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Herzlich willkommen zur Lage der Nation. Ausgabe Nummer 371
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vom 29. Februar 2024.
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Und wie fast immer begrüßen euch in dieser Woche an den Mikrofonen.
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Ulf Buermeyer, das bin ich, Jurist aus Berlin.
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Und Philip Banse sitzt Ulf im Lagezentrum gegenüber.
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Ich bin Journalist, Ganz herzlich willkommen. Wie gewohnt kurz vorweg
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eine Hausmitteilung. Wir hatten ja bei Insta
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darum gebeten, ein paar schöne Posts mit unserem Buch Baustellen
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der Nation zu machen und hatten da versprochen, dass der oder die
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Gewinner dann zur lit.Cologne
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nach Köln kommen können und ein Bier backstage bei unserer Lesung mit uns
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trinken können. Also die Verlosung hat stattgefunden, da hat es viele
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Einsendungen und Vorschläge und schöne Post gegeben.
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Die Gewinner sind benachrichtigt und wir sehen uns dann nächste Woche bei
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der lit.Cologne bei unserer Lesung.
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Ja, ganz herzlichen Dank für diese schönen Beiträge, für die schönen
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Videos und Fotos mit unserem Lage Buch.
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Und weiterhin könnt ihr das natürlich auch klicken, ganz ohne
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Insta, wenn euch das Buch interessiert unter lage.Link/Buch.
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Diese Woche jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine
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zum Zweiten Mal. Zwei Jahre müssen wir jetzt diesen
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Krieg schon beobachten.
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Eigentlich hat er ja 2014 angefangen
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mit der Annexion der Krim und diese
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Full Scale Invasion in die gesamte Ukraine, die ist jetzt zwei Jahre
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alt und die Bilanz ist verheerend.
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Ja, wir haben mindestens 10.000
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tote ukrainische Zivilisten zu beklagen. Das muss man sich
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überlegen. Russische Terrorangriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung
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haben über 10.000 Menschenleben
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gefordert. Sechseinhalb Millionen Menschen aus
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der Ukraine haben sich auf den Weg gemacht, haben das Land verlassen,
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sind als Flüchtlinge vor allem in Westeuropa unterwegs, davon
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ja über 1 Million Menschen auch in Deutschland.
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Hinzu kommt noch mal fast 4 Millionen, 3,7 Millionen nach
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Schätzungen der Vereinten Nationen sogenannte Binnenflüchtlinge, also
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Menschen vor allem aus östlichen Regionen der Ukraine, die jetzt in
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der Westukraine so in der Gegend rund um Lwiw Zuflucht gefunden
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haben, aber eben weit von ihren Häusern weg sind, weit von ihren
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Lieben weg sind. Und wie viele Menschenleben dieser
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Krieg gefordert hat, Philip unter den Soldatinnen und Soldaten,
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das kann man gar nicht so richtig sagen. Da gibt es sehr
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unterschiedliche Angaben. Die Schätzungen gehen jedenfalls bis
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in die Hunderttausenden.
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Wolodimir Selenskyj, der ukrainische Präsident, hat jetzt ja gesagt,
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31.000 Ukrainer, Ukrainerinnen seien
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in der ukrainischen Armee gefallen,
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erschossen worden, gestorben.
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Ich würde mal sagen, viele halten diese Zahl für extrem niedrig und
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gehen davon aus, dass es wesentlich mehr sind.
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Und das muss man ja auch noch mal sagen.
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Auf russischer Seite dürfte der Blutzoll noch weitaus höher sein,
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einfach weil Wladimir Putin und seine Generäle einfach so ein
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etwas zynisches Verhältnis offensichtlich zum menschlichen
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Leben haben. Die Schätzungen sind auch da
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sehr breit gestreut, aber sie liegen irgendwo zwischen 150 und 300.000
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Toten.
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Als ein Grund, als ein Grund
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für den Überfall hat Putin ja immer auch genannt: Die NATO breitet
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sich aus. Das müsse er
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verhindern, das sei eine Gefahr
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für Russland. Erreicht hat er nach zwei Jahren
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Krieg das genaue Gegenteil.
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Seit dieser Woche ist nämlich nach Finnland auch Schweden Mitglied
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der NATO. Da stand noch das
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Votum des ungarischen Parlaments aus. Das ist jetzt eingegangen.
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Ungarn hat dem schwedischen NATO Beitritt zugestimmt.
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Also sind jetzt zwei Staaten in der NATO, die
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in Form von Finnland knapp 1300
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Kilometer Grenze mit Russland haben, aber die selbst im Kalten Krieg
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neutral geblieben sind.
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Nun sind sie in der NATO.
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Auf der anderen Seite muss man sehen militärisch läufts für Russland
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deutlich besser als diplomatisch. Die militärische Lage der Ukraine
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ist nach zwei Jahren prekär,
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anders kann man es nicht formulieren. Ja, es hat noch
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keinen kompletten Zusammenbruch der ukrainischen Abwehrfront gegeben.
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Aber die Armee ist in der Defensive,
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ganz klar das Heft des Handelns auf russischer Seite.
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Und sicher auch deshalb hat wohl
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Wolodimir Selenskyj, der ukrainische Präsident, in dieser Woche sogar
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Friedenskonferenzen ins Spiel gebracht.
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Aber Philip, wie wahrscheinlich ist denn eigentlich ein Frieden?
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Kann man überhaupt sinnvoll mit
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Wladimir Putin, mit dem russischen Diktator verhandeln?
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Dazu haben wir uns zum Interview verabredet mit Prof. Dr. Jan C. Behrends.
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Genau. Der hat die Professur für Diktatur und Demokratie Deutschland
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und Osteuropa von 1914
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bis zur Gegenwart an der Europauniversität Viadrina in
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Frankfurt Oder inne. Er forscht zudem auch
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am Leibniz Zentrum für Zeithistorische Forschung in
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Potsdam. Jan C. Behrends ist außerdem Cohost des
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Podcasts Ostausschuss.
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Wir haben dieses Interview am Dienstag aufgezeichnet.
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Ganz herzlich willkommen in der Lage der Nation Jan C. Behrends.
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Hallo!
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Wie schätzen Sie die militärische Lage ein? Kann die Ukraine das noch
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gewinnen?
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Das ist schwierig, nicht? Wir befinden uns mitten in einem
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längeren Abnutzungskrieg jetzt.
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Kollege von mir hat neulich gesagt: Wenn das der Erste Weltkrieg wäre,
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dann wären wir so ungefähr Januar 1916 und ich glaube, da wussten die
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meisten Leute auch nicht, wer diesen Krieg gewinnt.
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Das haben wir ein Stück weit auch mit in der Hand.
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Wenn man die Ukraine so wenig unterstützt, wie das der Westen
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jetzt getan hat im letzten
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Jahr, dann sehen wir, dass die Lage der Ukraine sich rapide
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verschlechtert. Denn wenn man die letzten zwei Jahre
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mal sozusagen seit der voll umfänglichen Invasion anschaut, dann
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ist klar: Zuerst hat die Ukraine mobilisiert.
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Deswegen konnte sie durchhalten im ersten Kriegsjahr.
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Dann hat seit September 2022
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Russland mobilisiert. Und der Westen hat halt nie
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mobilisiert. Wir haben weder die Munitionsproduktion
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hochgefahren noch wirklich der Ukraine das zur Verfügung
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gestellt, was sie bräuchte, um ihr eigenes Territorium besser zu
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verteidigen und auch wieder zu befreien. Und das ist einfach der
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Preis, den jetzt wieder die Ukraine dafür zahlt, für dieses Zögern.
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Aber nur der Vollständigkeit halber muss man sagen: Mittlerweile wurde
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die Munitionsproduktion ja schon hochgefahren.
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Nach zwei Jahren.
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Was heißt denn Gewinnen in der Ukraine?
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Das ist eine gute Frage. Also man kann dann sozusagen
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einerseits dieses Maximalziel
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verfolgen, was sicherlich aus ukrainischer Sicht
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immer noch legitim ist und das heißt die Grenzen von 1991.
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Man kann aber auch sagen, es geht letztendlich darum, nicht nur den
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Krieg zu gewinnen, sondern vor allen Dingen den Frieden zu gewinnen,
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wann auch immer der kommen wird. Und ich glaube, da wäre der
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eigentliche Sieg für die Ukraine, dass sie ein westliches Land wird,
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dass sie sozusagen die EU, NATO aufgenommen wird. Das muss das
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vorrangige Kriegsziel sein. Aber letztendlich ist das natürlich
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etwas, was die Ukraine entscheiden sollte und wo mir das nicht
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zusteht, da Ratschläge zu geben.
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Auch wenn es natürlich letztlich eine Entscheidung der Ukraine ist,
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welchen Teil des ihr völkerrechtlich zustehenden Gebiets sie
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möglicherweise im Zuge einer Friedensregelung an Russland
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abtritt, hat ja aber doch auch die westliche Seite, also haben
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die die Staaten Westeuropas oder vielleicht auch die USA ja durchaus
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Einfluss darauf, weil sie einfach
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letztlich darüber entscheiden, inwieweit sie die Ukraine
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unterstützen. Was würden sie denken, wären
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hinnehmbare Konzessionen, wenn im Gegenzug Russland einer weiteren
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Westintegration der Ukraine zustimmt?
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Ja, ich sehe im Moment überhaupt nicht, dass Russland einer solchen
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Westintegration der Ukraine zustimmt, nicht? Für Putin ist das
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ja der Casus Belli und ich glaube auch nicht ehrlich
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gesagt, dass Russland unter Putin in Friedensverhandlungen einsteigen
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wird. Das hat weniger was mit dem Westen zu tun, sondern das hat was
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damit zu tun, wenn man sich die innere Ordnung Russlands anschaut
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und wie sozusagen dieser Umbau des
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Regimes in Russland auch in den letzten zwei Jahren vorangeschritten
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ist, eigentlich zu einer persönlichen Diktatur Putins mit
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teilweise totalitären Zügen, was die Repressionen angeht gegen die eigene
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Bevölkerung. Und ich glaube, so jemanden wie
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Putin, der weiß ziemlich genau, dass er sich auch in seinem inneren Kreis
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in der russischen Elite keine Schwäche zeigen darf.
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Denn wenn er Schwäche zeigt, dann besteht die Gefahr, dass er
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gestürzt wird. Und ich glaube, Verhandlungen mit der Ukraine oder
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Verhandlungen mit dem Westen würden zurzeit als so ein Zeichen der
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Schwäche gedeutet. Und deswegen bin ich sehr, sehr skeptisch, dass Putin überhaupt in
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solche Verhandlungen einsteigt. Wir haben das jetzt ja gerüchteweise
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gehört bei den Gefangenenaustausch. Stichwort ist Nawalny,
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dass Putin da wohl zuerst verhandelt hat, aber das hat sich ja
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anscheinend auch zerschlagen. Deswegen glaube ich, so schwer das
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fällt, es wird noch eine Weile die Entscheidung zunächst mal auf dem
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Schlachtfeld gesucht werden und deswegen bleibt die Situation auch
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in gewisser Weise kontingent.
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Was ist denn vor diesem Hintergrund,
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dass Putin, wie Sie sagen, eigentlich gar kein Interesse
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hat oder Ihnen das zu gefährlich ist, Friedensverhandlungen
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anzustreben? Von diesen Berichten zu halten,
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dass Selenskyj sich Friedenskonferenzen durchaus relativ
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konkret sogar vorstellen könnte?
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Na ja, ich glaube, strategisch wäre das für die Ukraine ja auch nicht
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geschickt, jetzt zu sagen, wir verweigern uns allen Formen
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von Verhandlungen. Wenn man sich diese zehn Punkte von
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Selenskyj mal anschaut, die er zur Grundlage eines möglichen
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Friedens macht, dann ist das ja aber immer noch eigentlich die
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Maximalforderung der Ukraine, über die er da verhandeln möchte, nicht?
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Und das sind ja eigentlich Forderungen, die sozusagen für Putin
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so auch nicht annehmbar sind. Das heißt, beide Seiten sind ja noch
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so weit voneinander entfernt,
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dass ich einfach hier nicht sehen kann, was eine pragmatische
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Grundlage für Verhandlungen sein könnte. Es gibt ja Verhandlungen
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zwischen Russland und der Ukraine. Das darf man nicht vergessen.
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Aber da geht es dann um ganz konkrete Dinge, da geht es um ganz
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pragmatische gegenseitige Verabredungen wie eben
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beispielsweise Gefangenenaustausch.
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Da funktioniert das ja auch mehr oder weniger.
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Aber bei so einer großen Friedensregelung ist man doch sehr,
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sehr weit voneinander entfernt nach meiner Einschätzung.
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Ja, Sie haben ja gerade schon angedeutet, dass Wladimir Putin da auch
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innenpolitisch weitgehend die Hände gebunden sind, weil Konzessionen
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gegenüber der Ukraine als Zeichen der Schwäche gedeutet werden
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könnten. Sehen Sie denn überhaupt in Russland innenpolitisch eine
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denkbare Entwicklung, die Putin
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dazu veranlassen könnte, tatsächlich
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in ernsthafte Friedensverhandlungen einzusteigen?
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Oder muss er dazu quasi den Krieg
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militärisch verlieren, damit er damit diese Bereitschaft entsteht?
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Also ich würde so weit gehen und sagen, dass solange Wladimir Putin
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an der Macht ist, wir keinen dauerhaften, belastbaren Frieden in
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Europa haben werden. Ich glaube, das sollte man sich eingestehen.
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Und ich glaube, das ist sozusagen das Signal für politische
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Veränderungen in Russland auch
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von einer Niederlage in der Ukraine ausgehen könnten.
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Das ist als Historiker finde ich, auch ein plausibles historisches
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Argument. Denn wir sehen, wenn Russland militärisch Probleme hatte
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wie 1905 gegen Japan oder 1917
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im Ersten Weltkrieg oder auch 1989
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beim Rückzug aus Afghanistan,
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dann geraten da immer die Dinge auch politisch ins Rutschen.
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Und ich würde nicht ausschließen, oder ich halte es sogar für sehr
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plausibel, dass das bei Problemen der Ukraine so ähnlich wäre.
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Und solche autoritären Regime wie die von Putin, die sind immer so
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lange stabil, bis sozusagen dieser Breaking Point kommt und wir wissen
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nicht, wann das kommt. Das kann sozusagen morgen sein, das
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kann aber auch erst in drei Jahren sein. Das ist das Bittere.
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Aber letztendlich glaube ich, dass das Regime nicht stabil ist und
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dass auch Putin und seine Entourage das wissen.
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Auch der Mord an Nawalny, denke ich, hat das wieder gezeigt.
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Das ist ja eigentlich auch ein Zeichen der Schwäche, dass man
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sozusagen noch nicht mal einen Oppositionsführer dulden kann, der
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schon am Polarkreis für 19 Jahre
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weggeschlossen ist, sondern dass
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selbst das zu viel ist, sozusagen. Und wenn man sich so lange so sicher
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im Sattel fühlen würde, dann hätte man auch diese Repression nicht
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nötig gegen die eigene Bevölkerung.
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Ich glaube, da ist schon vieles sehr, sehr angespannt, auch in
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Russland. Ich glaube, die sind auch
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ein bisschen an der Grenze ihrer Ressourcen.
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Und jetzt ist eben auch die Frage, wie man im Krieg, wer hat den
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größeren Durchhaltewillen und wer ist bereit, mehr Opfer zu
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akzeptieren letztendlich.
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Gleichwohl gibt es ja die kritischen Stimmen auch in
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Westeuropa, die vorwerfen,
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Moskau sei provoziert worden,
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Russland habe sich in die Ecke gedrängt gesehen von einer allzu
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expansiven NATO. Was halten Sie von dieser Kritik?
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Davon halte ich wenig. Denn es ist ja nicht so, dass die
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NATO expandiert ist. Das ist schon eigentlich ein
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falscher Narrativ zu sagen immer diese NATO Osterweiterung.
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Sondern es ist ja so, dass Länder in Osteuropa, die auch souverän sind
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und legitime Sicherheitsinteressen haben, um Aufnahme in die NATO
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gebeten haben und die es ihnen dann gewährt worden.
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Und weder von diesen Ländern, die ja teilweise gar keine richtigen Armeen
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haben, wie Estland, Litauen
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oder Lettland und noch von der Ukraine, die noch nicht mal in der
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NATO war, ging ja jemals eine Gefahr aus für Russland.
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Das ist ja völlig absurd zu behaupten, dass eins von diesen
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Ländern hätte in Russland einmarschieren können.
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Dazu war erstens der Wille, der politische gar nicht da und aber
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auch gar nicht die Mittel. Insofern ist das eben eine russische
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Erzählung, die man so bringen kann. Ich glaube, die strategischen
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Probleme, wenn man da mal drüber nachdenkt von Russland sind
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vielleicht eher eine über tausende von Kilometern lange Grenze mit
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China, wo auf der einen Seite ein paar Millionen Russen leben und auf
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der anderen Seite 1 Milliarde Chinesen als das Baltikum
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oder die Ukraine. Hier geht es um russische Expansion
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und nicht um NATO Expansion.
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Also um das noch einmal auf den Punkt zu bringen: Sie würden sagen,
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Sie sehen momentan nur eine Perspektive auch zu einer
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innenpolitischen Veränderung in Russland. Und das ist die
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militärische Niederlage in der Ukraine?
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Putin hat sich für den Weg entschieden und dieser Weg ist der
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Weg in die Resowjetisierung, in die Diktatur, in die
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Eskalation. Und ich glaube nicht, dass er da
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noch wieder von runterkommt. Das würde seine komplette
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Glaubwürdigkeit ja auch einbüßen, wenn er jetzt sozusagen plötzlich
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verkünden würde: Jetzt kommt die Perestroika Putins oder jetzt
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kommen die Friedensverhandlungen. Ich glaube tatsächlich, dass er zu
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oft in die falsche Richtung abgebogen ist und jetzt mit einer
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gewissen Konsequenz diesen Weg tatsächlich zu Ende gehen muss.
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Und dabei muss man ja auch wissen, dieser Kampf, der in der Ukraine
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ausgetragen wird, ist
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auch ein Kampf um die Macht von Wladimir Putin, um den Machterhalt
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von Wladimir Putin. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen.
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Ich glaube, dass in gewisser Weise, wenn man die russische Politik
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betrachtet und der Fall Nawalny hat das ja wieder gezeigt, dass es
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auch ein Kampf um das Überleben von Putin ganz persönlich ist.
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Sie haben eben gesagt Fall Nawalny, Mord an Nawalny.
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Wissen wir, dass er ermordet wurde?
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Na ja, wir wissen jedenfalls, dass er ohne Begründung, sozusagen,
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die stichhaltig ist, für 19 Jahre
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in dieses Lager geschickt wurde.
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Dass er da immer wieder in diesen sogenannten Isolator gesteckt wurde
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am Polarkreis, also eine ungeheizte
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kleine Betonzelle, der natürlich schon der Gesundheit sehr
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stark zusetzt. Und wir wissen auch, dass die
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sterblichen Überreste von Alexei Nawalny ja auch nicht an die Mutter
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dann ausgehändigt werden sollten.
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Also das ist schon eine Geschichte, wo man sagen muss, wenn man das
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Regime Putin kennt,
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wenn man sieht, was das mit Anna Politkowskaja gemacht hat, mit Boris
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Nemzow und anderen, dann scheint mir das schon gerechtfertigt,
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da von Mord zu sprechen.
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Also Anna Politkowskaja war eine Journalistin, die 2006 erschossen
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wurde. Und Boris Nemzow war 2015
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der bekannteste Oppositionspolitiker in Russland, der 2015 nicht
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weit vom Kreml erschossen wurde.
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Ja, noch mal zurück zum Ausgangspunkt unseres Interviews.
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Stichwort Unterstützung für die Ukraine. Sie haben eben sehr
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deutlich gemacht, dass Sie jedenfalls zurzeit keine andere
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Alternative zu einer dauerhaften Friedensregelung sehen als ein
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Regime Change in Russland. Und dafür wiederum sehen Sie vor
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allem den Weg einer militärischen Niederlage Russlands in der Ukraine.
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Nun stellt sich natürlich die Frage: Wie soll die zustande kommen, die
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militärische Niederlage? Sie haben eben schon angedeutet, Sie
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halten die militärische Unterstützung der Ukraine für viel
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zu gering. Wie kann man denn das ändern?
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Wie soll denn eine Bereitschaft in der Europäischen Union zum Beispiel
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entstehen, die Ukraine tatsächlich so engagiert zu unterstützen,
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dass die russische Front irgendwann zusammenbricht?
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Sie haben eben den Vergleich gezogen wir sind im Januar 1916.
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Wie schaffen wir quasi für Russland
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einen Juli 1918 oder September
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1918?
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Ja, da kommen ja immer mehrere Faktoren zusammen, wenn diese Front
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zusammenbrechen sollte oder das Regime zusammenbrechen sollte.
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Letztendlich handelt es sich dann ja auch immer um innenpolitische
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Probleme, die auch wirtschaftlich sind, nicht? Also wenn man sich den
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1. Weltkrieg oder so in Russland anschaut oder die Perestroika unter
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Gorbatschow, dann sind das ja nicht allein militärische Entscheidungen,
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sondern das ist eine größere soziale, kulturelle, politische
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Legitimitätskrise des Regimes. Und ich glaube eigentlich, dass wir
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in dieser Krise auch schon ein Stück weit natürlich drin sind.
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Das habe ich ja vorhin auch betont, dass das nach meiner Ansicht ein
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Grund für die verschärften Repressionen in Russland ist und
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dass man natürlich da jetzt noch ein Stück weit durchhalten muss
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gewisser Weise und sehen, wie diese
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Krise sich halt verschärft,
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da ich glaube, dass sozusagen dieser Krieg bei großen Teilen der
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russischen Elite nicht besonders beliebt ist, nicht?
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Stellen Sie sich vor, Sie sind ein russischer Oligarch und jetzt
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sind Sie schon seit zehn Jahren, der Krieg läuft ja eigentlich auch schon
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länger. Und die Sanktionen sind sie raus aus Ihrem Apartment
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in Miami Beach und ihre Kinder können nicht mehr in Oxford
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studieren, wie sich das eigentlich vorgestellt haben.
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Und ihre Jacht ist auch weg. Da gibt es ja auch innere Spannungen
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in diesem Regime. Das darf man sich ja nicht als sozusagen eine Einheit
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hinter Putin vorstellen. Das ist ja sozusagen ein Bild, was
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Wladimir Putin generieren will, was aber nicht der Realität entspricht.
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Und ich glaube, diese inneren Spannungen zu verschärfen und auch
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militärisch Russland unter Druck zu setzen, ist im Moment der
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stärkste Weg, den wir, den wir haben. Und wenn wir das nicht von
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unserem eigenen Geld bezahlen wollen, dann können wir auch die 300
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Milliarden nehmen, die wir im ersten Kriegsjahr an russischen Assets
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im Westen eingefroren haben.
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Da muss man dann eben mal ein bisschen an out of the box denken
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und schauen, was möglich ist. Ja, und
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man muss das natürlich auch gegenüber der Bevölkerung ehrlich
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machen. Wenn in der deutschen Politik gesagt wird, dass uns das
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alles nichts kosten wird und dass man sozusagen den Sozialstaat
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trotzdem weiter ausbauen kann und an allen anderen Projekten festhalten
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kann und gleichzeitig aber auch die Bundeswehr auf Vordermann bringen
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kann und die Ukraine unterstützen, dann wird das natürlich nicht
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funktionieren. Und ich glaube, da
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braucht die Politik auch noch gerade ein bisschen Zeit, um diese
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Ehrlichkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu erlangen.
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Vielen Dank! Das war im Interview
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mit der Lage Professor Jan C.
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Behrends von der Europauniversität
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Viadrina in Frankfurt Oder und Cohost des Podcast
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Ostausschuss. Ganz herzlichen Dank für die Zeit und die Informationen.
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Gerne.
17:47
Ja, und nach diesem Interview, das wir wie gesagt am Dienstag geführt
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haben, hat sich die militärische Lage der Ukraine nochmals
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deutlich verschärft. So deutlich muss man es, glaube ich,
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sagen. Denn jetzt haben auch noch russische Separatisten
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im sogenannten Transnistrien
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Russland um Hilfe gebeten. Da werden natürlich ganz schlechte
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Erinnerungen wach. Worum geht es bei Transnistrien?
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Transnistrien ist eine abtrünnige
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Region, würde ich es mal nennen von
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Moldawien. Und hat eben, das macht die
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Lage so brisant, eine lange Grenze mit der Ukraine,
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also die Ostgrenze von Transnistrien, grenzt an die
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Westgrenze der Ukraine in der Nähe von Odesa am Schwarzen Meer.
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Und dieses Transnistrien wird
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eben beherrscht von russischen Separatisten. Und die haben nun
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ein sogenanntes Hilfegesuch an Russland ausgesendet.
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Und das hat eben eine lange Tradition mit diesen Hilfegesuchen.
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Das kennen wir aus vielen Jahrzehnten, wo russische
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Separatisten, von Moskau gesteuerte Leute in nicht
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zu Russland gehörenden Regionen
18:50
das russische Mutterschiff um Hilfe
18:52
bittet. Und das hat dann Moskau
18:54
viele Male schon als Anlass genommen, um dann in diese
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Gebiete einzumarschieren. Das war zuletzt eben der Fall
19:02
in der Ostukraine, im Donbass, wo auch damals
19:05
russische Separatisten Moskau um Hilfe gerufen haben.
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Und dann konnte Moskau sagen: Hey, unsere russischen Brüder und
19:11
Schwestern rufen uns um Hilfe, da können wir nicht Nein sagen und
19:14
haben das eben als einen Anlass genutzt, um da einzumarschieren.
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So, ja, nun gibt es dieses Hilfegesuch.
19:19
Das heißt also, die große Sorge ist jetzt, dass dieses Hilfegesuch
19:22
natürlich nicht zufällig kommt, dass das insbesondere mit Moskau
19:25
abgestimmt gewesen sein dürfte,
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weil das eben letztlich Marionetten von Moskau sind, die da in
19:30
Transnistrien am Ruder sind. Und ja, da kann man sicherlich die
19:33
Frage stellen: Warum will Wladimir
19:35
Putin eine Eskalation in Transnistrien?
19:38
Droht da möglicherweise eine
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weitere Militärintervention Russlands auf der Westflanke
19:44
der Ukraine?
19:45
Um sie da eine Zange zu nehmen.
19:46
Das würde also auf der einen Seite, muss man sagen, wäre das für
19:49
Russland jetzt auch nicht ganz einfach, weil man da die das
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militärische Material im Wesentlichen einfliegen müsste.
19:54
Es gibt einfach keine Landverbindung direkt von Russland nach
19:56
Transnistrien, aber auf der anderen Seite könnte man die Ukraine
20:00
dazu zwingen, einfach Truppen an die West, dann neue Westfront zu
20:04
verlegen. Insofern hat das einfach
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in Kyiv und auch in Westeuropa zu einiger Nervosität geführt.
20:10
Die Ukraine braucht also mehr Hilfe denn je. Und dann könnte man jetzt
20:13
denken, das versteht sich von selbst, dass da auch der Letzte und
20:16
die Letzte alles geben,
20:18
um die Ukraine zu unterstützen.
20:22
Leider geben die wichtigsten Unterstützer der Ukraine gerade kein
20:26
besonders gutes, einheitliches
20:28
Bild ab.
20:29
In den Vereinigten Staaten, das hatten wir in der Lage schon
20:31
mehrfach kurz erwähnt, hängen zurzeit 60 Milliarden Dollar
20:35
an weiterer Unterstützung für die Ukraine im Kongress fest.
20:39
Vor allem ehrlich gesagt aus innenpolitischen Gründen.
20:41
Die Republikaner blockieren das. Die genauen Hintergründe hatten wir
20:44
ja schon besprochen. Geht also nur zum Teil um wirklich
20:47
das Verhältnis zur Ukraine und zu Russland. Zum guten Teil geht es
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auch darum, dass Donald Trump
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das gerade nicht für opportun hält in seinem beginnenden
20:55
Präsidentschaftswahlkampf irgendeine
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Einigung zwischen den beiden
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großen Parteien in den USA herbeizuführen.
21:01
Aber das führt im Ergebnis dazu, dass völlig unklar ist, ob die USA
21:05
tatsächlich weiter nennenswert
21:07
Militärhilfe an die Ukraine senden können. Und auch in Europa
21:11
ist in den letzten Tagen die Uneinigkeit so deutlich
21:14
geworden wie vielleicht noch nie während dieses Konflikts.
21:17
Olaf Scholz begründet ausführlich
21:19
für ihn relativ ausführlich, warum er weiterhin keine Taurus
21:22
Marschflugkörper in die Ukraine schicken will. Und Emmanuel Macron
21:25
stellt in den Raum, ob in einer bestimmten Situation nicht auch
21:29
Bodentruppen europäischer
21:31
Provenienz gegen Russland ins
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Feld geführt werden müssten.
21:36
Und deswegen sind sich nun auch noch Deutschland und Frankreich in die
21:38
Haare gekommen. Aber der Reihe nach.
21:41
Also die Ukraine wünscht sich die deutsche Langstreckenwaffe
21:45
Taurus. Das ist, muss man sich vorstellen, eine mächtige Rakete
21:49
mit einer langen Reichweite, mehrere 100 Kilometer Reichweite.
21:52
Sie kann also, wenn sie von ukrainischem Staatsgebiet aus
21:56
abfeuert, russisches Staatsgebiet erreichen, und zwar insbesondere
22:00
die Kertsch Brücke. Das ist also die Brückenverbindung zwischen Russland
22:04
und der zurzeit russisch besetzten Krim. Manche Leute sagen, sie könne
22:08
sogar bis nach Moskau fliegen. Auf jeden Fall kann sie viele Ziele
22:10
auf russischem Staatsgebiet erreichen.
22:13
Dazu muss man sagen: Völkerrechtlich
22:15
ist die Ukraine natürlich berechtigt, auch Ziele in Russland
22:19
anzugreifen. Sie befindet sich ja in einem Abwehrkampf gegen eine
22:22
russische Invasion und da ist man jetzt völkerrechtlich durchaus nicht
22:25
darauf beschränkt, nur
22:27
die unmittelbar auf dem eigenen Staatsgebiet angreifenden Truppen
22:30
anzugreifen. Man darf natürlich auch zur Verteidigung, keine Ahnung
22:33
Heerlager in Rostow oder sonst wo angreifen.
22:35
Aber aus deutscher Sicht wäre das ein großes Problem,
22:40
wenn die Ukraine sich eben auch auf Angriffe in Russland im russischen
22:44
Hinterland verlegen würde. Was ist das Besondere Philip an
22:47
dieser Rakete Taurus? Da wird immer die autonome Steuerung
22:49
genannt.
22:50
Ja, das heißt, die Rakete findet
22:52
ihren Weg ohne Unterstützung von vor allen Dingen GPS,
22:56
sondern die Rakete muss vorher relativ aufwendig gefüttert
22:59
werden mit Zielkoordinaten. Also wohin soll sie fliegen?
23:02
Und dann eben auch mit der Flugroute. Wo soll's da lang gehen?
23:05
Und diese Flugroute findet sie eben
23:07
mithilfe schon von Sensoren, aber eben ohne externe
23:11
Hilfe, ohne externe Hilfe, vor allen Dingen durch GPS.
23:13
Die ist da also mehr oder weniger autonom unterwegs und das macht sie
23:16
halt dann auch schwer zu verteidigen.
23:20
Da ist dann auch die Frage, fliegt sie nun also nach Russland oder
23:22
nicht? Das legen also Leute fest, die die Route und das Ziel
23:26
einprogrammieren. Und da muss man sagen, es ist keine
23:28
Wunderwaffe. Es gibt in diesem Krieg überhaupt keine Wunderwaffe.
23:31
Aber es gibt eben auch wenig Zweifel darüber, dass sie natürlich der
23:34
Ukraine helfen würde. Franzosen und Briten, die haben
23:37
schon ähnliche Raketen Marschflugkörper geliefert,
23:40
die dem Taurus, wie gesagt ähnlich sind. Der Taurus unterscheidet sich
23:43
von diesen Raketen im Kern dadurch, dass er weiter fliegt und glaube ich
23:46
auch noch ein bisschen autonomer fliegen kann.
23:48
Aber deswegen der Taurus für die Ukraine eine große Hilfe.
23:52
Also viele sagen, der fehlt einfach im Arsenal der Ukrainer, wie
23:56
das immer so ist. Auf jeden Fall konzentrieren sich gerade viele
23:59
Hoffnungen auf dieses Waffensystem
24:01
und daher wollen eigentlich auch die allermeisten Menschen in der Ampel
24:05
den Taurus liefern. Also die Opposition sowieso.
24:08
Die CDU hat sich da ganz klar positioniert, pro Taurus Lieferung,
24:11
aber eindeutig pro in der Ampel
24:13
sind zum Beispiel Annalena Baerbock, die Bundesaußenministerin von den
24:16
Grünen, aber auch FDP Vorsitzender Christian Lindner, der
24:20
Bundesfinanzminister schon lange dafür. Außerdem Marie Agnes
24:23
Strack-Zimmermann, noch Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und
24:26
zurzeit FDP Spitzenkandidatin
24:28
für die Europawahl. Spannend. Wie sieht es bei den
24:32
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus, die ja eine
24:35
lange, wie soll ich sagen lange Versuch einer Freundschaft mit
24:38
Putin verbindet? Diese Freundschaft ist natürlich
24:40
eingetrübt, aber man bekommt immer wieder das Gefühl, dass sich die SPD
24:44
von ihm nicht so richtig lösen könne.
24:47
Besonders spannend natürlich neben dem Bundeskanzler die Position des
24:50
Bundesverteidigungsministers. Wie steht's denn bei Boris
24:53
Pistorius?
24:53
Also Boris Pistorius ist, wie er sagt, genervt von dieser ganzen
24:57
Taurus Debatte. Aber er drückt sich, würde ich
24:59
sagen, um eine klare Aussage.
25:01
Man kann ihm, glaube ich, unterstellen, dass er im Kern schon
25:04
dafür ist, denn sonst könnte er ganz klar sagen Nein, ich bin
25:08
dagegen, Taurus zu liefern. Denn sein Chef und
25:10
Parteivorsitzender Olaf Scholz sagt ganz eindeutig: Ich
25:14
werde Taurus nicht an die Ukraine liefern.
25:18
Und lange war nicht so ganz klar warum eigentlich nicht?
25:21
Und da sind wir diese Woche ein bisschen schlauer, weil der
25:24
Bundeskanzler bei einer Konferenz der Deutschen Presseagentur
25:27
aufgetreten ist, vor Chefredakteuren aus Deutschland. Und da hat er eben
25:31
ein paar Gründe geliefert, warum er Taurus nicht liefern will.
25:33
Also seine Bedenken sind, dass die Lieferung von Taurus zu einer
25:37
Eskalation führen könnte
25:39
und schlimmstenfalls auch zu einem Krieg Russland gegen die
25:42
NATO. Seine rote Linie ist immer,
25:45
Deutschland dürfe nicht Kriegspartei werden und deswegen dürften
25:49
deutsche Soldaten nicht in der Ukraine eingesetzt werden.
25:51
Aber genau das, so Scholz, sei
25:53
nötig, um den Taurus eben mit diesen Zielkoordinaten und den
25:57
Strecken, die dort fliegen soll, zu programmieren. Das ist seine Sorge.
26:00
Das ist extrem umstritten,
26:02
ob das wirklich notwendig wäre. Wenn man Taurus liefert, dann auch
26:05
Soldaten hinzuschicken in die Ukraine, die das programmieren.
26:08
Gibt Argumente, die sagen, man kann
26:10
die Ukraine auch hier schulen, dann machen sie es alleine.
26:13
Aber das ist Scholz Argument. Herr Scholz sagt was an
26:16
Zielsteuerung und an Begleitung
26:18
der Zielsteuerung von Seiten der Briten und Franzosen gemacht wird,
26:22
kann in Deutschland nicht gemacht
26:24
werden. Das weiß auch jeder, der sich mit diesem System
26:28
auseinandersetzt. Also er sagt, kann in Deutschland
26:30
nicht gemacht werden. Das heißt, man müsste
26:33
Leute in die Ukraine schicken.
26:35
Das sagt er eigentlich.
26:36
Na also. Während sich also gerade in Deutschland alle aufregen wollen,
26:40
was Scholz nun oder wie Scholz diese nicht Lieferung begründet,
26:43
trat dann Emmanuel Macron ans Mikro im Elysee
26:47
Palast in Paris. Da hatte er relativ spontan
26:51
zu einer Ukrainekonferenz eingeladen, um
26:55
eben Einigkeit zu demonstrieren, um die Hilfe zu koordinieren für die
26:58
Ukraine. Und er trat dann eben spät abends, als keiner mehr mit
27:01
irgendwas richtig Substanziellem rechnete, ans Mikrofon.
27:05
Er wollte eigentlich nur zusammenfassen, was er mit den 21
27:08
Staats- und Regierungschefs so besprochen hatte.
27:11
Und eigentlich war diese
27:13
Konferenz auch dazu gedacht, um Einigkeit zu demonstrieren.
27:18
Aber das ging nur so lange, bis Macron abends ans Mikrofon
27:22
trat und folgendes sagte.
27:44
Ja, über alles wurde gesprochen, sehr frei und direkt.
27:46
Es gibt heute keinen Konsens darüber, offiziell Bodentruppen
27:51
zu schicken. Doch für die Zukunft darf man nichts ausschließen.
27:54
Wir werden alles tun, damit
27:56
Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann.
27:58
Ja, das wurde allgemein so gedeutet.
28:00
Macron schließt den Einsatz
28:02
französischer, europäischer, amerikanischer Bodentruppen,
28:06
westlicher Bodentruppen in dem Krieg in der Ukraine nicht aus.
28:09
Wobei man natürlich fairerweise sagen muss, welche Bodentruppen er
28:12
damit wirklich meint, ist ein bisschen unklar. Möglicherweise
28:15
meint er da auch nur Unterstützungskräfte. Also das muss jetzt nicht zwingend
28:18
bedeuten, dass keine Ahnung ganze Panzerkolonnen aus Frankreich in die
28:22
Ukraine verlegt werden. Also das muss es nicht zwingend
28:24
heißen, aber jedenfalls rhetorisch
28:26
ist Bodentruppen natürlich noch mal ein bisschen was anderes als Taurus
28:30
Lieferung. Philip, warum macht
28:32
Macron das?
28:32
Ja, das ist weiß man nicht genau.
28:35
Es gibt ein Rätseln darüber. Einige sagen, vielleicht ist es
28:38
Taktik, vielleicht ist es die Taktik, dass die Russen nicht wissen
28:41
sollen, zu was die
28:43
NATO, zu was Frankreich alles in der Lage und entschlossen
28:47
ist. Na, ist ja jetzt auch keine unbekannte Taktik, nennt sich
28:50
strategische Ambiguität.
28:52
Also Unschärfe, einfach.
28:54
Die sollen einfach uns nicht ausrechnen können.
28:57
Dass die Idee. Also eigentlich könnte das ja sogar ein smarter Move
29:00
sein, einfach mal zu sagen Wladimir Putin, listen up! Also
29:03
möglicherweise wären wir sogar bereit, Bodentruppen zu
29:07
schicken. Das Problem mit diesem Smart Move
29:10
ist er hätte ihn vorher abstimmen müssen. Denn so wie er das jetzt
29:13
gemacht hat, unabgesprochen mal eben ins Mikro, so haben
29:17
ihm gleich praktisch alle aus der NATO widersprochen.
29:20
Denn das widerspricht allem, was EU und USA bisher immer gesagt
29:24
haben. USA, UK, Scholz sagen immer keine Bodentruppen.
29:28
Nun schließt Macron das nicht mehr aus. Dementsprechend hat er
29:31
da also eine ganze Menge an Widerspruch geerntet.
29:34
Und das große Problem ist: Damit hat er eigentlich keine richtige
29:37
Ambiguität gesät. Und vor allem hat er endgültig mal
29:41
dokumentiert, dass man sich in der NATO nicht so richtig einig ist.
29:43
Richtig. Und Scholz
29:45
finde ich hätte schweigen können. Das, was er eigentlich oft
29:49
macht. Er hätte einfach sagen können
29:51
Leute, das ist total unrealistisch,
29:54
ich äußere mich nicht weiter dazu.
29:56
Also ganz ehrlich, meine Scholz sitzt so viel aus. Das war aus meiner Sicht eine
29:59
großartige Gelegenheit, einfach mal zu schweigen.
30:01
Allerdings muss man sehen, hat natürlich Emmanuel Macron
30:05
auch so eine kleine Blutgrätsche hinterhergeschoben und die hören wir
30:08
uns jetzt mal an! So viele Leute, die heute "Nie Nie!"
30:21
sagen sind einfach dieselben, die vor zwei Jahren "Nie Nie!" zu
30:24
Panzern gesagt haben, "Nie Nie!" Zu Jets, "Nie Nie!" zu
30:27
Langstreckenraketen, "Nie Nie!" dies
30:29
und jenes und jeder sieht daran,
30:31
dass viele, die heute um diesen Tisch saßen, also auf der Pariser
30:35
Konferenz vor zwei Jahren sagten: Wir schlagen Schlafsäcke
30:38
und Helme vor.
30:40
Und es gab nicht so viele, die
30:42
vorgeschlagen haben und sich damit gebrüstet haben, dass sie nun 5000
30:46
Helme in die Ukraine liefern. Das war Christine Lambrecht, damals
30:49
noch deutsche Verteidigungsministerin.
30:52
Und deswegen kann man diesen O-Ton nicht anders verstehen als einen
30:55
langen französischen Stinkefinger
30:57
in Richtung Deutschland und in Richtung Olaf Scholz.
31:01
Vorbei die Fischbrötchen, vorbei der Schampus. Jetzt teilt auch Olaf
31:05
Scholz mal aus. Gestern Abend sagte er nämlich
31:08
in seinem Video Podcast
31:10
Format Kanzler Kompakt.
31:11
Erstens sagt er: Wir liefern sehr viele Waffen
31:15
und wir haben sehr viel dafür getan, dass auch jetzt die anderen
31:19
europäischen Staaten mehr Waffen
31:21
liefern. Aber, sagte Scholz, es gibt da auch
31:24
noch einen zweiten Punkt, den ich hier mal loswerden wollen würde.
31:27
Die NATO ist und wird keine
31:30
Kriegspartei. Dabei bleibt es.
31:33
Wir wollen nicht, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine zu einem
31:36
Krieg zwischen Russland und der NATO wird.
31:39
Darüber sind wir uns mit allen unseren Verbündeten einig.
31:42
Das bedeutet auch keine deutsche Kriegsbeteiligung.
31:47
Um es klipp und klar zu sagen:
31:49
Als deutscher Bundeskanzler werde ich keine Soldaten unserer
31:51
Bundeswehr in die Ukraine entsenden.
31:54
Das gilt. Darauf können sich unsere
31:56
Soldatinnen und Soldaten verlassen.
31:59
Und darauf können Sie sich verlassen.
32:01
Ja, das ist erst mal jetzt eine klare Aussage, gerade für Olaf
32:04
Scholz eine bemerkenswert deutliche Aussage. Auf der anderen Seite
32:07
stellt sich natürlich die spannende Frage: Hat er damit wirklich
32:11
die Sicherheit Deutschlands gesichert? Hilft es wirklich der
32:13
Sicherheit Deutschlands, wenn beispielsweise kein Taurus geliefert
32:17
wird, wenn keine deutschen Soldaten in der Ukraine Taurus Raketen
32:21
programmieren? Das klingt jetzt erst mal beruhigend und ich glaube, so
32:24
war es auch gemeint. Aber Philip, ist das denn jetzt
32:27
tatsächlich eine plausible Position?
32:29
Das wollen wir besprechen mit Norbert Röttgen.
32:31
Er ist in der CDU in der Opposition einer der profiliertesten
32:36
Außenpolitiker. Ganz herzlich willkommen in der Lage
32:39
der Nation Norbert Röttgen.
32:41
Ganz herzlichen Dank für die Einladung.
32:42
Herr Röttgen! Die Frage am heutigen Tag muss sein Ist es richtig,
32:45
in der Ukraine den Einsatz westlicher Bodentruppen
32:48
auszuschließen?
32:50
Es ist richtig, war richtig, bleibt richtig, den Einsatz von westlichen
32:54
Kampftruppen in der Ukraine
32:56
auszuschließen.
32:58
Gilt das auch für zum Beispiel die Bedienungsmannschaft des Taurus?
33:02
Denn das wäre ja aus Sicht des Bundeskanzlers jedenfalls das
33:04
zentrale Problem, was dem Einsatz von Taurus in der Ukraine
33:08
entgegenstehen könnte.
33:10
Der Ausschluss bezieht sich auf den Ausschluss von Kampftruppen,
33:14
weil es ja darum geht, absolut sicherzustellen, dass kein
33:19
NATO Mitgliedstaat Kriegspartei
33:21
wird. Das wäre dann der Fall, wenn
33:23
westliche Truppen in der Ukraine
33:25
gegen Russland kämpfen. Aber die reine Anwesenheit
33:29
von Soldaten, die etwa beraten oder
33:33
andere Dienstleistungen machen, also
33:35
nicht im Kampfeinsatz sind, das ist legal.
33:39
Das hat nichts mit Kriegseinsatz zu tun. Und das wäre auch falsch
33:43
auszuschließen und auch völlig
33:45
absurd. Russland hat massiv
33:47
Truppen auf ukrainischem Territorium, greift dieses Land an
33:51
und westliche Soldaten, die nicht am Kampf sich beteiligen, sondern
33:54
sonst unterstützen, dürfen natürlich
33:57
da sein. Selbstverständlich.
33:58
Zu Ende gedacht würde das heißen, wenn die russischen Truppen
34:02
vorrücken, die Front zusammenbricht, Russland die Ukraine besetzt
34:06
und quasi die Ukraine kurz vor der Kapitulation steht, dass
34:09
dann Russland gewinnt und wir Russland gewinnen lassen,
34:13
weil der Westen keine Bodentruppen schickt?
34:16
Nein, das heißt es nicht, weil es ja die andere praktische
34:20
Option gibt, von der wir auch ja Gebrauch machen, aber
34:24
unzulänglich. Und diese praktische Option ist,
34:27
dass wir die Ukraine unterstützen,
34:29
dass wir sie ausrüsten mit all dem, was wir haben und was
34:33
sie braucht, damit sie sich verteidigen kann.
34:36
Das ist ja das, was stattfindet. Und Ihr Szenario, Ihr Gedankenspiel
34:41
drückt das ja auch aus, dass die Ukraine auch für uns
34:45
kämpft. Und darum ist es auch unser Interesse, dass wir sie ausrüsten.
34:48
Das ist die Antwort auf Ihre hypothetische Konstellation.
34:52
Aber was muss denn der Westen aus Ihrer Sicht konkret zusätzlich tun?
34:56
Denn momentan jedenfalls hat Russland in der Ukraine ganz klar
35:00
die militärische Initiative zurückgewonnen.
35:02
Ja, das ist richtig. Und dass das geschehen ist
35:06
im Rahmen eines fürchterlichen
35:09
Stellungskrieges, der dort stattfindet, mit hohen Verlusten
35:12
auf beiden Seiten, höhere auf russischer Seite. Aber es sterben
35:15
eben jeden Tag sehr viele Menschen, egal welcher Nation.
35:19
Diese Situation ist eingetreten.
35:21
Nicht weil die Ukrainer nicht tapfer, die Ukrainer nicht tapfer
35:24
genug sind, nicht genug kämpfen, sondern weil völlig absehbar
35:28
der Westen, auch Deutschland, die Ukraine unzulänglich unterstützt
35:32
hat, vor allen Dingen auch mit Munition.
35:36
Nicht nur ich sage seit letztem
35:38
Jahr, dass wir Munition produzieren müssen.
35:42
Im Krieg wird Munition verbraucht,
35:44
das weiß jeder. Und wenn man nicht neue produziert,
35:47
ausreichend, dann fehlt die Munition und das, was jeder wusste, was
35:51
man sich ausrechnen konnte, was passieren würde, ist jetzt der Fall.
35:55
Eine erhebliche Munitionsüberlegenheit
35:59
der Russen. Es gibt auch eine Überlegenheit in
36:02
der Anzahl von Waffen. Und dann fehlen der Ukraine nach wie
36:05
vor zwei strategische Komponenten
36:07
weitgehend. Das sind Kampfflugzeuge,
36:11
die man braucht, damit man nicht den Luftangriffen so stark ausgesetzt
36:15
ist durch die russische Seite. Und es gibt bislang zu wenige.
36:20
Großbritannien und Frankreich liefern sie Langstrecken
36:24
Marschflugkörper oder Raketen, die
36:26
Munitionsdepots und Logistik
36:28
Russlands auf ukrainischem Territorium zerstören,
36:32
bevor sie in der Ukraine
36:34
Zivilisten töten.
36:36
Das sind die Komponenten, die fehlen, weil der Westen sie nicht
36:39
liefert.
36:40
Und der Westen liefert auch deshalb nicht, weil unter anderem 60
36:43
Milliarden an den Republikanern oder am Widerstand der Republikaner in
36:46
den USA festhängen.
36:48
Jetzt könnte das ja erst der Anfang sein, wenn im November Trump die
36:52
Wahl gewinnt. Gibt es einen Plan von Europa,
36:55
was dann zu tun ist?
36:56
Also der Westen liefert auch deshalb nicht, weil Trump
37:00
schon seinen Schatten voraus
37:02
wirft. Aber der Westen besteht ja nicht nur aus den USA, sondern auch
37:06
aus den europäischen Staaten. Und es sind die europäischen Staaten
37:09
unter Einfluss von Deutschland, die zu wenig geliefert haben.
37:13
Und Sie haben völlig recht mit Ihrer Frage: Was ist denn,
37:17
wenn es dabei bleibt, dass
37:19
die USA nicht liefern, wenn
37:21
Trump gewählt wird und dann sofort
37:24
als erste Amtshandlung jegliche
37:26
Ukrainehilfe unterstützt, wovon
37:28
man mit Sicherheit ausgehen muss? Was ist denn dann die Situation
37:32
für Europa? Und die Konsequenz kann doch nur
37:35
sein, dann müssen wir unser Europa
37:37
alleine verteidigen durch die Unterstützung der Ukraine.
37:40
Dann müssen die Europäer den
37:42
Ausfall der USA kompensieren.
37:45
Der Bundeskanzler hat vor wenigen Wochen in Washington das Gegenteil
37:48
gesagt. Er hat gesagt: Die USA sind unverzichtbar, und wenn die
37:52
ausfallen, dann ist die Ukraine verloren. Dann geben wir Europa
37:56
auf, und das ist unmöglich.
37:58
Ja, deswegen noch mal zugespitzt die Frage: Ist Europa Stand heute denn
38:01
überhaupt vorbereitet, sich selbst
38:03
zu verteidigen, sei es in der Ukraine oder schlimmstenfalls auch
38:07
gegen eine weitere russische Aggression, zum Beispiel gegen das
38:10
Baltikum oder gegen Polen?
38:12
Wir haben selbstverständlich die Fähigkeiten dazu, aber
38:16
es fehlt der politische Wille. Allein Deutschland hat ja eine
38:19
doppelt so große Wirtschaftsleistung
38:22
wie Russland das hat. Alle europäischen Staaten zusammen
38:25
das sieben oder acht fache. Wir haben entwickelte Industrien.
38:28
Natürlich können wir das, aber es fehlt der politische Wille
38:32
und noch keine Regierung
38:34
in Europa, auch die deutsche nicht,
38:36
hat sich damit beschäftigt und bereitet sich vor auf die
38:38
Möglichkeit der Wiederwahl
38:41
von Donald Trump und was es für uns bedeutet. Wir müssen dann sehr
38:44
schnell die ausgebliebene
38:46
und ausbleibende militärische Unterstützung durch europäische
38:50
Produktion und Vorräte ersetzen.
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Und das geht nicht von heute auf morgen.
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In Europa ist es ja so, dass Emmanuel Macron, der französische
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Präsident, die Debatte zur europäischen Verteidigung gerade
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vorantreibt. Vor zwei Wochen brachte er europäische Atomwaffen
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ins Spiel, diese Woche eben diese No Matter What
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Unterstützung für die Ukraine, im Zweifel auch mit Bodentruppen.
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Deutschland steht bei der Frage eher so am Spielfeldrand oder grätscht
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dazwischen. Sollte Scholz sich da mehr um diese Achse Berlin-Paris
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kümmern und diese Debatte um europäische Atomwaffen aufgreifen?
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Also Sie bringen etwas ein bisschen durcheinander, wenn ich das so sagen darf.
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Die Debatte um europäische Atomwaffen, das war die
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Meisterleistung der SPD Spitzenkandidatin Barley,
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die vorgeschlagen hat, dass die EU, man fragt sich eigentlich wer, die
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Kommission, der Rat oder sonst wer, die keine einzige, kein einziges
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Gewehr haben. Aber die sollen jetzt Atomwaffen beschaffen.
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Aber die Franzosen haben das auch ins Spiel gebracht. Ob sie nicht
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ihre...
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Die Franzosen haben ja eigene. Die Frankreich hat eigene
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Atomwaffen.
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Wo sie überlegt haben, die für Europa zur Verfügung zu stellen,
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sage ich mal.
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Aber nicht für Europa, sondern sie haben Deutschland das mal angeboten.
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Das ist völlig richtig. Meine Überzeugung ist: Dieser
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Krieg ist ein konventioneller
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Krieg. Und die Verteidigung, die die
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Ukraine zu leisten hat, ist eine Verteidigung mit konventionellen
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Waffen. Und das muss jetzt geschehen,
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unabhängig von der Frage, was man von europäischen Atomwaffen hält.
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Sie kommen vielleicht, wenn sie überhaupt kommen, in 15 Jahren.
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Wir haben einen existierenden nuklearen Schutz in Europa.
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Das ist die Verklammerung mit den USA.
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Etwas Besseres gibt es für uns nicht.
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Jedenfalls gibt es in den nächsten zehn Jahren sowieso nichts anderes.
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Das ist also für die gegenwärtige
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Lage, für den Krieg, der gerade stattfindet, eine absolute
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Scheindebatte ohne irgendeine reale Bedeutung,
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die nur davon ablenkt, dass
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das getan wird, was jetzt getan werden muss.
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Schlichte konventionelle Munition,
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Artilleriemunition und Waffen, damit die Ukraine
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sich verteidigen kann. Irgendwelche Luftschlösser, die
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helfen der Ukraine nicht.
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Nun ist es aber ja trotzdem so, dass Emmanuel Macron momentan in
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der europäischen Verteidigungsdebatte die Akzente setzt.
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Olaf Scholz tritt allenfalls
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engagiert auf die Bremse. Muss er sich dann nicht mehr um die
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Koordination zwischen Berlin und Paris bemühen?
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Denn in der Geschichte der EU war es ja eigentlich immer so: Wenn es
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zwischen Berlin und Paris knirscht, dann geht es in der EU generell
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nicht voran.
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Das ist etwas sehr diplomatisch
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ausgedrückt, um die Koordination kümmern.
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Die Realität, die gerade in diesen Tagen sichtbar geworden
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ist, ist, dass das Verhältnis
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zwischen dem deutschen Kanzler und dem französischen Präsidenten völlig
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zerrüttet ist. Es gibt ja keinerlei Berührung mehr
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zu dem, was beide sagen
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und vorschlagen. Der Kanzler war ja geradezu
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konfrontativ gegenüber
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dem französischen Präsidenten, auch gegenüber den Briten mit seinen
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Aussagen zu dem Marschflugkörper.
41:54
Und Macron hat unnötigerweise
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von Bodentruppen in der Ukraine gesprochen, nachdem
42:00
der Bundeskanzler tatsächlich
42:03
und rechtlich total falsch
42:05
diesen Fall als Kriegsfall beschrieben hat.
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Dieser Krieg ist fürchterlich,
42:11
bedroht die Ukraine, aber er berührt und bedroht auch unsere
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eigenen deutschen, französischen, europäischen Interessen.
42:18
Ein derartig zerrüttetes Verhältnis zwischen den beiden
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Führern dieser beiden unserer beiden Länder haben, ist eine Katastrophe
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für sich.
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Putin hat ja diese Woche in seiner Rede zur Lage der Nation dem
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Westen noch mal gedroht: Alles, was der Westen derzeit sich einfallen
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lasse, schaffe die reale Gefahr, so Putin, eines Konflikts mit dem
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Einsatz von Atomwaffen. Wie ernst nehmen Sie diese Drohung?
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Es ist zunächst zu beobachten,
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dass Putin das tut,
42:44
womit absolut zu rechnen war.
42:46
Er nimmt die Angstmacherei,
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die der deutsche Bundeskanzler betreibt, aktiv auf.
42:53
Und er nimmt das unnötige
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Thema, das Verunsicherungsthema,
42:58
das der französische Staatspräsident in die Diskussion geworfen hat,
43:01
Bodentruppen ebenfalls auf.
43:04
Aber die größte Einladung für Putin
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ist natürlich, wenn der Bundeskanzler selber
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Angst schürt, weil er innenpolitisch in der Defensive
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in der Sackgasse ist, dann
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nimmt Putin das nur als das
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wahr, was es ist. Schwäche und Schwäche
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nutzt Putin immer taktisch aus.
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Und durch Schwäche fühlt sich
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Putin eingeladen. Putin hat keine
43:28
und glücklicherweise Gott sei Dank keine praktische Option,
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hier nuklear den Krieg zu eskalieren, das weiß
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er. Er würde China als seinen
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lebenswichtigen Verbündeten verlieren.
43:41
Er weiß, dass es eine massive
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konventionelle, abschreckende
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Reaktion der USA geben würde. Darum ist das für ihn keine
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praktische Option. Aber der Bundeskanzler lädt ihn
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geradezu ein, diese
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Drohperspektive, dieses Angstnarrativ wiederzubeleben.
43:57
Das heißt mit anderen Worten: Sie glauben, dass man jedenfalls
44:00
stand heute auf die Einhaltung
44:03
von Artikel fünf des NATO Vertrages, also die Einhaltung der
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Beistandspflicht, insbesondere durch die Vereinigten Staaten, vertrauen
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kann?
44:10
Durch alle. Ja, diese Beistandspflicht gilt.
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Und alle amtierenden
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Staats- und Regierungschefs haben sie auch verstanden, dass
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sie vor allen Dingen natürlich eine Beistandspflicht für das kleinste
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Land und nicht zuletzt durch das größte Land ist.
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Das ist ja die Abschreckung, die jahrzehntelang von diesem
44:29
Artikel fünf ausgegangen ist. Und sie lebt davon, dass alle
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sie glaubwürdig vertreten. Und das ist der Fall.
44:37
Es ist der Fall, solange Joe Biden im Amt ist.
44:40
Vielen Dank. Norbert Röttgen war das Außenpolitiker der CDU und
44:44
CDU/CSU Fraktion im Bundestag. Herr Röttgen, vielen Dank für Ihre
44:47
Zeit.
44:48
Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.
44:50
Zu unserem nächsten Thema. Das politische Klima in Deutschland
44:53
hat sich in den vergangenen Wochen massiv zugespitzt.
44:56
Im Zentrum der Proteste
44:58
die Grüne Partei. Ein kurzer Überblick über die
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dramatischen Zuspitzungen der letzten Tage.
45:03
Da wäre zum einen der politische Aschermittwoch, der 14.
45:06
Februar. Da wollten die Grünen eigentlich in Biberach eine
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Parteiveranstaltung abhalten. Das hatten wir schon in der Lage.
45:12
Wütende Menschen erzwangen damals
45:14
eine Absage der grünen Veranstaltung. Erst hieß es, das
45:17
seien protestierende Bauern gewesen. Inzwischen wissen wir, da waren auch
45:20
eine ganze Menge Querdenker und
45:22
Rechtsextreme dabei. Ebenfalls am Aschermittwoch ein
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wütender Mob in Schorndorf.
45:27
Richtig, verfolgt die Vorsitzende der Grünen, die Covorsitzende
45:30
Ricarda Lang. Polizei und Leibwächter konnten
45:33
mit Mühe körperliche Attacken gerade
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noch verhindern. Und dann letzte Woche, 21.
45:38
Februar. Rund 300 Menschen protestieren gegen eine
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Veranstaltung der Grünen in Hirscheid im Landkreis
45:45
Bamberg mit 60 Traktoren vor Ort.
45:47
Trillerpfeifen und Hupen, anwesende
45:49
Parteimitglieder hatten
45:52
"extreme Angst". Die Veranstaltung musste aufgrund
45:55
von Sicherheitsbedenken ebenfalls
45:57
abgesagt werden.
45:58
Und dann war da noch Magdeburg. An diesem Samstag gab es dort eine
46:01
Blockadeaktionen, etwa 90 Traktoren.
46:04
Andere Fahrzeuge hatten eine Hauptverkehrsstraße blockiert,
46:08
haben Feuer angezündet und das Fahrzeug von Ricarda
46:11
Lang, der grünen Covorsitzenden,
46:14
behindert. Und wir haben es gesagt: Im Mittelpunkt der Proteste steht
46:16
stets grüne Politik, vor allem auch grüne Politiker:innen
46:20
ganz persönlich. Und darüber können wir nun sprechen
46:22
mit der Covorsitzenden der Grünen. Ganz herzlich willkommen in der Lage
46:25
der Nation, Ricarda Lang.
46:27
Hallo, Guten Tag.
46:29
Frau Lang, Sie stammen aus Nürtingen in Baden-Württemberg, sind 30
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Jahre alt, Covorsitzende der Grünen, mit Omid Nouripour zusammen
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und waren zuvor Vorsitzende der Grünen Jugend.
46:39
Jetzt also diese, ich will es mal noch nennen Bauernproteste
46:43
oder mit wem haben wir es da eigentlich zu tun bei diesen
46:46
Aktionen in Deutschland?
46:48
Ich glaube, das ist sehr gemischt. Das lässt sich gar nicht ganz
46:50
homogen sagen. An vielen Stellen, das haben wir
46:53
sowohl in Biberach als auch in Schorndorf erlebt, gibt es auf der
46:56
einen Seite tatsächlich Bauern, die protestieren, die da für ihre
46:59
Interessen auf die Straße gehen, mal in einem relativ rauen Ton, wo
47:03
aber ein Dialog möglich ist. In Biberach war es ja zum Beispiel
47:05
so, dass eine angemeldete Demonstration, wo auch davor Cem
47:08
Özdemir gesagt hat, Ich komme dort hin. Ich stelle mich auch eure
47:12
Kritik. Das hat er gemacht. Er ist hingegangen, ist in die
47:14
Debatte gegangen. Ähnlich war es jetzt am Wochenende
47:17
in Magdeburg. Ich habe mich dort mit der kleinen Delegation der Bauern getroffen,
47:21
deren Forderungen angenommen. Wir hatten eigentlich sogar ausgemacht,
47:23
dass wir noch mal einen weiteren Termin machen, um genauer darüber zu
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reden, weil man ja nun wirklich konkret Forderungen gar nicht zum
47:29
Demonstrationsgeschehen in zehn Minuten mal wirklich tiefgehend
47:33
sprechen kann. Und gleichzeitig mischen sich unter
47:37
Rechtsextreme Querdenkermenschen,
47:39
wo ich mal sagen würde, denen sind die Interessen der Bauern komplett
47:42
egal. Die instrumentalisieren das,
47:44
weil sie ein Momentum der Staatsverachtung erkennen, also wo
47:47
es schon gar nicht mehr dagegengeht, eine einzelne Partei, eine einzelne
47:51
politische Entscheidung, sondern eigentlich gegen die legitimierte
47:54
staatliche demokratische
47:57
Politik zu demonstrieren.
47:59
Und ich glaube, das ist genau die Frage, vor der jetzt auch die
48:02
Bauernproteste und natürlich auch die Bauernverbände stehen, die sich
48:04
teilweise sehr klar distanziert haben.
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Da eine Grenze einzuziehen und zu sagen, wir wollen nicht
48:09
instrumentalisiert werden von Menschen, denen es eigentlich nicht
48:12
um Landwirtschaft geht, sondern dem es um Demokratieverachtung geht.
48:15
Machen Sie das denn ausreichend? Also ist die Abgrenzung ausreichend
48:18
oder was müsste mehr passieren?
48:20
Das hat es in den letzten Wochen sehr zugenommen. Also ich glaube, am
48:22
Anfang hat man tatsächlich selbst vielleicht auch den Fehler gemacht,
48:25
die Leute sehr auf den Baum hochzujagen. Wir hatten ja die
48:28
Entscheidungen im Dezember zu der
48:30
Haushaltsskonsolidierung nach dem Urteil aus Karlsruhe
48:34
und im ersten Entwurf, der da von der Bundesregierung beschlossen
48:37
wurde. Und ich war da involviert. Also ich will mich da gar nicht rausnehmen,
48:40
war es tatsächlich so, dass die Bauern sehr, sehr stark belastet
48:43
wurden, weil gleichzeitig zwei verschiedene Subventionierung
48:47
bzw Steuerleistung abgeschafft werden sollten, bei der KFZ Steuer
48:50
und beim Agrardiesel. Das wurde dann wiederum verändert
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und in dieser Zeit ist aber schon Stimmung entstanden, die sich
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wahnsinnig aufgeheizt hat, wo es glaube ich am Anfang zu wenig
49:00
Distanzierung auch gab, zu wenig eine klare Linie gezogen wurden.
49:04
Gewalt geht unter keinen Umständen.
49:06
Angriffe auf Politikerinnen, Einschüchterung, jegliche Form
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von auch Nötigung,
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wie es ja bei Robert Habeck auf der Fähre auch erlebt haben, zum
49:14
Beispiel der bayerische Präsident des Bauernverbandes hat da sehr,
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sehr beschwichtigend darauf reagiert. Man muss ja Verständnis
49:20
haben. Und wir erleben natürlich auch immer wieder über Politiker wie
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zuletzt Markus Söder, die das verharmlosen.
49:24
Die Verbände sind aber in den letzten Wochen sehr viel klarer
49:27
geworden. Auch noch mal nach Biberach.
49:29
Sie haben es angedeutet: Es geht manchen Menschen gar nicht unbedingt
49:33
um politische Inhalte, sondern darum, die Demokratie als solche
49:37
zu destabilisieren, zu delegitimieren.
49:39
Aber es gibt ja eben doch auch deutliche Kritik an Inhalten
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grüner Politik. Was glauben Sie denn, woran liegt
49:45
es, dass manche Menschen es so auf Sie persönlich und auf grüne
49:48
Politik abgesehen haben?
49:50
Hm, ich glaube, da muss man sehen auf der einen Seite genau trifft es
49:53
gerade in besonderem Maße die Grünen. Ich erkläre mir das immer
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anhand von drei Punkten. Das erste ist, wir haben in den
49:59
letzten Jahren ausgegriffen. Also das, was jetzt teilweise gesagt
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wird, weil die Grünen so in der Nische sind, weil sie so am Rand
50:05
stehen, das teile ich gar nicht, sondern ich glaube eher, dass es
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auch mit einher geht, weil wir an Relevanz zugenommen haben, weil wir
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ein Zentrum gerückt sind. Jetzt mal ganz einfach gesprochen:
50:15
Wenn wir bei 7 % stehen würden, würde das gerade nicht in dieser
50:17
Form passieren. Das Zweite ist, dass wir die Partei
50:21
sind, die natürlich sehr die Menschen darauf stößt, zu sagen,
50:25
wenn wir das erhalten wollen, was uns was bedeutet Wohlstand,
50:28
Sicherheit, Lebensgrundlage, auf der man noch leben kann, dann
50:31
müssen wir auch Dinge angehen, dann müssen wir Prozesse verändern.
50:34
Also diese Frage, wie man auch Veränderungsfrust sehr einfach
50:37
gerade auf die Grünen projizieren kann.
50:39
Und das Dritte ist, dass natürlich aus diesem Gemisch eine große
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Verantwortung einhergeht und wir da auch Fehler gemacht haben,
50:45
Menschen überfordert haben, vielleicht auch mal ein bisschen
50:48
belehrend aufgetreten sind. Ich will mal sagen, das Wichtigste
50:50
ist, gerade in so einer Situation den Menschen immer zugewandt zu
50:53
sein, die Alltagssituation zu verstehen. Und das ist, glaube ich,
50:56
so ein Konglomerat an Dingen, die zusammenkommt.
50:59
Und dann wird das natürlich auch ganz gerne instrumentalisiert
51:02
von auch anderen Parteien, die glaube ich denken, so
51:05
Nullsummenspiel mäßig immer, ich gewinn hier grad ein bisschen
51:08
was, wenn es denen ein bisschen schlechter geht. Das ist für mich jetzt was, wo ich
51:12
mich politisch drüber profilieren kann. Und das ist aber wirklich
51:15
gefährlich, weil am Ende trifft es jetzt gerade uns Grüne sozusagen an
51:18
allererster Stelle. Aber das, was ihr gerade gesagt
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habt, das, was ja in Frage gestellt wird, ist eigentlich, wie wir in der
51:24
Demokratie Konflikte lösen, dass wir das nicht mit Gewalt tun, dass wir
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friedlich in der Lage sind, Lösungen zu finden.
51:30
Also die Lösungsfähigkeit der Demokratie, wird aus meiner Sicht
51:32
als Ganzes in Frage gestellt. Und das ist am Ende für jeden
51:35
Demokraten diesem Land gefährlich.
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Sie haben das eben schon angedeutet, dass Sie da auch ein bisschen
51:40
Verantwortung bei sich selber sehen. Also Sie haben gesagt sinngemäß:
51:43
Manchmal gucken wir ein bisschen von oben herab, manchmal kommunizieren
51:45
wir schlecht. Was sind denn jetzt Ihre Lehren
51:48
daraus? Also, wenn Sie Ihre Fehler schon benennen, was
51:51
wollen Sie anders machen?
51:53
Ich glaube, das erste wäre für mich, dass wir manchmal, das erlebe ich
51:56
bei mir selbst total jetzt gerade im letzten Jahr gemerkt mir zum
51:59
Beispiel das Gebäudeenergiegesetz gesprochen haben, da wenn man in so
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eine Verteidigungsposition geht, ein bisschen ins Technokratische
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abrutscht. Aber wir müssen natürlich mehr
52:07
Veränderungsprozesse, das sind nicht einfach nur technologische
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Umstellungen, sondern die betreffen Leute ganz arg in ihrem
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ja, in ihrer Heimat, in ihrem Zuhause und damit auch in Fragen, wo
52:16
es um Emotionen geht, wo es um Anerkennung geht, wo es um
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Wertschätzung geht. Das heißt, ich glaube, diesen Blick
52:20
für die sehr konkreten Alltagssorgen der Menschen, das noch auszubauen.
52:24
Das Zweite ist, und das ist für mich auch ein sehr großes Herzensanliegen,
52:28
die soziale Frage ins Zentrum zu nehmen. Ich weiß nicht, ob jemand
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von Ihnen das Buch Triggerpunkte gelesen hat von Steffen Mau
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und ich finde der hat einen interessanten...
52:36
Hatten wir gerade Interview ausführlich.
52:39
Ah ok gut, super. Diese interessante These, dass viele
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Fragen von eigentlich Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten
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sich heute über die Klimafrage ausdrücken. Ich habe sie bezeichnet
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als Klassenfrage im Werden
52:50
und das heißt die Fragen der sozialen Anerkennung, sozialen
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Gerechtigkeit an den Anfang zu stellen, nicht nur im Ausgleich vom
52:55
Weg zum Ausgangspunkt zu machen.
52:58
Und das dritte, und das ist wahrscheinlich fast mit das
53:01
Wichtigste gerade nicht verhärten,
53:03
sich nicht abwenden, nicht aufhören, an diese Orte zu gehen.
53:05
Ich werde jetzt viel gefragt: Na, gehen die Grünen jetzt weniger in
53:08
den Osten, weniger Veranstaltung im ländlichen Raum. Das wäre das
53:11
Dümmste, was wir machen könnten, aus meiner Sicht, das aller Dümmste
53:15
von jetzt erst recht dorthin zu gehen.
53:17
Ja, Stichwort soziale Frage. Frau Lang, das ist ja tatsächlich
53:20
eine ganz zentrale Frage,
53:22
auch bei der CO2 neutralen
53:24
Umgestaltung unserer Gesellschaft. Wir müssen eben alle Menschen
53:27
mitnehmen, auch die, die nicht so viel Geld verdienen.
53:29
Und da ist das zentrale Instrument
53:31
ja auch aus Sicht der grünen Programmatik das Klimageld.
53:35
Gleichwohl wird es sehr wahrscheinlich in dieser Legislaturperiode
53:39
nicht mehr kommen. Haben Sie sich da vielleicht doch so
53:41
ein bisschen verzockt? Haben Sie einfach zu viel politisches Kapital investiert in
53:45
das Gebäudeenergiegesetz und zu wenig politisches Kapital
53:48
darin, dass tatsächlich das Klimageld zum sozialen Ausgleich
53:52
kommt? Hätte man nicht einfach mit CO2 Abgaben alleine
53:56
die Menschen sanfter dazu bringen können, ihre Heizung umzustellen?
54:00
Ich will nicht sagen, dass es allein dadurch funktioniert zu sagen, wir
54:03
machen CO2 Preis, dann machen wir das Klimageld und damit funktioniert
54:06
das alles alleine. Ich finde das Klimageld extrem wichtig und
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vielleicht auch noch ein bisschen was, wie es da weitergeht in der
54:12
politischen Debatte, weil es natürlich einmal ein einfach
54:14
funktionierender Mechanismus des sozialen Ausgleichs ist, wenn man
54:18
sagt, dass der CO2 Preis wird an alle Menschen zurückgezahlt, aber
54:20
wir würden es uns zu einfach machen, wenn wir sagen Soziale Fragen,
54:23
Klimaschutz lässt sich allein darüber lösen.
54:25
Nehmen wir das Thema Heizung. Das Klimageld wird an alle pro Kopf
54:28
wiederum ausgezahlt. An alle dasselbe, was dort ein sehr
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sinnvoller Mechanismus ist. Die Frage, ob ich mir aber eine neue
54:34
Heizung einbauen kann, hängt sehr stark davon ab: Welche Bedingungen
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habe ich eigentlich in meinem Haus? Wie viel bringe ich da vielleicht
54:39
auch an Eigenkapital mit? Da konkrete Unterstützung zu machen,
54:43
finde ich absolut richtig und absolut notwendig.
54:45
Wir haben jetzt gerade gestern unsere Fraktionsklausur
54:48
abgeschlossen in Leipzig und haben da noch mal sehr klar gesagt: Wir
54:51
wollen, dass das Klimageld ausgezahlt wird. Und wir wollen
54:53
auch, dass das so schnell wie möglich passiert.
54:55
Also am besten noch in dieser Legislatur.
54:57
Das sind ja zwei Fragen, die jetzt gleichzeitig noch ein bisschen offen
55:00
sind. Das eine ist der Auszahlmechanismus.
55:03
Wann ist der eigentlich fertig? Also wann sind wir staatlich in der
55:06
Lage, das dann auch zu tun?
55:08
Ich muss ehrlicherweise sagen, als ich in die Regierung gekommen bin
55:10
und mit unserer Partei wieder reinkommen bin und erst mal gemerkt
55:13
hab, wie wenig wir auch in Krisensituationen in der Lage waren,
55:17
an die Bürgerinnen einfach Geld auszuzahlen, kann man sich
55:19
eigentlich kaum vorstellen. Wenn wir das mal hinbekommen, wäre
55:22
es auch ein großer Schritt für die Modernisierung unseres Staates.
55:25
Und die andere ist dann das Geld da
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und da gibt es schon noch Möglichkeiten, auch im Haushalt.
55:30
Wenn ich einen Abbau, klimaschädlicher Subventionen zum Beispiel denke.
55:33
Also wir haben es nicht aufgegeben.
55:35
Also es hat ja jetzt diese Woche auch Bauernproteste in Brüssel
55:38
gegeben, mit brennenden Reifen, fast 1000 Traktoren in Brüssel,
55:42
die da Gebäude blockiert haben. Und die Süddeutsche Zeitung sagt,
55:45
das war ein Angriff auf EU Gebäude,
55:48
der gerade noch verhindert werden konnte. Und wir haben uns bei der
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Vorbereitung gefragt, was haben diese europaweiten Bauernproteste
55:54
und die dann auch in Brüssel stattfinden, mit denen in
55:56
Deutschland zu tun?
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Da gibt es schon eine enge Vernetzung. Also einmal erleben wir gerade diese
56:01
Debatte tatsächlich in sehr vielen europäischen Ländern parallel.
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Ich habe zum Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz mit vielen
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Politikerinnen und Politikern aus anderen Ländern ausgetauscht und war
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fast selbst überrascht, wie oft kam: Ja, ja, genau das hatten wir letztes
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Jahr auch. Das haben wir auch erlebt. Ich glaube, das ist einmal,
56:16
weil dahinter natürlich oft auch eine Frage von Aushandlungsprozessen
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zwischen Stadt und Land steht, die sich ja in verschiedenen modernen
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Gesellschaften stellen, wo, glaube ich, ein sehr wichtiger Ansatz ist
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nicht diese Spaltung beizugeben, ein Gefühl zu erzeugen Stadt versus
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Land, sondern wir werden politische Lösungen brauchen, die nicht gleich
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aussehen, die aber unterschiedlich funktionieren, aber mit gleichen
56:36
Zielen agieren. Und das Thema der gleichwertige
56:38
Lebensverhältnisse bleibt dann natürlich eigentlich die Richtschnur, die Leitlinie.
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Dann gibt es natürlich auch enge Vernetzung und man lernt
56:45
voneinander. Ich glaube, das ist auch klar. Das kennen wir auch von
56:48
anderen sozialen Bewegungen, von anderen Interessensgruppen.
56:51
Und dann dürfen wir aber auch nicht ganz unterschätzen und ich sag das
56:54
jetzt nicht in Form jeder, der demonstriert, ist da irgendwie von
56:56
Putin gekauft, weit davon entfernt.
56:58
Wie gesagt, viele gehen einfach aus legitimen Interessen auf die Straße.
57:02
Aber dass es auch über Desinformation, Einflussnahme vom
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Ausland gibt es auch Hinweise darauf, dass das bei Biberach
57:08
stattgefunden hat, auch angeführt
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wird von außen und da auch ganz bewusst zur Destabilisierung der
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Demokratie beigetragen werden soll.
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Vielleicht als letzten Aspekt noch zu diesen Blockaden.
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Wir haben das am Anfang geschildert Bauern, andere Verschwörungsleute
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blockieren, verhindern Parteiveranstaltungen der Grünen.
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Sie werden körperlich bedrängt. Ich bin in den 80er, 90er ja
57:30
aufgewachsen, großgeworden und erinnere mich an
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sehr, sehr viele Blockaden,
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wo alternative Linke,
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auch Grüne alles blockiert
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haben, was nach AKW roch, nach Aufrüstung roch.
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Worin unterscheiden sich die Blockaden damals von denen
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heute?
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Das ist eine sehr spannende Frage, weil ich will auch sagen, natürlich
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kann eine Blockade auch ein Formen des legitimen Protestes sein
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und wir müssen halt auch vorsichtig sein, jetzt nicht jede Form von
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Demonstration und auch jede Form
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von Blockade irgendwie
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komplett zu dramatisieren. Und ich sag auch immer, wenn ich
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jetzt gefragt worden wurde, Na Frau Lang, da werden Sie ausgebuht, das
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ist doch unerhörlich, würd ich sagen: Na ja, das muss man dann auch
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ertragen können. Das ist nicht schön. Aber dass es Protest gibt,
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dass Protest mal rau im Ton ist, das ist keine Frage.
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Was mir Sorgen macht, und das habe ich jetzt auch in den letzten Wochen
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da zunehmend erlebt, wenn es gewaltvoll wird.
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Also wenn ich zum Beispiel mir Biberach anschaue, da wurden
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Einsatzautos beschädigt
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und Scheiben eingeschlagen, da wurden Polizistinnen und Polizisten
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tätlich angegriffen, da waren ganz
58:34
normale Bürgerinnen und Bürger, die sich einfach so eine Veranstaltung
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anschauen wollten. Die konnten sich nicht mehr sicher
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fühlen. Und ich glaube, das ist sozusagen für mich der qualitative
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Unterschied, wo es wirklich zu Gewalt kommt, wo die Sicherheit von
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Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht mehr gewährleistet werden
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kann. Und da schaue ich gar
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nicht so sehr nur auf jetzt Politiker, die das wie
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ich als als Hauptamt sozusagen
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machen. In Magdeburg bin ich dann geschützt, sitzt im Auto,
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muss warten. Aber das sind Ehrenamtliche
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drumherum, das sind Kommunalpolitiker, die nicht das
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gleiche Maß an Schutz haben, die nicht auf das BKA zurückgreifen
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können, die nicht die gleichen Möglichkeiten haben, auch so ein
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Fall öffentlich zu machen, dabei Solidarität ein zu bekommen
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und die aber Angst haben. Das haben Sie in Hirscheit auch beschrieben, die im Zweifelsfall
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sich zurückziehen, das erleben auch andere Kommunalpolitiker, die das
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mitbekommen. Wir sehen ja, dass die Angrifffe massiv zugenommen haben,
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parteiübergreifend, auf alle demokratischen Parteien und die
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hören im Zweifelsfall auf. Und dann geht uns da wirklich ein
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Rückgrat von der Demokratie verloren. Und das finde ich
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sozusagen das, was die Besonderheit jetzt gerade ausmacht und warum das
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auch so klar zu verurteilen ist,
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weil es wirklich sozusagen ein Klima
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der Angst geschaffen wird, weil gewaltvoll vorgegangen wird, weil
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die Sicherheit von Menschen nicht mehr gewährleistet werden kann.
59:44
Und da ist ganz klar eine Grenze überschritten.
59:47
Ja, zu einem anderen Thema, zur Außenpolitik Deutschlands.
59:50
Eine der Konstanten in der grünen
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Politik über Jahrzehnte war
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ein engagierter Pazifismus. Denken wir an Joschka Fischer,
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der als Außenminister einem
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Bundeswehreinsatz zugestimmt hat und dafür härtester Kritik gerade
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auch aus der eigenen Partei ausgesetzt war.
1:00:07
Jetzt indes stehen die Grünen
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wahrscheinlich so in der deutschen politischen Landschaft besonders
1:00:11
engagiert an der Seite der Ukraine, während der Bundeskanzler
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zögert. Das hatten wir auch in dieser Sendung schon ganz
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ausführlich. Deswegen an Sie ganz konkret die
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Frage: Soll Deutschland diesen Marschflugkörper Taurus
1:00:24
liefern, an die Ukraine ja oder nein?
1:00:27
Wir haben in den letzten Wochen sehr klaren Beschluss im Bundestag
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gefasst, wo wir gesagt haben, es sollen auch mehr Waffensysteme an
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die Ukraine gehen. Und ich glaube, wir Grüne haben einen Hehl daraus gemacht, dass wir
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uns da auch der Taurus dazugehört und dass wir es sinnvoll fänden, das
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zu liefern. Wir müssen jetzt weiter nach vorne schauen, in der
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Bundesregierung auch die Gespräche führen, was ist möglich, wo kommen
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wir zusammen? Wie kann man die sozusagen
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Mittelstrecken- und Langstreckenfähigkeiten der Ukraine
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da ausbauen? Aber wie gesagt, für uns war immer
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klar, dass auch der Taurus eine sinnvolle Lieferung wäre.
1:00:54
Ich würde einfach noch mal ein bisschen nachhaken: Was macht denn
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jetzt eigentlich inhaltlich den großen Unterschied? Was ist quasi
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der Grund, warum im Falle
1:01:01
des russischen Überfalls auf die Ukraine die Grünen von
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ihren langgehegten Positionen
1:01:07
so weit abgerückt sind?
1:01:09
Ich worde sehr viel gefragt: Wie kann es sein, dass man als
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Parteivorsitzende der Grünen sieht da so stark einsetzt für eine
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Unterstützung der Ukraine und auch als Vorsitzende von einer
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Friedenspartei. Und ich denke da oft, wir haben
1:01:20
in unserem Grundsatzprogramm, das wir vor ein paar Jahren beschlossen
1:01:22
haben, so den ersten Satz drin, der für mich da Leitlinie war und das
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ist im Zentrum der Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit.
1:01:30
Für mich war das sehr klar, sehr schnell, auch wenn es keine einfache
1:01:33
Frage ist. Aber so ein Satz kann man nicht da
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reinschreiben, den kann man nicht ernst meinen und dann wegschauen.
1:01:38
Wenn die Würde von Menschen massenweise angegriffen wird in
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der Ukraine, wenn deren Freiheit
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dem Erdboden gleich gemacht werden soll und wenn es auch diese Menschen
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sind in der Ukraine, die ja nicht nur ihre Freiheit verteidigen,
1:01:51
sondern auch unsere Freiheit gegen Wladimir Putin, der aber auch die
1:01:54
internationale Friedensordnung verteidigen, denn das müssen wir
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sehen. Ich glaube, das ist mir auch sehr wichtig bei der Debatte, die
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wir gerade um den Taurus erleben. Viele Menschen haben
1:02:03
vollkommen nachvollziehbar große Sorgen um das Thema Sicherheit und
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Frieden. Die sind in einem friedlichen Europa aufgewachsen, wie
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ich es bin. Ein riesen Privileg
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und sehen das und haben Angst, dass das verloren gehen könnte.
1:02:14
Ich glaube, verantwortungsvolle Politik sollte in dieser Situation
1:02:17
das ernst nehmen. Wir brauchen diese Empathie.
1:02:20
Gleichzeitig diese Ängste nicht schüren, nur weil wir haben
1:02:23
zum Beispiel die ganz große gleich in allen demokratischen Nationen
1:02:27
hier in Deutschland. Niemand sagt Bodentruppen, niemand sagt, wir
1:02:29
sollen einmarschieren. Es ist einfach hier in Deutschland keine
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Debatte zum Glück. Und gleichzeitig aber auch zu
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verstehen, dass wenn Wladimir Putin
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der Ukraine gewinnen sollte, dann lernt er und dann lernen
1:02:41
auch andere Diktatoren auf dieser Welt, dass es für sie möglich ist,
1:02:44
Grenzen zu verschieben und dass sie damit durchkommen.
1:02:47
Und das wäre ein Punkt, wo man nicht ausschließen kann, dass
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Wladimir Putin danach das nächste Land in den Blick nimmt.
1:02:52
Das heißt eine größere Gefahr für die Sicherheit und auch für den
1:02:55
Frieden in Europa. Und deshalb mache ich das aus
1:02:58
Überzeugung als Vorsitzende einer Friedenspartei.
1:03:01
Den Frieden in europa zu schützen, heißt für mich gerade, die Ukraine
1:03:04
zu unterstützen.
1:03:05
Fabian Hoffmann ist Forscher am Oslo
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Nuclear Projekt. Der sagt in einem Podcast, den wir
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auch verlinkt haben: Die Grünen sind in Deutschland eigentlich die einzige
1:03:11
Partei, die die Zeitenwende wirklich
1:03:14
vollzogen hat, also von einer pazifistischen Partei hin zu einer
1:03:17
Partei, die Militäreinsätze wie in der Ukraine unterstützt.
1:03:20
Jetzt ist es so, dass in der Regierung es ja so aussieht, das
1:03:24
Annalena Baerbock, Außenministerin von den Grünen, diese Taurus
1:03:26
Lieferung befürwortet. Christian Lindner, Finanzminister
1:03:29
von der FDP, fordert die Taurus-Lieferung.
1:03:32
Und jetzt ist die Frage: Warum verbünden Sie sich als Grüne nicht
1:03:35
mit der FDP und machen Druck auf Scholz, damit Taurus geliefert
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wird?
1:03:40
Ich glaube, in den letzten Monaten wurde an ganz vielen Stellen der
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Druck gemacht. Das kann ich versprechen. Das ist nicht immer das Klügste, das
1:03:45
alles auf offener Bühne zu tun, weil das vielleicht manchmal der eigenen,
1:03:50
sozusagen der eigenen Profilierung dient, aber am Ende nicht dem
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Ergebnis. Und natürlich müssen wir eine gemeinsame Linie innerhalb der
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Regierung finden. Das ist eine, das kann man nicht am
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Kanzleramt vorbei machen, das kann man nicht an einer Partei vorbei
1:04:00
machen, sondern am Ende brauchen wir eine gemeinsame Linie.
1:04:03
Wir haben uns im Bundestag immer wieder dafür eingesetzt, dass dabei
1:04:06
klar ist, dass wir heute schon viel für die Ukraine tun. Das sollte auch
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niemand kleinreden. Das wird auch anerkannt in der
1:04:12
Ukraine, sowohl militärisch als auch humanitär.
1:04:15
Aber dass wir auch noch mehr tun müssen, dass wir damit, wie gesagt,
1:04:18
auch unsere eigene Sicherheit, auch den Frieden in Europa schützen.
1:04:22
Das braucht aber wie gesagt auch eine gemeinsame Linie innerhalb der
1:04:25
Regierung. Eigentlich auch und ich glaube, das war wirklich etwas, was
1:04:28
in dieser Woche nicht gut gelaufen ist innerhalb von Europa.
1:04:31
Denn das ist ja klar wenn Deutschland und Frankreich
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auseinandergehen, dann ist das eigentlich ein Zeichen der
1:04:38
Schwäche von Europa, das wir uns gar nicht leisten können diese
1:04:40
Situation. Das heißt für uns die Zielrichtung,
1:04:43
mehr Unterstützung für die Ukraine ist klar. Aber auch wir müssen das
1:04:46
innerhalb der Regierung und auch innerhalb von Europa auf einen
1:04:49
gemeinsamen Kurs bringen.
1:04:50
Ja, Sie haben gerade schon das Stichwort Europa genannt. Also Olaf Scholz hat wohl
1:04:54
ohne Not sehr scharf reagiert auf einen Vorstoß
1:04:58
von Emmanuel Macron, der ohnehin
1:05:00
keine unmittelbaren Aussichten
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auf Realisierung hatte. Olaf Scholz verhält sich im Fall
1:05:06
Taurus in einer Weise, wo
1:05:08
doch sehr viele Menschen große Fragezeichen haben.
1:05:10
Und zugleich muss man sagen, wenn man ihre Argumentation zu Ende
1:05:13
denkt, dass also nur eine wirksame militärische Unterstützung der
1:05:16
Ukraine nur eine Niederlage Russlands Sicherheit in Europa
1:05:19
schaffen kann, gefährdet dann nicht Olaf Scholz die Sicherheit
1:05:22
Deutschlands durch seinen Schlingerkurs?
1:05:24
Wie ich gerade schon gesagt habe Deutschland hat ja ganz viel getan
1:05:27
innerhalb der letzten Monate. Das ist nicht, das wir gerade nicht
1:05:30
militärisch unterstützen würden, sondern...
1:05:32
Ja, aber es reicht doch nicht.
1:05:33
Sie sagen selber es reicht nicht.
1:05:35
Es reicht noch nicht mal.
1:05:35
Genau. Es muss noch mehr kommen. Aber wie gesagt, ich glaube das ist
1:05:39
nicht das wir jetzt gerade da als Deutschland diejenigen sind, die
1:05:41
ehrlich gesagt bremsen innerhalb von Europa. Das muss man auch sehen.
1:05:45
Natürlich! Der Bundeskanzler bremst bei Taurus, das muss man doch deutlich sagen. Der Bundeskanzler
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bremst bei Taurus. Der Bundeskanzler zieht rote Linien
1:05:51
gegenüber dem französischen Präsidenten. Klar, Frankreich engagiert sich
1:05:54
weniger als Deutschland. Aber dann zeigt Macron mal Bereitschaft,
1:05:57
und dann drückt Olaf Scholz mit beiden Füßen auf die Bremse.
1:05:59
Müssen Sie da als Grüne nicht sich schärfer positionieren?
1:06:02
Also ich kann nur für uns sagen: Wir haben uns sehr klar positioniert.
1:06:05
Wir finden es richtig, Taurus zu liefern.
1:06:07
Wir arbeiten da auch weiter dran und wir müssen mehr für die Ukraine
1:06:10
machen. Wir werden dafür auch innerhalb der Regierung weiterhin
1:06:13
streiten. Ich werde jetzt nicht hier Noten an den Kanzler vergeben.
1:06:17
Man muss aber auch sagen und das meinte ich gerade mit Europa: Ich
1:06:20
glaube, diesen Vorstoß, wie ihn Emmanuel Macron gemacht hat, in der
1:06:23
Situation, wo Frankreich eigentlich relativ wenig Waffen liefert, dann
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über Bodentruppen zu reden, das war auch nicht sinnvoll, weil das
1:06:29
natürlich diese Angst, die ich vorher beschrieben habe, dass im
1:06:31
Zweifelsfall die NATO reingezogen werden könnte, total gefüttert hat,
1:06:35
obwohl das überhaupt keine Debatte gerade ist. Also das wird nicht
1:06:38
passieren. Das ist vollkommen klar, dass dann
1:06:40
auf der anderen Seite die Sozialdemokratie in Deutschland
1:06:42
diesen Ball aufgenommen hat und ich finde ein bisschen so impliziert
1:06:46
hat, als wäre das gerade die Debatte oder sogar teilweise noch so getan
1:06:49
hat, als ob diejenigen, die Taurus
1:06:51
liefern würden, damit eine deutsche Kriegsbeteiligung in Kauf
1:06:55
nehmen würden. Das kann ich auch nicht verstehen,
1:06:57
da ja Ängste, die Menschen real haben, auch noch schürt, obwohl
1:07:00
das wie gesagt nicht der Fall ist. Wer sich für Taurus ausspricht, so
1:07:03
wie ich es tue auch für den ist komplett klar, es wird keine
1:07:06
Kriegsbeteiligung von deutscher Seite aus geben.
1:07:08
Und hier würde ich mir wünschen, dass wir mehr und das auch mehr
1:07:11
gemeinsam als Regierung und ohne Schlingern und ohne Verzagen
1:07:15
eine Klarheit haben in unserer Position gegenüber Putin,
1:07:18
mehr Empathie für die Sorgen der Menschen und diese Ängste aber
1:07:21
nehmen und Sicherheit ausstrahlen,
1:07:23
das hilft am Ende uns hier in Deutschland und es würde auch der
1:07:26
Ukraine helfen.
1:07:27
Also nur noch mal, um das fürs Protokoll klar zu kriegen.
1:07:29
Selbst wenn die russischen Truppen jetzt die komplette Ukraine besetzen
1:07:33
und die Ukraine kurz davor ist zu kapitulieren, sagen sie,
1:07:37
deutsche Soldaten werden da nicht eingreifen.
1:07:40
Das sagt nicht nur ich, sondern das ist, glaube ich, eigentlich der
1:07:43
Konsens, den wir hier komplett haben in Deutschland. Ich habe noch
1:07:45
keinen Politiker von einer demokratischen Partei gehört, der
1:07:48
gesagt hat, in dem Fall sollten wir mit Truppen rein.
1:07:51
Ja, ganz herzlichen Dank. Das war im Gespräch mit der Nation
1:07:54
Ricarda Lang. Sie ist Covorsitzende der Grünen
1:07:56
gemeinsam mit Omid Nouripour. Vielen Dank, dass Sie Zeit hatten
1:08:00
für dieses Gespräch.
1:08:01
Sehr, sehr gerne. Schönen Tag noch.
1:08:03
In Deutschland wird ja jetzt einiges rund ums Kiffen, um Cannabis
1:08:07
legal. Das ist kurz
1:08:09
nach unserer letzten Sendung am Freitag letzter Woche im Bundestag
1:08:13
beschlossen worden. Im Kern ein
1:08:17
über die Bundesrepublik doch wirklich, würde ich schon
1:08:20
sagen historisches Projekt, was da
1:08:22
die Ampel losgetreten hat.
1:08:25
Die Frage ist jetzt ja, der Bundestag hat zugestimmt, aber wann
1:08:28
genau wird es denn nun alles legal oder zumindest teilweise legal?
1:08:32
Die gute Nachricht erst mal: Das Cannabisgesetz ist kein Zustimmungsgesetz.
1:08:36
Es braucht also keine Mehrheit im Bundesrat, sonst sähe es ganz übel
1:08:39
aus, weil die Union das Gesetz ja ablehnt. Aber
1:08:43
auch bei den anderen Gesetzen, den sogenannten Einspruchsgesetzen, kann
1:08:46
der Bundesrat immerhin die Dinge noch ein bisschen ausbremsen.
1:08:50
Konkret bedeutet das: In seiner Sitzung vom 22.3.
1:08:54
könnte der Bundesrat Einspruch erheben. Dann würde das Gesetz
1:08:57
zunächst mal in eine Warteschleife geschickt. Und ein solcher Einspruch
1:09:02
scheint sich zurzeit abzuzeichnen,
1:09:04
und zwar sogar parteiübergreifend.
1:09:06
Auch SPD regierte Bundesländer finden, das Gesetz komme zu schnell,
1:09:10
wenn es so wie es jetzt drinsteht, wie es vom Bundestag beschlossen
1:09:14
wurde, zum 1. April bereits in Kraft treten würde.
1:09:17
Warum? Das Gesetz enthält bestimmte
1:09:20
Amnestieregelungen, also quasi Strafbefreiung für Menschen,
1:09:24
die bisher verurteilt
1:09:26
worden sind, weil sie mit Cannabis
1:09:28
bestimmte Dinge getan haben, die zurzeit noch illegal sind.
1:09:32
Die Justiz soll diese Fälle quasi durchschauen, soll dafür sorgen,
1:09:35
dass die Menschen dann nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes
1:09:37
nicht mehr weiter bestraft werden. Und da sagen die Länder nun Sorry,
1:09:41
also das schaffen unsere Justizbehörden nicht.
1:09:43
Es soll um eine fünfstellige Zahl von alten Fällen gehen.
1:09:46
Die könne die Justiz so schnell nicht prüfen.
1:09:49
Deswegen müsse das ganze Cannabisgesetz ein bisschen
1:09:52
verzögert werden.
1:09:53
Ja, das heißt also, was droht uns da? Also 22.
1:09:56
März ist Bundesratssitzung. Da wird das nach allem, was wir
1:10:00
wissen, in den Vermittlungsausschuss gehen.
1:10:02
Da kann die Ampel sich natürlich auch durchsetzen.
1:10:05
Richtig. Aber das führt zu einer gewissen Verzögerung.
1:10:08
Und sehr wahrscheinlich wird es dann eine Einigung geben
1:10:12
in dem Sinne, dass man das Inkrafttreten, jedenfalls diese
1:10:15
Amnestie Regelungen auf den 1.10.
1:10:17
vertagt. Die Länder sagen, ein halbes Jahr brauchen wir, um die
1:10:19
alten Akten zu wälzen.
1:10:20
Also es steht nicht zur Debatte, ob das jetzt kommt oder nicht, sondern
1:10:23
es steht zur Debatte, wann es kommt, ob zum 1.4., teilweise zum 1.7.
1:10:27
wie jetzt geplant oder eben zum 1.10. Bevor wir auf
1:10:31
die Details eingehen, was dann ja in diesem Jahr nach
1:10:34
allem, was wir jetzt wissen, doch ja passieren wird.
1:10:37
Warum das Chaos?
1:10:38
Ehrlich gesagt haben die Länder schon seit längerem darauf hingewiesen, dass dieses wieder
1:10:43
durchschauen alter Fälle einfach personalintensiv ist.
1:10:46
Da gibt es kein IT System selbstverständlich in Deutschland
1:10:48
dafür. Da muss man jeweils von Hand die Akten durchschauen.
1:10:50
Und da ist das Bundesgesundheitsministerium
1:10:53
offenbar stur geblieben. Wir haben sie jetzt nicht mal damit
1:10:55
konfrontiert, warum sie das gemacht haben. Aber es scheint so zu sein,
1:10:58
dass da Karl Lauterbach und seine Leute die Warnungen der Länder nicht
1:11:01
so richtig hören wollen. Man hätte ja auch einfach ins Gesetz
1:11:03
schreiben können, dass nur diese Amnestie Regeln verzögert werden.
1:11:06
Dann hätte der Rest jetzt schon mal in Kraft treten können.
1:11:08
Also sieht so ein bisschen so aus wie Kopf durch die Wand.
1:11:11
Aber ja, irgendwie muss man sehen.
1:11:13
Philip: Das Entscheidende ist ja, das Gesetz wird wohl nach
1:11:16
menschlichem Ermessen kommen. Fragt sich ein bisschen wann, aber
1:11:19
irgendwann Lauf des Jahres 2024.
1:11:21
Wird es, wird es kommen. Und es bleibt eine komplexe
1:11:24
Regelung, einfach jetzt
1:11:26
nur zu sagen legalize it und der Handel ist legal und es gibt Jobs
1:11:29
und so, dazu hatte die Ampel
1:11:32
nicht die Kraft. Und nun wird es also eine,
1:11:36
wie ich finde, doch immer noch recht weitreichende Teillegalisierung
1:11:40
von Cannabis geben. Stand heute ist es so, dass
1:11:44
am 1. April, wahrscheinlich
1:11:46
dann am 1.10. de facto aus dem
1:11:49
Betäubungsmittelgesetz
1:11:51
das Wort Cannabis von der Liste
1:11:53
der verbotenen Substanzen gestrichen
1:11:56
wird. Es ist dann also keine verbotene Substanz mehr
1:12:00
und der Eigenanbau und der Besitz bestimmter Mengen, recht
1:12:03
umfangreicher Mengen dieser Droge
1:12:06
Cannabis werden dann für Volljährige erlaubt sein.
1:12:09
Das ist so im Kern das, was dann passieren wird.
1:12:12
Und dann zweite wichtige Regelung: Es werden Clubs zum gemeinsamen
1:12:16
Anbau möglich sein. Zurzeit ist der Zeitplan 1.
1:12:18
Juli. Was das dann bedeutet,
1:12:21
ist noch nicht so richtig klar, aber das ist quasi der zweite wichtige
1:12:24
Punkt. Aber ich glaube, Philip, es lohnt sich, ein bisschen ins Detail
1:12:26
zu gehen. Du hast schon gesagt, Besitz wird erlaubt.
1:12:29
Konkret bedeutet das Menschen über 18 Jahren dürfen dann
1:12:33
25 Gramm mit sich herumtragen zum Eigenkonsum.
1:12:37
Und da steht auf der Website
1:12:39
des Gesundheitsministeriums, das seien zwei gehäufte Esslöffel.
1:12:43
Das kommt, glaube ich, von der WiWo, von der Wirtschaftwoche.
1:12:45
Ah, okay.
1:12:46
Aber ja, irgendwie so zwei gehäufte Esslöffel kann man sich vorstellen,
1:12:49
darf jeder jede 18 plus dann mit sich herumtragen
1:12:53
für den Eigenkonsum. In der privaten Wohnung darf man
1:12:56
sogar ein bisschen mehr besitzen, nämlich 50 Gramm.
1:13:00
Was dann nach dieser Metapher vier
1:13:02
gehäufte Esslöffel wären, getrocknete Pflanzen, die darf man
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legal besitzen. Außerdem darf man zu Hause drei
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Pflanzen haben für den
1:13:11
Eigenverbrauch. Das ist so das, was man
1:13:14
mit sich herumtragen darf. 25 auf der Straße und 50
1:13:17
zu Hause und drei Pflanzen.
1:13:18
So, das ist die Regelung für Menschen 18 plus, also für
1:13:22
Erwachsene. Das Bundesgesundheitsministerium
1:13:24
weist darauf hin, dass Jugendlichen unter 18 Jahren hingegen
1:13:28
sowohl der Besitz als auch der Konsum von Cannabis untersagt
1:13:31
bleibt. Allerdings soll da nicht mehr das Strafrecht greifen.
1:13:34
Wenn sie erwischt werden, soll es keine strafrechtlichen Sanktionen
1:13:37
mehr geben. Stattdessen sollen sie dann an Interventions- und
1:13:40
Präventionsprogrammen teilnehmen.
1:13:43
Das ist sozusagen der Besitz. Der andere, die andere Frage ist der
1:13:46
Konsum. Und da schreibt das Bundesministerium der Gesundheit
1:13:50
ab Inkrafttreten ab dem 1. April.
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Na ja, mal schauen.
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Wahrscheinlich 1.10. können Erwachsene in Deutschland
1:13:57
legal einen Joint rauchen.
1:14:00
Tja, das ist die Frage. Und das ist das eine.
1:14:02
Dann ist die Frage: Wo dürfen Sie das? Dürfen Sie das überall?
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Nein, im Prinzip schon. Aber es gibt Ausnahmen.
1:14:10
Sie dürfen die nicht rauchen,
1:14:12
in Sichtweite von Kitas, Schulen
1:14:14
und anderen Jugendeinrichtungen.
1:14:16
Da haben wir uns gefragt: Was heißt Sichtweite?
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Das hat das Gesetz jetzt immerhin so ein bisschen geklärt.
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Nach Paragraf fünf des Cannabisgesetzes ist ein Abstand
1:14:25
von mehr als 100 Metern
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auf jeden Fall außer Sichtweite.
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Das heißt nicht, dass unter 100 Meter ein Problem sind.
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Also wenn man tatsächlich zum Beispiel um eine Hausecke geht, kann
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man wohl nicht mehr von in Sichtweite reden.
1:14:38
Auf der anderen Seite sagen wir so: Das hätte man vielleicht auch ein
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bisschen klarer formulieren können, aber immerhin, das ist die Regel.
1:14:44
Sichtweite und mehr als 100 Meter sind auf jeden Fall safe.
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Und für Fußgängerzonen gibt es auch noch Einschränkungen. Also im
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Prinzip darf man das. Aber es gibt so ein paar Einschränkungen, wo man in Zukunft
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einen Joint rauchen darf.
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Aber zum Beispiel Raucherkneipen sind nicht explizit ausgenommen,
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soweit ich das sehe. Das heißt also, in Raucherkneipen
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müsste es in Zukunft erlaubt sein.
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Dass man kifft. Außerdem, du hast es eben gesagt,
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Ulf, gibt es halt diese Institution,
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der Anbauvereine. Also das soll dann ab 1.07.
1:15:12
stand jetzt wahrscheinlich 1.10. de facto so
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sein, dass Anbauvereine an den Start gehen können,
1:15:22
die gemeinschaftlich und nicht
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gewerblich, also ohne Gewinnerzielungsabsicht Cannabis
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anbauen und zwar nur für ihre Mitglieder.
1:15:32
Und an diese Mitglieder dürfen
1:15:34
sie pro Monat nur 50
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Gramm abgeben und pro Tag glaube ich nicht mehr als 25
1:15:40
Gramm. Dazu gibt es dann halt zahlreiche Vorschriften, wie diese
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Gewächshäuser aufgestellt sein müssen. Die müssen bewacht sein, man
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darf nicht reingucken und und und und und. Die Verpackung von dem
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Zeug, was da abgegeben wird, ist definiert.
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Und diese Vereine müssen
1:15:54
Jugendschutzkonzepte erarbeiten. Und da ist auch noch nicht so ganz
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klar, wie das konkret aussehen soll. Aber da gibt es einen Sack voll
1:16:01
Vorschriften, den diese
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Anbauvereine werden erfüllen müssen.
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Was es allerdings weiterhin nicht geben soll, ist ein Verkauf
1:16:11
von Cannabis, so wie man das zum Beispiel aus den Niederlanden kennt.
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Sogenannte Coffeeshops wird es in Deutschland im Prinzip nicht
1:16:17
geben, aber immerhin enthält das Gesetz eine quasi
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Experimentierklausel. Es soll nämlich Modellregionen
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geben.
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Ja, genau. Bisher ist nicht ganz klar, welche Städte in Deutschland
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können sich als Cannabis Modellregion bewerben?
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Dort können dann auch kommerzielle Lieferketten ausprobiert werden,
1:16:34
also von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf
1:16:39
in den Fachgeschäften. Da muss man mal abwarten, wie
1:16:42
das dann konkret aussieht und welches Ausmaß das auch haben würde.
1:16:45
Und dann muss man sich natürlich vor Augen führen, das ist ein Stück
1:16:49
weit inkonsequent. Also die zentrale Motivation hinter
1:16:52
dieser Teillegalisierung
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von Cannabis war ja, dass die bisherige Kriminalisierung nicht
1:16:57
funktioniert hat. Also dass es bisher verboten war,
1:17:00
hat ja nicht dazu geführt, dass kein Mensch kifft, sondern es hat dazu
1:17:02
geführt, dass die Menschen zum Dealer gehen müssen, sich in
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irgendwelchen Parks hinterm Busch ihr Zeug kaufen müssen.
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Das soll nun eigentlich ja gerade abgeschafft werden.
1:17:10
Es soll quasi Cannabis reingeholt
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werden ins Licht. Cannabiskonsum soll nicht mehr
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stigmatisiert werden und zugleich sollen Jugendliche aufgeklärt
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werden. Wenn man dann natürlich aber sagt, es gibt gar nicht die
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Möglichkeit, so ohne Weiteres Cannabis zu kaufen, dann
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ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass es weiterhin einen Schwarzmarkt
1:17:29
geben wird. So kritisiert jedenfalls Melanie
1:17:32
Amann. Sie ist stellvertretende
1:17:34
Chefredakteurin des Spiegels
1:17:36
bei Markus Lanz.
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Sie lassen die Leute nur anbauen. Also das heißt, sie dürfen es nicht
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kaufen. Ein legales Produkt sozusagen, darf nicht gekauft
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werden. Es wird aber trotzdem natürlich dazu
1:17:46
kommen, dass die Leute keine Lust haben, das Zeug zu Hause anzubauen,
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sondern sie wollen es kaufen. Das heißt, sie werden nach wie vor
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illegale Strukturen haben, wo diese Substanz verkauft wird.
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Ich halte es für völlig weltfremd zu sagen, dass dadurch der Handel
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verschwindet.
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Ich glaube, das würde Karl Lauterbach auch abstreiten, dass der
1:18:01
Handel komplett verschwindet.
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Aber ich finde, man hat einen Punkt.
1:18:06
Ja, Erwachsene
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können sich in Zukunft wesentlich
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leichter und auch legal versorgen. Sie können zu Hause anbauen.
1:18:14
Sie können Mitglied in so einem Anbauverein werden und für
1:18:17
kleine Münze regelmäßig
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Cannabis kaufen.
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Ja. Aber das Problem ist, sie können eben nicht spontan was kaufen.
1:18:24
Und da muss ich ganz ehrlich sagen, ich finde Melanie Amann hat einfach
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einen Punkt. Es gibt diesen
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Anwendungsfall. Du bist eigentlich kein Kiffer,
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aber meine Güte, jetzt ist irgendwie Sommer und du liegst im Park und du
1:18:36
sagst dir: Boah ey jetzt mal so ein Tütchen.
1:18:38
Was machst du in dem Fall? Das ist quasi ein Gesetz für
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harte Konsumenten. Die also quasi deren, deren ganzes
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Denken darum kreist wann ist die nächste Tüte fällig?
1:18:47
Während du aber die Gelegenheitsleute, die nur zweimal
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im Jahr kiffen wollen und die fallen im Grunde durchs Raster, ebenso
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natürlich Minderjährige. Also das ist genau natürlich der
1:18:55
Punkt. Für Minderjährige bleibt ja der
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Erwerb, Besitz, Anbau von Cannabis weiterhin verboten.
1:19:00
Auch die Weitergabe an Kinder und Jugendliche wird bestraft.
1:19:03
Richtig. Also auch Eltern oder auch ältere Brüder, die zu Hause in einer
1:19:06
gemeinsamen Wohnung wohnen und sagen Hier, du bist 15, aber bevor
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du jetzt in Görli läufst, hier ist meine Tüte.
1:19:13
Ist verboten! Und ich meine, das muss man schon
1:19:16
sehen. Also insofern, das ist, glaube ich, dass das Problem der
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Inkonsequenz des Gesetzes an der Stelle man hat sich eben nicht zu
1:19:22
einer kompletten Legalisierung durchringen können, sondern hat so
1:19:24
eine Teilalisierung gemacht mit nur Modellregionen ausprobieren,
1:19:27
Coffeeshops und mit weiterhin Illegalisierung im Bereich
1:19:31
Jugendliche. Das nennt sich Jugendschutz, aber
1:19:34
es führt eben dazu, dass tatsächlich
1:19:36
ein Bereich bleibt, wo
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es dann doch wohl ein Schwarzmarkt geben dürfte. Mit anderen Worten die
1:19:41
Erwachsenen können sich größtenteils woanders versorgen, die Teenager
1:19:44
werden zum Dealer geschickt.
1:19:45
Ja, da ist die Antwort von Lauterbach halt Aufklärung.
1:19:48
Wir werden und wollen und müssen
1:19:51
an den Schulen aufklären. Das können wir jetzt vielleicht auch leichter machen, weil es endlich
1:19:53
legal ist, weil es besser ist, darüber zu reden. Aber das war seine Antwort.
1:19:58
Dass gesagt wird, das gibt Gehirnschäden.
1:20:01
Wenn du unter 21 bist, dann kann das zu nachhaltigen Schäden an
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deinem Gehirn führen. Don't do it.
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Der zentrale Kritikpunkt ist denn auch neben Schwarzmarkt vor
1:20:10
allen Dingen der Jugendschutz. Und da ist die Kritik an dem Gesetz,
1:20:13
Jugendliche würden eben nicht ausreichend geschützt.
1:20:17
Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, der kritisiert, die
1:20:19
Teillegalisierung vermittle, wie er sagt, ein falsches Signal
1:20:23
der Harmlosigkeit des
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Cannabiskonsums. Und ähnlich formuliert das auch
1:20:28
Melanie Amann, stellvertretende Chefin des Spiegels bei Markus
1:20:31
Lanz.
1:20:32
Was ich nicht verstehe an ihrer Reform ist: Sie senden dann
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an Leute das Signal, es ist legal.
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Und zugleich es soll trotzdem gerade bei Jugendlichen ja genau die
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Message ankommen Ist es unerwünscht und es ist für euch gefährlich.
1:20:46
Und diesen gleich limitieren Sie. Das ist der eine
1:20:49
Widerspruch.
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Ja, es ist ein Widerspruch, aber es ist kein Cannabis spezifischer
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Widerspruch. Es ist einfach Freiheit. Das nennt man Freiheit.
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Es ist etwas legal, aber schädlich.
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Das ist etwas, mit dem wir uns in einer freiheitlichen
1:21:05
Gesellschaft an jeder Ecke
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auseinandersetzen. Und ein Deal, den wir jeden Tag
1:21:10
machen: Alkohol, Rauchen,
1:21:12
Autofahren und, und, und.
1:21:14
Rauchen. Alkohol. Offensichtlich schädlich.
1:21:17
Du würdest nie einem Jugendlichen sagen: Rauch doch mal, hau dir doch
1:21:20
mal mit Alkohol die Birne weg. Trotzdem ist es legal.
1:21:23
Und das ist eben gerade der Gedanke in einer freiheitlichen
1:21:26
Gesellschaft, dass man Verbote auf das Minimum reduzieren sollte.
1:21:30
Ein zweiter wichtiger Punkt, denke ich neben diesem grundsätzlichen
1:21:33
Liberalismus ist das ja, das Verbieten auch nicht funktioniert
1:21:36
hat. Wenn man jetzt einfach nur vom Ergebnis her denkt, wie senkt
1:21:39
man effektiv den Cannabisverbrauch, insbesondere unter Jugendlichen?
1:21:43
Dann muss man sagen das Verbot funktioniert nicht. Wir haben heute
1:21:46
einen blühenden Schwarzmarkt. Jeder, wirklich jeder, kann
1:21:49
persönlich problemlos sich eindecken bis ins letzte kleine Dorf.
1:21:52
Und der Konsum gerade unter Jugendlichen wächst seit Jahren.
1:21:55
So und dieses und deswegen muss man sagen, das Verbot hat zum einen
1:21:58
problematische Begleiterscheinungen. Ja, wir belasten die Justiz ohne
1:22:01
Ende mit diesen Verfahren. Vor allem aber bringt es überhaupt
1:22:04
gar nichts, weil das Verbot natürlich dazu führt, dass es
1:22:06
extrem, wie soll ich sagen, so stigmatisiert ist.
1:22:09
Man redet nicht so richtig drüber und so und ich denke, das
1:22:11
grundsätzliche Legalisieren von Cannabis, flankiert mit Aufklärungs-
1:22:15
und Begleitmaßnahmen, könnte im Zweifel deutlich mehr bringen für
1:22:19
den Jugendschutz als das bisherige völlig unwirksame Verbot.
1:22:22
Insofern finde ich halt den Weg, den
1:22:25
Lauterbach und die Ampel da eingeschlagen hat, an sich schon
1:22:28
richtig und ich finde, es hilft immer auch diese Cannabis Kritik
1:22:31
an der Regelung zum Alkohol zu messen. Also
1:22:35
da heißt es jetzt ja, Leute
1:22:37
können mit 25 Gramm in der Öffentlichkeit rumlaufen, das
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sind irgendwie 75 Joints.
1:22:44
Wie kann das denn sein? Völlig legal.
1:22:46
75 Joints? Man kann es nur sagen: Ja, Dieselbe
1:22:49
Person, die 25 Gramm Cannabis 75 Joints mit sich herumträgt, die
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kann auch in den nächsten Supermarkt gehen, sich eine Kiste Wodka mit
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zehn Flaschen kaufen und sich da 400
1:22:58
Shots draus machen. Geht auch. Würdest du auch niemandem empfehlen,
1:23:01
der 18 ist.
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Ist auch eine tödliche Dosis.
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Hau dir das doch mal rein und trotzdem ist es legal.
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Das muss ich auch ganz ehrlich sagen. Ich würde mir da, das ist,
1:23:11
das haben wir ja auch schon gesagt, als wir über den Gesetzentwurf vor
1:23:13
ein paar Wochen mal berichtet haben. Ich würde mir da einfach so ein
1:23:15
bisschen mehr Pragmatismus wünschen, sich einfach die ehrliche Frage zu
1:23:18
stellen: Was bringt was? Und Verbote haben gerade im Bereich
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Cannabis bislang gar nicht funktioniert.
1:23:24
Was man an diesem Gesetz aus meiner Sicht am ehesten noch kritisieren
1:23:27
kann, ist, dass es so ja auch Melanie Amanns Kritik eben es nicht
1:23:30
schaffen wird, den Schwarzmarkt komplett abzuschaffen.
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Es gibt das Marktsegment Gelegenheitskonsumenten im
1:23:35
Erwachsenenalter. Es gibt leider das Marktsegment
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Jugendliche, die schicken wir ja bewusst weiter zum Dealer, weil wir
1:23:41
ihnen, weil wir sie schützen wollen. Das ist ganz interessant.
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Im Bereich Erwachsene hat das Gesetz gelernt.
1:23:47
Aus dem völligen Fehlschlagen der Kriminalisierung von Cannabis im
1:23:51
Bereich Jugendliche hat das Gesetz das noch nicht gelernt.
1:23:53
Meine Prognose ist: Das wird einfach
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auf Dauer weiter aufgeweicht. Das wird jetzt, das ist jetzt erst
1:23:58
mal ein Kompromiss. Das ist wie immer ganz schwer, den durch das
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Gesetzgebungsverfahren zu bekommen. Aber ich würde mal wetten, in paar
1:24:05
Jahren haben wir überall Coffeeshops. In den paar Jahren haben wir
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Cannabis offiziell ab 16
1:24:10
aber weiterhin Präventionsmaßnahmen
1:24:12
und dann ist nämlich der Schwarzmarkt wirklich weg.
1:24:15
Ja, und das ist ja auch die gute Nachricht. Da die jetzt so ein
1:24:18
bisschen auch hochgespielt wurde, ist das Prävention
1:24:21
vor allem an Schulen wirken kann. Also da wird zitiert der
1:24:25
Psychologe Reiner Hanewinkel, der ist Leiter des Instituts für
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Therapie und Gesundheitsforschung.
1:24:30
Und der hat ein Projekt angestoßen,
1:24:32
das ab Frühjahr '24 in allen Bundesländern ab der achten Klasse
1:24:36
zum Einsatz kommen soll. Das nennt sich Der grüne Koffer
1:24:40
und der Professor Hanewinkel hat das
1:24:42
mit anderen Forschern, weiß ich nicht, ob das angestoßen hat, aber
1:24:44
er hat es zumindest untersucht. Und in einer Studie kommen sie eben
1:24:47
zu dem Schluss, dass dieses Methodenset von diesem grünen
1:24:51
Koffer und der Cannabis Prävention
1:24:53
nach durchschnittlich drei Schulstunden schon Wirkung
1:24:57
zeigt. Die Teenager, sagt, die Studie, die an diesem
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Projekt teilnehmen, wussten danach besser als andere Gleichaltrige
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über die Wirkung und Risiken von Cannabis Bescheid.
1:25:06
Und teils fingen sie sogar erst später oder gar nicht mit
1:25:10
dem Cannabiskonsum an, das heißt,
1:25:12
das, was ich eben gesagt habe, das sagen ja auch zum Teil einige
1:25:15
Schulen und Lehrer. Jetzt, wo das zumindest teilweise
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legal ist, kann man halt auch mal richtig ernsthaft darüber reden
1:25:21
und das vielleicht auch zum Curriculum in der Schule machen.
1:25:24
Und diese Forschung legt zumindest
1:25:27
nahe, dass das auch ein Effekt bei Jugendlichen hat.
1:25:30
Trotzdem gibt es eben die Kritik auch, dass die Legalisierung schon
1:25:33
zu weit gehe. Beispielsweise hat Bayerns
1:25:36
Ministerpräsident Markus Söder von der CSU bereits angekündigt,
1:25:40
Zitat Wir werden dieses Gesetz
1:25:42
extremst restriktiv
1:25:44
anwenden. Und ehrlich gesagt, Philip, glaube
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ich, wo der Hebel ist, um quasi das Gesetz möglichst
1:25:50
leerlaufen zu lassen im Freistaat Bayern, ist eigentlich ziemlich
1:25:53
klar.
1:25:53
Das setzt an bei den Anbauverein würde ich mal vermuten.
1:25:56
Ein Verein, den kannste auch in Bayern weiterhin schnell gründen.
1:25:59
Aber damit ein Verein ein Anbauverein wird, muss er
1:26:03
halt noch extra als solcher
1:26:05
zugelassen werden. Und da listet das Gesetz
1:26:09
doch eine ganze Reihe von Gründen
1:26:11
auf, die eine Behörde heranziehen
1:26:13
kann, um zu sagen Ja, du hast zwar die Zulassung als
1:26:16
Anbauverein beantragt, aber die verweigern wir dir.
1:26:19
Eine lange Latte, eine halbe Seite PDF. Die vielen, vielen Gründe,
1:26:22
aus denen das verweigert werden kann. Und da kann man sich schon
1:26:25
vorstellen, wie man das zum Beispiel machen könnte. Da könnte Bayern sich
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zum Beispiel entscheiden, diese
1:26:30
Genehmigung ausschließlich vom Ministerium erteilen zu lassen, nach
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sehr strenger Prüfung. Also das kann man alles
1:26:36
administrativ ins Leere laufen lassen. Die Frage ist so ein
1:26:39
bisschen Warum denn eigentlich? Warum muss man da unbedingt so hart
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bleiben? Aber gut. Kritik kommt aber nicht nur aus der
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CSU oder von der CDU, sondern auch aus Teilen der SPD.
1:26:48
Beispielsweise äußert sich Sebastian
1:26:51
Fiedler, langjähriger Kriminalbeamter, auch beim Bund der
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Kriminalbeamten früher aktiv,
1:26:56
zu diesem Gesetz, eher nicht so freundlich.
1:26:58
Ja, genau das ist das Beispiel, was wir oben schon behandelt haben.
1:27:00
Er sagt, ein Dealer darf jetzt halt mit 25 Gramm legal rumlaufen.
1:27:04
Wenn er erwischt wird, sagt er Ich verkauft das nicht, ich habe es nur
1:27:06
für den Eigenbedarf. Deswegen kann man ihn nicht
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belangen. Das sind 75 Joints. Damit, sagt Fiedler, kann man immer
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noch gut rum dealen,
1:27:14
haben wir oben gesagt. Ja, aber heute ist es eben
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illegal. Es funktioniert nicht, der Konsum wächst und es
1:27:20
bleibt einfach dabei. Jede Art von Weitergabe, erst recht
1:27:23
an Minderjährige, aber nicht nur an Minderjährige, sondern auch an
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Erwachsene, die bleibt eben illegal.
1:27:29
Und das da wird man halt einfach jetzt mal beobachten, wie das
1:27:32
funktioniert. Also ich mutmaße tatsächlich, dass
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da auf Dauer die Polizei sagen wird: Liebe Leute, was soll denn das?
1:27:38
Das ist so viel Arbeit weiterhin, können wir das nicht bitte konsequent
1:27:41
liberalisieren? Insofern wundert mich so ein bisschen, dass Fiedler da nicht
1:27:45
eher die Inkonsequenz des Gesetzes
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kritisiert. Denn ganz ehrlich: Zweifel
1:27:50
an der Sinnhaftigkeit der bisherigen
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Strafbarkeit kamen ja nicht zuletzt auch aus Kreisen der Polizei.
1:27:56
Ja, wir haben auch telefoniert mit
1:27:58
Steffen Geyer, der als Vorsitzender
1:28:00
des Dachverbands deutscher
1:28:02
Cannabis Social Clubs, also letztlich dieser Anbauvereine.
1:28:06
Ein jahrelanger Aktivist eigentlich in dieser Szene.
1:28:09
Wichtig zu wissen: Es gibt mehrere Dachverbände, da kommen wir gleich
1:28:12
dazu.
1:28:13
Und er sagt Na also, ich kann das jetzt im Einzelnen schon
1:28:16
kritisieren, dieses Gesetz. Aber im Kern, sagt er, geht das
1:28:18
schon in die richtige Richtung. Die Bestrafung von Cannabisbesitz,
1:28:22
die hat nicht funktioniert. Der Konsum wächst.
1:28:24
Und er sagt, es werden durch diese Legalisierung wahrscheinlich
1:28:27
180.000 Strafverfahren
1:28:30
jedes Jahr wegfallen. Und er sagt, das ist einfach ein
1:28:33
Fortschritt.
1:28:33
Und ich würde den 180.000 Verfahren,
1:28:35
die ja jeweils einzeln eingestellt werden müssen, denn es sind ja also
1:28:39
auch wenn es nicht mehr bestraft wird, werden immer erst mal
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Verfahren eingeleitet und dann wieder wieder eingestellt.
1:28:43
Also totaler Quatsch. Auf der anderen Seite warnt aber
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Geyer davor, das Gesetz jetzt auch nicht zu überschätzen.
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Aus seiner Perspektive kann sich die Situation für Konsumierende in
1:28:52
bestimmten Kontexten sogar verschlechtern.
1:28:55
Beispielsweise, sagt er, darf man ja bisher durchaus konsumieren,
1:29:00
nur nicht besitzen. In Zukunft indes wird auch das
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Konsumieren in vielen Situationen verboten, beispielsweise auf
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der Weihnachtsfeier der Kita. Da sagt er: Ich habe schon öfter
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Alkohol in Kitas getragen für die Weihnachtsfeier.
1:29:13
Mit einem brennenden Joint darf ich das nicht.
1:29:15
Ja, und dann sagt er auch, dann weißt er auf was hin, finde
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ich, was auch nicht so richtig klar geworden ist, mir jedenfalls
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bisher, dass dieses Gesetz doch
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zu einer enormen Datensammlung
1:29:27
führen könnte bei diesen Anbauvereinen.
1:29:29
Denn die Menschen
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dürfen nur in einem Verein Mitglied sein, weil natürlich
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die monatliche Abgabe auf 50 Gramm beschränkt ist. Und wenn ich jetzt
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ein zehn Vereinsmitglied bin und ein halbes Kilo daraus trage, dann ist
1:29:40
das nicht im Sinne des Erfinders und des Gesetzgebers.
1:29:42
Und damit man das wirklich durchsetzen kann, sollen diese
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Anbauvereine gezwungen werden, extrem viele Daten zu sammeln über
1:29:47
die Mitgliedschaften, aber auch über den Konsum.
1:29:50
Wenn ich eben nur 50 Gramm pro Nase rausgeben darf im Monat, dann muss
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ich natürlich wissen, was hat dieser Mensch schon so alles bekommen.
1:29:56
Da wird es also jetzt umfangreiche Datensammlung geben und die Sorge
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von Herrn Geyer ist, dass die Vereine diese Daten dann an
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alle möglichen Behörden herausgeben müssen. Und da wirft er aus meiner
1:30:06
Sicht zu Recht die Frage auf: Was ist denn mit Führerscheinbehörden?
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Wird die Führerscheinbehörde zumal in Bayern, möglicherweise aus der
1:30:12
Tatsache der Mitgliedschaft im Anbauverein oder aus der
1:30:16
Tatsache, dass sich da im Monat 50
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Gramm raustrage, möglicherweise den Schluss ziehen, dass ich
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unzuverlässig bin im
1:30:23
Hinblick auf meinen Führerschein.
1:30:25
Müssen sich jetzt also alle Menschen, die dann tatsächlich im
1:30:28
CSC, in so einem Cannabis Social Club Mitglied sind, Sorgen um ihre
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Führerscheine machen? Muss ich ganz ehrlich sagen, da sehe
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ich jetzt jedenfalls in dem Gesetz keine Grundlage, um ihn zu
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beruhigen. Das hängt wahrscheinlich total von der Verwaltungspraxis ab.
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Man kann sich vorstellen, dass die Führerscheinstellen dann auch nach
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ein paar Jahren irgendwie mal sage ich jetzt mal durchatmen und sagen
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da gehen wir jetzt nicht mehr hinterher. Aber es ist jedenfalls
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nicht auszuschließen.
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Zumal jetzt ja auch über den Grenzwert neu debattiert wird.
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Der ist momentan für THC im Blut im Auto, im Straßenverkehr extrem
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niedrig und strikt. Und da gibt es jetzt, glaube ich,
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ein Gremium, was in den nächsten Wochen Monaten darüber beraten wird:
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Sollen wir den anpassen und wie hoch wird er denn dann sein?
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Wie viel THC darf man im Blut haben, wenn man am Straßenverkehr
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teilnimmt? Also bottom line:
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Bis hierhin würde ich sagen, der
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Konsum wird erleichtert. Der Anbau wird für private
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Zwecke auch erleichtert, aber
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es wird keinen legalen kommerziellen
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Handel in Deutschland geben.
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Und das rückt halt diese Anbauvereine in Zukunft
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schon sehr in den Fokus. Die spielen eine zentrale Rolle
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in dieser deutschen Teillegalisierung.
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Und dann ist uns aufgefallen, es gibt ja
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in Deutschland jetzt schon einige
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100 Anbauvereine, die sind natürlich noch nicht registriert, aber die
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Vereine als solche, als Vereine,
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die gibt es schon. Und da haben wir uns gefragt Ja,
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aber wie stellen diese Vereine sich das denn in der Praxis vor?
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Wie soll das aussehen, so ein Anbauverein?
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Und darüber haben wir mit einem Experten gesprochen.
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Nämlich mit Nils Harbers. Er ist Vorstand von Mariana
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Cannabis. Das ist ein anderer Dachverband
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von Cannabis Social Clubs in Deutschland.
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Ganz herzlich willkommen zur Lage der Nation. Vielen Dank, dass Sie
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sich Zeit nehmen, um mit uns zu sprechen.
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Vielleicht wollen Sie sich zunächst einmal kurz vorstellen.
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Ja, vielen Dank für das Interesse. Vielen Dank, dass ich da sein darf.
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Mein Name ist Nils und ich studiere Forstwirtschaft.
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Ich bin 28 Jahre alt. Ich komme eigentlich aus einem ganz
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anderen Bereich. Ich habe erst eine Kochausbildung gemacht und
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bin dann über Umwege in die Forstwirtschaft gekommen.
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Und jetzt beschäftige ich mich eben mit den Cannabis Social Clubs.
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Das heißt, eigentlich beschäftigen Sie sich mit großen Pflanzen im Wald
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und jetzt eben quasi so hobbymäßig noch mit kleinen Pflanzen, nämlich
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Cannabispflanzen.
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Ja, wobei man im Wald sich auch sehr viel mit kleinen Pflanzen
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befasst. Botanik ist im Wald
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auch wichtig. Da gibt es sogenannte Zeigerpflanzen,
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an denen man dann herleiten kann, wie beispielsweise der Kalkgehalt
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im Boden ist.
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Ah ok.
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Wunderbar, aber das müssen wir, glaube ich, für ein anderes Interview uns aufheben.
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Bleiben wir mal ganz kurz bei den Anbauvereinen.
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Also da ist jetzt ja viel die Rede davon, dass die Anbauvereine
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in der deutschen Gesetzeslage eine zentrale Rolle einnehmen, um nicht
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kommerziell gemeinschaftlich Cannabis anzubauen.
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Sie sind ja jetzt Chef von so einem Anbauverein.
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Beschreiben Sie doch mal, wie das konkret gerade aussieht.
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Jetzt gerade wird das alles
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für uns ein bisschen klarer. Am Anfang stand immer noch alles auf
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der Kippe. Viele Leute haben gesagt Das wird
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nichts, das ist mir zu ungewiss. Ich will noch nicht Mitglied werden,
1:33:27
weil ich Angst davor habe, dass die Daten dann an die Polizei rausgehen.
1:33:30
Aber jetzt, am 23.2. wurde das ja im Bundestag
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beschlossen. Seitdem haben wir sehr viele neue
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Mitglieder bekommen. Und jetzt wird alles konkreter.
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Jetzt arbeiten wir das gerade aus,
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sprechen uns auch mit anderen Verbänden ab, mit anderen Clubs ab.
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Wir haben seit kurzem einem Rechtsbeistand.
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Das Problem, oder die große Schwierigkeit besteht darin, dass
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vieles trotzdem noch ungewiss ist.
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Beispielsweise die Behörden wissen
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auch noch gar nicht, was sie erwartet, was sie machen dürfen, was
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sie machen müssen. Und dasselbe mit dem
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Präventionskonzept. Die Cannabis Social Clubs, die
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müssen ja ein Konzept entwickeln zum Jugendschutz und zur
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Suchtprävention. Und da nehmen wir schon teilweise
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auch sehr aktiv Kontakt auf mit den jeweiligen
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Behörden oder mit den jeweiligen Institutionen, die dafür
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verantwortlich sind, mit Suchtberatungen beispielsweise.
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Aber auch die sind komplett überfordert.
1:34:21
Von daher ist das für alle irgendwie neu und wir müssen gucken, wer gibt
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so ein bisschen die Richtung vor. Das ist das ganz Coole an unserem
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Verband, dass wir jetzt viele Mitglieder sind, viele Clubs
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und da vielleicht auch irgendwo
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verschiedene Konzepte ausprobieren können und gucken, was einfach am
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besten funktioniert.
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Aber das verstehe ich, dass es so ein paar Sachen noch ungeklärt sind
1:34:41
und ein paar Sachen unsicher sind. Aber wenn Sie den Club so machen
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könnten, wie sie das jetzt wollten,
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wie würde das aussehen? Also wie viel Mitglieder,
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wer, wo würde das angebaut werden
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usw. Wie würden Sie sich das vorstellen?
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Okay, also im Idealfall,
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es gibt einige, die sagen, wir möchten nur 100 Mitglieder haben,
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damit es persönlicher ist. Wir möchten das wirklich komplett
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ausreizen. Wir möchten die 500 Mitglieder voll bekommen und
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der Anbau soll im Idealfall
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über zwei Modelle laufen. Einerseits soll es einen sehr
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professionellen Anbau geben, der
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von dem Verband beispielsweise gemanagt wird, an dem dann
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bestimmte Mitglieder auch beteiligt sind. Die werden dann freiberuflich
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eingestellt. Also das ist sozusagen der Hauptbedarf für die Mitglieder.
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So zu 95 % soll
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professionell erfolgen. Aber gleichzeitig möchten wir den
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Mitgliedern natürlich auch die Möglichkeit geben, selber
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Pflanzen anzubauen, selber damit zu experimentieren.
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Also soll es gleichzeitig eine kleine Fläche geben, ein kleines
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Gewächshaus, zu welchem die Mitglieder jederzeit Zugang haben.
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Das Problem ist in dem großen Gewächshaus ist das nicht irgendwie
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realisierbar, dass da 500 Mitglieder ein und ausgehen wie sie
1:35:51
wollen, weil man dann bestimmte Qualitätsstandards natürlich auch
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nicht einhalten kann.
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Jetzt ist ja vorgeschrieben, dass sie an Mitglieder nur bestimmte
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Mengen ausgeben werden dürfen. Also pro Tag sind es glaube ich 25
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Gramm und pro Monat nicht mehr als 50 Gramm.
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Wie wollen Sie das kontrollieren, ob Peter jetzt schon 50 Gramm
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im Monat bekommen hat oder nicht?
1:36:11
Genau, das ist eine sehr gute Frage.
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Da gibt es mittlerweile schon einige Softwareanbieter und wir denken,
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dass da in Zukunft noch wesentlich
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mehr auf den Markt kommen wird.
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Jetzt gibt es auch schon eine sehr große Firma aus den USA.
1:36:24
Metrik heißen die und
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die schauen, wie sie das jetzt
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auf den deutschen Markt anwenden können. Wir gucken selber auch, ob
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wir da eigene Lösungen entwickeln. Aber wir denken, dass da eine
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Software, eine gewisse Art der Digitalisierung und Automatisierung
1:36:38
sehr wichtig sein wird, vor allem auch für die Behörden.
1:36:41
Dass man dann so eine Art Schnittstelle da einbauen kann, dass die bestimmte
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Dinge überprüfen können.
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Also das heißt, man wird dann möglicherweise so eine Art
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Mitgliedsausweis bekommen von einem Club und auf diesem Ausweis wird
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dann festgehalten, wie viel
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Cannabis man in einem bestimmten Monat zum Beispiel schon gekauft hat
1:36:57
im Club.
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Genau. Im Idealfall mit einer App.
1:37:00
Beispielsweise eine App, die man dann auf dem Handy hat.
1:37:02
Und da kann man direkt den Mitgliedsausweis sehen und das
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Cannabis, welches man auch verfügbar hat im Monat beispielsweise.
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Aber das heißt, dann muss ja der Club im Grunde so eine Art Shop
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anbieten. Natürlich einen geschlossenen Shop, wo nur
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Mitglieder einkaufen können, aber dann muss es da irgendwie so eine
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Theke geben, wo dann halt gewogen wird. Okay, in diesem Tütchen sind
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7,4 Gramm und das muss dann ja irgendwie eingetragen werden
1:37:23
in den Mitgliedsausweis oder wie muss man sich das vorstellen?
1:37:26
Genau richtig. Also man kann sich das schon so ähnlich vorstellen wie
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einen Coffeeshop. So ähnlich planen wir das auch, wo man reingeht,
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verschiedene Sorten hat. Die Sorten haben unterschiedliche
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Preise, je nachdem wie nachgefragt
1:37:37
die sind, wie hoch der Aufwand ist beim Anbau.
1:37:39
Allerdings der Gesetzgeber, der mag das Wort verkaufen
1:37:43
in dem Zusammenhang nicht so gerne. Da ist eher die Rede von Abgabe.
1:37:46
Also das Cannabis wird zum Selbstkostenpreis abgegeben.
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Jetzt sind diese Anbauvereine ja für alle diejenigen die
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Anlaufstelle, die entweder
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zu Hause anbauen und den reicht das nicht. Oder die sagen, wir wollen
1:37:59
Cannabis konsumieren, wollen aber oder können zu Hause nicht anbauen.
1:38:02
Und dann ist der legale Weg, demnächst in so einen Club
1:38:06
einzutreten, um sich dort zu versorgen. Da ist die Frage: Wie
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wählen Sie ihre Mitglieder aus? Wie leicht oder schwer wird
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es, Mitglied in so einem Verein zu werden?
1:38:15
Okay, auch da wollen wir zwei verschiedene Modelle haben.
1:38:19
Einerseits möchten wir jetzt
1:38:21
am Anfang alle aufnehmen, die daran Interesse haben.
1:38:24
Das ist schwierig, das für uns zu überprüfen.
1:38:26
Wenn das Cannabis abgeholt wird,
1:38:28
dann wird das genau überprüft. Dann wird man den Ausweis vorlegen
1:38:31
müssen. Dann wird geschaut, ob
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wirklich die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
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Und dann soll es auch bei jedem Club einen Socializing Bereich
1:38:40
geben. Beispielsweise könnte der darin
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bestehen, dass der Club eine
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kleine Wohnung anmietet und in diesen Socializing Bereich haben
1:38:48
dann nur ausgewählte Mitglieder
1:38:50
Zugang oder Mitglieder Zugang,
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die bestimmte Kriterien erfüllen. Aber das würden wir dann individuell
1:38:57
den Clubs überlassen. Oder in dem Fall einem
1:39:00
beispielsweise Cannabis Social Club in Göttingen.
1:39:02
Der kann dann selber entscheiden, die Vorstände, die Mitglieder, die
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können sich selber aussuchen, wie sie das gestalten und welche
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Mitglieder sie reinlassen in den privaten Raum und können vielleicht
1:39:11
auch Hausverbote erteilen.
1:39:13
Jetzt gibt es ja die Möglichkeit, dass ich Mitglied in mehreren
1:39:16
Cannabisvereinen bin und damit diese Maximalmenge umgehen könnte.
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Also ich bin Mitglied in zehn Vereinen. Über 50 Gramm im Monat,
1:39:23
ist ein halbes Kilo im Monat. Gibt es da Überlegungen, wie
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man dem vorbeugen könnte?
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Gesetzlich soll das ja verboten sein.
1:39:30
Allerdings ist das sicher auch schwierig umzusetzen.
1:39:33
Da ist jetzt die Rede von so einer Art Zentralregister.
1:39:37
Aber wie das genau funktionieren soll, weiß ich auch noch nicht.
1:39:39
Ich denke, dass die Regierung da
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vor großen Problemen steht. Andererseits habe ich da auch
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schon Aussagen gehört, dass es
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trotzdem zu aufwendig ist. Das heißt, jemand, der sich
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in zwei oder drei Clubs anmeldet, der bezieht halt seine 150 Gramm.
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Aber das wird nicht genug sein, um damit groß dealen zu können
1:39:58
oder irgendwie illegale Kanäle
1:40:01
zu bedienen. Und das ist dann sozusagen ein
1:40:04
Risiko, was in Kauf genommen wird. Und langfristig gesehen kann
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ich mir vorstellen, dass da bestimmte Systeme integriert
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werden, aber das ist bis jetzt noch nicht bekannt.
1:40:13
Ja, was wir uns noch gefragt haben, Stichwort Jugendschutz.
1:40:16
Sie müssen da ja Konzepte aufstellen. Da haben Sie schon
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geschildert, dass das momentan einfach schwierig ist, weil alle ein
1:40:21
bisschen überfordert sind. Aber wir haben uns gefragt: Führt
1:40:24
denn das Gesetz nicht dazu, dass Cannabiskonsum legal wird für alle
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ab 18, während man die Teenager dann weiter zum Dealer schickt?
1:40:31
Ist das aus Ihrer Sicht eine sinnvolle Abgrenzung?
1:40:33
Das Problem ist, irgendwo wird man ja die Grenze machen müssen.
1:40:37
Es gibt auch einige Clubs, die sagen, wir nehmen nur Leute
1:40:40
ab 21 auf oder nur Leute ab 25, aber da sagen
1:40:44
wir auch explizit Nein, Wir nehmen auch schon Leute ab 18 auf, denn
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diejenigen würden sonst das Cannabis vom Schwarzmarkt beziehen.
1:40:51
Aber irgendwo muss man halt die Grenze ziehen. Und ich finde 18
1:40:55
ist in Ordnung. Manche sagen sogar noch, dass ist
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zu früh. Aber auch da ist das mit der 10 %
1:41:00
THC Grenze auch ganz sinnvoll
1:41:02
gewählt.
1:41:03
Nun ist natürlich die Frage, was machen denn dann die Jugendlichen?
1:41:06
Rechnen Sie damit, dass der Schwarzmarkt durch das
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Cannabisgesetz komplett verschwinden wird? Oder haben wir in Zukunft
1:41:13
einfach so eine Zweiklassengesellschaft? Die Teenager gehen zum Dealer und
1:41:16
die Erwachsenen haben eine Pflanze
1:41:18
auf dem Balkon oder sind eben im Anbauverein Mitglied.
1:41:22
Ich denke, dass dadurch
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sogar der Konsum unter Jugendlichen abnimmt.
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Bei vielen ist das gar nicht so richtig bewusst gewesen, dass
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Cannabis bei Jugendlichen zu Problemen führen kann.
1:41:33
In der Gehirnentwicklung beispielsweise.
1:41:35
Das wusste ich vor zehn Jahren auch noch nicht. Aber jetzt oder in
1:41:38
fünf Jahren wird das jeder wissen, jede Mutter wissen,
1:41:42
jeder Vater wissen. Eben dadurch, dass man darüber
1:41:44
spricht. Der Konsum wird jetzt kurzfristig
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steigen. Auf jeden Fall. Aber bei Jugendlichen gehe ich
1:41:51
nicht davon aus. Bei Jugendlichen gehe ich sogar eher davon aus, dass
1:41:53
der Konsum abnimmt.
1:41:54
Letzte Frage, so big picture.
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Wenn Sie da drauf gucken auf dieses Gesetz und diese zumindest teilweise
1:42:01
Legalisierung von Cannabis
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positiv oder negativ?
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Positiv! Es gibt viele Dinge, die man kritisieren kann, aber
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man muss halt beachten, dass das auch ein Gesetz ist, was genutzt
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wird um das EU Gesetz zu umgehen.
1:42:15
Also von daher ist das in Ordnung. Sehr schade finde ich den
1:42:18
Socializing Aspekt, dass man nicht in den Vereinigungen konsumieren
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darf. Das ist ein großer Kritikpunkt. Aber ansonsten
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finde ich das alles in Ordnung.
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Ja, ganz herzlichen Dank. Das war im Interview mit der Lage
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der Nation Nils. Er ist Chef eines Anbauvereins und
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außerdem aktiv im
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Dachverband der Cannabis Social Clubs in Deutschland.
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Ganz herzlichen Dank.
1:42:40
Sehr gerne.
1:42:41
Es gibt nur noch eine Sache, die wir in diesem
1:42:44
Interview mit ihm vergessen haben.
1:42:47
Wie ist das eigentlich genau mit dem Geld?
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Weil das spielt ja schon eine wichtige Rolle. Und da fragt man
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sich, wie viel geben die da eigentlich aus, wie viel nehmen die eigentlich ein? Also habe ich hinterher noch
1:42:54
mal angerufen. Die haben jetzt nicht nochmal aufgenommen. Aber die Zahlen, die er mir gesagt
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hat, die sind schon ziemlich
1:43:00
interessant und die wollen wir euch ja noch mal nachreichen.
1:43:03
Also sein Dachverband
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Mariana Cannabis hat heute schon 5000 Mitglieder.
1:43:08
Das daraus kann man schon sehen, das selber wird keinen Anbau Club
1:43:12
werden, denn so ein Anbauverein darf
1:43:14
ja nicht mehr als 500 Mitglieder
1:43:16
haben. Deswegen treten die Leute jetzt in Anbauvereinen bei, aber
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auch im Dachverband. Und unter diesem Dachverband sind
1:43:23
viele Vereine wiederum auch
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als Mitglieder organisiert. Das heißt, dieser Dachverband hat
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Menschen und Vereine als Mitglieder.
1:43:30
Richtig. Und das ist insofern sagen wir mal, nicht so ein Dachverband
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wie dem von Steffen Geyer, der sich so eher als politischer Lobbyist
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in der Rolle eines klassischen Dachverbandes sieht, der halt die
1:43:41
Interessen von bestimmten Gruppen vertritt, sondern hier scheint mir
1:43:44
das eher ein Dachverband im Dachsinne zu sein.
1:43:46
Es gibt halt viele Vereine und wir
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sind halt das Dach darüber, weil in den Vereinen nicht mehr als 500
1:43:51
jeweils Mitglied sein dürfen. Also machen wir einen Dachverband
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und die Leute in diesem Dachverband, die sollen jetzt ab demnächst 25 €
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einmalige Aufnahmegebühr und dann 25 € im Monat
1:44:03
Mitgliedsbeitrag zahlen.
1:44:05
Das ne Menge Holz!
1:44:05
Das eine Menge Holz. Nils Harbers sagt: Wir erwarten
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im März
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200.000 € an Mitgliedsbeiträgen.
1:44:15
Und das dann jeden Monat. Aber mal ganz ehrlich die, die brauchen halt die Kohle auch.
1:44:18
Denn die Frage ist ja,
1:44:20
wie kommen wir jetzt eigentlich an die Gewächshäuser, um da die
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Pflanzen anzubauen?
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Richtig. Und er sagt Na ja, wir planen da so ein Gewächshaus in der
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Nähe von Leverkusen, schön nah an der holländischen Grenze, damit die
1:44:30
Experten uns dann auch bei technischen und wie sagt man
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biologischen Problemen helfen können. Habe ihn gefragt Ja okay,
1:44:35
was sind das für Gewächshäuser? Sagt er. Ja, wir planen Gewächshaus.
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2000 Quadratmeter,
1:44:40
das ist zehn mal 200
1:44:42
Meter.
1:44:43
Oder 100 mal 20. Also schon richtiges Ding.
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Okay. Und was kostet so ein Gewächshaus? Ja, sagt er.
1:44:50
Also 10 Millionen € werden
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wären schon ganz gut. Aber mit 5 Millionen können
1:44:55
wir auch erst mal anfangen.
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Und dann können sie 20.000 Leute deutschlandweit versorgen. Das
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ist das Ziel 20.000 Leute.
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Und ich meine, mal ganz ehrlich, damit hebt man vermutlich schon so
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gewisse Effizienzgewinne. Aber ganz ehrlich ich finde die
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rechtliche Konstruktion einigermaßen sportlich. Denn das ist ja auch ganz
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offensichtliche Umgehung des Gesetzes, Denn das Gesetz will
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kleine Clubs, wo 500 Leute Mitglied sind. Mehr dürfen es nicht
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sein, die dann so ein süßes kleines Gewächshaus bauen und dann hier so
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und so und so und so ein mega Growcenter an der holländischen
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Grenze. Also ich sage mal so, ich würde annehmen, Karl Lauterbach und
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seine Leute haben sich das ein bisschen anders vorgestellt.
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Ich bin sehr gespannt, ob sich da ein Weg findet, dieses Mega
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Cannabiszentrum überhaupt irgendwie
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sauber rechtlich abzubilden.
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Ja, dazu muss man sagen. Ich glaube auf Seiten von Mariana
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läuft da noch die rechtliche
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Eruierung. Wie das genau
1:45:43
läuft, das sind viele, viele Fragen noch unbeantwortet.
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Aber das sind die Eckdaten, die er uns genannt hat und
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das fand ich dann doch schon mal ziemlich sportlich und von
1:45:53
einer Dimension, mit der ich
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nicht gerechnet habe.
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Muss ich auch sagen, aber ich finde es auch einfach sehr kreativ.
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Ne, das Gesetz ist halt, wir haben eingangs gesagt mega bürokratisch
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und es wird eigentlich den Anbauvereinen schon nicht so ganz
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einfach gemacht, weil dein Gewächshaus auch gesichert sein muß
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wie Fort Knox, damit du überhaupt eine Zulassung bekommst.
1:46:11
Das wird also nach wie vor behandelt, als wenn du da keine
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Ahnung mit Giftgas arbeiten willst. So sieht, so liest sich das
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jedenfalls in diesem Cannabisgesetz. Und das wäre für
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einen kleinen Verein mit 500 Leuten schwer zu stemmen.
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Ich habe ja die Zahlen gehört. 10 Millionen kostet ein Gewächshaus.
1:46:25
Also in der Größe!
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Ja gut, aber ich meine, mal ganz ehrlich teil das mal
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durch zehn, bei 5000 Mitglieder, 500
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Mitglieder. Dann kostet ein kleines Gewächshaus immer noch 1 Million.
1:46:34
Das musst du mit 500 Leuten erst mal stemmen. Das wären ja 2.000 € pro
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Nase. Also ob du wirklich im Schnitt
1:46:40
von deinen 500 Mitgliedern 2.000 €
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nimmst, musst du aber lange stricken deswegen. Also ich verstehe schon,
1:46:45
wieso man da sagt Economy of scale.
1:46:47
Das einzige was uns wirklich hilft, ist Skalierung.
1:46:49
Das ganze Ding muss groß werden. Also aus meiner Sicht macht das
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ökonomisch total Sinn.
1:46:55
Ja, ja, klar. Also das glaube ich auch. Ich glaube auch,
1:46:58
dass da wahnsinnig viel Geld drinsteckt. Das ist ja ein Produkt,
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mit dem kannst du keinen Verlust machen.
1:47:04
Das wollen, da gibt es einen großen Markt. Du hast ganz wenig
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Möglichkeiten, das legal irgendwie zu erwerben.
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Aber du darfst das halt auch nach wie vor ja nicht legal verkaufen.
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Das geht ja nur über diese Vereine. Also ich finde das, ich finde das
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extrem schwer zu prognostizieren.
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Ich bin wirklich auch mal auf die rechtliche Konstruktion total
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gespannt, denn ich meine dieser Mariana Club, der das Gewächshaus
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baut, der kann sich nicht registrieren lassen als Anbau,
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weil er zu groß ist. Eigentlich können aber nur
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Anbauvereine ein Gewächshaus betreiben. Also eigentlich kann man
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es sich nur so vorstellen, dass die quasi unter dem Dach von Mariana
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noch mal irgendeine Form von rechtlicher Entität basteln, wo
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Mariana nur koordiniert, was aber den eigentlichen Anbauverein
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gehört. Also zum Beispiel ich sag mal eine GbR der Anbau Vereine
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die dann die dann jeweils zu einem Hundertstel dieses Gewächshaus
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zu eigen haben, das wäre denkbar.
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Ich glaube in diese Richtung gehen halt die Überlegungen das er sagt
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den Mitgliedern soll halt dieses Gewächshaus mehr oder weniger
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gemeinschaftlich gehören.
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Das kann man sich kaum vorstellen. Also Mariana selbst darf das
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nicht gehören, denn die werden nicht zugelassen werden.
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Also wieder eine GbR Lösung Könnte ich mir kurz oder auch eine Bruchteilsgemeinschaft
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zum Beispiel gibt es das in manchen Ferienorten, wo
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aus bestimmten politischen Gründen zum Beispiel keine WGs, keine
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Wohnungseigentumsgemeinschaften mehr gegründet werden können.
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Da machen dann manche Investoren das so, dass sie sagen ich kaufe jetzt
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ein Grundstück, Bauernhaus drauf mit 20 Ferienwohnungen und dann gehört
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20 Leuten das ganze Grundstück
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jeweils zu einem Zwanzigstel sogenannte Bruchteilsgemeinschaft.
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Das wäre auch eine rechtliche Konstruktion, wie man so was
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abbilden könnte. Aber da sieht man wieder das wie
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mega bürokratisch dieses Gesetz gestrickt ist.
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Also das dann eben die Mariana und ähnliche Leute jetzt richtige
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juristische Klimmzüge machen müssen,
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um irgendwie eine ökonomisch mögliche Lösung unter
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diese strengen Vorgaben des Gesetzes zu packen.
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Damit ist die Lage für diese Woche abschließend und ausführlichst
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besprochen erörtert. Wir danken euch für euer Interesse.
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Wir wünschen euch alles Gute und wenn ihr mögt, dann hören wir uns
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nächste Woche wieder.
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Genau nächste Woche mit einer etwas anderen Besetzung.
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Da hat Philip noch mal eine Woche Pause. Da werde ich moderieren mit
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unserer lieben Kollegin Jana Münkel, die einige von euch schon kennen,
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aus einer Folge aus Philips
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Babypause. In diesem Sinne ein schönes Ende der Woche.
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Schönes Wochenende. Bis bald.
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Bis dann. Tschüss.
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