Mal dabei war.
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Wir wünschen einen schönen Rest der Woche. Ein schönes Wochenende.
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Bleibt uns gewogen. Bis ganz bald und tschüss!
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